Die Welt - 14.10.2019

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14.10.19 Montag, 14. Oktober 2019DWBE-HP


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DWBE-HP





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10 WIRTSCHAFT *DIE WELT MONTAG,14.OKTOBER


D


as Verhältnis von Ursula
von der Leyen und der
deutschen Wirtschaft
könnte schwierig wer-
den in den kommenden
Jahren. Viele Unternehmer und Mana-
ger sind von der EU enttäuscht, und
die designierte Präsidentin der EU-
Kommission muss verloren gegange-
nes Vertrauen zurückgewinnen. Das
Arbeitsprogramm, das sie für ihre
Kommission angekündigt hat, könnte
die Kluft allerdings noch vertiefen.

VON TOBIAS KAISER

Dabei scheint schon heute das Ver-
hältnis der Wirtschaft zur EU von
Entfremdung dominiert. Deutsche
Unternehmen, einst große Unterstüt-
zer Europas, sind von Brüsselent-
täuscht. Das illustriert eine repräsen-
tative Umfrage des Ifo-Instituts, das
auch den viel beachteten monatlichen
Konjunkturindikator erstellt. Die un-
veröffentlichte Untersuchung liegt
WELT vor. Darin stellt die deutsche
Wirtschaft der EU-Ebene ein überaus
kritisches Zeugnis aus: Die befragten
Unternehmen beurteilen die Arbeit
der Europäischen Union in zentralen
wirtschaftsrelevanten Bereichen über-
wiegend negativ. Bei der Stärkung der
WWWettbewerbsfähigkeit, beim Daten-ettbewerbsfähigkeit, beim Daten-
schutz, der Entwicklung des digitalen
Binnenmarkts oder auch beim Um-
welt- und Klimaschutz – in all diesen
Bereichen beurteilen die Befragten die
bisherigen Ergebnisse auf EU-Ebene
überwiegend negativ.
So glaubt lediglich jeder fünfte Un-
ternehmensvertreter, dass die EU in
den vergangenen Jahren den Umwelt-
und Klimaschutz erfolgreich vorange-
trieben habe. Mehr als ein Drittel be-
wertet dagegen die bisherige Politik in
diesem Bereich negativ. Lediglich bei
der Handelspolitik überwiegt die posi-
tive Einschätzung.
An der repräsentativen Umfrage,
die die Struktur der deutschen Wirt-
schaft widerspiegeln soll, nahmen
rund 1300 Unternehmen unterschied-
licher Größe aus verschiedenen Bran-
chen teil. Das Ifo-Instituthat eine
AAAuswertung im Auftrag der Stiftunguswertung im Auftrag der Stiftung
Familienunternehmen erstellt, die
von rund 500 Firmen aus dem Kreis
der größten deutschen Familienunter-
nehmen getragen wird.
Die Entfremdung von Wirtschaft
und Europa zeigt sich auch daran, dass
es offenbar kaum Kontakte zwischen
den Unternehmen und europäischen
Entscheidungsträgern gibt. Rund vier
von fünf Unternehmen gaben an, dass
sie noch nie Kontakt zu Abgeordneten
des Europaparlaments hatten.
Dabei scheint das Interesse groß:
Beinahe ein Drittel der Befragten wür-
de gerne intensivere Kontakte nach
Brüssel und Straßburg, den beiden
Standorten des Parlaments, pflegen.
Zum Vergleich: Mit Bundestagsabge-
ordneten sprechen 52 Prozent der Be-
fffragten zumindest gelegentlich.ragten zumindest gelegentlich.

Kein Wunder, dass die Unterneh-
mensvertreter sich in der EU-Politik
schlecht vertreten fühlen: Lediglich
1 0,5 Prozent der Befragten schätzen,
dass ihre Interessen auf EU-Ebene am
besten vertreten werden. Auf Landes-
ebene ist es dagegen ein Fünftel und
auf Bundesebene sogar ein Viertel.
Am Verhältnis der Wirtschaft zu
Brüssel liegt also einiges im Argen, und
die Beziehung zu dieser gesellschaftli-
chen Gruppe zu verbessern ist eine Auf-
gabe von der Leyens, die in den kom-
menden Wochen zusammen mit ihrem
26-köpfigen Kollegium die Arbeit auf-
nehmen will. Einzig: Was bisher von
den Plänen der CDU-Politikerin be-

kannt ist, hat die Skepsis in den Unter-
nehmen offenbar nicht ausgeräumt.
Zentral für ihre Amtszeit sollen am-
bitionierte Fortschritte in der Klimapo-
litik werden; der von ihr angekündigte
„Green New Deal“ soll Kern ihrer Ar-
beit werden. Dass solch eine Ankündi-
gung bei vielen Unternehmen insbe-
sondere in der Industrie nicht gut an-
kommen würde, war vorhersehbar.
„Statt immer wieder neue Ziele in
die Diskussion zu werfen, sollte die
Umsetzung des gerade erst beschlos-
senen Rechtsrahmens für 2030 drin-
gend angegangen werden“, kritisierte
denn auch der Bundesverband der
Deutschen Industrie (BDI).

Die Arbeitgeber stören sich derweil
an ihren sozial- und arbeitsmarktpoli-
tischen Plänen, etwa dem Vorhaben
einer europäischen Arbeitslosenversi-
cherung, die vor allem in Krisenzeiten
greifen soll, oder europäischen Rege-
lungen zum Mindestlohn. „Staatlich
fffestgesetzte Mindestlöhne sind in ein-estgesetzte Mindestlöhne sind in ein-
zelnen EU-Ländern völlig unbe-
kannt“, sagte etwa Steffen Kampeter,
der Hauptgeschäftsführer des Arbeit-
geberverbands BDA. „Die Autonomie
der Sozialpartner muss immer Vor-
rang genießen – das droht bei einer eu-
ropaweiten Regelung unter die Räder
zu geraten.“
Tatsächlich scheinen die Vorstel-
lungen der Unternehmen, welche The-
men die Kommission angehen sollte,
wie ein Gegenentwurf zu den ambitio-
nierten Plänen von der Leyens. Eine
europäische Arbeitslosenversicherung
befürworten in der Ifo-Studie dem-
nach lediglich etwas mehr als 17 Pro-
zent der Befragten. Auch für ein ge-
meinsames Budget für die Euro-Zone
kann sich nur rund jeder fünfte Be-
fffragte erwärmen. Eine gemeinsameragte erwärmen. Eine gemeinsame
Einlagensicherung, die als Teil der eu-
ropäischen Bankenunion diskutiert
wird, befürworten zwar immerhin 33
Prozent der Befragten, rund 42 Pro-
zent sind allerdings dagegen.
Die Umfrage für den „Jahresmoni-
tor der Stiftung Familienunternah-
men“ fand zwischen April und Juli
statt; die bereits damals diskutieren
VVVorschläge hat von der Leyen inzwi-orschläge hat von der Leyen inzwi-
schen in ihr Programm aufgenommen.
Dabei wünscht die Wirtschaft sich
durchaus eine aktive EU-Kommission:
Drei von vier Unternehmen wollen,
dass der bisher unterentwickelte Bin-
nenmarkt vorangetrieben wird, und
rund zwei von drei Befragten wollen
mehr Engagement der EU in der Han-
delspolitiksehen. Auf sehr große Sym-
pathie stoßen von der Leyens Pläne
fffür harmonisierte Unternehmensteu-ür harmonisierte Unternehmensteu-
ern auf europäischer Ebene: Mehr als
zwei von drei Befragten sehen dieses
seit Längerem diskutierte Vorhaben
positiv, vermutlich weil sie sich von
einheitlichen Regeln weniger Bürokra-
tie versprechen.
„Der Handlungsauftrag an die neue
EU-Kommission unter Führung von
Ursula von der Leyen ist klar“, sagt et-
wa Rainer Kirchdörfer, Vorstand der
Stiftung Familienunternehmen. „Gute
Bedingungen für unsere Unterneh-
men zu schaffen ist der beste Beitrag
zu Beschäftigung, Innovation und Zu-
kunftsinvestitionen und damit auch
zur gesellschaftlichen und politischen
Stabilität in Deutschland.“ Dass die
Themen, die der Wirtschaft wichtig
sind, im Arbeitsprogramm von der
Leyens auftauchen, ist da ein wichti-
ges Signal in Richtung der Unterneh-
men. Tatsächlich begeistern dürfte die
designierte Kommissionspräsidentin
die Manager und Unternehmer aller-
dings nur, wenn sie es schafft, auf die-
sen teilweise seit Jahren stagnieren-
den Feldern etwas voranzubringen.

REUTERS

/YVES HERMAN

Nur ein Vorhaben stößt auf Zustimmung

Quelle: Stiftung Familienunternehmen, ���� Befragte

*gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage

Wie beurteilen Sie die Reformvorschläge / Zielsetzungen auf EU-Ebene?

Arbeitslosenversicherung

Positiv Neutral Negativ Weiß nicht
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Euro-Zonen-Budget

Einlagensicherung

Mindestlohn

GKKB*

Handelsabkommen
Globale Wettbewerbsfähigkeit
Datenschutz
Digitaler Binnenmarkt
Umwelt- und Klimaschutz
Maßn. gg. Steuervermeidung
weitere EU-Beitritte

Europa erreicht nur wenige Ziele

Quelle: Stiftung Familienunternehmen, ���� Befragte

Wie beurteilen Sie erzielte EU-Ergebnisse in den folgenden Bereichen?
Positiv Neutral Negativ
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%     %

Personenfreizügigkeit

Kapitalverkehr

Dienstleistungsverkehr

Warenverkehr

Überhaupt nicht Geringfügig Teilweise
Ausreichend Vollständig Weiß nicht

Europäischer Binnenmarkt funktioniert nur ausreichend

Quelle: Jahresmonitor ����, Berechnungen des Ifo-Instituts, ���� Befragte

Wie gut sind die Grundfreiheiten des EU-Binnenmarktes umgesetzt?

Zeichen der


Entfremdung


Die Skepsis der Wirtschaft gegenüber


der EU sitzt tiefer als gedacht.


Die designierte Kommissionspräsidentin


Ursula von der Leyen muss


beide Welten wieder vereinen


O


ffiziell steckt die deutsche
Wirtschaft noch nicht in einer
Rezession. Dafür müssten die
Statistikbehörden für das dritte Quar-
tal – und damit das zweite in Folge –
ein schrumpfendes Bruttoinlands-
produkt ermitteln. Noch wird für die
Zeit von Anfang Juli bis Ende Septem-
ber gerechnet. Eine offizielle Bestäti-
gung brauchen Vertreter deutscher
Kernbranchen wie Maschinenbau und
Automobil nicht mehr. Sie kennen ihre
Zahlen und fordern eine beherzte Re-
aktion der Politik.

VON CARSTEN DIERIG UND PHILIPP VETTER

„Wir befinden uns mitten im Ab-
schwung“, bestätigt Carl Martin Wel-
cker, der geschäftsführende Gesell-
schafter des 1880 gegründeten Werk-
zeugmaschinenherstellers Alfred H.
Schütte aus Köln. Seit Jahresbeginn ge-
hen die Auftragseingangszahlen des
Mittelständlers zurück, kumuliert liegt
das Minus bei mittlerweile 30 Prozent.
Aber auch der Umsatz und die Produk-
tion erreichen bei Weitem nicht mehr
das Niveau der starken Vorjahre.
Schütte reagiert deshalb mit einem
radikalen Kostenschnitt. Marketing
und Messebudgets sind gekürzt wor-
den, Dienstwagen werden länger gefah-
ren oder sogar abgeschafft. Auch beim
Personal hat der Mittelständler ange-
setzt: Rund die Hälfte der Arbeiter in
Produktion und Montage ist seit Mai in
Kurzarbeit, befristete Verträge wurden
nicht verlängert, und auch Entlassun-
gen hat es schon gegeben. Tritt in den
kommenden Monaten keine Besserung
ein, dürften weitere Stellen zur Dispo-
sition stehen. „Es ist gut möglich, dass
wir noch mal nachsteuern müssen“,
sagt Welcker im WELT-Gespräch.
Verantwortlich für den Absturz ist
nach Welckers Einschätzung ein Bündel
an Problemen, angefangen bei einer zy-
klischen Schwäche nach vielen Jahren
des Aufschwungs über zahlreiche politi-
sche Konflikte wie den Handelsstreit
zwischen den USA und China oder den
Brexit bis hin zum Umbruch in der Au-

tomobilindustrie mit der Gretchenfra-
ge, wie stark sich die Elektromobilität
entwickelt und welche Zukunft Ver-
brennungsmotoren noch haben.
Vor allem die beiden letzten Punkte
sind nach Welckers Dafürhalten ent-
scheidend, wie lange und wie schwer
die hereingebrochene Flaute wird.
„Wenn es bei den Auseinandersetzun-
gen zwischen den USA und China nicht
mehr nur um den Handel geht, sondern
um weltweite Vormachtstellungen,
dann kann eine Krise sehr lange dau-
ern“, sagt Welcker. Gleiches gelte für
den Fall, dass in der Automobilindus-
trie noch lange über die endgültige
Richtung beim Antriebsstrang disku-
tiert wird. Der Unternehmer kämpft
als Mitglied im Präsidium des Vereins
Deutscher Werkzeugmaschinenfabri-
ken (VDW) schon seit Jahren für bes-
sere politische Rahmenbedingungen.
Auf das Thema Auto schaut Welcker
deshalb so genau, weil die Hersteller
und Zulieferer aus dieser Branche die
wichtigste Kundengruppe für sein Un-
ternehmen sind, das mit zuletzt 580
Mitarbeitern unter anderem Mehrspin-
del-Drehautomaten für die Metallbear-
beitung und Fünf-Achsen-CNC-
Schleifmaschinen herstellt. „Keiner
weiß derzeit, wo die Reise hingeht. Al-
so herrscht derzeit eine extreme Zu-
rückhaltung bei den Investitionen.“
Und tatsächlich: Während die Krise
im Rest der Industrie gerade erst an-
kommt, steckt die Autobranche bereits
seit Monaten drin. Weltweit ging die
Nachfrage nach Autos merklich zu-
rück, schon 2018 wurden in China, dem
inzwischen wichtigsten Pkw-Markt der
Welt, erstmals seit Jahrzehnten weni-
ger Autos verkauft. Seither versucht

sich die Branche Mut zu machen, es
werde sicher bald wieder besser.
Doch davon ist bislang nichts zu
merken: Die Inlandsproduktion in den
ersten sechs Monaten lag noch einmal
zwölf Prozent unter Vorjahr. Und die
Aussichten bleiben trüb: In Summe
werden 2019 in Deutschland voraus-
sichtlich weniger als fünf Millionen
Fahrzeuge gebaut. 2018 waren es noch
5,1 Millionen. Der Export sah noch düs-
terer aus mit einem Minus von 15 Pro-
zent im ersten Halbjahr.
Die Krise trifft vor allem die Herstel-
ler kleinerer Fahrzeuge für den Mas-
senmarkt, doch auch BMW, Daimler
und Audi haben bereits Sparprogram-
me angekündigt. „Die Marktentwick-
lung war weltweit schlechter, als wir
erwartet haben, aber auch nicht so
schlecht, wie man glauben könnte“,
sagt BMW-Finanzvorstand Nicolas Pe-
ter. Immerhin wachse die Nachfrage
nach deutschen Premiumautos noch.
Doch das ist nur die Spitze der deut-
schen Schlüsselindustrie. Am härtes-
ten sind die Zulieferer betroffen, die
nicht nur die deutschen Hersteller,
sondern Autobauer weltweit mit Bau-
teilen versorgen. Continental und
Schaeffler haben bereits angekündigt,
dass sie in den kommenden Jahren
Tausende Arbeitsplätze abbauen oder
verlagern werden, auch andere Liefe-
ranten denken über massive Sparpro-
gramme nach.
Die Hoffnung auf baldige Besserung
schwindet. Der Brexit ist noch immer
nicht geklärt, US-Präsident Donald
Trump droht weiter mit Zöllen auch
auf europäische Autos. Der Handels-
konflikt ist schon jetzt eine der Haupt-
ursachen für die herrschende Krise,
denn das Geschäft mit den Pkw ist glo-
bal. So treffen auch Zölle zwischen
China und den USA die Branche hart,
die ihre in Amerika gebauten SUVs
dann deutlich schlechter in die Volks-
republik exportieren können. Welche
Folgen die Teileinigung im Handels-
streit hat, die am Wochenende in Wa-
shington verkündet wurde, wird sich
noch zeigen müssen.
Ähnlich wie die Zulieferer sind auch
etliche Maschinenbauer von der Ent-
wicklung in der Automobilindustrie ab-
hängig, darunter die Produzenten von
Werkzeugmaschinen, die Basistechno-
logien für viele Branchen herstellen,
mit denen dann zum Beispiel Metall
bearbeitet wird. Die Statistik liest sich
dementsprechend: Laut VDW ist der
Auftragseingang der Unternehmen die-
ses Kernbereichs im Maschinenbau im
ersten Halbjahr 2019 um stattliche 21
Prozent gesunken. In der Produktion
erwartet der Verband daher ähnlich
wie in der Gesamtbranche ein Minus
von zwei Prozent im laufenden Jahr.
Bestenfalls.
„Einige Märkte laufen noch positiv,
einige nicht so sehr“, sagt VDW-Ge-
schäftsführer Wilfried Schäfer. Der
Brexit spiele dabei eine Rolle. „Und die
Handelskonflikte sind für uns nicht
vorteilhaft, da streiten sich unsere
wichtigsten Märkte China und USA.“
Unsicherheit und Investitionszurück-
haltung seien die Folge. Und zwar welt-
weit. „Wir können nicht nur auf die
deutsche Konjunktur schauen.“ Im-
merhin habe seine Branche einen Ex-
portanteil von 70 Prozent.
Unternehmer Welcker hat nun den
Eindruck, dass die Politik bislang vor
allem aufs eigene Land schaut, deswe-
gen unübersehbare Warnsignale aus
dem Ausland kaum wahrnimmt und
damit den Ernst der Lage verkennt.
„Im Inland ist die Dringlichkeit der La-
ge noch nicht überall angekommen“,
sagt der Rheinländer. Klar gebe es wei-
terhin Branchen, die gut laufen, sei es
der Handel, der Bau oder der Dienst-
leistungssektor. „Die Autoindustrie
aber schrumpft, ebenso der Maschi-
nenbau und die Chemiebranche“, sagt
Welcker. Und das sei verheerend, weil
alle drei zu den Stützen des Wirt-
schaftsstandorts Deutschland gehören.
Der Unternehmer wünscht sich da-
her mehr Bewusstsein bei der Politik
und Unterstützung wie einst in der Fi-
nanzkrise. „Damals hat man das Kurz-
arbeitergeld von zwölf auf 24 Monate
ausgedehnt. Das brauchen wir jetzt
auch“, fordert Welcker. Diskutiert wer-
de im politischen Berlin darüber. „Was
wir aber brauchen, sind schnelle Ent-
scheidungen.“ Er jedenfalls könne bei
Schütte nicht warten, bis irgendwann
in ein paar Monaten etwas entschieden
wird. „Wir haben längst Kurzarbeit, da-
her muss schon bald entschieden wer-
den, wie es weitergeht.“

In Schlüsselindustrien ist


die Rezession bereits spürbar


Automobil- und Maschinenbauer fordern von der


Politik konkrete Maßnahmen gegen den Abschwung


IM INLAND IST DIE


DRINGLICHKEIT DER


LAGE NOCH NICHT


ÜBERALL


ANGEKOMMEN


CARL MARTIN WELCKER,
Geschäftsführer des Mittelständlers
Alfred H. Schütte

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