Die Welt - 14.10.2019

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14.10.19 Montag, 14. Oktober 2019DWBE-HP


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14.10.1914.10.1914.10.19/1/1/1/1/For1/For1 AMARKWOR 5% 25% 50% 75% 95%

2 FORUM *DIE WELT MONTAG,14.OKTOBER


Menschen. Rassisten leiden. Glückliche, heitere
Menschen sind in der Regel keine Rassisten.
Anti-Rassisten wiederum sollten nicht nur die
Opfer des Rassismus schützen, sondern vor al-
lem die eigentlichen Ursachen bekämpfen und
bitte nicht so tun, als wären sie bessere Men-
schen. Das ist zu einfach. Und wiederum so ty-
pisch für unsere Zeit. Die essenzielle Frage lau-
tet: Was sind die Ursachen für diese neue Hoch-
phase von Populisten? Für mich bedeuten sie
eine Krise unserer Zivilisation. Und die eigentli-
chen Wurzeln reichen sogar noch tiefer – zurück
bis in die Zeit vor der industriellen Revolution,
nämlich in die Agrarrevolution. Mit ihr hat sich
unsere Weltanschauung grundlegend verändert.
Der Mensch fühlt sich seither nicht mehr als Teil
der Natur und empfindet die Natur auch nicht
mehr als Teil seiner selbst. Dessen müssen wir
uns bewusst sein.

WWWann wurde das Generationenthema Ihrann wurde das Generationenthema Ihr
Lebensthema?
Generationen gegeneinander auszuspielen ist
fffehl am Platz. Aber heute sehen wir den Auf-ehl am Platz. Aber heute sehen wir den Auf-
stieg der ersten, wirklich trans-nationalen
Generation von neuen Nomaden. Das finde ich
fffaszinierend. Während sich die sogenanntenaszinierend. Während sich die sogenannten

E


s gibt Menschen, die wollen
einfach Dinge anpacken und
ausprobieren. Zu ihnen gehört
der Franzose Felix Marquardt.
Bei früheren Begegnungen
sprach er vom „Sandkasten
WWWelt“. Nationalstaaten hinder-elt“. Nationalstaaten hinder-
ten die Jugend an ihrer Entfaltung, er wollte
weltweites Arbeitsrecht für junge Menschen, so
etwas wie Goethes Lehr- und Wanderjahre. Mit
„Extinction Rebellion“ und „Fridays for Future“
hat der zum Islam Konvertierte eine neue Hei-
mat für seine Ideen gefunden.

WELT: Sie sind ein kosmopolitischer Spross,
ein typischer Vertreter der globalen Elite.
WWWann fingen Sie an, die Dinge anders zu se-ann fingen Sie an, die Dinge anders zu se-
hen, wann begann Ihr „Davos Erwachen“?
FELIX MARQUARDT:Ja, man kann mich als typi-
schen Vertreter der globalen Elite bezeichnen
und als solcher ist ein Großteil meiner Geschich-
te von Hochstapelei und Anspruchsdenken ge-
prägt. Nach einer ziemlich chaotischen Jugend
arbeitete ich mit Ende Zwanzig für die „Interna-
tional Herald Tribune/New York Times“. So kam
ich nach Davos; war aber natürlich ein Nobody.
Jugendlich naiv, war ich davon überzeugt, „ange-
kommen“ zu sein. Jahre später avancierte ich
zum strategischen Berater für diverse namhafte
CEO’s und Politiker, wurde der Fachmann für
Medienfragen und so etwas wie ein „Davos
Cheerleader“. Aufgewacht bin ich dann 2017, beim
Jahrestreffen in Davos, direkt nach dem Volks-
entscheid in Großbritannien zum Brexit und dem
WWWahlsieg von Trump in den USA. Ganz selbst-ahlsieg von Trump in den USA. Ganz selbst-
verständlich hatte ich erwartet, dass das Treffen
der „globalen Entscheidungsträger“, die sich
rühmen, „den Zustand der Welt zu verbessern“,
von einer gewissen Erschütterung geprägt sein
müsse und dass das Davos-Forum zu einer grund-
sätzlichen Gewissensprüfung werden würde. Weit
gefehlt. Was ich im Kreis der „Economic Leader“
dort vorfand, waren Verachtung, Verleugnung
und die allgemeine Ansicht, die Menschen hätten
einfach nur dummerweise gegen ihre eigenen
Interessen einfach falsch gewählt. Ich war ent-
setzt. Das war mein sogenanntes Erwachen und
ffführte zu meinem Bruch mit Davos.ührte zu meinem Bruch mit Davos.

VON ANDREA SEIBEL

Sie sehen, obwohl so lange dabei, das World
Economic Forum als Teil der Probleme und
nicht der Lösung?
Viele halten den Anstieg von Populismus und
Umweltzerstörung für zwei getrennte Themen.
Ich denke jedoch, dass die Menschen genau des-
halb für rechtsextreme Populisten stimmen, weil
sie sich teils auch unbewusst vor dem sozialen
wie auch ökologischen Niedergang fürchten. Das
Leben auf der Erde ist ein Kampf um energierei-
chen Kohlenstoff geworden und die Menschheit
wiederum entwickelte eine wahre Meisterschaft
darin, die vorhandenen Ressourcen für sich
selbst zu nutzen. Wir sind zu hundert Prozent
von Wachstum abhängig und Jahrzehnte davon
entfernt, dass Wachstum nicht gleich CO2-Emis-
sion bedeuten muss. Die ursprüngliche, grie-
chische Bedeutung von Wirtschaft lautet „Mana-
gement des Haushalts“. Und so ist es die un-
heimlichste und unglaublichste Ironie unserer
Zeit, dass wir heute den „Akt der Verbrennung“
unseres Hauses d.h. unseres Planeten als „Haus-
halten“ bezeichnen. Deshalb ist das Letzte, was
wir brauchen, ein Weltwirtschaftsforum.

WWWas haben Sie gegen Wachstum und damitas haben Sie gegen Wachstum und damit
einhergehende Innovation?
Die vorherrschende Ideologie unserer Zeit lautet
noch immer: Mehr Wachstum und mehr wissen-
schaftliche Innovation sind unsere Rettung.
Niemand spricht über faire Rationierung. Für
eine effiziente Eindämmung des Klimakollapses
jedoch geht es letztendlich genau darum, denn 50
%der Treibhausgas-Emissionen laufen auf die
Bilanz der 10% an reichsten Menschen. Über eine
solche Rationierung will man in Davos aber nicht
sprechen. Dort bleibt man hartnäckig beim
„mehr, mehr, mehr“. Unsere vermeintliche Feu-
erwehr besteht also in Wahrheit aus Pyromanen.

In Frankreich erlebten Sie Rassismus gegen
ihre muslimischen Freunde und eine enorme
Jugendarbeitslosigkeit über Jahrzehnte, die
Sie zutiefst empörte.
Ich selbst stamme aus einer langen Familienreihe
von Migranten. Meine Großmutter kam aus Bres-
lau, mein Vater wuchs in Düsseldorf, dann in
Wien auf, wo meine Großmutter wiederum am
Burgtheater spielte. Meine griechischen Ur-
Großeltern wanderten zu Beginn des 20. Jahr-
hunderts nach Amerika aus. Damals jedoch wur-
de der mediterrane Teint auf Ellis Island als
„dunkel“ beschrieben und entsprechend dis-
kriminierend wurden sie die folgende Jahrzehnte
behandelt. Mit meiner griechisch-amerikanischen
Mutter wurde ich selber wiederum während
meiner Kindheit in Paris mit den anti-amerikani-
schen Vorurteilen der Franzosen konfrontiert.
WWWas ich sagen will: Rassismus gibt es überall.as ich sagen will: Rassismus gibt es überall.
Und Rassisten sind für mich keine schlechten

„Erwachsenen“ wie unverantwortliche Teen-
ager verhalten, übernehmen junge Klima-Ak-
tivisten die Rolle der Erwachsenen. Ich inte-
ressiere mich nicht für Greta Thunberg oder
Luisa Neubauer, weil sie jung sind, sondern
weil sie im Gegensatz zu den älteren Herr-
schaften etwas grundsätzlich verstanden ha-
ben: Unser Problem ist nicht die Leugnung des
Klimawandels, sondern die Leugnung der phy-
sikalischen Gesetze. Wie Bill Clinton über
Ökonomie sagte, kann man auch so formulie-
ren: „Es ist die Energie, Dummkopf“. In einer
WWWelt, die immer noch auf Wachstum setzt undelt, die immer noch auf Wachstum setzt und
dafür zu 80 Prozent fossilen Brennstoff ver-
braucht, sind diese jungen, neuen Nomaden
offensichtlich die einzigen, die die Sprache der
VVVernunft sprechen. Extremes Wetter und Na-ernunft sprechen. Extremes Wetter und Na-
turkatastrophen belasten schon längst das
Leben der Menschen im Süden und werden
bald auch überall spürbar sein.

Die Jugend, fordern Sie, müsse viel noma-
discher werden. Nicht nur von Süd nach Nord
ziehen, sondern auch von Süd nach Süd, nicht
nur von Ost nach West, sondern auch von
WWWest nach Ost. Den Ort zu wechseln, sei einest nach Ost. Den Ort zu wechseln, sei ein
zutiefst humaner Erkenntnisgewinn und be-
fffördere die Kreativität. Reisen und Migrationördere die Kreativität. Reisen und Migration
als ultimative Form der menschlichen Er-
fffahrung und Bildung?ahrung und Bildung?
Mein Mantra ist aber nicht, dass Nomaden gut
und Sesshaftigkeit schlecht ist. Ich meine nur,
dass wahres Nomadentum uns einander näher
bringt. Das gegenwärtige Klischee des digitalen
Nomaden oder des Davos-Menschen ist damit
aaaber wirklich nicht gemeint. Unsere Zeit ist be-ber wirklich nicht gemeint. Unsere Zeit ist be-
sessen von dieser Mobilität. Aber das ist nur die
halbe Wahrheit. Nomadentum bedeutet durch-
aus, sich zu bewegen (nach dem griechischen
nomas, wandern). Nomadentum kann Fliegen
heißen (nicht jeder kann über den Atlantik se-
geln!). Aber angesichts der Kosten und des Ener-
gieverbrauchs muss man lernen, die Welt lang-
samer zu erkunden. Im Zug, im Bus, auf dem
Fahrrad oder auch zu Fuß. Ein passionierter
Umweltfreund geht auch gerne zu Fuß, das hat
Thoreau uns schon vor eineinhalb Jahrhunderten
gepredigt.

WWWas ist das wirklich Neue an „Extinctionas ist das wirklich Neue an „Extinction
Rebellion“ und „Fridays for Future“?

Diese Bewegungen sind bereit, sich den Wahn-
sinn unseres Lebens anzuschauen, anstatt ihn
immer wieder zu rationalisieren – was viele von
uns tun. Was sie verstanden haben, ist, dass die
Menschheit nicht überleben wird, wenn nicht ein
wirklich neues, transnationales Ethos, ein neues
Bewusstsein entsteht. Wir müssen uns zwangs-
läufig zu einer gemeinsamen Nation von Men-
schen zusammenschließen. Und für dieses neue
Bündnis sind Migration und Nomadismus sehr
hilfreich.

Die meiste Bewegung auf dem Planeten kön-
nen wir gar nicht wahrnehmen, sondern nur
Massenfluchten wie jetzt auf den Booten im
Mittelmeer. Migration ist Ihren Gedanken
fffolgend also keine ungewollte Invasion, son-olgend also keine ungewollte Invasion, son-
dern kommt einer langsamen Infusion gleich.
WWWie meinen Sie das?ie meinen Sie das?
Wir waren immer eine Spezie von Nomaden
und sind von A nach B gezogen, um ein bes-

seres Leben zu suchen. So findet Migration
unentwegt statt und dies in der Tat eher un-
sichtbar. Ich sage nicht, dass es keine Probleme
im Zusammenhang mit Migration gibt. Aber sie
ist nicht das Übel aller Übel. Migration ist ein
bisschen wie Altern. Wir müssen nicht alle
Aspekte davon lieben, aber es hat auch keinen
Sinn, sie zu bekämpfen. Ich denke, dass es kei-
ne schlechte Idee ist, andere Orte zu besuchen,
bevor man sich niederlässt. Gleichzeitig aber
habe ich größten Respekt vor Menschen, die
dort leben wollen, wo sie geboren wurden. Ich
denke, es gibt nichts Schöneres, als sich nieder-
zulassen, um an einem Ort heimisch zu werden.
Und mein Punkt ist, dass Nomaden ebenso wie
Migranten genau dies tun können. Das hat auch
meine Familie in Paris getan. Nomadentum und
Sesshaftigkeit gehören zusammen. Sie sind
Phasen unseres Lebens.

In jedem von uns schlummert ein Kain und
ein Abel, also ein Sesshafter und ein Nomade.
Ein tröstlicher Gedanke, dabei ist die Welt so
polarisiert wie schon lange nicht.
Der einzige wirkliche „Clash of Civilizations“ in
unserer Menschheitsgeschichte war genau dieser
Konflikt zwischen Nomaden und Sesshaften.
Heute können, ja müssen sich die beiden Op-
positionen in der Tat versöhnen, um gegen den
gemeinsamen Feind der Ungleichheit und Um-
weltzerstörung vorzugehen. Denn heute ist un-
bestreitbar klar, dass die Ungleichheit der Gesell-
schaft und die Zerstörung des Planeten Hand in
Hand gehen. Es ist auch an der Zeit, wie der
fffranzösische Ökonom Thomas Piketty in seinemranzösische Ökonom Thomas Piketty in seinem
neuesten Werk „Kapital und Ideologie“, das fun-
damentale Dogma des Privateigentums in Frage
zu stellen, um den Armen und Unterprivilegier-
ten, ob Migrant oder nicht, zu helfen. Das klingt
wie Kommunismus? Wenn dem so ist, das ist
nicht das Ende der Welt. Das Ende der Welt ist
das Ende der Welt.

Man hat oft den Eindruck, jeder redet von
Globalisierung so wie von Digitalisierung,
aaaber essind abstrakte Begriffe, Floskeln, undber essind abstrakte Begriffe, Floskeln, und
viele wissen gar nicht, was darunter zu ver-
stehen sei.
Wir haben die falschen Dinge globalisiert. Wir
hätten besser die Menschlichkeit globalisiert,
anstatt Güter und Dienstleistungen. Und den-
noch muss man nicht immer gleich das Kind mit
dem Bade ausschütten. Globalisierung heißt
nämlich auch Trans-Nationalismus und die Ge-
burt eines neuen Ethos. Genau jene neue Hal-
tung, für die Luisa und Greta als quasi „Inkarna-
tion“ stehen. Dieses neue Bewusstsein ist welt-
weit populär und eine Graswurzel-Bewegung.
Letztendlich die einzig wirksame Waffe gegen
den herrschenden Eliten-Konsens, der uns der-
zeit noch paralysiert.

Nach Kommunismus und Sozialismus kommt
nun eine nomadische Transnationale. Sie
laden den Begriff spirituell auf. Werden Men-
schen durch Erfahrung aber wirklich klüger
und reifer?
Zweifelsohne wächst man an der sogenannten
kognitiven Dissonanz, der Konfrontation mit
Andersartigkeit. Oft gilt es einfach nur, die Au-
gen aufzumachen, einen Schritt zurück zu treten
und die Dinge bedachtsamer, langsamer anzuge-
hen. Beim Nomadismus geht es darum, Unter-
schiedlichkeit zu erfahren. Das kann auf einer
Reise ebenso wie beim Spaziergang vor der Haus-
tür sein. Oder auch die Einladung eines Fremden
zum Abendessen. Es geht um Schlichtheit, Ge-
meinschaft und die Vertiefung im Lokalen.

WWWenn wir alle mobiler werden, weltweit,enn wir alle mobiler werden, weltweit,
wenn wir uns austauschen, crisscrossen, ver-
brüdern und verschwestern, wieder auseinan-
dergehen, migrieren, immigrieren, emigrie-
ren, wie soll das ohne Struktur und Rahmen
gehen?
Natürlich brauchen wir Regeln. Aber die heuti-
gen machen keinen Sinn. Wir brauchen mehr
regulierte Migration, nicht weniger. Man kann
nicht von Menschenrechten reden und im selben
Zug jemandem, der keinen blauen und purpur-
nen, sondern einen grünen Pass hat, das Aus-
oder Einreisen verweigern. Das wird sicherlich
nicht einfach und nicht nur fabelhaft. Und doch
wird Migration dadurch besser funktionieren.

Sie selbst haben einmal einen Davos-Teil-
nehmer nach dessen Heimat gefragt. Er
schnaubte nur verächtlich. Was ist Ihnen
Heimat?
Für mich ist Heimat absolut kein „anywhere“.
Beim Heimatgefühl geht es um Orte und Plätze,
die für mich eine ganz besondere Bedeutung und
dadurch Bindung haben. Das ist noch immer:
Paris, La Croix Valmer im Süden Frankreichs,
Videlles, ein kleines Dorf vor Paris und der Lube-
ron, wo meine Mutter lebt. Dann Wien und das
WWWaldviertel ebenso wie New York City, wo ichaldviertel ebenso wie New York City, wo ich
aufs College ging, und derzeit Stockholm und
seine Schären-Inseln. So weit meine „Heimaten“
jetzt und heute. Das kann sich ändern, aber eher
als Addition, denn als Austausch oder Ersatz.

INTERVIEW


ANDREA SEIBEL

Der französische


Autor Felix Marquardt


trat lange Zeit für die


Globalisierung ein.


Jetzt plädiert er für


die Rückbesinnung


auf Heimat und


Welt-Ethos


BEZAV MAHMOD

Neue

Nomaden

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Chefredakteure in der Welt-Gruppe:
Johannes Boie, Dagmar Rosenfeld
Stv. Chefredakteur: Robin Alexander

IMPRESSUM

Felix Marquardt,geboren und auf-
gewachsen in Paris als Sohn eines
deutsch-österreichischen Vaters und
einer griechisch-amerikanischen Mut-
ter, organisierte als Endzwanziger
über ein Jahrzehnt in Davos Treffen
und Events für diverse Staatsmänner
und CEOs. Eines davon war das „At-
lantic Dinner“. In der französischen
Politik erregte er 2012 Aufsehen mit
seiner Kampagne „Barrez-vous!“, in
der er arbeitslose Jugendliche er-
munterte, das Land zu verlassen und
andernorts ihr Glück und Arbeit zu
suchen. Mit Daniel Cohn-Bendit star-
tete er 2013 „Europeans Now“. Er
gründete den Thinktank „Youthono-
mics“ und half beim Aufbau von „mY-
gration“, einem Startup, das Jugend-
lichen weltweit die Arbeitsvermittlung
erleichtern soll. Sein Buch „The New
Nomad“ wird nächstes Frühjahr bei
Simon & Schuster erscheinen.

Zur Person

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