Focus - 19.10.2019

(Jacob Rumans) #1
WIRTSCHAFT

66 FOCUS 43/2019

Die Credit Suisse hat einen schwachen Präsidenten und


einen Chef, der das zweitgrößte Schweizer Geldhaus nicht auf


Kurs kriegt. Nun wird auch noch eine Spitzelaffäre öffentlich.


Eine Posse aus der helvetischen Finanzmetropole um zu viel


Testosteron, eine glamouröse Gattin und Aktionäre aus Katar.


Alles wirkte sehr lustig – bis ein Mann sich das Leben nahm


Banker-Streit am Zürichsee


D


er größte Reputations-
schaden, den Rainer
Gut als Präsident der
Schweizerischen Kre-
ditanstalt, SKA, bewäl-
tigen musste, war wohl
die Sache mit den
Läusen: 1983, als er oberster Chef
der Bank wurde, gab’s Skimützen
in Rot-Weiß-Blau, den Hausfar-
ben, als Geschenk für Kinder. Das
waren bei den vielen Kunden der
SKA, die später umbenannt wurde
in Credit Suisse, CS, ziemlich viele
Mützen. Und das wiederum führte
dazu, dass die eine oder andere
verwechslungsbedingt einen frem-
den Kopf wärmte – und so zur Ver-
breitung der unbeliebten Insekten
in Schweizer Schulen beitragen
sollte.
Urs Rohner ist Guts Nach-Nach-
Nachfolger und wäre sicher froh,
wenn er es bloß mit Läusen oder
derlei Problemen zu tun hätte. In Deutsch-
land kennt man ihn noch als Chef von
ProSiebenSat.1 Media; seit 2011 steht
der 59-jährige Anwalt der Credit Suisse
als Präsident vor, mit einem Jahresge-
halt von 4,7 Millionen Franken (4,3 Mil-
lionen Euro) – und besten Chancen, als
schlechtester Lenker in die Firmenge-
schichte einzugehen.
Es ist übrigens eine lange Firmenge-
schichte. Die Vorläuferin wurde 1856 in
Zürich gegründet. Heute hat sie 46 000 Mit-
arbeiter, etwa ein Drittel davon in der
Schweiz (Stand: Ende 2018); weltweit
kommt die zweitgrößte Schweizer Bank auf
etwa 1,6 Millionen Kunden mit 1200 Mil-
liarden Euro an verwaltetem Vermögen.
2017 machte die CS fast eine Milliarde
Verlust, 2018 verdiente sie, erstmals seit
drei Jahren, wieder Geld. Immerhin knapp
zwei Milliarden.

Der Vorstadt-Detektiv ermittelt
Nun musste Rohner öffentlich erklären,
weshalb ein ehemals hoher CS-Mana-
ger namens Iqbal Khan von mehr oder
weniger verdeckt im Auftrag der Bank
arbeitenden Ermittlern beschattet wurde.
Freelancer einer Kleinstdetektei aus der
Vorstadt hatten den Mann verfolgt, als
dieser mit seiner Frau in Zürich unterwegs
war. Im Schatten der Schweizer National-
bank schließlich versuchte er, die schwe-
ren Jungs – sie erinnerten an Hooligans,
wenigstens einer war tätowiert – zu foto-
grafieren. Sie bedrohten ihn und wollten
ihm sein Mobiltelefon entreißen; er zeigte
sie an, und die Züricher Kantonspolizei

TEXT VON MARK VAN HUISSELING

Höllische
Nachbarn
Iqbal Khan wohnt im
schönen Herrliberg
mit Blick auf den See.
Er war der große
Aufsteiger der Credit
Suisse
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