Neue Zürcher Zeitung - 15.10.2019

(Barry) #1

22 PANORAMA Dienstag, 15. Oktober 2019


ZAHLENRÄTSEL NR. 239

SPIELREGELN «KAKURO»:Die Zahlen 1
bis 9 müssen in ei ner Reihe die Gesamt-
summe ergeben. Diese istin den schwar-
zen Kästchen linksdavon bz w. darüber vor-
gegeben. Jede Zahl darf innerhalb einer
Summe nur einmalvorkommen.

Auflösung:
Zahlenräts el Nr. 238

Huesca

Canfranc

Bedous

Oloron-Saint-Marie

Pau

SPANIEN

FRANKREICH

Saragossa

NZZ Visuals/efl.

Zwischen BedousundCanfrancverkehr en derzeitnur Busse


75 Kilometer

Am BahnhofCanfranc treffen derzeit nur Zügeaus Spanien ein. MARC CELEIRO / CC-BY-SA 4.0

33 Kilometer fehlen bis zur Grenze

Seit gut 50 Jahren fährt in den französischen Pyrenäen kein Zug mehr nach Spanien – nun keimt neue Hoffnung


Einst war derBahnhof Canfranc
in den Pyrenäen der zweitgrösste
Europas, heute steht er leer. Seit
Jahren setzen sich Bewohner
des französischenVallée d’Aspe
für dieWiedereröffnung der
Bahnstrecke ein.Dabei dient
ihnen die Schweiz alsVorbild.

NINA BELZ, BEDOUS/CANFRANC

Während der Sommermonate fährt
drei Mal amTag ein Zug in denBahn-
hof von Canfranc ein: morgens, mittags
und abends. Mehr als einDutzendRei-
sende bringen sie selten,aber sie steigen
alle aus. Canfranc ist Endstation. Sie ste-
hen vor einemBahnhof, der nicht nur
für diesesPassagieraufkommen, son-
dern auch für die rund 500 Einwohner
der spanischen Grenzgemeinde über-
dimensioniert ist. 240 Meter lang ist das
Gebäude mit mehr als 350Fenstern und
150 Türen. Als es1928 nach nur sechs
JahrenBauzeit in Betrieb genommen
wurde, war Canfranc, ein Grenzdorf in
den spanischen Pyrenäen, der zweit-
grössteBahnhof Europas.
Zwischen1928 und1970 wurden hier
Passagiere undWaren auf der Strecke
zwischenPau in Frankreich und Sara-
gossa in Spanienabgefertigt. Einkom-
pliziertes Unterfangenzwischen zwei
Ländern, die sich lange kritisch beäug-
ten und politisch nicht immer am glei-
chen Strang zogen. Kurz nach demAus-
bruch des Spanischen Bürgerkriegs
mauerten dieFranquisten denTunnel
für vierJahre zu.Während des Zweiten
Weltkriegs war Canfranc zunächst Sta-
tion auf dem Fluchtweg fürJuden und
anderevon den NationalsozialistenVer-
folgte. Später, als die NazisFrankreich
besetzt hatten, nutzten sie Canfranc für
den Umschlag fürRaubgold,Wolfram
und Eisen.
Die Grenze verlief am Bahnhof
durch das Gebäude.Waren undPerso-
nen mussten den Zug wechseln – nicht
nur wegen derKontrollen,sondern auch
weil diebeidenLänder unterschiedliche
Spurbreiten haben.Das ist auf dieser
Strec ke bis heute so. Nur:Aus Frank-
reich verkehren seit dem Unfall eines
Gütertransports1970 keine Züge mehr
nach Canfranc.Wer aus Spanien nach
Frankreich weiterreisen will, muss in
einen Bus umsteigen.
Der imposante Bahnhof dagegen
darf nur noch imRahmen vonFührun-
gen betreten werden, die das lokaleTou-
rismusbüro organisiert. Derzeit enden
sie im einzigenrenoviertenWartesaal.
Die Marmortreppen, die schneeweissen
Kacheln in der Unterführung und das
Wanddekor erinnern daran, mit wie viel
Prestige derBahnhof seinerzeit verbun-
den war.

Problememit dem Fahrplan


Seit einigen Monaten wird an demrie-
si gen Gebäude gebaut – wieder einmal.
Nachdem derBahnverkehr zwis chen
Frankreich und Spanienvor bald 50Jah-
ren eingestellt wurde, rott ete derBahn-
hof vor sich hin. DieRegionalregierung
vonAragon,zu dem die Grenzgemeinde
Canfranc gehört,hat 5,2 Millionen Euro
für dieRenovierung des Gebäudes ge-
sprochen. Schon einmal, nach derJahr-
tausendwende, wurde ein Anlauf ge-
nommen. Doch das Projekt, das unter
anderem den Umbau in ein Hotel vor-
sah , musste angesichts derFinanzkrise
beerdigt werden. ÜberJahre geschah
nichts. Dieses Mal will man sich zwar
noch nicht festlegen, wie das Gebäude
genutzt werden soll, falls dieRenova-
tion wie geplant im Herbst 2020 fertig-
gestellt wird.Doch die Option, dass der-
einst wieder ein Zug ausFrankreich ein-
fähr t, wird nicht ausgeschlossen.
Bis vor dreiJahren verkehrten die
Züge in Frankreich nur bis Oloron-
Sainte-Marie. Seit 2016 fah ren sie 25
Kilometer weiter insVallée d’Aspe und
Richtung spanische Grenze, bis nach
Bedous. Jean-LucPalacio schlägt den
Bahnhof des 500-Seelen-Orts alsTreff-
punkt vor. Der 60-Jährige mit dem lan-

gen grauen Haar engagiert sich seit den
frühen1990erJahren imVerein Créloc
(Comité pour laréouverture de la ligne
Oloron–Canfranc).Dessenunentwegtem
Lobbying ist zuverdanken, dass Bedous
wiederandasNetzderSNCFangeschlos-
sen ist. Der Regionalrat liess sich von der
Investition von 102 Millionen Euro, wel-
chedieInstandsetzungdesTeilstückskos-
tete, überzeugen.Und doch kannPalacio
sich nicht uneingeschränkt freuen. Der
Fahrplan sei weder für Schüler noch für
Berufstätige passend,sagt er. Die Passa-
gierzahlenseiendaherenttäuschend.Und
er gibt etwas verschämt zu, dass auch er
mit demAuto zu seinem Arbeitsplatz in
Oloron-Sainte-Mariependelt.Diefürdie
Zuginfrastruktur zuständigeRegion so-
wieCrélocversuchtenseitBeginn,beider
staatlichenBahngesellschaft SNCF eine
Änderung derFahrpläne zu erreichen;
bisher vergebens.
Palacio und seineKollegen, die sich
eng mit einemVerein in Spanien ab-
stimmen, haben ihrenFokus allerdings
ausgeweitet. Créloc geht es nämlich vor
allem auch darum, dasVallée d’Aspe
vom Schwerverkehr zu befreien. Die-
ser hat seit der Eröffnung eines Stras-
sentunnels imJahr 2003 deutlich zuge-
leg t.Rund drei MillionenTonnenFracht
werden jährlich über die Nationalstrasse
transportiert, dienun dank dem Tunnel
direkt nach Spanien führt. Sie transpor-
tieren vor allem Mais,Autoteile und
Papier. Durchschnittlich sind das rund
400 Lastwagen proTag, die bisweilen
direkt durch die kleinen Dörfer fahren.
Deren Anwohner und Bürgermeister
unterstützen daher überwiegend die In-
itiative von Créloc.
DerVerein hat in diesemFrühjahr
zusammen mit seiner spanischenPart-

nerorganisation Crefco ein Strategie-
papier veröffentlicht, das sie zusammen
mit Experten erarbeitet haben. Dort
legen sieKosten und Nutzen einerWie-
derinbetriebnahme detailliert dar.Auf
dem Cover des Hefts prangt eine SBB-
Lokomotive:Weil die Schweiz schon
langeerfolgreichFracht auf die Schie-
nen verlade, erklärtPalacio.
Damit die 311 Kilometer lange Stre-
cke Pau–Saragossa wieder durchgehend
befahren werden kann,fehlen 33,2 Kilo-
meter Strecke zwischen Bedous und
Canfranc. Diese 10 Prozent haben es in
sich:Der Zug muss 760 Höhenmeter ge-
winn en. Diese Herausforderung haben
Ingenieure allerdings schon vor gut 100
Jahren gemeistert. Und dieTunnel und
Viadukte sowie auch die Schienen sind
laut Palacio noch mehrheitlich vorhan-
den und in einem guten Zustand. Erst
kürzlich hat er dessenKernstück, den
rund 1,8 Kilometer langenKehrtun-
nel kurz vor der spanischen Grenze,
besucht. Zusammen mit Experten der
SNCF, die überrascht gewesen seien, wie
gut derTunnel erhalten sei, erzählt er.

Unterstützungaus Brüssel


DochPalacios Hoffnungen beruhen
nicht nur auf diesem Besuch. Ende des
Jahres sollen die Ergebnisse einer durch
einen EU-Fonds mitfinanziertenVor-
studie für das Projekt veröffentlicht wer-
den. Ende September sagte Brüssel zu-
dem eine weitereTranche von 2,8 Mil-
lionen Euro für technische Studien zu.
DieWiedereröffnung der Zugstrecke ist
auch eines derKernanliegen des Präsi-
denten der zuständigenRegion Nou-
velle-Aquitaine,AlainRousset. Er kün-
digte im Sommer bei einem Besuch in

Canfranc nicht nur seine neuerliche
Kandidatur für seinenPosten an. Er
sagte auch, dass die EU grundsätzlich
bereit sei, die Hälfte des Betrags zu tra-
gen, der für die Instandsetzung des letz-
ten Teilstücks nötig sei.
Die Kosten werden derzeit auf rund
400 Millionen Euro geschätzt.Dazu
kommen mindestens 100 Millionen, um
auf der spanischen Seite dasTeilstück
bis nach Huesca mit der europäischen
Standard-Spurbreite auszustatten.Wenn
die Bauarbeiten in den nächsten zwei
Jahren beginnenkönnten, so sei es viel-
leicht schon ab 2024 möglich, in dreiein-
halb Stunden vonPau nach Saragossa zu
fahren, sagteRousset euphorisch.
Jean-LucPalacio ist da zurückhalten-
der.Auf die Studien folge die Phase der
administrativen Prozesse, die meist sehr
viel Zeit in Anspruch nehme – bevor
überhaupt gebaut werde. Und dann gibt
es da noch die Gegner. Die Organisation
Croc (Contre laRéouverture de l’Olo-
ron–Canfranc) argumentiert vor allem
mit den enttäuschendenPassagierzahlen
auf dem neuenTeilstück, um zu unter-
streichen,dass jeder investierte Euro
eine grosseVerschwendung sei.Palacio
wischt diese Argumente weg und stellt
den Umweltschutz und die Lebensquali-
tät imVallée d’Aspe in denVordergrund.
Es gebe doch vieleBahnlinien, die nicht
rentabel seien,sagt er.
Die Wiedereröffnung der LiniePau–
Saragossa wird auch von der spanischen
RegionAragon unterstützt. Sie wäre der
dritteBahnkorridorzwischenFrankreich
und Spanien. Die beiden anderen ver-
laufen jeweils derKüste entlang. Laut
PhilippeDuong,der das auf Logistik
und Transport spezialisierte Planungs-
büro Samarcande leitet,sind die beiden
Verbindungen an der spanisch-französi-
schenGrenzederzeitnichtvollausgelas-
tet.Er ist daher skeptisch,ob das Projekt
einer drittenVerbindung nach Spanien
gegenüber anderenBahninfrastruktur-
projekten eineChance hat.Die Instand-
setzung sei doch sehr teuer. Und da
Frankreich in den letzten 40Jahren sehr
wenig in dieBahnfracht investiert habe,
sei deren Nutzung massiv zurückgegan-
gen,sagtDuong.FürvieleUnternehmen
seidieBahndaherkeinewirklicheAlter-
native zum Strassentransport. Selbst die
InstandsetzungderLinieseidaherkeine
Garantie dafür, dass dieLastwagen von
der Strasse verschwänden.
Im Vallée d’Aspekonzentriert man
sich auf die ersten Ergebnisse der EU-
Studie. Jean-LucPalacio sagt, in den
rund 30Jahren Engagement habe er
schon manchmal gedacht, das Projekt
stehe vor dem Ende. Doch derzeit sei
es eindeutig: Die Leute glaubten wie-
der daran.

In Zürich


ist das 5G-Netz


am schnellsten


Huawei meldet Rekord


bei Übertragungsrate


JOCHEN SIEGLE


Der Mobile-Spezialist Huawei hat im
5G-Netz des Schweizer Mobilfunk-
betreibers Sunrise Communication in
Zürich eine neueRekord geschwindig-
keit bei einerBandbreite von nur 100
MHz erreicht.Laut dem chinesischen
Konzern konnte mit mehreren 5G-
Smartphones in einer 5G-Funkzelle ins-
gesamt eineDatenratevon 3,67 GBit/s
im Downlink erreicht werden. Bei einem
einzelnen Smartphone liegt die maxi-
male 5G-Geschwindigkeit bei2GBit/s.
Die Daten wurden auf einem
Frequenzspektrum von 100 MHz im
C-Band deskommerziellen 5G-Mobil-
funknetzes übertragen, das Sunrise mit
Netzwerktechnik von Huawei in Zürich
seit einigen Monaten betreibt. Genutzt
wurden für den Praxistest bereits auf
dem Markt verfügbare 5G-Netzwerk-
geräte.ImVergleich: Mit dem 5G-Vor-
gängerLTE sind Geschwindigkeiten
von nur maximal1GBit/s möglich.


NeueTechnik


Huaweis neue Netzwerktechnik, die
diese Spitzengeschwindigkeit er mög-
li cht,nennt sich «MU-Mimo»-Tech-
nologie oder «Multi-User-Mimo». Da-
mit erhöht sich laut demTelekommu-
nikationsausrüsterdie 5G-Kapazität er-
heb lich – ohne zusätzlichen Bedarf an
Spektrum oder Energieressourcen. Die
kontinuierlicheVerbesserung der 5G-
Netzqualität und -leistung soll laut dem
Konzern «vermehrt zu Dienstleistungs-
innovationen mit Breitband-Internet-
verbindungen führen und Endkunden
mehrAuswahl undKomfort bieten».
Sunrise, die Nummer zwei der
Schweizer Telekombranche, war der
erste Anbieter in Europa, der ein 5G-
Netzwerk lanciert hat.Inzwischensind
nach eigenenAngaben über 260 Schwei-
zer Orte mit 5G versorgt.


«Smartfarming»-Projekte


Statt über ein Glasfaser- oderKupfer-
kabel erfolgt die Netzverbindung bei
5G überdie neueste Mobilfunktechno-
logie , die besonders schnelleDatenüber-
tragungen ermöglicht. Erste 5G-Handys
sind in der Schweiz seit einigenWochen
erhältlich. Aber auch Geschäftskunden
sollen von den neuen 5G-Möglichkei-
ten profitierenkönnen.Insb esondere
soll laut denPartnern Huaweiund Sun-
rise auch die SchweizerLandwirtschaft
vieleVorteile von 5G haben im Zuge
der fortschreitenden Digitalisierung
und «smart farming». BeiAgroscope im
thurgauischen Tänikon etwa wird mit
einem 5G-Netz erprobt, wie die Milch-
produktion optimiert und dasFressver-
halten derKühe verfolgt werden kann.

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