Handelsblatt - 18.10.2019

(Joyce) #1

So ein kleines


Schrank-


tresörchen


zum


Reinstellen,


das taugt


nichts.


Rüdiger Reges
Berater zur Prävention
von Einbrüchen, Polizei
Frankfurt

Frank Wiebe Frankfurt

B


ei der Firma Döttling in
Sindelfingen kann man
einen Tresor mit dem
Namen „Narcissus“ be-
stellen. Ein wahres Stahl -
ungetüm, das in Zusammenarbeit mit
Karl Lagerfeld entworfen wurde. Al-
ternativ gibt es einen Safe mit dem Na-
men „Gatsby“, der aussieht wie ein
mächtiger Lederkoffer aus der ver-
meintlich guten, alten Zeit. Solche Lu-
xus-Speicher lassen sich mit Gold,
kostbaren Weinen und Zigarren, teu-
ren Uhren und jeder Art von Schmuck
füllen – und mit Bargeld.
Bei Döttling wird der Tresor, der
zum Aufbewahren von Werten dient,
selbst zum Wertgegenstand: Ein sol-
cher Stahlschrank kann mehrere
100 000 Euro kosten. Wer sich diesen
Luxus leistet, verstößt allerdings ge-
gen einen wichtigen Grundsatz: Bar-
geld und andere Werte sollten mög-
lichst unauffällig verwahrt werden.
Das Konzept der schwäbischen Luxus-
firma hat also seine Tücken; im Früh-
jahr rutschte sie übrigens wegen man-
gelnder Nachfrage in die Insolvenz.
Mittlerweile wurde ein Investor gefun-
den, die Firma firmiert jetzt unter
dem Namen Döttling Luxury Safes.
Es liegt nahe, Wertgegenstände in
einem Safe aufzubewahren, auf den
man jederzeit Zugriff hat. Allerdings
ist jeder Safe auch ein Anziehungs-
punkt für Kriminelle. Wenn dieser
Tresor nicht gut verankert oder nicht
sehr schwer ist, nehmen Einbrecher
ihn unter Umständen komplett mit
und haben dann alle Wertsachen da-
rin beisammen.
Safes bieten sich an für die Siche-
rung von Schmuck und ähnlichen
Wertgegenständen. Aber wie sinnvoll
ist es, Bargeld in größeren Summen
darin zu bunkern? Wer mit diesem
Gedanken spielt, muss sich mit eini-
gen Fragen auseinandersetzen. Wozu
soll diese Aufbewahrung dienen? Ist
sie wirklich geeignet, den gewünsch-
ten Zweck zu erfüllen? Und selbst
wenn: Lagert das Geld wirklich besser
im eigenen Haus oder nicht doch in
einem Bankschließfach? Und nicht zu-
letzt gilt es, sich gegen Verlust abzusi-
chern und allzu hohe Kosten zu ver-
meiden.
Ein wichtiges Motiv, Bargeld zu
bunkern, sind die niedrigen Zinsen.
Die Geldpolitiker der Europäischen
Zentralbank (EZB) haben sie im Sep-
tember erneut gesenkt – der Einlagen-
zins für Banken bei der EZB sank auf
minus 0,5 Prozent. Falls im Euro-
Raum eine Rezession näherrückt,
könnte es noch weiter heruntergehen.
Dabei fürchten die Geldpolitiker einen
Punkt: den negativen Zinssatz, ab
dem Anleger massiv Bargeld abheben,
um Minuszinsen zu entgehen.

Die Angst vor der Krise
Noch sind wir allerdings nicht so weit.
Bislang geben Banken die Minuszin-
sen nur an vermögende Kunden wei-
ter. Die meisten berechnen ihren Pri-
vatkunden Minuszinsen erst bei Sum-
men ab 100 000 Euro – wenn
überhaupt. Einige Banken, vor allem
kleinere Institute im Ausland, zahlen
sogar noch etwas Zinsen auf Einlagen.
Die Angebote werden auch über spe-
zielle Dienstleister wie etwa Weltspa-
ren vermarktet. Die Webseite handels
blatt.com bietet zudem einen Tages-
geldrechner.
Selbst wenn die Zinsen noch weiter
sinken sollten, muss das nicht unbe-
dingt die Sparer treffen. Denn seit
September gibt es für die Banken Frei-
beträge, bis zu denen sie ihr Geld zu
null Prozent bei der EZB anlegen kön-
nen. Es liegt daher nahe, dass es auch

bei Freibeträgen für die Sparer bleibt.
Außerdem sollten Anleger, die große
Summen auf Konten halten wollen,
das Geld ja auch auf mehrere Banken
verteilen.
Die Minuszinsen allein dürften da-
her, ganz rational betrachtet, bisher
allein noch keinen Grund abgeben,
Bargeld zu bunkern. Hinzu kann aber
der Wunsch kommen, einen Teil des
Geldes wegen einer möglichen Fi-
nanzkrise bar zu horten. Bei der letz-
ten Krise hat allerdings in Deutsch-
land kein Sparer Geld verloren. Beim
Zusammenbruch einer einzelnen
Bank greift die Einlagensicherung, die
in der Europäischen Union gesetzlich
mindestens 100 000 Euro garantieren
muss.
Bei großen Systemkrisen könnte es
im Prinzip aber dazu kommen, dass
Anleger Geld verlieren. Sollte das
Währungssystem zusammenbrechen,
verliert möglicherweise auch Bargeld
an Wert – dagegen hilft allenfalls etwa
die Einlagerung von Gold. Selbst für
Experten ist es kaum möglich, das Ri-
siko derartiger Katastrophen richtig
einzuschätzen. Aber wahrscheinlich
ist es kleiner als zum Beispiel die Ge-
fahr, dass ein Tresor bei einem Ein-
bruch gestohlen wird.
Soll das Geld also zu Hause oder im
Schließfach aufgehoben werden? Das
Schließfach ist eine relativ einfache
Lösung. Außerdem schützen die Ban-
ken ihre Gebäude möglicherweise
besser als Privatleute. Rüdiger Reges
von der Polizei Frankfurt rät daher,
Wertsachen zur Bank zu bringen:
„Am sichersten ist es, gar nichts zu
Hause zu haben. Wir plädieren immer
für ein Bankschließfach.“ Reges und
Kollegen beraten Bürger beim Schutz
gegen Einbruch. Ein Problem bei
Schließfächern: Manche Banken bie-
ten keine an, andere wiederum stellen
sie nur Kunden bereit, die ein Konto
bei ihnen haben.
Ein typisches Beispiel für die exter-
ne Lagerung: Die BB-Bank bietet ab
40 Euro Jahresgebühr Wertfächer an,
wobei der Preis von der Größe ab-
hängt. Bis 10 000 Euro ist der Inhalt
versichert, darüber kostet es 1,50
Euro Versicherungsgebühr pro 1 000
Euro Wert. Die Versicherungskosten

bewegen sich also im Promillebereich.
Die pauschale Versicherung vonseiten
einer Bank ist üblich für Wertsachen
zwischen 2 000 und 10 000 Euro. Al-
lerdings bieten manche Geldhäuser
auch gar keine Absicherung.
Hilfreich kann daher sein, ein
Schließfach extern zu versichern. Bei
der R+V sind zum Beispiel in einem
Hausrattarif auch Schließfachinhalte
bis zu 20 000 Euro enthalten. Außer-
dem lassen sich für gut ein Promille
Gebühr höhere Summen absichern.
Die Öffentliche Oldenburg bietet ei-
nen ähnlichen Tarif für 1,50 Euro je
1 000 Euro Versicherungssumme an.
Für die Schließfachgebühr hat die
Stiftung Warentest im vergangenen
Jahr eine Preisspanne von 40 bis
über 300 Euro im Jahr festgestellt.

Dabei hat sie ein Schließfach unter-
stellt, in das ein breiter Aktenordner
hineinpasst und einem Volumen von
über sieben Litern entspricht. Die
Commerzbank bietet Schließfächer
bis zu acht Litern für 99 Euro jährlich
an. Zum Vergleich: 5 000 Scheine zu
200 Euro nehmen gut sechs Liter in
Anspruch. Man kann in so einem
Fach also locker eine Million unter-
bringen. Bei solchen Summen blei-
ben die Kosten samt Versicherung im
Promillebereich.
Wer das Geld – oder andere Wertsa-
chen – doch lieber zu Hause aufbe-

wahrt, sollte darauf achten, dass die
gesamte Wohnung möglichst ein-
bruchsicher ist, sagt der Polizei-Exper-
te Reges. Dabei kommt es vor allem
auf die Qualität der Türen und Fenster
an. Bei den Tresoren empfiehlt der
Verband der Schadenversicherer
(VdS) eine feste Verankerung des Safes
in der Wand oder im Boden, am bes-
ten mit gerade abschließenden Flä-
chen. Wer die Möglichkeit hat, sollte
das schon beim Bau mit einplanen. Al-
lenfalls Tresore ab einer Tonne Ge-
wicht können ohne Verankerung auf-
gestellt werden, weil bei denen der
Abtransport für Einbrecher doch zu
schwierig wäre. Reges bringt es auf
die Formel: „Je schwerer, desto bes-
ser.“
Und der Experte warnt vor Billiglö-
sungen. „So ein kleines Schranktre-
sörchen zum Reinstellen, das taugt
nichts“, sagt er. Außer der Veranke-
rung muss auch die Qualität des Safes
selbst stimmen. Der VdS teilt diese
„Wertschränke“ in verschiedene Si-
cherheitsklassen ein, an denen sich
die meisten Versicherer orientieren.
Dabei gilt: Je höher die Versicherungs-
summe, desto größer muss die Sicher-
heitsklasse sein.
Neben der Sicherheit ist auch die
Geheimhaltung wichtig. Tresore soll-
ten „möglichst versteckt“ unterge-
bracht werden. Über den Erwerb ei-
nes Wertschutzschrankes sollte der
Besitzer zudem Stillschweigen bewah-
ren, rät daher die Gothaer Versiche-
rung. Die Anbieter sehen es ähnlich.
Die Firma Dreisörner in Frankfurt
zum Beispiel hat ausgesprochene „Ge-
heimtresore“ im Programm und ver-
spricht: „Wir lassen sogar ganze Tre-
sorräume verschwinden.“ Die Devise
heißt also: viel Sicherheit, aber wenig
drüber reden.
Heimische Tresore werden durch
die Hausratversicherung abgesichert.
Dabei gibt es meist auch einen be-
stimmten Basisbetrag: Bei der R+V et-
wa sind es 200 Euro an Wertsachen je
Quadratmeter Wohnfläche. Was darü-
ber hinausgeht, wird in der Regel indi-
viduell vereinbart. Die Preise hängen
von verschiedenen Faktoren ab – auch
von der Wohngegend. Die Branche ist
daher zurückhaltend mit der Angabe

Tresore und Co.

Bargeld bunkern,


aber richtig


In Zeiten von Minuszinsen gewinnt Bargeld


besonderen Reiz. Aber wer hohe Summen in


Scheinen aufbewahren will, sollte sich intensiv


mit den Risiken auseinandersetzen und sich


bestmöglich dagegen schützen.


99


EURO
kostet ein Schließfach mit
einem Fassungsvolumen von
acht Litern jährlich bei der
Commerzbank.

Quelle: Commerzbank

Private Geldanlage
WOCHENENDE 18./19./20. OKTOBER 2019, NR. 201
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