Handelsblatt - 14.10.2019

(Michael S) #1

Kündigungsschutz


Viele Deutschbanker betroffen


Von der Tarifeinigung bei der


Postbank profitieren ebenso


Mitarbeiter der Deutschen


Bank: Der Kündigungsschutz


gilt auch für viele von ihnen.


Yasmin Osman Frankfurt


V


ordergründig ging es bei den
Tarifverhandlungen der Post-
bank um höhere Gehälter.

Doch als es vergangene Woche nach


vier zähen Verhandlungsrunden


dann zum Abschluss kam, einigten


sich die Gewerkschaften und die


Postbank-Mutter Deutsche Bank


noch auf die Verlängerung eines Kün-


digungsschutzabkommens, von dem


ebenfalls viele Beschäftigte der Deut-


schen Bank profitieren.


„Mit der Tarifeinigung werden


auch die bestehenden Regeln zum


Kündigungsschutz um zwei Jahre bis


Juni 2023 verlängert“, sagte Jan Du-


scheck von der Gewerkschaft Verdi,


dem Handelsblatt. „Der Kündigungs-


schutz umfasst nicht nur die gesamte


Privat- und Firmenkundenbank der


Deutschen Bank, sondern auch all


deren Tochter- und Enkelgesellschaf-


ten sowie Service-Einheiten, die der


Privatkundensparte zuarbeiten“, er-


gänzte Duscheck.


„Der Kündigungsschutz gilt auch


für das Gros der Mitarbeiter im inlän-


dischen Firmenkundengeschäft, die


eigentlich Verträge der Deutschen


Bank AG haben“, sagte Stephan Szu-


kalski, der Bundesvorsitzende der


Gewerkschaft DBV. Das dürfte seiner
Einschätzung nach in der Fläche
4 000 bis 6 000 Beschäftigte betref-
fen. „Damit ist die Belegschaft im in-
ländischen Firmenkundengeschäft
sehr weitgehend abgesichert“, so
Szukalski.
Durch organisatorische Änderun-
gen wie die Verschiebung des Fir-
menkundengeschäfts in die Sparte
Unternehmerbank oder eine mögli-
che Verschmelzung der DB Privat-
und Firmenkundenbank mit der
Deutschen Bank AG lässt sich der
Schutz vor Entlassung nicht aushe-
beln. „Auch spätere organisatorische
Veränderungen ändern nichts am
Kündigungsschutz, den die von der
Regelung betroffenen Beschäftigten
genießen“, so Duscheck.
Diese Einigung macht einen umfas-
senden Jobabbau zwar nicht unmög-
lich – die Deutsche Bank setzt seit
Jahren stets auf sozial verträgliche
Abbauprogramme –, doch sie stärkt
die Position von Beschäftigten und
Arbeitnehmervertretern bei Ver-
handlungen darüber.
In einem anderen Punkt räumt der
Tarifabschluss aber auch einige tarif-
liche Hürden im Fall einer Ver-
schmelzung aus dem Weg, wie DBV-
Chef Szukalski betont. „Normalerwei-
se würde bei einer Verschmelzung
der für die Beschäftigten günstigste
Tarifvertrag dann für alle Mitarbeiter
der neuen Einheit gelten. Das wäre
für die Deutsche Bank sehr kostspie-
lig geworden“, sagt er. Diese Regel
wurde bis 2025 ausgesetzt.

Finanzwirtschaft


Bafin fordert zu Kooperation auf


Banken müssen neue


EU-Regeln für den Zugriff aufs


Bankkonto umsetzen.


Aufseher sehen Chance für


Innovationen in Deutschland.


Katharina Schneider Frankfurt


N


eue Datenschnittstellen für
den Zugriff auf das Bankkon-
to sorgen für Streit zwischen

Banken und Drittanbietern. Sie sind


Teil der EU-Zahlungsdiensterichtlinie


PSD2, die im September startete.


Nach ihr müssen die Banken ande-


ren, bei der Finanzaufsicht (Bafin) re-


gistrierten Firmen, Einblick in Konto-


daten gewähren, wenn der Kontoin-


haber dem zustimmt. Der Exekutivdi-


rektor für Bankenaufsicht, Raimund


Röseler, fordert von den Marktteil-


nehmern eine bessere Kooperation.


Beide Marktseiten sollten konstrukti-


ve Lösungen entwickeln, die über


das „PSD2-Pflichtprogramm“ hinaus-


gingen. „Hier kann Deutschland ru-


hig die Vorreiterrolle in Europa spie-


len“, sagte er dem Handelsblatt.


Am Freitag hatte die Bafin Vertre-


ter der Deutschen Kreditwirtschaft


und Manager von großen Zahlungs-


auslöse- und Kontoinformations-


diensten zum „Spitzentreffen“ einge-


laden. Die teilweise konfliktbeladene


Diskussion sollte in konstruktivere


Bahnen gelenkt werden, sagte eine


Bafin-Sprecherin. Gestritten hatten


Banken und Drittanbieter etwa über


die Frage, welche Daten die Banken


über die neuen Schnittstellen (API)


bereitstellen müssen. Während die
Geldhäuser sich für eine Minimallö-
sung entschieden, sahen Drittanbie-
ter ihre Geschäftsmodelle in Gefahr,
da zu wenig Daten zur Verfügung
stünden. Sie nutzen den Kontozugriff
etwa für Multibanking-Apps. Damit
können Kunden mehrere Bankkon-
ten auf einen Blick verwalten. Auch
eine Bonitätsprüfung vor einer Kre-
ditvergabe oder eine Analyse von
Verträgen ist auf Kundenwunsch
möglich.
Am Freitag habe es eine „prakti-
sche Diskussion“ darüber gegeben,
„wie eine schnellstmögliche Umstel-
lung auf leistungsfähige PSD2-Schnitt-
stellen erfolgen kann“, so die Finanz-
aufsicht. Grundlegend Neues wurde
nach Aussagen von Teilnehmern
nicht besprochen, doch es soll bald
eine gemeinsame Erklärung geben.
Die Aufseher betonten, dass die PSD2
eine große Chance biete, in Deutsch-
land innovative Finanzdienstleistun-
gen zu verwirklichen. Zudem gebe es
ein gemeinsames Interesse an Premi-
umdiensten. Dabei könnten Banken
den Drittdiensten zusätzliche Daten
bereitstellen. Das kann gegebenen-
falls kostenpflichtig erfolgen.

Verzögerter Starttermin


Der Start der neuen API war eigent-
lich für den 14. September geplant,
noch sind sie aber kaum im Einsatz.
Schon Mitte August hatte auch die
Bafin diverse, fehlende Funktionen
bemängelt und daher eine Über-
gangsregelung erlaubt: Drittanbieter
dürfen weiter über bisherige Daten-

schnittstellen – HBCI/FinTS und
Webscraping – auf die Konten zugrei-
fen. Eine Frist für die Umstellung gibt
es bisher nicht. Die Aufseher erwar-
ten aber, dass „bis Jahresende deutli-
che, nach außen sichtbare Ergebnis-
se erzielt werden“, und behalten sich
vor, ein Enddatum für die Umstel-
lung festzusetzen. „Wir werden den
Prozess der Umsetzung weiter inten-
siv begleiten und den Markt hier
nicht alleine lassen“, sagte Röseler.
Ein einfaches Weiter-so war mit
den alten Schnittstellen nicht mög-
lich. Seit vier Wochen verlangen etli-
che Geldhäuser von ihren Kunden
bei jedem Konto-Log-in neben dem
Passwort einen „zweiten Faktor“.
Den bekommen Kunden teils per
SMS, über sogenannte Foto- und
Push-Tan-Apps oder über Tan-Gene-
ratoren. Drittanbieter mussten ihren
Zugriff an die neuen Sicherheitsver-
fahren der Banken anpassen. Das ha-
be einen Großteil ihrer Kapazitäten
gebunden, berichteten mehrere An-
bieter dem Handelsblatt.

1 049 Kundenbeschwerden
Auch bei Bankkunden sorgte die Um-
stellung für Ärger. Bei der Bafin sind
seit dem 14. September 1 049 Kun-
denbeschwerden zu Banken einge-
gangen – zweieinhalbmal so viel wie
in einem durchschnittlichen Monat
im vergangenen Jahr. Auch die Ver-
braucherzentralen haben vermehrt
Anfragen erhalten. In den harmlosen
Fällen klagten die Kunden nur über
die neuen, komplizierten Abläufe
beim Banking per Internet oder

Smartphone-App. Doch viele gelang-
ten gar nicht an ihre Konten und tra-
fen dann auch noch auf einen über-
lasteten Kundenservice. „Noch ist
nicht klar, ob es sich um Übergangs-
pannen oder dauerhafte Probleme
handelt“, sagt Frank Christian Pauli,
Finanzexperte der Verbraucherzen-
trale Bundesverband. „Bei manchen
technischen Änderungen wurde of-
fenbar nicht an die Folgen für Ver-
braucher gedacht“, kritisiert er.
Neben den unterschiedlichen Tan-
Verfahren sorgen bei den Kunden
auch die verschiedenen Rhythmen
der Abfragen für Verwirrung. Bei den
Sparkassen und der Comdirect ist die
Eingabe nur alle 90 Tage nötig. Die
Deutsche Bank verlangt sie aktuell
bei jedem Log-in, ab 23. Oktober sol-
len die Kunden aber selbst entschei-
den, ob sie sich lieber nur alle 90 Ta-
ge mit Tan identifizieren. Bei Com-
merzbank, DKB und Consorsbank
hält man dagegen an der Tan-Einga-
be bei jedem Zugriff fest. Für Com-
merzbank-Kunden, die das SMS-Tan-
Verfahren nutzen, kommt hinzu: Je-
de Tan kostet zwölf Cent. Daran
änderte bisher auch die Abmahnung
der Verbraucherzentrale NRW nichts.
Auch der Zugriff auf Multibanking-
Apps von Anbietern wie Outbank
und Numbrs ist durch die häufigen
Tan-Abfragen und die neuen Sicher-
heitsverfahren schwieriger geworden
und teils noch gestört. Anbieter be-
schwerten sich über eine „Diskrimi-
nierung“ ihrer Apps. Zeigt der Appell
der Bafin Wirkung, sollten auch diese
Probleme bald beseitigt werden.

Wir werden


den Prozess


der


Umsetzung


weiter


intensiv


begleiten und


den Markt hier


nicht alleine


lassen.


Raimund Röseler
Bafin-Exekutivdirektor

)1 2 %922 "'1 ';26"6")' &," %6 2" "' ,1)22")'%% '% 169'/ )'2'%' 2"' &"6 "2"$'
;19''/ ";12"">"19' 1'6"16 '" 6 "'' <"'' )1
 96> ;)1 1%926/ 1 16 "'1 '% $'' 26"' )1
%%'/ '%1 $*''' / '" 6 ' "';26"16' 61 >91:$1 %6'/ ')1&"1'
" 2" #6>6 :1 " &"6 "'1
'%"'9'21)'2;19''' ''9' "2"$'<<</1'$%"'6&,%6)'// 1$92,1)2,$6 9' <"61
'61%' 1 %6'
" $)26'%)2 " 1'$%"' &,%6)' ';26&'6
1;"2& )26 +++?74??71'$916/
/

"'>1 '261+44?781'$916/
/%/???5?37??+=0(-?.4(58 38 87!+8?/
 8?+( 1'$%"' &,%6)' ';26&'62/ %%  6 ;)1 %6'/







  




  



      

   
   
"" 
    

#   
 

 
  !    
$
"  
 

 
    $ 

     

  


  

Finanzen & Börsen
MONTAG, 14. OKTOBER 2019, NR. 197


33


Anzeige
Free download pdf