Die Welt Kompakt - 18.10.2019

(Barré) #1

SPORT DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT FREITAG,18.OKTOBER2019 SEITE 28


D


em deutschen Fuß-
ball wird es zukünftig
an Talenten fehlen.
Die Ursache dieser
Entwicklung, die Oliver Bierhoff
auf dem DFB-Bundestag ange-
prangert hat, liegt sowohl in der
abnehmender Bereitschaft vieler
junger Spieler, hart zu arbeiten,
als auch im System. Lars Ricken,
Nachwuchskoordinator bei Bo-
russia Dortmund, hat deshalb
bereits vor Jahren auf den be-
drohlichen Trend reagiert und
Maßnahmen ergriffen. Dabei
kämpft er jedoch auch gegen die
Internationalisierung des Mark-
tes und gesellschaftliche Phäno-
mene an.

VON OLIVER MÜLLER

WELT:Herr Ricken, Oliver Bier-
hoff hat bei der Nachwuchsar-
beit „Schwachstellen im Sys-
tem“ ausgemacht und beklagt,
dass es deutschen Talenten an
Widerstandsfähigkeit und
mentaler Stärke fehlt. Hat er
Recht?
LARS RICKEN: Es ist nicht von
Hand zu weisen, dass bei einigen
jungen Spielern heutzutage die
Widerstandsfähigkeit nicht so
stark ausgeprägt ist wie früher.
Wir widmen uns diesem Thema
schon seit einigen Jahren. Ich
kann als Nachwuchskoordinator
eines großen Vereins nicht da-
rauf warten, bis mir jemand
Konzepte oder Strategien vor-
legt, wie dies anzugehen ist. Das
müssen wir schon selbst leisten.
Oliver Bierhoff hat ja auch ge-
sagt, dass sich die Wirkung eini-
ger der Maßnahmen, die der
DFB ergreifen will, erst in fünf
bis 15 Jahren zeigen wird. Ich
kann aber schlecht zu Michael
Zorc und Hans-Joachim Watzke
gehen und sagen: ,Wir werden
jetzt leider eine Durststrecke
haben, bis sich Erfolge einstel-

len.’ Genau deshalb haben wir
schon vor Jahren entsprechende
Maßnahmen ergriffen.

Woran haben Sie Defizite im
Bereich Mentalität festge-
macht?
Wir hatten auch in unserem
Nachwuchsbereich Entwicklun-
gen beobachtet, die wir für be-
denklich hielten: Beispielsweise
hatten wir in Bezug auf unsere
U19-Mannschaft in den vergan-
genen zwei Jahren festgestellt,
dass wir zwar den stärksten Ka-
der in Deutschland hatten, uns
aber trotzdem mitunter nur mit
Mühe und Glück ins Halbfinale
um die Deutsche Meisterschaft
spielen konnten. Wir sind zu
dem Schluss gekommen, dass es
sich um kein rein fußballspezifi-
sches Problem handelt: Es fehlte
den Spielern häufig an Wider-
standsfähigkeit. Das ist in einem
gesamtgesellschaftlichen Kon-
text zu sehen. Junge Menschen
tun sich heute schwerer, gegen
Widerstände anzukämpfen. Wir
wollen aber keine kleinen Prin-
zen in bunten Fußballschuhen
entwickeln!

Was tut Borussia Dortmund ge-
gen diesen gesellschaftlichen
Trend?
Als eine Maßnahme haben wir
speziell für die jüngeren Mann-
schaften eine Elternschule ein-
geführt. Konkret haben wir ei-
nen Maßnahmenkatalog zur be-
wussten Herausbildung von Ver-
antwortlichkeiten erstellt – für
die Spieler, die Trainer und die
Eltern.

Warum für die Eltern?
Eltern sind speziell für die ganz
jungen Spieler auch Trainer, Ma-
nager und Förderer. Doch das
darf nie dazu führen, dass sie ih-
ren Kindern immer nur die bes-
ten und teuersten Fußballschuhe

kaufen und alles abnehmen.
Auch darf nicht jedes Problem
vom Vater oder der Mutter ge-
löst werden, die Jungs müssen
lernen, Problemlösungen selbst-
ständig anzugehen. Das müssen
die Jungs lernen – aber auch die
Eltern.

Außerdem hat der BVB ein Bil-
dungsprogramm für Spieler
aufgelegt. Was beinhaltet das?
Dieses Programm ist speziell auf
die älteren Jahrgänge zuge-
schnitten. Schließlich haben wir
auch viele Spieler im U19-Be-
reich, die bereits die Schule be-
endet haben und nur noch Fuß-
ballspieler sind. Diese Spieler
machen bei uns die Trainer B-Li-
zenz. Sie bekommen aber auch
Anleitungen für den Alltag: Was
ist zu tun, wenn ich meine erste
Wohnung beziehe? Auf was muss
ich achten? Sie erhalten eine Er-
nährungsberatung und eine Un-
terweisungen im Umgang mit
Social Media. Sie bekommen
Englisch- und Spanisch-Unter-
richt, ein Rhetoriktraining. Es
gibt einen Workshop, den wir ge-
meinsam mit unseren Fanbeauf-
tragten durchführen: Wie ist un-
sere Fanszene zusammenge-
setzt? Wofür stehen die einzel-
nen Ultra-Gruppierungen? Es
gibt Impulsreferate über Mut,
Motivation und echte Leiden-
schaft von ehemaligen Spielern
wie Sebastian Kehl und Florian
Kringe.

Ist es nicht ein grundlegendes
Problem, dass der Schwer-
punkt im Nachwuchsbereich zu
sehr auf den Spielergebnissen
liegt und zu wenig auf der indi-
viduellen Förderung?
Uns ist es wichtig, dass wir star-
ke Mannschaften haben, die auch
um Platz eins oder die Deutsche
Meisterschaft spielen, denn
durch solche Herausforderungen

und Ziele lernen die Spieler Wi-
derstandsfähigkeit. Sie lernen
nichts, wenn sie um Platz vier
oder Platz fünf spielen. Sie ler-
nen etwas, wenn sie vor 34.000
Zuschauern ein Finale gegen
Bayern München spielen.

Warum gibt es in den Profi-Ka-
dern der Bundesligisten weni-
ger im eigenen Nachwuchs aus-
gebildete Spieler als in anderen
großen europäischen Ligen?
Es gibt immer noch sehr viele
junge deutsche Spieler, die bereit
sind, sehr hart, diszipliniert und
mit ganz viel Leidenschaft zu ar-
beiten. Aber natürlich ist die
Chance auf einen sozialen Auf-
stieg eine wichtige Motivation,
um darauf hinzuarbeiten, Profi-
Fußballer zu werden. Und punk-
tuell kann diese Motivation in
anderen Ländern etwas höher
sein als in Deutschland. Hinzu
kommt, dass man in Deutsch-
land bis zum 18. Lebensjahr zur
Schule gehen muss. In England,
Spanien und Frankreich ist das
anders. Dort können sich Ju-
gendliche ab dem 16. Lebensjahr
häufig komplett auf die Karriere
konzentrieren. Das hat Auswir-
kungen auf die Trainingsintensi-
tät und die Regenerationsmaß-
nahmen.

Auffällig ist, dass es derzeit kei-
nen aktuellen deutschen U21-
Nationalsspieler im Bundesli-
gakader des BVB gibt. Warum
ist das so?
Das liegt natürlich an dem ho-
hen Anspruch, den wir in Dort-
mund haben und dem damit ver-
bundenen Wettbewerb. Aber das
heißt ja nicht, dass hier keine
Spieler ausgebildet werden, die
dann später in der U21 spielen.
Die Bayern und wir sind die Ver-
eine, die die meisten der aktuel-
len U21-Feldspieler ausgebildet
haben.

„Wir wollen keine


kleinen Prinzenin


bunten Schuhen


entwickeln“


Um die deutschen Fußballtalente


ist es schlecht bestellt.


BVB-Nachwuchschef Lars Ricken


sagt, welche Probleme es gibt -


und wie es besser werden kann


FUSSBALL

EM-Gegner steht für
DFB-Team schon fest

Kontrahent der deutschen
Nationalmannschaft bei der
EM 2020 wird mit extrem
hoher Wahrscheinlichkeit be-
reits vor der Auslosung am 30.
November die Ukraine sein –
sofern sich die DFB-Elf qualifi-
ziert. Möglich macht dies der
komplizierte Modus des Pan-
Europa-Turniers. Lösen zudem
die Ungarn als derzeitiger
Zweiter in der Qualifikations-
Gruppe E direkt das EM-Ti-
cket, würden auch sie ebenso
schon vor der Auslosung als
deutscher Vorrundengegner in
der Gruppe F feststehen.

KOMPAKT


ZWEITE LIGA


Greuther Fürth – DresdenFr., 18:30
Aue – Nürnberg....................Fr., 18:30
Regensbg. – SandhausenSa., 13:00
Wiesbaden – HeidenheimSa., 13:00
Stuttgart – Kiel...................So., 13:30
Hannover – Osnabrück.....So., 13:30
Bochum – Karlsruhe...........So., 13:30
Bielefeld – Hamburg.........Mo., 20:30
1 0.Spieltag SpTTToreorePt.
1 .Hamburg 9 2 1:7 20
2 .Stuttgart 9 1 5:9 20
3 .Bielefeld 9 2 0:11 18
4 .Aue 9 1 4:13 15
5 .St. Pauli 9 1 4:12 13
6 .Nürnberg 9 1 5:14 13
7 .Heidenheim 9 1 5:13 12
8 .Sandhausen 9 1 0:10 12
9 .Karlsruhe 9 1 3:15 12
1 0.Regensburg 9 1 7:14 11
1 1.Hannover 9 1 0:14 11
1 2.Fürth 9 9 :14 11
1 3.Osnabrück 9 1 0:9 10
1 4.Dresden 9 1 2:18 9
1 5.Bochum 9 1 6:19 8
1 6.Kiel 9 1 0:14 8
1 7.Darmstadt 9 9 :13 8
1 8.W. Wiesbaden 9 1 3:24 7

BUNDESLIGA


Frankfurt – Leverkusen.....Fr., 20:30
Leipzig – Wolfsburg...........Sa., 15:30
Bremen – Hertha................Sa., 15:30
Düsseldorf – Mainz............Sa., 15:30
Augsburg – München........Sa., 15:30
Union Berlin – Freiburg......Sa., 15:30
Dortmund – M'gladbach.Sa., 18:30
Köln – SC Paderborn.........So., 15:30
Hoffenheim – Schalke.......So., 18:00

8 .Spieltag SpTTToreorePt.
1 .M'gladbach 7 1 5:6 16
2 .Wolfsburg 7 1 0:4 15
3 .München 7 2 0:8 14
4 .Freiburg 7 1 5:7 14
4 .Leipzig 7 1 5:7 14
6 .Schalke 7 1 4:7 14
7 .Leverkusen 7 1 2:8 14
8 .Dortmund 7 1 9:11 12
9 .Frankfurt 7 1 1:10 11
1 0.Hertha 7 1 2:12 10
1 1.Bremen 7 1 2:16 8
1 2.Hoffenheim 7 6 :11 8
1 3.Mainz 7 7 :17 6
1 4.Augsburg 7 8 :19 5
1 5.Düsseldorf 7 9 :14 4
1 6.Union Berlin 7 6 :13 4
1 7.Köln 7 5 :16 4
1 8.SC Paderborn 7 9 :19 1
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