Süddeutsche Zeitung - 18.10.2019

(Jacob Rumans) #1
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Die lateinamerikanische Vari-
ante von Nutella ist eine pappi-
ge Karamellcreme. „Dulce de
Leche“ heißt sie in Argentini-
en und natürlich sagen die Ar-
gentinier, dass der Aufstrich aus einge-
kochter Milch und Zucker ihre Erfindung
ist, genauso wie der Kugelschreiber oder
der Omnibus. Das stimmt so natürlich
nicht, ist aber auch egal. Denn was zählt,
ist der Geschmack und der ist ein Traum,
sehr süß, mit ein zarten bitteren Note. Dul-
ce de Leche eignet sich für fast alles, was ir-
gendwie nach Nachtisch oder Süßigkeit
aussieht, man kann Kuchen und kleine
Törtchen mit der Karamellcreme füllen
oder sie in Schokoladenzylinder spritzen.
Es gibt Dulce de Leche zum lutschen und
natürlich gibt es sie auch als Aufstrich. Je-
den Morgen schmiere ich mir damit ein
oder zwei Brote, die Sonne geht auf, die Ka-
ramellcreme schmilzt auf meiner Zunge,
meine Tage könnten kaum besser begin-
nen.
Doch leider gibt es da ein Problem: Um
an die Dulce de Leche zu kommen, muss
ich erst mal die Packung aufbekommen.
Das ist gar nicht so einfach, weil die Kara-
mellcreme in kleinen Plastiktöpfchen
steckt, deren Deckel meistens klemmt und
die dazu noch von einer Schutzfolie ver-
schlossen sind. Egal, wie vorsichtig man
sie öffnet, zerreißt sie am Ende doch im-
mer, weshalb man dann die Reste mühsam
abpopeln muss. Am Ende hat man dann
die Hälfte der Dulce de Leche an den Fin-
ger und obendrein noch schlechte Laune.
Man könnte nun natürlich einfach zu ei-
ner anderen Marke greifen, diese sind aber
entweder nicht so lecker, oder sie haben
ähnliche Verpackungen. Und natürlich
könnte man das mit der Karamellcreme
auch ganz sein lassen. Wirklich gesund ist
sie wahrscheinlich ohnehin nicht. Auch
beim Joghurt aber muss man aber an einer
störrischen Schutzfolie vorbei, um an den
Inhalt zu kommen. Und schüttet man sich
Müsli in die Schüssel, führt jede unvorsich-
tige Bewegung dazu, dass die Verpackung
an der Seite aufreißt und sich Haferflocken
und Rosinen über den Tisch ergießen. Ich
war sogar schon einmal so weit, das Früh-
stück ganz sein zu lassen, doch beim Mit-
tagessen wiederholt sich das Spiel mit der
Nudelpackung und am Abend reißt beim
Feierabendbier regelmäßig die Lasche ab,
mit der man die Dose öffnet.
Statt mich weiter zu ärgern, habe ich
nun beschlossen, in die Offensive zu ge-
hen. Wer sagt denn, dass man überhaupt
Verpackungen braucht? Auch in Buenos Ai-
res gibt es Läden, in denen man Nudeln,
Müsli, Reis und Mehl unverpackt kaufen
kann. Ich habe angefangen, Joghurt selbst
zu machen, in kleinen Gläschen, mit Ver-
schluss zum Aufschrauben und im Inter-
net habe ich schon ein Rezept gefunden,
mit dem man Dulce de Leche selber ma-
chen kann. Klang ziemlich unkompliziert
und das Ergebnis ist bestimmt nicht nur
gut für meine Laune, sondern am Ende
auch für die Umwelt. christoph gurk

Karamellcreme, die


schlechte Laune macht


interview: thomas fromm

N


ach seinem Konzert im Kölner WDR-
Funkhaus sitzt Fred Gehring am spä-
ten Abend bei einem Glas Weißwein
mit Eis und erzählt die Geschichte einer sehr
besonderen Verwandlung: Vom Chef des Mo-
deunternehmens Tommy Hilfiger zum
Schlagzeuger, vom Luxus sehr teurer Hotels
zum Tourleben im Bandbus, von fünf runter
auf zwei Sterne. Aber natürlich wollte es der
1954 geborene Niederländer genau so ha-
ben. So wie er auch das musikalische Kon-
zept genau so wollte: DieBeatles-Stücke, die
Gehring und seine BandThe Analoguesan die-
sem Abend auf Rickenbacker-Gitarre und
Höfner-Bass spielen, stammen von Spätwer-
ken wie „Abbey Road“, „Magical Mystery
Tour“ oder „Revolver“. Aus einer Zeit also, in
der die Beatles fanden, dass ihre Musik
längst zu kompliziert für Konzerte geworden
war. Analogues-Auftritte haben daher ir-
gendwie auch etwas von Uraufführungen.

SZ: Herr Gehring, reden wir über Geld. Sie
waren ein ziemlich erfolgreicher Topma-
nager und jahrelang CEO des Modelabels
Tommy Hilfiger, jetzt ziehenSie als Drum-
mer mit einer Beatles-Coverband durch
die Hallen. Was ist lukrativer?
Fred Gehring: Das ist eine leichte Frage,
und die Antwort ist auch einfach: Die Ar-
beit bei Hilfiger war ein kleines bisschen lu-
krativer.
Andere Ex-Manager in Ihrem Alter spie-
len Golf und haben irgendwo ein Boot ste-
hen. Warum tun Sie sich den Stress an?
Ach, das ist eine sehr alte Geschichte. Ich
habe schon früher in Schüler- und Studen-
tenbands gespielt. Wir haben die Beatles
gecovert und dieKinksund irgendwann
auch eigene Songs gespielt. Bis ich nach
der Uni Holland verließ, einen Job bei ei-
nem großen Unternehmen annahm, das
mich dann nach einem Jahr nach Hondu-
ras geschickt hat. 1978 endete meine Musi-
kerkarriere.

Und Sie konnten einfach so aufhören?
Es war mir schwergefallen, die Musik dran-
zugeben, aber ich hatte keine Chance, da-
von zu leben. Irgendwann lebte ich zwi-
schen Honduras, Hongkong und New York,
da gehen Sie nicht am Abend in Ihr Appar-
tement und spielen noch zwei Stunden
Schlagzeug. Ich habe mir dann ein kleines
Klavier geliehen und brachte mir nebenbei
das Klavierspielen bei. Ich lernte Akkorde
und schrieb eigene Songs.
Aber nicht, um dann ein Vollzeitmusiker
zu werden?
Ach was. Ich war Mitte der 80er-Jahre selb-
ständiger Berater in New York und half eu-
ropäischen Unternehmen, in den USA Fuß
zu fassen. So kam ich dann übrigens zur
Mode. Da war sogar eine kleine Modefirma
aus Recklinghausen mit dem Namen
„Seeler“ dabei, haben Sie von der schon
mal etwas gehört? Mit diesen kleineren Un-
ternehmen hatte ich einigen Erfolg. 1988
dann ging ich zu Ralph Lauren nach Ams-
terdam, so kam ich über Umwege 1997 zu
Hilfiger.

2005, als es dem Unternehmen dann nicht
gut ging, haben Sie den Einstieg des
Finanzinvestors Apax für 1,6 Milliarden
Dollar organisiert. Fred Gehring war auch
mal ein harter Sanierer!
In Europa war Hilfiger damals sehr erfolg-
reich, in den USA überhaupt nicht. Wir ha-
ben dann alles umgebaut, die Zentrale
nach Amsterdam geholt und uns unabhän-
giger vom US-Geschäft gemacht.
Sie haben Hilfiger in den USA ge-
schrumpft. Was hat denn der amerikani-
sche Firmengründer Tommy Hilfiger da-
zu gesagt?
Er hat ja gesehen, wie es in Europa immer
weiter aufwärts ging. Wir waren Freunde,
er vertraute mir und gab mir freie Hand.
2010 haben wir Hilfiger dann an den ameri-
kanischen Bekleidungskonzern PVH ver-
kauft, zu dem auch Unternehmen wie Cal-
vin Klein gehörten. Damit begann meine
Uhr dann zu ticken.
Wieso?
Ich war Ende 50 und fragte mich: Was ma-
che ich nun mit meinem Leben? Der Klassi-
ker. Und dann, mit 60, gründete ich einen
Investmentfonds und eine Band mit dem
Ziel, auch ein bisschen Zeit für die Band
und etwas Freizeit für mich zu haben.
Dann wurde die Band immer wichtiger.
Vielleicht, weil Sie jahrelang Strategieplä-
ne gemacht, Unternehmen umgebaut,
Leute von A nach B versetzt und Arbeits-
plätze gestrichen oder woanders aufge-
baut haben. Das bringt einen doch irgend-
wann um den Schlaf...
Ja, klar. Die ersten Jahre, besonders die bei
Hilfiger, waren wunderbar. Man wachte
morgens auf und wusste gleich, was man

zu tun hatte. Es wurde später alles viel här-
ter und komplizierter, vor allem nach dem
Verkauf an PVH. Wenn so etwas passiert,
kommt immer automatisch eine Menge Po-
litik mit ins Spiel. Zusagen, die nicht einge-
halten werden, Lippenbekenntnisse,
Stress. Das alles hatte mich irgendwann
ziemlich ermüdet.

Und heute sind Sie nicht nur professionel-
ler Drummer. Sie managen auch eine
Band.Sind Sie jetzt so etwas wie der Band-
CEO?
Vielleicht, ja. Wir brauchten einen Namen
und eine Mission, wenn Sie so wollen: ein
„Mission Statement“.
Das klingt wirklich nach klassischem Un-
ternehmensmarketing.
Aber es ist doch wirklich so! Wenn Sie eine
Band starten, müssen Sie entscheiden, wo-
für Sie stehen. Okay, die Beatles sind unser
Kerngeschäft – und sonst? Auf Beatles ma-
chen viele. Haben wir denn einen neuen, ei-
genen Ansatz? Und dann müssen Sie die
richtigen Leute anheuern, Musiker und
Techniker, und zwar richtig gute Leute.
Dann sitzen Sie eines Tages in Köln und ge-
ben ein Interview – es ist alles wie im richti-
gen Geschäftsleben. Nur eben mit mehr
Musik.

Was ja zurückführt zu der Frage: Besser
Modemanager oder Drummer?
Ehrlich, ich war nie der Modetyp. Ich war
nie aufgeregt, wenn ich einen Mode-Show-
Room betrat. Anders als viele andere Leute
ließ mich das alles kalt. Ich kann mich
nicht in einen Pullover verlieben, ich kann
höchstens eine kluge Strategie für diesen
Pullover aufsetzen. Aber kann ich mich
restlos begeistern, wenn ich in ein Studio
gehe und Musik höre? Ja, das kann ich!

Muss man als CEO eines Modeunterneh-
mens nicht zumindest so tun, als würden
einen Poloshirts begeistern?
Alle Leute in meiner Firma wussten, dass
ich nicht für Mode brenne. Da war der Tom-
my, der das tat, das war ja auch sein Ding.
Und Sie waren der Mann für Ebitda-Be-
rechnungen und Cashflows.
Ein Mann für Gewinnmargen, Flipcharts,
Marketing. Aber keiner, zu dem man ge-
hen konnte, um mit ihm über die Emotiona-
lität des neuesten Modetrends zu reden. Es
gibt Leute, die tun so, als ob die das alles in-
teressieren würde. Ich habe es gar nicht
erst versucht.

Haben Sie die Kreativität einer Band ei-
gentlich nicht vermisst, als Sie Manager
waren?
Ja, sehr.
Und denken Sie manchmal: Mann, wäre
ich doch nur mal schon früher ins Musik-
geschäft eingestiegen.
Ja, aber gar nicht so viel früher. Vielleicht
vier fünf Jahre früher wäre okay gewesen.
Ich erzähle Ihnen eine kleine Episode:
2001 hatte ich die Idee, nur noch 50 Pro-
zent als Manager zu arbeiten und den Rest
der Zeit Musik zu machen. Ich hatte es ge-
schafft, unter dem Namen „Fred+“ eine
Platte aufzunehmen und ein paar Konzer-
te zu geben. Aber ich hatte keinen Hit und
hörte gleich wieder auf.
Hatte Sie das frustriert?
Nein, es war gut so, wie es war, denn die
wichtigsten Jahre an der Hilfiger-Spitze ka-
men erst danach. Hätte ich auch nur einen
einzigen Hit gehabt, hätte ich diese Jahre
verpasst.

Seit ein paar Jahren hat sich Ihr Leben
ziemlich verändert, oder?

Sehr, das Tourleben ist anstrengend. Wir
sind ständig im Bus oder im Easyjet, wir
schlafen in Hotels der Kategorie Novotels ...
Da sind Sie aber von früher anderes ge-
wohnt!
Das ist mir völlig egal. Wir touren im glei-
chen Bus und übernachten in den gleichen
Hotels, das macht doch gerade den
Charme aus.
Aber früher ging doch wahrscheinlich
nichts unter vier oder fünf Sternen die
Nacht.
Vergessen Sie die vier Sterne!
Und das vermissen Sie nicht?
Ob zwei, vier oder fünf Sterne: Es muss zur
Situation passen und sich dabei natürlich
anfühlen. Wenn ich früher mit meinen Kol-
legen ein einfaches Hotel am Flughafen ge-
bucht hätte, hätten die mich gefragt, ob ich
verrückt geworden bin. Da musste es Bay-
erischer Hof sein, Vier Jahreszeiten oder
Excelsior Hotel Ernst. Ist doch klar.

Und was sagen die heute? Mensch Fred,
du hast das alles weggeworfen, um in der


  1. Beatles-Coverband zu spielen und in
    Zwei-Sterne-Hotels zu schlafen?
    Möglich, dass jemand das denkt, aber ge-
    sagt hat das nie jemand. Meine Angst war
    anfangs eine ganz andere: Dass die glau-
    ben, dass hier jemand ist, der finanziell gut
    ausgestattet ist, sich verwirklichen will
    und eigentlich gar keine Ahnung von Mu-
    sik hat. Dass ich mich da irgendwo hinter
    einer Band verstecke mit meinem Schlag-
    zeug. Dass ich hier mein Geld für Instru-
    mente ausgebe so wie andere für eine su-
    perteure Tennis-oder Golfausrüstung. Ich
    hatte am Anfang nur auf den einen Zei-
    tungsartikel gewartet: „Eine gute Band,
    aber der Drummer hat keinen Schimmer
    von dem, was er da macht.“ Da hilft meiner


Meinung nach nur eines: Du musst deine
Sache verdammt gut machen.
Mag Tommy Hilfiger Ihre Musik?
Er kommt regelmäßig zu unseren Konzer-
ten, wir sind gute Freunde geblieben.
Und Ihre heutigen Kollegen? Kommen die
damit klar, dass Sie ein Manager waren?
Ich trete innerhalb der Band ganz anders
auf, als ich das vorher im Unternehmen tat.
Aber auch da hatte ich jetzt nicht den Ruf,
ein Diktator zu sein. Aber als Chef musste
ich bei Hilfiger führen. In der Band mana-
ge ich die Organisation – wo wir spielen
und unter welchen Bedingungen.
Schon die Bühne sieht nach ziemlich viel
Organisation aus: Eine alte Lowrey-Orgel,
das Ludwig-Schlagzeug von Ringo Starr,
ein paar alte Gitarrenverstärker der Mar-
ke Vox AC30, dazu Rickenbacker-und Höf-
ner-Gitarren und -Bässe...
Ja, und dann gibt es noch sehr spezielle Din-
ge. Im Song „Everybody’s Got Something
to Hide Except Me and My Monkey“ vom
„Weißen Album“ gibt es zum Beispiel diese
komische Glocke, die klingt wie eine
Schiffsglocke. Wir haben überall nach die-
ser bekloppten Glocke gesucht, wir muss-
ten sie finden, und zwar auch noch in der
richtigen Tonart.

Ohne diese Glocke ging es wirklich nicht?
Nein, ging es nicht. Wir wollen es alles ge-
nauso haben wie damals. Die gleiche Ton-
art, die gleiche nervige Frequenz.

Zum Glück gibt es einen Drummer, der
früher einmal Manager in der Modeindus-
trie war und in dieser Zeit nicht schlecht
verdient hat. Haben Sie das alles von Ih-
rem Geld bezahlt?
Ich bin der Drummer, aber auch die Pro-
duktionsgesellschaft. Und ganz nebenbei:
Vintage-Instrumente sind kein schlechtes
Investment. Wenn Sie falsch investieren,
verlieren Sie eine Menge Geld. Wenn Sie
aber die richtigen Stücke kaufen, dann ist
das eine sehr smarte Sache. Aber es ist
nicht billig. Allein der alte Moog-Synthesi-
zer hat 40 000 Euro gekostet, und Sie brau-
chen wahrscheinlich noch mal 40 000 Eu-
ro, um das Ding zu lernen.
Ein teurer Spaß. Lohnt es sich denn finan-
ziell wenigstens ein bisschen?
Inzwischen ja. Wir spielen nächste Woche
vor 12 000 Leuten in Amsterdam, und das
Spielen bringt was ein. Aber die Produktio-
nen sind teuer, die Instrumente müssen ja
nicht nur gekauft, sondern auch versichert
und durch die Gegend geflogen und gefah-
ren werden. Und wir zahlen sieben Prozent
unserer Einnahmen an Sony, die die Rech-
te an den Beatles-Songs halten.

Ganz ehrlich: Wenn Sie in Ihrem früheren
Job Investitionsentscheidungen wie eine
Glocke oder den Moog-Synthesizer getrof-
fen hätten, hätte man Sie doch umge-
bracht, oder?
Ja, wahrscheinlich hätten die mich gekillt.
Aber das hier ist kein Business-Ansatz. Es
geht um eine Mission, um eine Art von Ideo-
logie. Geldverdienen stand von Anfang an
nicht im Vordergrund. Aber wissen Sie
was? Wir können daraus noch ein schönes
Geschäft machen. Die sechs wunderbaren
Alben, die die Beatles zwischen 1966 und
1970 eingespielt haben, haben wir jetzt neu
herausgebracht. Und jetzt können wir sie
live spielen.

Zwei Mitglieder der Beatles, Ringo Starr
und Paul McCartney, leben noch. Waren
die mal auf einem Ihrer Konzerte?
Nein. Ich glaube, dass schon die Idee einer
Tribute-Band sie furchtbar langweilen
dürfte. Dazu kommt noch, dass Tribute-
Bands ja meistens Geld verdienen mit dem
Material der Original-Band.
Haben Sie mit denen denn mal über Ihr
Projekt geredet?
Einmal war ich kurz davor. Es war im Som-
mer 2016, und ich war mit meiner Frau bei
einer privaten Wahlkampfparty für Hillary
Clinton in der Nähe von New York. Irgend-
wann sagte meine Frau: „Heilige Scheiße,
er ist hier.“ Ich dachte, sie meint Bill Clin-
ton, aber sie meinte jemanden anderen: Da
stand Paul McCartney ein paar Meter von
mir entfernt. Ich wollte rübergehen und sa-
gen: „Hi, ich bin Fred von den Analogues.“
Ganze zehn Minuten arbeitete ich in Ge-
danken an meiner kurzen Vorstellungs-
rede. Am Ende ließ ich es bleiben, und statt-
dessen ging meine Frau rüber zu McCart-
ney und fragte: „Hallo, haben Sie schon
mal was von den Analogues gehört?“ Und
Paul McCartney sagte: „Ja ja, klar ... Ähm,
helfen Sie mir doch mal.“ Da war klar, dass
er noch nie was von uns gehört hatte.
So nah wie an jenem Tag werden Sie den
Beatles vielleicht nie wieder kommen.
Ich weiß. Aber ich habe mich einfach nicht
getraut.

„Ich war Ende 50 und fragte
mich: Was mache ich nun
mit meinem Leben?“

REDEN WIR ÜBER GELDMIT FRED GEHRING


FOTO: MORITZ KUENSTER/MONSTERPICS

„Ich kann mich nicht in


einen Pullover verlieben“


Fred Gehring war in einem früheren Leben mal Chef bei Tommy Hilfiger.


Dann wurde er Drummer in einer Band, die das Spätwerk der „Beatles“


spielt. Ein Gespräch über Mode, Musik und den Charme von Tourbussen


(^30) WIRTSCHAFT Freitag, 18. Oktober 2019, Nr. 241 DEFGH
BEI UNS IN BUENOS AIRES
„Das hier ist kein
Business-Ansatz. Es geht
um eine Mission.“
Berlin– Die Grünen sind im Bundestag
mit ihrer Forderung nach einem Tempoli-
mit von 130 Stundenkilometern auf Auto-
bahnen gescheitert. Das Parlament lehnte
einen Antrag der Fraktion für eine allge-
meine Höchstgeschwindigkeit mit den
Stimmen von Union, SPD, AfD und FDP bei
einer namentlichen Abstimmung mit deut-
licher Mehrheit ab. Darin hieß es, dass Er-
fahrungen mit lokalen Tempolimits zeig-
ten, dass die Zahl der bei Unfällen Getöte-
ten und Verletzten deutlich sinke. Ein Tem-
polimit führe zugleich zu Einsparungen
von CO2-Emissionen und sei damit eine ef-
fiziente Maßnahme zum Klimaschutz.
Deutschland ist das einzige Land in der
Europäischen Union ohne ein generelles
Tempolimit auf Autobahnen. Mehr als die
Hälfte der Deutschen wäre einer Umfrage
zufolge allerdings für so eine Höchstge-
schwindigkeit: 56,5 Prozent der Befragten
sprachen sich für eine allgemeine Begren-
zung aus, ergab einer repräsentative You-
gov-Online-Umfrage. 16,8 Prozent lehnten
demnach eine Maximalgeschwindigkeit
auf Autobahnen generell ab.
Abgelehnt wurde auch ein Antrag der
Linksfraktion für die schrittweise Einfüh-
rung eines „Nulltarifs im öffentlichen Nah-
verkehr“. Er sollte nach Forderung der
Fraktion zunächst in Städten mit einer ho-
hen Stickoxidbelastung für Kinder und Ju-
gendliche, Studenten und Geringverdie-
ner nichts kosten. Später sollten alle ticket-
frei fahren dürfen. epd/dpa  Seite 4
München –Bei Kartoffelchips mit Prosec-
co-Geschmack kennt Luca Zaia keinen
Spaß. Ein dicker Pfeil und ein „NO!“ in
Alarmrot sind in das Foto einer Dose Chips
der Marke Pringles mit der Geschmacks-
richtung „Prosecco & Pink Peppercorn“ ko-
piert, das der Präsident der norditalieni-
schen Region Venetien am Dienstag auf
Facebook postete.
Was den Italiener aufregt, sind jedoch
nicht geschmackliche Bedenken. Sondern
das Wörtchen Prosecco auf der Verpa-
ckung. „Wir können nicht mehr tolerie-
ren“, steht in Versalien über dem Post,
„dass ein geschützter Name ohne Genehmi-
gung verwendet wird.“ Drei rote X am An-
fang, ein Ausrufezeichen am Ende.
In Gefahr sieht Zaia nicht weniger als „le
nostre eccellenze“ – unsere Kostbarkeiten.
Das sind die Schaum- und Perlweine der
Region: dieProsecchi, wie die Mehrzahl kor-
rekterweise im Italienischen heißt. Prosec-
co ist nämlich seit 2009 eine geschützte Ur-
sprungsbezeichnung nach europäischem
Recht, so wie der Parmaschinken oder der
Allgäuer Bergkäse. Der Name darf nur für
Weine verwendet werden, die aus der Regi-
on stammen und nach bestimmten Kriteri-
en hergestellt wurden.
Deshalb hat die italienische Polizei am
Montag Hunderte Packungen der Pringles,
die nach Prosecco und nach rosa Pfeffer
schmecken sollen, in einer Supermarktket-
te in Venetien beschlagnahmt. Die Chips
seinen von einem holländischen Unterneh-
men eingekauft worden und enthielten
„ein nicht näher definiertes ,Prosecco-Pul-
ver’“, schreibt Zaia. Man kann sich vorstel-
len, wie der Regionalpolitiker, der auf Face-
book gerne mal von den Schaumweinen
seiner Region schwärmt, beim Wort „Pro-
secco-Pulver“ die Nase rümpft. Man habe
„jahrelang“ und „auf allen Verwaltungs-
und Regierungsebenen“ darauf bestan-
den, den Namen vor Missbrauch zu schüt-
zen, so Zaia. Denn das schade den „ehrli-
chen Produzenten“, die die Qualität und
die Region förderten.
Agrarministerin Teresa Bellanova
spricht gar von einem „Kampf“. „Die Kon-
fiszierung der Prosecco-Chips zeigt den
Einsatz des italienischen Landwirtschafts-
ministeriums im Kampf gegen Plagiatpro-
dukte und für den Schutz der Qualität unse-
rer Lebensmittelprodukte“, heißt es in ei-
ner Mitteilung ihres Ministeriums.
Die Chipsmarke Pringles, die zum US-
Konzern Kellogg’s gehört, reagierte be-
schwichtigend. Die Prosecco-Variante sei
in limitierter Stückzahl als Weihnachtsedi-
tion im Jahr 2018 produziert worden, zi-
tiert derGuardianaus einem Statement
des Unternehmens. Man habe den ge-
schützten Prosecco für das Aroma verwen-
det und den Namen im Einklang mit euro-
päischen Gesetzen auf die Verpackung ge-
schrieben. „Wir planen nicht, die Variante
in Zukunft zu produzieren.“
Es ist nicht die erste Chips-Sorte des
Herstellers, die Stirnrunzeln hervorgeru-
fen hat. Pringles brachte bereits Chips her-
aus, die nach Würstchen im Speckmantel
oder Essiggurke schmecken sollten, nach
Pekingente oder Krabbencocktail. Nach
Angaben einiger Händler sind selbst jene
Sorten, die verdächtig tierisch klingen, auf
wundersame Weise für Vegetarier geeig-
net. Ähnlich eigenartig ist so mancher Wer-
beslogan der Firma: „Einmal gepoppt, nie
mehr gestoppt“, hieß es in den 1990er Jah-
ren in Anspielung auf das Geräusch beim
Öffnen der Packung. Später lautete ein Slo-
gan: „Iss sie nicht einfach nur.“ Das hat die
italienische Polizei nun wohl wörtlich ge-
nommen. veronika wulf
6 aus 49(16. Oktober)
Lottozahlen:5-9-12-17-31-38
Superzahl: 8



  1. Rang (6 Treffer und Superzahl) unbesetzt,
    1 323 161,10 Euro, 2. Rang (6 Treffer) 740 118,20 Eu-
    ro, 3. Rang (5 Treffer mit Superzahl) 5968,60 Euro,

  2. Rang (5 Treffer) 2270,30 Euro, 5. Rang (4 Treffer
    mit Superzahl) 125,90 Euro, 6. Rang (4 Treffer)
    28,70 Euro, 7. Rang (3 Treffer mit Superzahl) 15,00
    Euro, 8. Rang (3 Treffer) 7,60 Euro, 9.Rang (2 Tref-
    fer mit Superzahl) 5,00 Euro.
    Spiel 77: 1542372
    Gewinnklasse 1 (Super 7): unbesetzt, 347 059,20 Eu-
    ro, Gewinnklasse 2: 77 777,00 Euro, Gewinnklasse 3:
    7777,00 Euro, Gewinnklasse 4: 777,00 Euro, Gewinn-
    klasse 5: 77,00 Euro, Gewinnklasse 6: 17,00 Euro, Ge-
    winnklasse 7: 5,00 Euro.
    Super 6:7 4 2 7 0 2 (Ohne Gewähr)


Bundestag lehnt


Tempolimit ab


Beschwipste Chips


Warum die italienische Polizei Hunderte Packungen Pringles mit Prosecco-Geschmack beschlagnahmt


Mittwoch-Lotto


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