Die Welt Kompakt - 15.10.2019

(nextflipdebug5) #1

18 REPORT DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DIENSTAG,15.OKTOBER


D

ie Gespräche waren
großartig, es sei ein
großartiger Deal,
verkündete US-Prä-
sident Donald Trump. China
werde mehr landwirtschaftli-
che Produkte in den USA kauf-
en, weitere Zollerhöhungen
würden vorerst gestoppt. Die
Details der Übereinkunft wür-
den binnen 90 Tagen geklärt.
Das war Anfang Dezember ver-
gangenen Jahres am Ende des
G-20-Gipfels in Argentinien.


VON FRANK STOCKER

Fast wortgleich klingt das,
was Trumpnun nach den jüngs-
ten Gesprächen zwischen den
USA und China verkündete.
Dennoch sind die Finanzmärk-
te in Feierlaune. Denn parallel
dazu gab es auch Nachrichten,
dass ein Brexit-Deal nun doch
noch möglich scheint. Sollte
sich beides als wahr herausstel-
len, könnte dies an den Börsen
tatsächlich eine Herbst-Rallye
auslösen.
Einen Vorgeschmack gab es
schon am Freitag. Da sprang
der Deutsche Aktienindex
(Dax) von rund 12.000 auf über
12.500 Punkte, ein Plus von vier
Prozent binnen weniger Stun-
den. Es war die Reaktion auf die
Aussage Trumps, dass ein Deal
mit China kurz bevor stehe.
Deutsche Unternehmen sind
vom chinesisch-amerikani-
schen Handelsstreit mit am
stärksten betroffen, daher rea-
gierte der Dax besonders stark.
Parallel dazu verteuerte sich
das britische Pfund gegenüber
dem Euro von 1,11 auf 1,14 Euro.
Seitdem ein No-Deal-Brexit
wahrscheinlich schien, hatte
die britische Währung kräftig
an Wert verloren.
„Daraus könnten sich stärke-
re Kursgewinne in den kom-
menden Wochen entwickeln,
sollten neue Hiobsbotschaften
ausbleiben“, sagt Jochen
Stanzl, Chef-Marktanalyst bei
CMC Markets. Denn viele In-
vestoren seien nach wie vor
eher pessimistisch gestimmt.
„Damit besteht das größte Risi-
ko für viele, die noch nicht oder
sogar auf eine Korrektur posi-
tioniert sind, darin, dass das
passiert, was niemand auf dem
Schirm hat: dass tatsächlich al-
les besser wird.“ Und auch Tho-


mas Gitzel, Chefökonom der
VP Bank, stellt einen Um-
schwung fest. „Wir gehen dem
Winter entgegen, politisch liegt
jedoch Frühling in der Luft“,
sagt er. „Die Hoffnung domi-
niert, Skepsis wird zurückge-
stellt.“
Dabei wäre diese durchaus
angebracht. Denn wie das Teil-
abkommen zwischen den USA
und Chinakonkret aussehen
wird, ist noch weitgehend un-
klar. Und vieles von dem, was
Trump jetzt verkündete, hatte
er auch schon früher angekün-
digt – und stellte sich dann als
Luftnummer heraus. Doch im-
merhin haben die USA die
nächste Runde von Zollerhö-
hungen erst einmal ausgesetzt,
die für Dienstag geplant waren.
„Das sind gute Nachrichten“,
sagt Gitzel. In den nächsten
drei bis fünf Wochen sollen in
Verhandlungen die Details des
Abkommens geklärt werden.
Dann könnte es beim nächsten
Treffen von Trump mit Chinas
Präsident Xi Jinpingim Rah-
men des Gipfels der Asiatisch-
Pazifischen Wirtschaftsge-
meinschaft (APEC) Mitte No-
vember in Santiago de Chile un-
terschriftsreif sein.
Tatsächlich spricht einiges
dafür, dass es diesmal wirklich
dazu kommt, denn zunehmend
spüren auch die Amerikaner die
Auswirkungen des Handels-
kriegs. „Da nun auch die US-
Wirtschaft Schaden zu nehmen
droht, will Trump offenbar eine
Lösung forcieren“, sagt Gitzel.
Denn eine lahmende Wirtschaft
oder gar eine Rezession im
kommenden Wahljahr will er
vermeiden. Gleichzeitig wird
auch der Druck auf die chinesi-
sche Seite immer größer. So
wurde am Montag bekannt,
dass die chinesischen Exporte
im September um 3,2 Prozent
gegenüber dem Vorjahresmo-
nat gesunken sind. Das war der
stärkste Einbruch seit acht Mo-
naten. Die Importe sanken um
8,5 Prozent.
Dennoch mahnt Mark Haefe-
le, Chef-Anlagestratege bei UBS
Global Wealth Management,
zur Vorsicht. „Eine Reihe von
Fragen, die uns positiver auf die
Aussichten für Wirtschaft und
Finanzmärkte blicken lassen
würden, bleiben entweder un-
gelöst oder unklar“, warnt er.

So wurde die für Dezember ge-
plante weitere Erhöhung von
Zöllen nicht ausgesetzt. „Und
der Stand der Verhandlungen
über geistiges Eigentum, er-
zwungenen Technologietrans-
fer und staatliche Subventio-
nen in China, die schwierigsten
Aspekte der Verhandlungen, ist
noch unklar“. Auch für das
Pfundreichte eine einzige Äu-
ßerung, in diesem Fall von EU-
Chefunterhändler Barnier, um
den Kurs nach oben zu drücken.
Barnier war von der EU zu wei-
teren Verhandlungen mit Lon-
don ermächtigt worden und
hatte die ersten Gespräche als
„konstruktiv“ bezeichnet. Zu-
dem war von „vielversprechen-
den Signalen“ die Rede.
Doch auch hier ist Vorsicht
angebracht. „Es liegt uns zwar
fern, einen unangemessen ne-
gativen Eindruck erwecken und
das Haar in der Suppe bezie-
hungsweise im britischen Ale
suchen zu wollen“, sagt Sören
Hettler, Devisen-Analyst bei
der DZ Bank. „Allerdings muss
an dieser Stelle daran erinnert
werden, dass es noch diverse
Hürden für einen möglichen
Deal zwischen der EU und
Großbritannienzu überwinden
gilt, sofern dieser überhaupt
zustande kommt.“ Und Claudio
Irigoyen, Anlagestratege bei
Bank of America/Merril Lynch,
glaubt nach wie vor nicht daran.
„Sofern Boris Johnson nicht in
letzter Sekunde ein Kaninchen
aus dem Hut zaubert, bleibt un-
sere Grundannahme eine Ver-
schiebung des Brexit mit Neu-
wahlen.“
Doch selbst das würde der Fi-
nanzmarkt wohl erleichtert zur
Kenntnis nehmen. Und wenn
dann tatsächlich noch ein Deal
zwischen den USA und China
zustande kommt, würden sich
die wirtschaftlichen Aussichten
wohl schnell aufhellen und
folglich die Börsenkurse deut-
lich steigen. Doch damit stelle
sich dann auch gleich wieder
die Frage, wie die US-Noten-
bank reagieren wird, warnt Iri-
goyen. „Wird dieser Mini-Deal
ausreichen, um eine Pause im
Lockerungszyklus zu rechtfer-
tigen?“ Käme es dazu, könnten
viele Investoren das gleich wie-
der als Dämpfer empfinden.
Der Frühling im Herbst wäre
dann von kurzer Dauer.

Der


Aufschwung


trügt


Die Aussicht auf einen Brexit-Deal


und eine Lösung im Handelsstreit


begeistert die Börsen weltweit: Der


Dax legt zu, das Pfund wertet auf.


Doch ein Akteur könnte am Ende allen


die Laune verderben


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Der Optimismus kehrt zurück

Quelle: boerse.de

Dax in Punkten
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Quelle: eigene Recherche

In Euro

Pfund Sterling wertet plötzlich auf

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Hunter Biden,Sohn des
demokratischen US-Prä-
sidentschaftsbewerbers Joe
Biden, tritt von seinem un-
bezahlten Posten beim chi-
nesischen Investmentunter-
nehmen BHR zurück.Er ver-
sucht damit, politischen
Schaden von seinem Vater
abzuwenden. Präsident
Donald Trump greift seinen
Rivalen Joe Biden wegen
der Geschäftstätigkeit Hun-
ter Bidens im Ausland an.
Hunter Biden werde am 31.

Oktober aus dem Board der
Investmentfirma BHR aus-
scheiden, teilte sein Anwalt
George Mesires in einer
schriftlichen Erklärung mit.
Sollte Joe Biden im kom-
menden Jahr Präsident
werden, werde Hunter Biden
zudem für kein ausländi-
sches Unternehmen mehr
arbeiten.Hunter Bidens
Geschäfte stehen im Zen-
trum von Vorermittlungen
zu einem Amtsenthebungs-
verfahren gegen Trump. Die

Demokraten werfen Trump
vor, sein Amt missbraucht
zu haben, um die Ukraine zu
Ermittlungen gegen Joe
und Hunter Biden zu drän-
gen.
Trump beschuldigt Joe Bi-
den,als US-Vizepräsident
auf die Entlassung des
ukrainischen Generalstaats-
anwalts gedrungenzu ha-
ben, um seinen Sohn vor der
Justiz zu schützen.Hunter
Biden war damals bei einem
ukrainischen Gaskonzern

beschäftigt. Trump hat
auch China aufgefordert,
gegen die Bidens zu er-
mitteln. Joe Biden weist die
Vorwürfe als grundlos und
politisch motiviert zurück.
BHR sei gegründet worden,
um chinesische Investitio-
nen im Ausland zu tätigen.
Hunter Biden habe aber
„keine Rolle“ bei den In-
vestitionen der Firma ge-
spielt, erklärte sein Anwalt.
US-Präsidentschaftsbewer-
ber Joe Biden will sich für

den Fall seines Wahlsieges
2020 bestimmte Ethikregeln
auferlegen,um Interessens-
konflikte zu vermeiden. In
einem Weißen Haus unter
seiner Führung werde es
seinen Familienangehörigen
nicht erlaubt sein, Ge-
schäftsbeziehungen zu
ausländischen Unterneh-
men oder Regierungen zu
unterhalten. Zudem dürften
sie kein Büro im Weißen
Haus haben oder an Kabi-
nettssitzungen teilnehmen.

Bidens Sohn legt Posten bei chinesischer Firma nieder
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