Die Welt - 14.10.2019

(nextflipdebug5) #1

W


ar das ernst gemeint
oder alles bloß ein
Missverständnis? In
einem Beitrag für
das „Psycho-
therapeutenjournal“ hat ein
Psychotherapeut seinen Kol-
legen Ratschläge zu dem
Umgang mit am Klima-
schutz Desinteressierten
oder Klimaleugnern gege-
ben. Das Journal wird an alle
Mitglieder der Psychothera-
peutenkammern der Länder
verschickt – in der alle Psycho-
therapeuten Mitglied sein müs-
sen. In dem Text heißt es, die
seriöse Forschung warne vor ei-
ner bald nicht mehr abzuwen-
denden Spirale des menschen-
gemachten Klimawandels. Trotz-
dem würden sich große „Teile der Be-
völkerung“ nicht für die „drohende
Zerstörung der Welt angemessen inte-
ressieren“. Die „düsteren Prophezeiun-
gen“ der Klimawissenschaftler „werden
heruntergespielt oder sogar geleugnet“,
schreibt der Autor Fabian Chmielewski
auf acht Seiten. Deshalb versuche er, auf
die Ursachen dieser Verdrängung hinzu-
weisen, als auch konkrete psychothera-
peutische „Interventionen“ abzuleiten.
Er plädiere zudem für eine aktive Betei-
ligung der Psychotherapeuten an Kam-
pagnen gegen „diese weit verbreitete
existenzielle Neurose“, so Chmielewski.

VON CORNELIA HENDRICH

Das Magazin verzeichnet eine Auflage
von rund 55.000 Exemplaren. Nachdem
der Artikel aber von dem Journalisten
Michael Miersch bei Twitter veröffent-
licht wurde, machte er eine virale Run-
de. Spott und Häme waren die haupt-
sächliche Reaktion. Eine Userin kom-
mentierte etwa: „Ich hatte immer ge-
dacht, dass die Zeugen Jehovas diejeni-
gen sind, die uns Angst vor der Apoka-
lypse machen sollen.“ Andere dagegen
nahmen den Psychotherapeuten beim
Wort: „Ich habe mir den Artikel nun in
Gänze durchgelesen, und ich war völlig
entsetzt von dem Inhalt. Es gibt in der
Psychotherapie keine wichtigere Wäh-

rung als das Vertrauensverhältnis zwi-
schen Therapeut und Patient“. So man-
cher las daraus: Klimaleugner gehören
also auf die Couch?
Der Artikel selbst trägt den Titel „Die
Verleugnung der Apokalypse – der Um-
gang mit der Klimakrise aus der Per-
spektive der Existenziellen Psychothe-
rapie“. Auch wenn Chmielewski am En-
de des Textes betont, eine „Missionie-
rung“ von Patienten sei „natürlich“ zu
unterlassen und der Patient sei „nicht
politisch zu manipulieren“, so wirkt sein
Text in seiner Gesamtheit doch genau so


  • als würde er anderen Psychotherapeu-
    ten Empfehlungen geben, wie sie Men-
    schen von der Dramatik des Klimawan-
    dels überzeugen. Dies wird etwa deut-
    lich, wenn er an einer Stelle schreibt:
    Psychotherapeuten scheuten sich „na-
    turgemäß“, Menschen eine bestimmte
    Sichtweise aufzudrängen. Ausnahmen
    seien eine akute Eigen- oder Fremdge-
    fährdung. „Haben wir es bei der Klima-
    krise nicht ebenfalls mit einer akuten Ei-
    gen- oder Fremdgefährdung zu tun?“,
    fragt der 39-Jährige rhetorisch. Psycho-
    therapeuten hätten als Angehörige eines
    Heilberufs eine besondere Verantwor-
    tung, Menschen vor sich selbst zu schüt-


zen. Zudem sehe er sich in der Verant-
wortung als „Bürger“, es ginge nicht nur
um die Patienten. „Die Patienten – das
sind wir alle“, schreibt Chmielewski, der
in Hattingen (Nordrhein-Westfalen)
praktiziert. Für die Klimakrise müssten
„wir Psychotherapeuten unsere ge-
wohnten Einstellung“ verlassen.
Immer wieder schreibt er von der
„drohenden Auslöschung unserer Welt“
und von Todesangst, von deren „Ver-
drängung“ und Verleugnung. Als „thera-
peutische Schritte“ empfiehlt er nicht
Angst, sondern „mehrere auf unter-
schiedliche Vermeidungsstrategien ab-
gestimmte Maßnahmen“, etwa, indem
ein Schuldempfinden bei den Leugnern
aufgebaut werde oder die Vermeidung
erschwert werde durch „emotionsakti-
vierende Kampagnen“. Apokalyptische
Ansprachen seien eher kontraproduktiv,
auch eine pauschale Abwertung der
Skeptiker. Den Menschen müssten eher
Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt
werden.
Stimmt der Eindruck, er wolle Klima-
leugner therapieren? – Chmielewski
antwortet WELT auf Nachfrage schrift-
lich und verteidigt sich gegen die Kritik.
Die Mitteilung lässt er der Redaktion

über ein Presseteam namens „Psycho-
logists for Future“ zukommen, einer
Vereinigung, welche die Forderung von
„Fridays for Future“ unterstützt und
laut eigener Aussage „Druck auf die
Entscheidungsträger erhöhen“ will. Es
freue ihn, dass der Artikel im renom-
mierten „Psychotherapeutenjournal“
erschienen sei, heißt es in der Mittei-
lung weiter. Auch habe er sehr viele po-
sitive Reaktionen und Zuspruch von
Fachkollegen bekommen. „Ich war al-
lerdings überrascht von einigen sehr
persönlich beleidigenden Zuschriften in
der letzten Zeit, die anscheinend etwas
mit einer Veröffentlichung in den sozia-
len Medien zu tun hatten.“ Der Artikel
sei von den meisten „richtig als ein Bei-
trag zu einer Debatte verstanden wor-
den, wie wir uns als Therapeuten außer-
halb des Therapieraums zum Klima-
schutz stellen“. Seine Zielgruppe seien
vor allem Kollegen gewesen.
Relativieren will er die Aussagen je-
doch nicht, er hält die Diskussion um
seinen Artikel vielmehr für ein Missver-
ständnis: „Der Artikel ist aber auch eini-
gen Punkten falsch verstanden worden“,
so Chmielewski. Er weise in dem Text
nur auf verschiedene Wahrnehmungs-

und Verdrängungsmechanismen im Um-
gang mit realen oder fiktiven existen-
ziellen Bedrohungen hin. So wie eben
dem Klimawandel. „Und es wird die
Frage gestellt, ob wir mit unse-
rem therapeutischen Wissen
nicht außerhalb des Thera-
pieraums helfen können
beim Verständnis dieser
Mechanismen“, sagt er. Ge-
ärgert habe er sich aber sehr
über die falsche Unterstel-
lung, dass er „Zwangsmaßnah-
men“ oder gar „Einweisungen“
gegen Klimaskeptiker vorschla-
ge – das stehe weder im Text
noch sei es so gemeint. „Ich be-
tone im Text vielmehr, dass wir
den demokratisch und psycho-
logischen zentralen Wert der
Selbstbestimmung schützen müs-
sen.“ Zum einen schreibe er, dass Kam-
pagnen nicht versuchen sollten, Men-
schen zu neuen Werten zu überreden.
„Zum anderen wird der Artikel dahinge-
hend missinterpretiert, dass Andersden-
kende durch psychologische Diagnosen
pathologisiert werden sollen, im Text
steht aber genau das Gegenteil.“
Intendiert sei mit diesem Artikel nicht
ein Pathologisieren bestimmter politi-
scher Ansichten oder ausschließlich der
sogenannten Klimaleugner: „Die Diag-
nosestellung ist umfassender: Die Pa-
tienten – das sind wir alle.“ Es handelt
sich also um ganz normale, gesamtge-
sellschaftliche Wahrnehmungs- und Ver-
drängungsmechanismen bei uns allen“,
sagt er. „Zuletzt wird mir vorgeworfen,
dass ich vorschlage, Patienten zum Kli-
maschutz zu missionieren – das liegt mir
völlig fern: Im Text heißt es: ‚Ein thema-
tisch aufsuchendes Verhalten im Sinne
einer Missionierung von Patienten ist
natürlich (...) zu unterlassen.‘“ Dass der
Artikel Menschen aufregt, könne er ver-
stehen, antwortet der Psychotherapeut:
„Das soll er ja auch, er soll eine Debatte
bei PsychotherapeutInnen über ihr En-
gagement außerhalb ihrer Therapiezim-
mer anstoßen. Aber alle anderen Aufre-
gungen sind eher der aufgeheizten De-
batte und dem absichtlichen oder unab-
sichtlichen Missverstehen meines Arti-
kels geschuldet“, glaubt er.

Ein Psychotherapeut


hat in einem Journal


für Kollegen


beschrieben, wie


Menschen zu


behandeln seien,


die sich für die


Bedrohung durch


den Klimawandel


„nicht angemessen“


interessieren.


Der Text sorgte


für Aufsehen.


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