Handelsblatt - 18.10.2019

(Joyce) #1
5,50

6, 78

15,79

8,83

11,6 9

2014 2015 2016 2017 2018

Netflix


Umsatz in Mrd. US-Dollar


HANDELSBLATT Quellen: Bloomberg, Unternehmen


Dominanter Faktor
Amazons Marktbedeutung in einzelnen Branchen in Deutschland

Spielzeug, Baby, Sport, Freizeit
Elektronik, Computer
Bücher, Bürobedarf
Küche, Haushalt, Wohnen
Garten
Beauty, Drogerie
Haustier
Baumarkt
Bekleidung
Lebensmittel und Getränke

Branche
15,8
14,0
13,6
8,5
7,9
6,4
5,1
5,0
3,3
0,1

% % % % % % % % % %

Marktanteil
1,32
2,64
0,66
2,09
0,35
0,98
0,10
0,88
1,05
0,11

Mrd. €
Mrd. €
Mrd. €
Mrd. €
Mrd. €
Mrd. €
Mrd. €
Mrd. €
Mrd. €
Mrd. €

Umsatz

HANDELSBLATT • Quelle: E-Commerce Germany

E-Commerce

Bequemlichkeit


schlägt Gewissen


Die bislang umfangreichste Auswertung zum Einfluss von
Amazon auf den deutschen Handel zeigt: Über die Plattform
läuft fast so viel Umsatz wie durch die Kassen von Edeka.

Florian Kolf Düsseldorf

D


ie immer stärker werdende
öffentliche Kritik an Amazon
hat offenbar keine Auswir-
kungen auf das Geschäft des Online-
händlers. Im Gegenteil: Wie die Stu-
die „E-Commerce Germany“ einer
Forschergruppe um den Lehrstuhl
für Entrepreneurship der Hochschu-
le St. Gallen zeigt, kann Amazon sei-
ne Dominanz im deutschen Handel
festigen. Die Untersuchung, die dem
Handelsblatt exklusiv vorliegt, belegt,
dass das Unternehmen in zahlrei-
chen Produktgruppen bereits zwei-
stellige Marktanteile hält. „Amazon
wächst rasant und beherrscht inzwi-
schen zahlreiche Wirtschaftsberei-
che“, betont Yara Molthan von der
E-Commerce-Beratung E-Tribes, die
zusammen mit der Uni St. Gallen,
dem Marktforscher Metoda und dem
Fachinformationsdienst Digital Kom-
pakt die Studie erarbeitet hat.
Die Dominanz von Amazon reicht
mittlerweile weit über den Online-
handel hinaus. So ergibt die Auswer-
tung, dass der Handel über die Platt-
form mit einem geschätzten Umsatz
von 11,5 Milliarden Euro im ersten
Halbjahr 2019 einen Anteil von fünf
Prozent am deutschen Einzelhandel
hat. Damit läuft über Amazon – Dritt-
händler auf dem Marktplatz einge-
rechnet – fast so viel Umsatz wie
durch die Kassen von Edeka,
Deutschlands größtem Händler.
Die Auswertung ist die umfang-
reichste und detaillierteste, die bis-
her zur Bedeutung von Amazon für
den deutschen Handel durchgeführt
wurde. So wurden mehr als eine Mil-
lion Produkte auf der Plattform in die
Analyse einbezogen. Auf dieser Basis
errechneten die Forscher den Um-
satz und den Marktanteil in einzel-
nen Produktkategorien.
Und der hat es in sich. So kommt
Amazon im Bereich Spielzeug, Baby,
Sport und Freizeit auf einen Anteil
von fast 16 Prozent des Gesamtmark-
tes. Ähnlich sieht es bei Elektronikar-
tikeln mit 14 Prozent und Büchern
und Bürobedarf mit 13,6 Prozent aus.
Überraschend hoch ist der Marktan-
teil auch schon bei Drogerieartikeln,
wo Amazon bisher als nicht so stark

galt: Dort liegt er schon bei 6,4 Pro-
zent. Ein Problem ist für Amazon je-
doch in diesem Segment der geringe
Durchschnittswert der Bestellungen;
er liegt bei gerade mal 21,75 Euro.
Ganz anders ist das Bild im Handel
mit Elektronikprodukten. Da liegt
der durchschnittliche Wert der Be-
stellung bei Amazon laut Studie bei
92,88 Euro – bei zusätzlich deutlich
höheren Gewinnmargen. Die Pro-
duktgruppe macht damit bereits 23
Prozent des Gesamtumsatzes von
Amazon aus. Das spürt auch die
Branche gewaltig. Das zeigt sich ins-
besondere beim Marktführer Ceco-
nomy mit seinen Ketten Media Markt
und Saturn, der die wegbrechenden

keinen Gaming-Computer mehr und
kann von überall auf jedem Gerät
Computerspiele spielen. Die Hälfte
der Gesellschaft in Deutschland
spielt schon. Sind Games die wich-
tigste Konkurrenz für Netflix?
Es gibt viele Dinge, die um die Freizeit
der Menschen konkurrieren. Compu-
terspiele gehören definitiv dazu. Die
Leute müssen auswählen. Aber noch
mal: Ich glaube, wenn wir tolle Inhal-
te machen, werden wir gewinnen.


Aber Sie selbst wollen nicht ins Ga-
ming-Geschäft einsteigen?
Das planen wir im Moment nicht.
Aber es gibt wirklich spannende Mög-
lichkeiten, interaktives Programm zu
machen, zum Beispiel in dem der Zu-
schauer über den Fortgang der Ge-
schichte entscheidet. Da können wir
noch viel mehr tun. Ich glaube, das
ist eine gute Möglichkeit, unserem
Publikum näher zu kommen. Das ist
wirklich eine ganz tolle Entwicklung
des Geschichtenerzählens.


Wenn Sie die Menschen erstmals als
Abonnenten gewonnen haben, ver-
sorgen Sie sie mit genau den Inhal-
ten, die sie gucken wollen. Manche
können gar nicht mehr aufhören,
Netflix zu schauen. Haben Sie eine
Verantwortung, Zuschauer davor zu
bewahren, ihre gesamte Zeit vor
dem Bildschirm zu verbringen?
Wir vertrauen unseren Abonnenten,
das selbst einzuschätzen und zu kon-
trollieren. Für Eltern gibt es die
Funktion, die Filmzeit ihrer Kinder
zu begrenzen. Und wir ermutigen sie,
das auch zu nutzen. Aber der Zu-
schauer bestimmt selbst. Das ma-
chen wir nicht.


Frau Luegenbiehl, vielen Dank für
das Interview.


Die Fragen stellten Larissa Holzki
und Hannah Steinharter.


Umsätze im stationären Geschäft in
Deutschland auch mit seinem Online-
geschäft nicht mehr auffangen kann.
So wuchs der Umsatz im Internet im
dritten Quartal gerade noch um 1,7
Prozent.
Experten wundert der ungebro-
chene Siegeszug von Amazon in vie-
len Kategorien nicht. „Hier spielt vor
allem der Faktor Bequemlichkeit eine
wichtige Rolle“, erklärt Dietmar
Grichnik von der Universität St. Gal-
len. Die große Auswahl an Produkten
und das einfache Verfahren beim Be-
zahlen und bei den Retouren zögen
immer mehr Kunden auf die Platt-
form.
Diese Vorteile schlagen offenbar
das schlechte Gewissen, das etliche
Verbraucher mittlerweile beim Shop-
pen über Amazon beschleicht. So
sagten bei einer repräsentativen Um-
frage von Statista im September 43,7
Prozent der Befragten, sie fänden
Amazons Marktmacht bedenklich.
87,4 Prozent gaben bei der Umfrage
im Auftrag der Shopping-Community
Pepper sogar an, sie würden bewusst
weniger bei Amazon einkaufen.
Diese Zwiespältigkeit der Konsu-
menten schlägt sich auch in der Stu-
die „E-Commerce Germany“ nieder.
So wurden dort Kunden von Payback
befragt, wie sie Amazon bewerten.
Dabei gaben 93 Prozent an, dass
Amazon eine große Auswahl biete,
90 Prozent lobten den einfachen Be-
stellprozess. Dagegen waren gerade
mal 19 Prozent der Ansicht, Amazon
sei ein fairer Arbeitgeber und lege
Wert auf Nachhaltigkeit.
Bestätigt hat die Studie erneut,
dass das Abo-Programm Prime ein
ganz wesentlicher Faktor für den Er-
folg von Amazon ist. Prime-Nutzer
sind zufriedener und kaufen häufiger
auf dem Marktplatz ein. So würden
94 Prozent der Prime-Nutzer Ama-
zon weiterempfehlen; unter den an-
deren Kunden liegt diese Quote bei
75 Prozent. 64 Prozent der Prime-
Nutzer kaufen mindestens zwei- bis
dreimal pro Monat dort ein.

> Kommentar Seite 25

Die Managerin Bevor Kelly Lue-
genbiehl bei Netflix anfing, arbei-
tete sie bei der ABC Entertainment
Group als Vice President Comedy
and International. 2010 gehörte sie
zu den von „The Hollywood Repor-
ter“ ausgewählten 35 erfolgreichs-
ten Managern unter 35 Jahren.


Das Unternehmen Netflix hat im
dritten Quartal neue Kunden hin-
zugewonnen. Unterm Strich stieg
die Anzahl der Bezahlabos um 6,8
Millionen. Insgesamt belaufen sich
die bezahlten Mitgliedschaften auf
knapp 158 Millionen.


Vita Kelly Luegenbiehl



 

 
  
 










 







  

     










 






 







 

 
 
 


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WOCHENENDE 18./19./20. OKTOBER 2019, NR. 201
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