Süddeutsche Zeitung - 18.10.2019

(Jacob Rumans) #1
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interview: wolfgang wittl

V


or zehn Monaten hat Markus Söder,
52, den Vorsitz der CSU übernom-
men, an diesem Freitag steht er in
der Münchner Olympiahalle vor der Wie-
derwahl.EinGesprächüberKonservativis-
mus, Existenzkrisen und Führungsstil.

SZ: Herr Söder, Sie wollten immer Minis-
terpräsident werden, aber weniger CSU-
Chef. Hat sich daran etwas geändert nach
zehn Monaten an der Parteispitze?
Markus Söder: Es war oft in der CSU Tradi-
tion, dass diese Ämter zusammen ausge-
übt werden. Das ist auch sinnvoll, weil vie-
les,wasfürBayernwichtigist,inBerlinent-
schiedenwird.EsisteinegroßeVerantwor-
tung, und es macht mir große Freude.

Große Freude? Das ist mit Blick auf den
Zustand der Partei schwer zu glauben.
DieCSUhateinengroßenSprungnachvor-
ne gemacht. Vor einem Jahr standen wir
kurz vor der Existenzkrise. Jetzt sind wir
mit Abstand die stärkste Volkspartei in
Deutschland, stabiler Anker in der Koaliti-
on und uns mit der CDU wieder einig. Ich
weiß aber, dass das alles auf dünnem Eis
ist. Es gibt noch viel zu tun.

Wenn man genau hinsieht, stellt man fest:
Die Partei tut sich mit vielem schwer, was
Sie ihr verordnen.
Ich bin meiner Partei dankbar, dass sie die
Veränderungen annimmt und mitgeht.

Dem Artenschutz-Volksbegehren stimm-
te sie nur widerwillig zu, obwohl Sie und
der Fraktionschef hohen Druck ausübten.
Es war die richtige Entscheidung für Bay-
ern, weil sie dazu beiträgt, zusammenzu-
führen statt zu spalten. Wir können nicht
gegen zwei Millionen Menschen entschei-
den. Zudem ist Artenschutz sehr wichtig.
WirwerbenaberauchfürunsereEntschei-
dungen. Sie werden nicht hoppla hopp
odervia Medien verkündet, sondern durch
lange Gespräche vorbereitet.

Es gab auch zähe Diskussionen zum Kli-
makonzept.
DieVeränderungenkommenja nicht allein
aus der Partei heraus, sondern werden
durch die Gesellschaft, globale Prozesse
und den Wandel der Zeit verursacht. Bay-
ern ist heute anders als vor 25 Jahren. Es
wird nicht reichen, nur zu wünschen, dass
wir wieder in den alten Zeiten wären. Wir
habenunglaublichvielZuzugundgroßarti-
geMenschen,dieausallenTeilenDeutsch-
lands zu uns kommen. Man hat nur zwei
Möglichkeiten: Entweder man geht mit
der Zeit oder man muss mit der Zeit gehen.
Die gleiche Diskussion hatte übrigens
auch Franz Josef Strauß. Er entschied sich
für die Zukunft. Das tue ich auch.

Verstehen Sie, dass Mitglieder sagen: Das
ist nicht mehr meine CSU!
Eine Volkspartei zu bleiben, ist heute eine
große politische Herausforderung. Mein
Eindruck ist allerdings, dass unsere Basis
das Ganze sehr positiv begleitet und froh
ist, dass es wieder inhaltlich vorangeht.
Aber natürlich: Die Welt dreht sich schnel-
ler. Da ist es normal, dass nicht jeder von
vornherein begeistert ist. Für mich ist aber
eines wichtig: Wir müssen mit den Coura-
gierten sein. Wir müssen mitnehmen, oh-
ne stehen zu bleiben.

Die CSU gab Atomkraft und Wehrpflicht
auf, jetzt legt sie wie die GrünenKlimakon-
zepte vor und streitet über Frauenquoten.
Was ist noch konservativ an Ihrer Partei?
Wir sind konservativ, wie es Franz Josef
Strauß definierte: Wir stehen an der Spitze
des Fortschritts. Wir sind nicht orthodox
oder ultramontan, wir verbarrikadieren
uns nicht in der Vergangenheit. Keiner
wählt uns, nur weil wir früher gut waren.

Was macht für Sie im Kern eine konservati-
ve Volkspartei aus?
Im Kern geht es darum, was schon bayeri-
sche Könige formulierten: Schlechtes wol-
len wir ändern, Gutes behalten. Dazu
brauchteseinenoffenenGeistundeinoffe-
nes Herz. Bayerische Lässigkeit bedeutet:
Wir sind neugierig auf die Zukunft, aber
wir machen auch nicht jede Mode mit.

Im Nachbarland Österreich läuft es ganz
gut für eine konservative Volkspartei.
Liegt es am Frontmann?
Jeder Politiker hat seine Momente, die er

nicht vergisst. Ich habe den Wahlkampf
letztes Jahr nicht vergessen. Wir haben
uns durch den Streit in Berlin in eine Ecke
bugsiert,inderwirbeidenMenschennega-
tiv und zum Teil sogar aggressiv wirkten.
Uns fehlte der Optimismus, den der Bayer
so schätzt. Das wird uns nie wieder passie-
ren.IchversuchealsParteivorsitzender,al-
le mitzunehmen, gehe sogar in Kreisvor-
stände und diskutiere drei Stunden mit.
Am Ende spüre ich viel Akzeptanz für eine
weltoffene und frische Partei von morgen.

Das sind bestimmt sehr unbefangene Ge-
spräche.
Mein Eindruck ist, dass die Mitglieder das
sehr wertschätzen.

Merken Sie in so einer Sitzung, ob Sie die
Basis mit Ihrem Dreiklang jünger, weibli-
cher, digitaler überfordern?
Die Alternative kann ja nicht männlicher
und älter sein, das werde ich von selbst.
Wir haben doch klare Entwicklungen vor
Augen: Zum einen ist der Anteil von Frau-
en in den Parlamenten einfach zu gering.
Und zum anderen besteht die Gefahr eines
Generationenabrisses.DashatdieEuropa-
wahl gezeigt. Unsere Ergebnisse bei jun-
gen Wählern waren dramatisch schlecht,
zum Teil unter zehn Prozent bei jungen
Frauen in den Städten. Das können wir
doch nicht einfach hinnehmen.

Nach der Staatskanzlei haben Sie auch die
Parteizentrale komplett auf sich zuge-
schnitten. Braucht die CSU immer noch
ein klares hierarchisches Prinzip?
Doppelspitzen muss jede Partei für sich
entscheiden. Ich glaube, dass es für die
CSU im Moment gut passt, so wie es ist.

Warum gibt es dann hinter vorgehaltener
Hand Kritik an Ihrem Führungsstil?
Echt? In Zeiten großer Veränderung und
politischer Weichenstellungen geht es nie
ohne Reibung. Es würde nicht reichen, nur
immer die gleichen alten Antworten auf
völlig neue Fragen zu geben. Für mich als
Parteivorsitzender gilt: Jeder soll sich ma-
ximal einbringen können und mithelfen,
wiebeimArten-oder Klimaschutz.AmEn-
de muss man aber ein stimmiges Konzept
haben. Dann ist der Erfolg am größten.

Würden Sie sich als autoritär bezeichnen?
Nein.
Sondern?
Ich bin extrem diskussionsfreudig und ge-
radezu hungrig auf neue Ideen und Argu-
mente.AberirgendwannmüssenDiskussi-
onenauchmalzueinemgeordnetenErgeb-
nisführen.SiehattenÖsterreichangespro-
chen.WasistdenneinerderErfolgevonSe-
bastian Kurz? Dass seine Partei geschlos-
sen war. Das ist die CSU jetzt auch wieder.

Sie sagtenmal: Wenn ein Parteifreund vor-
prescht, sei es wichtig, die Person nicht zu
belehren, sondern ihr den Rücken zu stär-
ken. So richtig klappt das noch nicht.
Ich versuche allen den Rücken zu stärken.
Sie werden von mir keine öffentliche Rüge
hören.

Stimmt, das darf in Ihrem Auftrag der Ge-
neralsekretär erledigen. Markus Blume
tadelte Alexander Dobrindt für die Flug-
steuer, die nun ja doch kommt. UndPartei-
vize Manfred Weber, weil er Schwarz-
Grün als Zukunftsmodell lobte.
Jedes Interview führt heute zu Feedback-
schleifen. Bei Mitgliedern, Bürgern, auch
bei uns in den Parteigremien. Und wenn
Parteimitglieder reihenweise wegen einer
Äußerung nachfragen, dann hilft es, die
Dinge einzuordnen. Aber noch mal: Auch
die Zusammenarbeit mit Manfred Weber
klappt sehr gut. Er hatte eine großartige
Zeit bis zur Europawahl und eine schwere
Zeit danach. Wir vergessen ihm seinen tol-
len Einsatz nicht. Manfred Weber wird in
der CSU weiter eine zentrale Rolle spielen.

Sie wollen eine jüngere und moderne Par-
tei. Warum fällt es Ihnen dann so schwer,
dem JU-Vorschlag für eine Urwahl zum
Kanzlerkandidaten zu folgen?
Wie sollte das Modell aussehen? Die CDU
kürt einen Urwahlkandidaten und die CSU
darf abnicken? Es würde die Sonderrolle
der CSU entwerten. Ich finde es besser,
wenn die Vorsitzenden von CDU und CSU
den Parteien einen mehrheitsfähigen Vor-
schlag unterbreiten. Das hat sich bewährt.

Was muss ein Kanzlerkandidat der Union
mitbringen – oder eine Kandidatin?
Gewinnen können!

Wie geht das in diesen Zeiten?
Für jede Kandidatur ist Timing und Tu-
ningentscheidend.Timingheißt:Wannfin-
det die Wahl statt? Und Tuning, in wel-
chem Umfeld man das Ganze plant. Man
mussehrlichsagen,nochniewarendieDin-
ge so unklar wie heute. Wir wissen nicht,
ob die SPD in der Regierung bleibt. Und es
ist eine neue Situation, wenn eine amtie-
rende Kanzlerin aufhört. Deshalb müssen
wir über die Zeitabläufe klug nachdenken.

Dazu hat jeder Kandidat seine eigenen
Vorstellungen.
So ist es. Und in der heutigen Zeit muss
man darauf achten, dass Kandidaten nicht
frühzeitig verbraucht werden.

Das war eine schöne Grußnote an die Dia-
dochenkämpfe in der CDU.
Ich finde, dass Annegret Kramp-Karren-
bauer mehr Respekt und Solidarität ver-
dient hat.Sieist Parteivorsitzende underst
ein Jahr im Amt. Personaldebatten helfen
nie. Ich bin ihr dankbar, dass wir wieder
die Einheit der Union herstellen konnten.

Sie werden selbstschon als Kanzlerkandi-
dat gehandelt. Ist das nicht ein Armuts-
zeugnis für den Zustand der Union?
Das ist aber eine unhöfliche Bewertung.

Nun, die CSU-Idole Strauß und Stoiber
durften erst nach vielen Jahren und größ-
ten Widerständen als Kanzler kandidie-
ren. Sie werden genannt, obwohl Sie erst

kurz im Amt sind und bei der Wahl mehr
als zehn Prozent verloren haben.
Die UmfragenzeigeneinegewisseVerunsi-
cherung.Dasistverständlich,wennsichei-
ne so große Ära wie bei Angela Merkel im
Wechsel befindet. Die Union braucht statt
einer verfrühten Personaldebatte eher ei-
ne grundlegende Strategiedebatte, wie sie
sichin derveränderten Parteienlandschaft
dauerhaft positioniert. Dieser Prozess hat
noch nicht abschließend stattgefunden.

Dazu gehört: Wer ist der Gegner?
Ich denke, die Grünen werden der Haupt-
konkurrent sein, mit Robert Habeck als
Herausforderer. Das Kanzlerduell wird
wohl Schwarz gegen Grün sein und nicht
Schwarz gegen Rot. Herr Habeck ist sicher
einspannenderPhilosoph.Aberoberwirk-
lich in der Lage wäre, dieses Land auch in
Zeiten von konjunktureller Schwäche zu
führen – da bleiben viele Fragezeichen.

Ihre Zustimmungswerte steigen, aber die
CSU verharrt in Umfragen bei 37 Prozent.
Warum kommt sie nicht vom Fleck?
Das hängt mit der gespaltenen Wahrneh-
mung zwischen Bund und Land zusam-
men. In Bayern merkt man ein gewisses
Durchstarten. Dochdas AnsehenderBun-
desregierung in Bayern liegt weit hinter
dem Ansehen der Staatsregierung zu-
rück.

Sie sagten im Januar, 2019 müsse ein Er-
gebnisjahr der großen Koalition werden.
Ist es ein Ergebnisjahr?
MitdemKlimapakethatsichdiegroßeKoa-
lition wieder eindrucksvoll zurückgemel-
det.Ichbinnungespannt,wasbeidemPar-
teivorsitzenden-Findungsprozess der SPD
herauskommt. Eine Trennung von Regie-
rungundPartei würde dasRegierenjeden-
falls deutlich erschweren. Ich bedaure,
dass Malu Dreyer, Manuela Schwesig und
Thorsten Schäfer-Gümbel ihre echt gute
Arbeit nicht fortsetzen werden.

Zwei Drittel der CSU-Anhänger bekunden
Sympathie für Schwarz-Grün in Berlin.
Die strategische Frage ist doch: Wie gehen
wir mit den Grünen um? Glauben wir, dass
sich die Grünen wirklich auf uns zubewe-
genwollen?EinParteichefHabeck,derEnt-
eignungenfordert,eineFrau Baerbock, die
an Verbote glaubt, und eine Partei die im
Zweifelnachlinkszieht,sindkeinegebore-
nen Partner. Wir sollten die Grünen als
Wettbewerber und nicht als Partner sehen.

Es fällt auf, dass Sie zu Themen bewusst
schweigen. So kennt man Sie gar nicht.
Politiker,diesichzuallemäußernundgera-
dezu panisch reagieren, wenn sie nicht je-
den Tag vier Mikrofone vor ihrer Nase ha-
ben, beginnen sich in der Demokratie
schnellerzuverbrauchen,alsihnenliebist.

Sie sind bisher nicht dadurch aufgefallen,
dass Sie vor Mikrofonen flüchten würden.
Ich mache medial weniger als früher und
gehe praktisch in keine Talkshows mehr.
Zu vielen Einzelfragen der Tagespolitik
können sich auch andere Persönlichkeiten
aus unserer Partei kompetent äußern.
Man muss nicht alles zu jedem sagen.

Was ist das schwierigere Amt: Parteichef
oder Ministerpräsident?
EinMinisterpräsident kann sich auf festen
Grund stützen mit einer großartigen bay-
erischenStaatsverwaltungimRücken.Par-
tei ist da anders. Es ist freier, bedarf aber
mehr Zeit, alles und alle zu koordinieren
und integrieren. Aber es ist auch eine sehr
motivierende Aufgabe. Über die Parteiar-
beit erhält man unglaublich viele inspirie-
rende Ideen, die man dann wieder in den
Staatsprozess einschleusen kann.

Das war fast eine Liebeserklärung.
Die Ergänzung durch diese beiden Ämter
hat für mich persönlich einen Entwick-
lungsschubergeben. Ichweiß: Das,wasich
heute mache, ist ernster, als nur eine
schnelle Schlagzeile zu produzieren. Ich
glaube zum Beispiel fest daran, dass ich ei-
ne besondere Aufgabe habe: Als Minister-
präsident bin ich nicht nur für meine Wäh-
leroderCSU-Mitgliederda, sondernfüral-
le Bayern. Ob das unsere jüdischen Bürger,
MigrantenoderMenschenmiteinemande-
renLebensmodellsind.FürvieleistderMi-
nisterpräsident der Schutzwall gegen Ex-
tremismus aller Art.

Müssen Sie nicht auch Ministerpräsident
für AfD-Leute sein?
Potenzielle AfD-Wähler wollen wir wieder
für die Mitte gewinnen, aber es gibt keine
Schonung für AfD-Funktionäre des rech-
ten Flügels. Antisemiten oder geistige
Brandstifter müssen mit unserem ent-
schiedenen Widerstand rechnen.

Ist das jetzt Ihre neue Rolle?
Winfried Kretschmann hat mir einmal ge-
sagt: Ministerpräsidenten müssen immer
auch Bundespräsident im eigenen Land
sein. Da ist etwas Wahres dran. In die Rolle
muss man aber hineinwachsen, das geht
nicht über Nacht. Man reift, aber bleibt
sich auch selbst treu. Ich bin nach wie vor
kein Veganer, finde nach wie vor Fußball
und Science Fiction toll. Aber ich weiß, was
in einem Amt von einem erwartet wird.
Dies will ich erfüllen.

Als Markus Söder den CSU-Vorsitz von sei-
nem alten Rivalen Horst Seehofer über-
nahm, flüsterte dieser ihm ins Ohr: Söder
könne ihn bei Irritationen jederzeit anru-
fen. „Unser Draht ist besser als früher“,
sagt Söder jetzt. Beide stünden regelmä-
ßig in Kontakt, er schätze Seehofers Rat et-
wa bei der Grundrente sehr. Über die von
Seehofer angestoßene Debatte zur See-
notrettung äußert sich Söder zurückhal-
tender. Der Innenminister habe „im Ver-
lauf der Diskussion alles richtig eingeord-
net, wo es anfangs vielleicht noch Irritatio-
nen gab“. Warum er, Söder, dazu so lange
geschwiegen hat? Als Ehrenvorsitzender
der Partei verdiene Seehofer „einen re-
spektvollen Umgang“. Über seinen Füh-
rungsstil sagt Söder: „Teamgeist ist Pflicht
in der Partei. Dazu gehört Beinfreiheit und
Bewegungsfreiheit für jeden in seiner Ver-
antwortung.“ Über zu viel Freiraum muss
man sich in der CSU allerdings keine Sor-
gen machen. Das sei wie im Fußball, sagt
Söder: „Technische Begabung und ein Solo
sind dann gewollt, wenn es der Mann-
schaft nützt.“ WIW

„Für jede Kandidatur
ist Timing
und Tuning
entscheidend.“

München– Zu wenig Verbote, nicht genü-
gend Auflagen – die Grünen-Fraktion im
LandtagkritisiertdenUmgangmitRechts-
rock-Konzerten in Bayern. Grünen-Politi-
ker Cemal Bozoğlu fordert die staatlichen
Behördendazu auf,dieGemeinden stärker
in ihrer Arbeit gegen die rechten Konzerte
zu unterstützen. Es müsse klare Kriterien
und einheitliche Maßstäbe beim Umgang
mit solchen Veranstaltungen geben. Zwi-
schen Januar 2014 und Juni 2019 haben in
Bayern61Rechtsrock-Konzertestattgefun-
den – gerade einmal sieben davon wurden
verboten oder von der Polizei aufgelöst.
DiesgehtauseinerAnfragedesGrünen-Po-
litikers an die Staatsregierung hervor. Nur
fünf der Konzerte wurden mit Auflagen
versehen. „Es kann nicht sein, dass Nazi-
konzerte in Bayern fast immer ohne ein-
schränkende Anordnungen oder Auflagen
stattfinden können“, sagte Bozoğlu. Nach
dem antisemitisch motivierten Anschlag
in Halle möchte die Staatsregierung ihre
Arbeit gegen Rechtsextremismus verstär-
ken – auch in der Rechtsrock-Szene. Erst
am Wochenende habe man in Zusammen-
arbeit mit der baden-württembergischen
Polizei einRechtsrockkonzertimGrenzge-
biet zwischen Franken und Baden-Würt-
temberg unterbunden, sagte Innenminis-
ter Joachim Herrmann (CSU). dpa

„Ich mache medial weniger
als früher und
gehe praktisch in
keine Talkshows mehr.“

Draht zu Seehofer


„Keiner wählt uns, nur weil wir früher gut waren“


Artenschutz, Klimakonzept, Quotenregelung: CSU-Chef Markus Söder hat der Partei im ersten Jahr seiner Amtszeit viel zugemutet.
Trotz Kritik will er an seinem Modernisierungskurs festhalten – und sich deutlich von den Grünen abgrenzen

Kritik am Umgang mit


Rechtsrock-Konzerten


von maximilian gerl

D


ie Jahreszeiten, das haben inzwi-
schen viele Menschen bemerkt,
sind hierzulande etwas durchein-
ander geraten. Der Schnee scheint gern
später zu fallen oder gleich massenhaft
wie im Januar; im Juli kletterte das Ther-
mometerüberdieMarkevon40GradCel-
sius; und in den vergangenen Oktoberta-
gen reichten die Temperaturen aus, um
sommerliche Gefühle und Schweiß auf-
kommen zu lassen. Insofern ist es nur
konsequent, dass in Bayreuth an diesem
Donnerstag ein sogenanntes Winterdorf
eröffnete – mit Punsch, Budenzauber
und allem, was einen zünftigen Advent
ausmacht. Damit sei man „wieder einmal
der erste Weihnachtstreff in ganz
Deutschland und sicher auch in Europa“,
teilten die Organisatoren mit, ein gewis-
ser Stolz klingt heraus. In diesem Sinne
darf wohl gratuliert werden.
Tatsächlich ist Bayern längst in Weih-
nachtsstimmung.So kündigenindenSu-
permärktenSchokonikoläusenachtradi-
tioneller Weisevon Christi Geburt. In vie-
len Büros besinnen sich Angestellte all-
mählich aufihren Weihnachtsurlaub und
eine stade Zeit, die keine dringenden
E-Mails nach 22 Uhr kennt. Die Weih-
nachtsbaumbranche hört gar leise die
Kässchen klingeln. Laut dem Verein bay-
erischer Christbaumbauern liegen keine
Erkenntnisse vor, „die den üblichen
Christbaumabsatz beeinträchtigen wür-
den“. Die Branche sei vielmehr verblüfft,
dass die Tannen die hohen Temperatu-
ren und den wenigen Regen in diesem
Jahr sogut verkraftet hätten. Mindestens
beimBaumblühtalsoeinherrlichdunkel-
grünes Weihnachten.
Auch in Bayreuth weiß man, mit den
seltsamschwankendenJahreszeitenum-
zugehen. Erstens gibt es das Winterdorf
schon seit 2004, nach eigenen Angaben
kommenmehrals 120000Besuchernpro
Saison. Zweitens versprachen die Betrei-
ber, die Eröffnung werde „garantiert
heiß“, und damit sei „nicht nur der vor
sich hin köchelnde Glühwein gemeint“.
WeramDonnerstaginBikiniundBadeho-
se vorbeikam, erwartete demnach die
Chance,„einen tollen Preis zu gewinnen“.
Alle anderen haben die Chance, sich bis
zum 31. Dezember warm anzuziehen,
dann muss das Winterdorf nämlich wie-
derschließen. Wenndas Wetter ganz ver-
rückt spielt, hat es bis dahin sogar schon
mal ordentlich geschneit.

Zeitenwende: Die CSU beschließt heutzutage Klimaschutzkonzepte und diskutiert munter über Frauenquoten. Ist die Par-
tei komplett ergrünt? „Wir verbarrikadieren uns nicht in der Vergangenheit“, sagt Markus Söder. FOTO: STEPHAN RUMPF

(^36) MÜNCHEN · BAYERN Freitag, 18. Oktober 2019, Nr. 241 DEFGH
MITTEN IN BAYREUTH
Endlich wieder
Glühwein
Veranstaltungen
Seien Sie anspruchsvoll –Seien Sie anspruchsvoll –Seien Sie anspruchsvoll –Seien Sie anspruchsvoll –
auch als Stifter.auch als Stifter.auch als Stifter.auch als Stifter.
Eine schöne TraditionEine schöne TraditionEine schöne TraditionEine schöne Tradition: : : :
SZ-Leser helfen SZ-Leser helfen SZ-Leser helfen SZ-Leser helfen
in Not geratenen Menschen.in Not geratenen Menschen.in Not geratenen Menschen.in Not geratenen Menschen.
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