Neue Zürcher Zeitung - 15.10.2019

(Barry) #1

24 WIRTSCHAFT Dienstag, 15. Oktober 2019


Huaweis 5G-Testlabor inDongguan,imSüden Chinas gelegen. REUTERS

Deutschland lässt Huawei gewähren


(dpa)· Deutschland will die Beteiligung
des chinesischenTelekommunikations-
konzerns Huawei amAufbau eines 5G-
Mobilfunknetzes nicht unterbinden.Das
geht aus einem Entwurfdes Katalogs
für Sicherheitsanforderungen der Bun-
desnetzagentur hervor,der der Deut-
schen Presse-Agentur vorliegt. ImVer-
gleich zu einer Eckpunktefassung des
Papiers vom März ist ein entscheidender
Punkt abgeschwächt worden: So heisst
es nicht mehr, dass Lieferanten vertrau-
enswürdig sein müssen.Vielmehr müs-
sen sie ihreVertrauenswürdigkeit nur
zusichern und eine Erklärung abgeben.
Zuvor hatte das «Handelsblatt» über
dasPapierberichtet, dasnoch diese
Woche veröffentlicht werden soll. Es

wurde von der BonnerRegulierungs-
behörde, übergeordneten Bundesminis-
terien und dem Bundesamt für Sicher-
heit in der Informationstechnik erarbei-
tet. Letztgenanntes wird Überprüfungen
und Zertifizierungen durchführen – aber
nicht etwa derFirmen, sondernder ein-
gesetztenKomponenten.
Sollten die Sicherheitsanforderungen
in der jetzigenForm amJahresende be-
schlossen werden, würde Deutschland
die USAvordenKopf stossen.Washing-
ton pocht auf einenAusschluss von Hua-
wei aus Sorge vor Spionage, die USA se-
hen denKonzern als verlängerten Arm
der chinesischenRegierung. Huawei be-
tont stets, unabhängig zu sein und sich
an das geltendeRecht zu halten.

IN KÜRZE


HERAUSGEGRIFFEN


Brasilian ische Babás


spiegeln das koloniale Erbe


Alexander Busch, Salvador· Brasilien hat1888 als letztesLand
der westlichenWelt die Sklaverei abgeschafft. Bis heute ist
die Gesellschaft geprägt vom Erbe desKolonialismus und der
Sklaverei.Das fällt im Alltag auf:Von der brasilianischen Mit-
telschicht aufwärtskönnen nur wenigeFrauenkochen. Es sind
eher die Männer, die sich in derKüche betätigen.Wenn also
nicht die Empregada, die Hausangestellte, ein Essen zuberei-
tet, bleibtdieKüche meist kalt.Das liegt an der Sozialisation:
Kochen, Putzen,Aufräumen,das haben stets Angestellte über-
nommen. Heutewirddie Empregada meist verschämt Assis-
tentin oder Sekretärin genannt. DieBabá,das Kindermäd-
chen, heisst heute politischkorrekt Enfermeira,also Kran-
kenschwester. Dochan ihrenRollen hat sich nichts geändert.
Auch junge Ehepaare, zumTeil imAusland ausgebildet, fah-
ren selten ohneBabá in dieFerien. Die ist an ihrer dunklen
Hautfarbe und der oft weissenArbeitskleidung–wie Kran-
kenschwestern eben – leicht zu erkennen. Nicht nur Kinder,
die ganze Kindererziehung wird gern abgegeben – an Dienst-
boten, Psychologen, Privatlehrer, Ernährungsberater.
Auf diekoloniale Mentalität trifft man quer durch alle
Schichten:Jeder Brasilianer, von der «Sekretärin» bis zum
Unternehmer, fühlt sich erst dann erfolgreich, wenn andere
die Arbeit für ihn erledigen. «Mandarfazer»–anweisenstatt
selbst anpacken, das ist ein feststehender Begriff, wenn ein
Problem gelöst werden muss.Wer etwas auf sich hält, weist an-
dere an.Damit zeigt manVerantwortung, ohne sich die Hände
schmutzig zu machen. Geht es schief, dann hat leider hat das
Personal versagt.
Zeitweise sah es so aus, als seien dieTage derBabás und
Empregadas gezählt: Als Brasilien vor zehnJahren boomte,
wurden Servicekräfte knapp.Viele Hausangestellte arbeite-
ten lieber zu geregelten Arbeitszeiten und höheren Löhnen
inFabriken, alsVerkäuferinnen oder machten sich selbstän-
dig. Doch mit der Stagnation seit fünfJahren ändert sich das
wieder: Im Grossraum SãoPaulo ist die Zahl der informell be-
schäftigten Hausangestellten letztesJahr um 25% gestiegen.

DSV baut bei Panalpina in
Basel bis zu 165 Stel len ab
(awp/sda)· Beim LogistikerPanalpina
gehen inBasel nach der Übernahme
durch den dänischen Logistikkonzern
DSV viele Stellenverloren. Doppelt
geführteFunktionen sollen gestrichen
oder nachDänemark verlagert werden.
Am StandortBasel halten dieDänen
aber fest.Was sich über dasWochen-
ende in der Presse angedeutet hatte, hat
sich zuWochenbeginn bestätigt. DSV
streicht beiPanalpina bis zu165 Stellen,

wie die Gruppe am Montag schreibt.
Das nach schweizerischemRecht vorge-
schriebeneKonsultationsverfahren sei
eingeleitet worden, und ein Sozialplan
werde erarbeitet. Man habe dieLage
nach der Übernahme und im Zuge der
Integration desBasler Logistikers analy-
siert und werde überlappendeFunktio-
nen abbauen oder an den Hauptsitz im
dänischen Hedehusene verlegen, teilte
DSV weiter mit. Überschneidungen
gebe es mit der Zusammenführung der
IT-Systeme insbesondere in der IT-Ab-
teilung. Gleichzeitig gibt DSV aber auch
ein Bekenntnis zumBasler Standort ab.
DieDänen gehen davon aus, dass nach
dem Umbau Mitte 2020 etwa die Hälfte
der rund 300 Mitarbeitenden vonPan-
alpina inBasel verbleibenkönnen. Man
werde den Logistikteil imRaumBasel
sogar ausbauen, versprach DSV.

EU genehmigt
Hilfskredit für Condor
(awp/sda)· Die EU-Kommission hat den
staatlichen Überbrückungskredit für die
deutsche Charter-Airline Condor geneh-
migt. Die vorgesehenen 380 Mio.€der
Staatsbank KfW verzerrten denWettbe-
werb in der EU nicht übermässig, teilte
die Brüsseler Behörde am Montag mit.
Für die deutscheAirline-Tochter des
untergegangenen britischenReisekon-
zernsThomas Cook dürften damit die
ärgsten Probleme vorerst ausgeräumt
sein. Condor ist ein wichtigerPartner
verschiedener Reiseveranstalter. Die
bisher profitable Fluggesellschaft mit
knapp 60 Flugzeugen und 4900 Be-
schäftigten will in einem sogenann-
ten Schutzschirmverfahren denWinter
überleben.Dabei soll verhindert wer-
den, dass Geld an die britische Mutter
abfliesst. Mit dem nun genehmigten Kre-
dit verfügtdie Gesellschaft wieder über
Geldmittel.Das grüne Lichtaus Brüssel
bestätige dieSystemrelevanz der Flug-
gesellschaft im europäischen und deut-
schenWettbewerb, erklärteder Condor-
ChefRalf Teckentrup.Der im Schutz-
schirmverfahren eingesetzte Sachwalter
Lucas Flöther meinte, Condor verfüge
nun über die notwendige Liquidität, um
dieWintersaison zu überbrücken. Die
EU-Kommission fügte hinzu, der Kre-
dit werde «im Interesse der Fluggäste
zur ordnungsgemässenAufrechterhal-
tung der Flugdienste beitragen». Er sei
an strengeAuflagengeknüpft. Deutsch-
land habe zudem zugesichert, dafür zu
sorgen, dass Condor entweder den Kre-
dit nach sechs Monaten zurückzahlt oder
eine Umstrukturierung durchführt, um
wiederrentabel zu werden. Die Condor-
Führung ist derzeit auf der Suche nach
Investoren. Bis Ende März muss laut In-
sidern eine Lösung gefunden sein.

Gewerkschaft ruft
zu Streik bei Lu fthansa auf
(awp/sda)·ImStreit überTarifverhand-
lungen ruft die Flugbegleitergewerk-

schaft UFO zu einemersten Streik bei
der Lufthansa am Sonntag inFrankfurt
und München auf. Die Beschäftigten
sollten am 20. Oktober zwischen6und
11 Uhr die Arbeit niederlegen, kün-
digte der stellvertretende UFO-Vorsit-
zendeDaniel Flohr am Montag an.Wei-
tereStreikaufrufeseiengegen alle fünf
Airlines des Lufthansa-Konzerns jeder-
zeit möglich. In derkommendenWoche
wolle die Gewerkschaft mit ihrenTarif-
kommissionen über Urabstimmungen
zu unbefristeten Streiksberaten.Die
Lufthansa könne die Arbeitskampf-
massnahmen noch abwenden, wenn sie
an denVerhandlungstisch zurückkehre.
Lufthansa und UFO streiten schon län-
ger vor Gericht darüber, ob der jetzige
Vorstandrechtlich zum Abschluss von
Tarifverträgen befugt ist. Die Lufthansa
argumentiert, derVorstand sei nichtsat-
zungsgemäss ins Amt gekommen, und
akzeptiert deshalb auch dieKündigung
vonTarifverträgen nicht. UFO fordert
eine Lohnerhöhung von 1,8%. Flohr er-
klärte weiter, wenn die Lufthansa nun
auch die Streiks für illegal halte, müsse
sie das vor Gericht beweisen.

WTO gibt grünes Lichtfür
US-Strafzölle gegendie EU
(dpa)· Milliardenschweren Strafzöllen
der USA auf EU-Produkte steht nichts
mehr im Wege: Die Mitgliedsländer
der Welthandelsorganisation (WTO)
haben ihnen am Montag in Genf zuge-
stimmt. Der Antrag hätte nur einstim-
mig abgelehnt werdenkönnen, also mit
der Stimme der USA, insofern stand die
Annahme von vornherein fest. Die EU-
Kommission will aber versuchen, die
Sonderabgabendurch Gespräche mit
den USA noch abzuwenden. Die Zölle
sollen vonFreitag an gelten. Sie dürfen
nach einem WTO-Urteil wegen jahre-
langer rechtswidriger Subventionen
für den Flugzeugbauer Airbus erhoben
werden. Sie betreffen EU-Einfuhren im
Umfang von7, 5Mrd.$. Betroffen sind
neben Flugzeugen und -komponenten
auch Produkte wie Käse, Schinken, Oli-
venöl undWein, die mit einer zusätz-
lichen Abgabe von 25% belegt werden.
WTO-Schlichter haben auch rechts-
widrige Subventionen für den Airbus-
Konkurrenten Boeing festgestellt. Die
EUrechnet mit der Genehmigung von
Strafmassnahmen in ähnlicher Höhe.
WeitererBericht, Seite 28

Libragibt sich eine Struktur


und er nennt den Vorstand


tf.· Die vonFacebook und anderenKon-
zernen geplante Digitalwährung Libra
sieht sich mit wachsendemWiderstand
seitens derPolitik, derRegulatoren und
Zentralbankenkonfrontiert. Am Mon-
tag hat die hinter dem Projekt stehende
Libra Association dennoch signalisiert,
dass man ungeachtet derRückschläge
plangemäss amVorhaben festhalten
will. Die in Genf ansässige Organisa-
tion hat an ihrer Generalversammlung
nicht nur die Charta, welche die Zu-
sammenarbeit imVereinregelt, unter-
zeichnet. Bekanntgegeben wurden auch
die 21 Gründungsmitglieder, darunter
Unternehmen wie Spotify oder Uber
Technologies. Entschieden wurde aus-
serdem über die Zusammensetzung der
operativenFührung und desVorstands.
DerVorstand sollaus fünfPersonen
bestehen, wobeiDavid Marcus – dem


eigentlichenKopf hinter der Krypto-
währung – eine Schlüsselrolle zukom-
men dürfte. Laut einer Pressemitteilung
haben schon über 1500 Organisationen
ihr Interesse aneinerTeilnahme am Pro-
jekt bekundet. Ungesagt bleibt in der
Mitteilung, dass die Allianz jüngst auch
einige prominentePartner verloren hat,
darunter dieFinanzdienstleister Master-
card,Visa undPaypal. DieVermutung
li egt nahe, dass der öffentlicheWider-
stand dieseRückzüge mitverursacht hat.

Ihre Spende
in gute n Händen.

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