Die Welt Kompakt - 15.10.2019

(nextflipdebug5) #1

Businessoutfi t auf vier Rädern.


Fortschritt in seiner schönsten Form: die neue Audi S4 Limousine*.

* Kraftstoff verbrauch Audi S4 Limousine in l/100 km: innerorts 7,2; außerorts 5,8–5,7;
kombiniert 6,3; CO₂-Emissionen in g/km: kombiniert 164–163. Angaben zu Kraftstoff verbrauch
und CO₂-Emissionen bei Spannbreiten in Abhängigkeit vom verwendeten Reifen-/Rädersatz.

DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT DIENSTAG,15.OKTOBER2019 POLITIK 5


E


in polnischer Pessi-
mist, so heißt es, weiß,
dass es schlecht ist.
Ein polnischer Opti-
mist, weiß, dass es noch
schlechter wird: Diesen Satz
dürften sich nach den ersten
Hochrechnungen am Sonntag-
abend Mitglieder der Oppositi-
onspartei Bürgerplattform
(PO) zugeraunt haben. Die na-
tionalkonservative Regierungs-
partei Recht und Gerechtigkeit
(PiS) nämlich ist laut aktuellen
Zahlen eindeutig die Siegerin
der polnischen Parlamentswah-
len, wenn auch die Auszählung
der Stimmen erst am Dienstag
abgeschlossen sein dürfte.


VON PHILIPP FRITZ
AUS WARSCHAU

Mit 42,3 Prozent ist die PiS
stärkste Kraft geblieben und
wird wegen der Fünf-Prozent-
Hürde mehr als die Hälfte der
Sitze im Sejm, dem Unterhaus,
stellen. Sie kann alleine regie-
ren. Die PO kam abgeschlagen,
wenn auch etwas besser als er-
wartet, auf einer gemeinsamen
Liste mit anderen Parteien le-
diglich auf 27,7 Prozent. Die PiS
hat im Vergleich zu den Wahlen
2015 sogar zugelegt. Seinerzeit
hatte sie 37 Prozent geholt, was
bereits für die absolute Mehr-
heit der Sitze reichte.


Überraschend ist das heutige
Ergebnis freilich nicht. Sämtli-
che Beobachter sagten der Re-
gierungspartei und ihrem mäch-
tigen Vorsitzenden Jaroslaw
Kaczynksi einen Sieg voraus.
Die PiS hat über Monate einen
hochprofessionellen und ag-

gressiven Wahlkampf geführt.
Sie startete eine Angstkampa-
gne gegen sexuelle Minderhei-
ten und mobilisierte damit ihre
Wählerklientel. Daneben setzte
sie Wahlversprechen bereits vor
dem Urnengang um, wie etwa
eine großzügige Ausdehnung

des Kindergeldprogramms
„500+“ und konnte so weitere
Wählergruppen ansprechen.
Die oppositionelle PO dagegen
trat elan- und ideenlos auf. Ihr
Chef Grzegorz Schetyna konnte
seinem Widersacher Kaczynski
kaum etwas entgegensetzen.
Die Frage ist nun: Wie geht es
weiter mit Polen? Alles deutet
darauf hin, dass die PiS ihren
umfassenden Staatsumbau fort-
führen wird – weitere Konflikte
mit der EU-Kommission sind
damit vorprogrammiert. Vor
vier Jahren schon startete die
Partei ihre radikalen Reform-
programme, den „guten Wan-
del“, wie Gegner der Regie-
rungspolitik ironisierend sagen.
Sie baute das vormals öffent-
lich-rechtliche Fernsehen TVP
zu einem Propgandaapparat um
und schränkte mir ihrer soge-
nannten Justizreform die Unab-
hängigkeit der Arbeit von Rich-
tern ein – all das im Eiltempo,
so dass weder die polnische Op-
position noch die EU-Kommis-
sion, die 2017 wegen des Um-
baus des Justizwesens erstmals
ein Rechtsstaatsverfahren ge-
gen ein Mitgliedsland der Union
auf den Weg brachte, schritthal-
ten konnten. Gewirkt hat die
Drohung, Polen Stimmrechte
zu entziehen offenbar nicht.
Mehrere PiS-Mitglieder ha-
ben bereits eine weitere Justiz-

reform angekündigt. Einige
träumen gar davon, Kammern
oder gleich ganze Gerichte
vollständig aufzulösen und neu
zu besetzen. Solch radikale
Schritte würde die neue Kom-
mission unter Ursula von der
Leyen vor ein enormes Pro-
blem stellen. Denn so wie die
Justizreform der Kern des Re-
formprogramms der PiS ist, ist
Rechtsstaatlichkeit der Mar-
kenkern der EU. Entscheidend
wird sein, wie sich die tsche-
chische Kommissarin Vera Jou-
rova verhält, zu deren Portfolio
das Thema Rechtsstaatlichkeit
gehört. Als Ostmitteleuropäe-
rin dürfte sie ein besseres Ge-
spür als seinerzeit Vizekom-
missionschef Frans Timmer-
mans dafür haben, welche
Form von Kritik in Warschau
angenommen wird. Den Nie-
derländer hatten viele Polen als
zu belehrend und geltungs-
süchtig empfunden.
Schon kursieren Gerüchte
über ein neues Mediengesetz,
das die Kontrolle der Partei
auch auf die privaten Medien
im Land ausdehnt. Wenn die
PiS ernst macht – und bisher
hat sie ihre Versprechen fast
immer erfüllt –, dann steht
Warschau eine weitere Reform-
runde bevor, die die vergange-
nen Jahre in den Schatten stel-
len dürfte.

Mandat zum


Staatsumbau


Polens Regierungspartei PiS hat die


Wahl gewonnen. Die EU muss sich auf


weitere Justiz- und Medienreformen


einstellen – noch radikaler


Der mächtige PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynksi

AFP

/WOJTEK RADWANSKI

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