Die Welt Kompakt - 15.10.2019

(nextflipdebug5) #1
A

lles begann mit einem
Gepäckwaggon aus
dem Jahr 1929. Der
Zug war nach Jahr-
zehnten auf dem Abstellgleis in
einem desolaten Zustand. Zwi-
schen 2009 und 2014 wurde er
gründlich saniert und zu einem
Jugendzentrum umgebaut. Von
seinem Standort in Dörentrup
aus erreicht das rollende Ju-
gendzentrum nun die gesamte
Region Nordlippe: Er verbindet
entlang einer 30 Kilometer lan-
gen Eisenbahnstrecke verschie-
dene Orte und Projekte mitei-
nander.

„Jugend unter Dampf“ heißt
das vielfach ausgezeichnete
Projekt. Zu den treibenden
Kräften dahinter gehört auch
das „Büro für Soziale Architek-
tur“ aus dem ostwestfälischen
Sennestadt und mit ihm Inno-
vationsmanager Thorsten Förs-
terling. „Wir haben zunächst
ein flexibles Konzept für die In-
neneinrichtung des Waggons
entworfen“, so Försterling. Und
auch als der Waggon schließlich
fertig war ging es mit Voll-
dampf weiter. „Es ist immer
was zu tun, mal gibt es Repara-
turen, mal neue Ideen für die
Nutzung und Veranstaltungen


  • er lässt uns nicht los.“ Im ver-
    gangenen Jahr etwa wurde der
    Waggon blau gestrichen und er-
    hielt Europasterne an seine Sei-
    ten – seitdem ist er als „Demo-
    kratieexpress“ unterwegs und
    wirbt für Europa.
    Architektur-Unternehmerin
    Elke Maria Alberts, Thorsten
    Försterling und der Pädagoge
    Marc Wübbenhorst vom Büro
    für Soziale Architektur beglei-
    ten für gewöhnlich Bildungs-
    einrichtungen oder Stadtent-
    wicklungsprozesse. Sie sehen in
    ihrem ehrenamtlichen Engage-
    ment für das rollende Jugend-
    zentrum einen wichtigen Bei-
    trag für die Entwicklung ihrer
    Region. Tatsächlich ist die
    Bandbreite von Unternehmens-


aktivitäten zum Wohle der Ge-
sellschaft beträchtlich. „Corpo-
rate Citizenship“ wird solches
Engagement heutzutage inter-
national genannt – das Unter-
nehmen wird dabei als Bürger
begriffen, der sich über seine
rechtlichen Verpflichtungen hi-
naus positiv für das Gemeinwe-
sen einsetzt. Wie das genau
passiert, ist dabei jedoch kei-
neswegs klar – keine amtliche
Statistik bildet in Deutschland
die vielfältigen Aktionen und
Varianten des Einsatzes ab, den
Unternehmen unterstützen
oder selbst initiieren.
Jetzt gibt es eine Studie des
Stifterverbandes. „Für den Cor-
porate Citizenship Survey (CC-
Survey) haben wir im Jahr 2018
rund 120.000 Unternehmen in
Deutschland angeschrieben,“,
so Anaël Labigne, Leiter Unter-
nehmensengagement bei ZiviZ
(Zivilgesellschaft in Zahlen) im
Stifterverband. Rund 7800 Un-
ternehmen beantworteten die
Fragen der Wissenschaftler. Die
positive Erkenntnis der Unter-
suchung: Fast zwei Drittel aller
Unternehmen engagieren sich
in irgendeiner Form für das Ge-
meinwohl. „Für sie ist Engage-
ment in der eigenen Region in
Kooperation mit Vereinen und
Nichtregierungsorganisationen
Teil ihres unternehmerischen
Selbstverständnisses. Einige
sind überzeugt, dass sich das
auch auf das Geschäft auszahlt,
viele wollen aber auch explizit
uneigennützig handeln“, be-
richtet Labigne.
Die Zahl engagierter Unter-
nehmen könnte sogar noch grö-
ßer sein – nach den Ergebnissen
des CC-Survey sind sogar neun
von zehn Unternehmensvertre-
tern der Meinung, dass Unter-
nehmen als Vorbilder wieder
mehr Verantwortung für die
Gesellschaft übernehmen soll-
ten. Die wichtigsten Motive für
die engagierten Unternehmen
sind die Gestaltung einer le-
benswerten Region, die Bewäl-
tigung des demografischen
Wandels, bessere Integration

und – gerade in städtischen Ge-
bieten – sogar Armutsbekämp-
fung.
Dabei gibt es signifikante
Unterschiede zwischen Unter-
nehmen in ländlichen Regionen

und solchen aus der Stadt. Zah-
lenmäßig liegen Unternehmen
auf dem Land klar in Führung:
70 Prozent der Betriebe enga-
gieren sich für Belange des Ge-
meinwohls. In den großen Städ-

ten sieht das schon anders aus,
dort sind gerade einmal 56 Pro-
zent aktiv. Auch die Motive für
ein Engagement sind andere –
in den Städten geht es vielen
Unternehmen vor allem um die
Integration von Menschen mit
Migrationshintergrund.
Der Engagement-Experte hat
ein paar Ratschläge für Unter-
nehmen, die etwas für das Ge-
meinwohl tun möchten. „Für
die Teambildung innerhalb der
Belegschaft muss man nicht ge-
meinsam am Lagerfeuer sitzen,
man kann auch zusammen
sinnvolle Aktionen machen.“ Es
erweitere auch den Horizont
der Mitarbeiter, wenn sie sich
für gemeinnützige Projekte ein-
setzten. Insgesamt empfiehlt
Labigne den Unternehmen ein
Umdenken beim Engagement.
Unternehmen sollten stärker
überlegen, ob sie aus dem Ein-
satz für einen guten Zweck
nicht auch einen Nutzen ziehen
könnten. „Es kann Mitarbeiter
weiterbringen oder auch ganze
Teams, wenn sie sich engagie-
ren. Das Unternehmen positio-
niert sich als guter Unterneh-
mensbürger. Diese Positionie-
rung wird für Unternehmen ak-
tuell wieder wichtiger.“

Firmen


unter


Dampf


Zwei Drittel aller


Betriebe engagieren


sich für das


Gemeinwohl


VON CHRISTINA PETRICK-LÖHR

GETTY IMAGES

/ ANDY RYAN

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