Süddeutsche Zeitung - 15.10.2019

(Chris Devlin) #1
von jens bisky

M

oskau, wo angeblich das
Herz der Weltrevolution
schlug, bereitete dem jun-
gen Kommunisten zu Be-
ginn der Sechzigerjahre ei-

nige Enttäuschungen. Während er die


Stadt erkundete, Stalins neues Grab an


der Kremlmauer besah, über den Roten


Platz und durch die Gorki-Straße streifte,


wurde im Studentenheim am Lomonos-


sow-ProspektseinweißlackierterKleider-


spind ausgeräumt. Zwar hatte der ange-


hende Geschichtsstudent aus Ungarn die


Zimmertür sorgsam abgeschlossen, aber


das war vergebliche Mühe, passte doch je-


derSchlüsselimHeimzuallenSchlössern.


Geklaut hatte man ihm vor allem die

westlichen Produkte, den Anzug, die Win-


terjacke, den Pullover, sie würden sich auf


dem Schwarzmarkt gut verkaufen lassen.


Zwar überließ ihm einer seinen Winter-


mantel und der Studentenrat bewilligte


fünfzig Rubel Soforthilfe, aber es waren


weder in den großen Warenhäusern noch


in den Spezialgeschäften der Riesenstadt


passende Kleidungsstücke zu finden.


So lernte der Student György Dalos den

sowjetischen Alltag kennen. Warenman-


gel und Warterei, schreibt er in seinen Er-


innerungen,löstenUngeduldaus:„Beson-


ders ärgerlich fand ich die willkürlich er-


scheinende Schließung von Läden mitten


amArbeitstag unter dem Vorwand ,Inven-


tur oder ,Kontrolle’oder, noch absurder,


vonKantinen undBuffets ausgerechnet in


der Mittagszeit mit einem strengen Schild


an der Tür ,Geschlossen wegen Mittags-


pause“. Er versuchte, die sowjetische


Wirklichkeit gegen seine eigenen Wahr-


nehmungen in Schutz zu nehmen, aber


die „täglichen Siegesmeldungen“ der Pro-


paganda erschwerten das. In Ungarn, das


dem sowjetischen Vorbild nacheiferte,


war die Lebensqualität besser, die Kultur


freier. Besonders heftig attackierte ein


Zimmergefährtedie Begeisterungdesjun-


genMannes,dersichgeradealsLyrikerei-


nenNamenmachte,fürdielichteZukunft.


Das sei „reine Idiotie“, „eines intelligenten


Menschen unwürdig“.


BinnenwenigerJahregingderjungeGy-

örgyDalos aufDistanz zumSowjetsystem,


kritisierte es von links, mit Che Guevara


und Mao. Er wurde observiert, schika-


niert, verhaftet, trat in den Hungerstreik,


stand vor Gericht, das ihn zu einer mehr-


monatigen Haftstrafe verurteilte. Er durf-


te nicht mehr publizieren, schlug sich mit


Übersetzungen durch und gehörte in den


Siebzigerjahren zu den Mitbegründern


der ungarischen Demokratiebewegung.


DerenEntstehunghaterseinenEssay„Ar-


chipel Gulasch“ gewidmet, der 1986 er-


schien.ImJahr2009beschrieber„DasEn-


de der Diktaturen in Osteuropa“. In den


letzten Tagen des Kalten Krieges und den


ersten Jahren des Aufbruchs nach 1989


wurde György Dalos ein europäischer In-


tellektueller.


Weil er von seinem Leben „mit, gegen

und ohne Kommunismus“ erzählt, stehen


seine Erinnerungen in der stolzen Traditi-


on der Renegatenliteratur. Aber Dalos


schreibt aus einer besonderen, seltenen


Perspektive: „Jetzt bin ich ein alter Mann,


betrachte mit wachsender Skepsis die ka-


putte Welt und mein kaputtes Land und


zweifleanmeinerFähigkeit,überirgendet-


was ein relevantes Urteil zu sprechen, ge-


schweige denn, mich in die Angelegenhei-


tenderWelteinzumischen.Undichbiner-


staunt über jenen jungen Mann, der ich


einstwar“. Damals habe er„alshistorische


Kraft wirken wollen“, im Rückblick schei-


ne ihm die Entscheidungen jener Jahre


„unterdemEinflusspersönlicher Bindun-


gen entstanden“.


Daher behandelt Dalos kaum ideologi-
scheFloskelnundwennerestut,danniro-
nisch, mit sarkastischen Bemerkungen
über „Sowjetbarock“. Er meidet das Hoch-
tönende, berichtet vom Alltag eines unga-
rischen Schriftstellers, porträtiert Fami-
lie, Freunde, Weggefährten, darunter den
Jahrhundertphilosophen György Lukács.
Dalos wurde 1943 in Budapest geboren
worden, als Kind einer jüdischen Familie.
Die Vorfahren hießen mütterlicherseits
Berliner, väterlicherseits Deutsch. Ein
Haus am Budaer Schwabenberg hatten
die Großeltern Ende der Dreißigerjahre

verkaufenmüssen.DerneueBesitzerstell-
teesdemStab AdolfEichmannszurVerfü-
gung, der 1944 nach Budapest kam und
die Deportation der ungarischen Juden
nach Auschwitz organisierte. Die Vernich-
tungsaktion lief, bis die Rote Armee An-
fang 1945 Budapest befreite.
Die „Dankbarkeit gegenüber den Le-
bensrettern“ blieb auch nach der Nieder-
schlagung des Volksaufstands von 1956,
dieDalosempörte.Erbesuchtedanachsei-
nen Klassenlehrer im Internierungslager,
aber: Wer das „Tagebuch der Anne Frank“
gelesen hatte, schreibt er, das 1958 auch
auf Ungarisch erschien, fühlte sich spon-
tan „von der politischen Kraft angezogen,

die dem Leid zumindest temporär ein En-
de gesetzt hatte“.
Obwohl das Reisen bequem wie nie ge-
worden ist, Budapest, Prag, Warschau
nicht länger in einer anderen Welt liegen,
wächstgegenwärtigdieEntfremdungzwi-
schen Ost-und Westeuropäern. Neben zä-
hen Vorurteilen dürfte auch Unkenntnis
der jüngsten Vergangenheit dafür verant-
wortlichsein.Weristschonmit denunter-
schiedlichen, keineswegs homogenen Le-
benswirklichkeiten in den Ländern des
Ostblocks vertraut? Wer erinnert sich
noch an die Freundeskreise der Dissiden-
tenindenJahren,alsderSozialismus„ewi-
ge Gegenwart“ schien und das Leben „im
Wartesaal“ verharrte?
Damals, in den Siebziger- und Achtzi-
gerjahren lernt Dalos denKursbuch-Her-
ausgeber Hans Magnus Enzensberger
unddenausderDDRvertriebenenSchrift-
steller Klaus Schlesinger kennen, den von
der Stasi verfolgten Jürgen Fuchs und
Friedrich Christian Delius, die aus Rumä-
nien ausgereisteHertaMüller.DieErinne-
rungenandiesesLändergrenzenübergrei-
fende Netzwerk zwischen Prag, Budapest,
Warschau,Wien,beidenTeilenBerlinswe-
cken beinaheNostalgie, als seien Kommu-
nikation und Verständnis in Achtzigerjah-
ren leichter gefallen als heute.
Dalos, der ein ebenso melancholischer
wie diskreter Erzähler ist, kommentiert
die Gegenwart nur an wenigen Stellen.
Aber einmal vergleicht er das Lebensge-
fühlimspätenSozialismusmitdeminVik-
tor Orbáns Ungarn. Damals ging es der
Mehrheit um kleine Freiheiten, Konsum,
Westreisen, die Hoffnung, dass es nicht
schlimmer werde. Diese Mentalität war
nach den Transformationskrisen ohne
Weiteresübertragbar:„Esgibtkeinefunk-
tionsfähigere Diktatur als die freiwillige
Selbstbeschränkung einer Gesellschaft.“
Das Buch endet im Jahr 1989. Dalos ar-
beitet an seinem Roman „Die Beschnei-
dung“, der von einem jüdischen Jungen
am Vorabend des ungarischen Volksauf-
standes von 1956 erzählt. Seine langjähri-
ge Freundin Ika, eine Stalinistin, die den
Ruf hatte, junge Autoren zum Trinken zu
verführen, wirft sich am 23. Oktober 1989


  • es war der Jahrestag des Aufstands von
    1956, es wurde die Ungarische Republik
    ausgerufen–„ausdemFensterihrerWoh-
    nung im fünften Stock“. Sie wollte die
    „Konterrevolution“ nicht erleben.
    Die Silvesternacht 1989/90 verbrachte
    Dalos in einer Schöneberger Wohnung,
    „in einer gemischten west- und ostdeut-
    schen, polnischen, tschechoslowaki-
    schen, rumäniendeutschen und ungari-
    schen Gesellschaft. Eine Frau war gerade
    ausRumänieneingetroffenundweinteun-
    entwegt.“ Man sang Schlager, Volks- und
    Revolutionslieder, um Mitternacht dann
    „mit großem gespielten Ernst“ die Natio-
    nalhymnen. Nur mit der ungarischen
    glückte es nicht recht, weil Dalos „einen
    tränenreichenLachanfall“bekam.Amfol-
    genden Tag ging er spazieren: „An der
    MauerbrachentürkischeJugendlicheklei-
    ne Stücke des ,Schutzwalls mit Hammer
    und Meißel heraus und verkauften sie an
    Touristen (....).Die Straße vom Checkpoint
    Charlie bis zum Halleschen Tor war be-
    deckt mit ausgebrannten Feuerwerkskör-
    pern, leeren Cabinet-Zigarettenschach-
    teln, Bierdosen und Weinflaschen. Kein
    Schnee, keine Kälte – ein Winter und doch
    keiner.“ So begann die neue Zeit.
    György Dalos versteht es wie nur weni-
    ge, Persönliches und Politisches ineinan-
    der zu spiegeln, Autobiografie und Zeitge-
    schichtezuverknüpfen.DerTondieseslei-
    sen, lebensklugen, menschfreundlichen
    Buches ist inmitten der vielen allzu leicht
    und oft folgenlos aufflammenden Aufge-
    regtheiten der Gegenwart eineWohltat.


György Dalos:
Für, gegen und ohne Kommunismus.
Erinnerungen.
Verlag C.H. Beck, München 2019.
312 Seiten, 26 Euro.

Im Wartesaal


Der Schriftstellerund europäische Intellektuelle György Dalos


erzählt sein Leben „Für, gegen und ohne Kommunismus“


Details können verwirrend sein; erst aus


der Distanz fügen sie sich zu einem Bild,


aufdemdannerkennbarwird,wasdieEin-


zelteile gar nicht preisgegeben haben. So


mussmansichdasBuchvorstellen,dasRo-


nan Farrow aus seinen Recherchen zum


Filmproduzenten Harvey Weinstein, der


wegenseinersexuellenÜbergriffeimJanu-


ar nächsten Jahres in New York vor Gericht


stehenwird,undanschließendenReporta-


gen über eine israelische Sicherheitsfirma


namens Black Cube imNew Yorkerge-


strickt hat. „Durchbruch. Der Weinstein-


Skandal, Trump und die Folgen“ heißt das


Buch.


Ronan Farrow hat sich in nur wenigen

Jahren einen ziemlich explosiven Ruf als


Journalist erarbeitet. Da war nicht nur


Weinstein, für denNew Yorkerschrieb er


auch Geschichten, die den Justizminister


des Staates New York und den Oberboss


des Fernsehsenders CBS, Les Moonves, zu


Fallbrachten–beidewegensexuellenFehl-


verhaltens. Es ist also kein Wunder, dass


„Durchbruch“ in den USA schon vor sei-


nemErscheinenfüreinigeAufregungsorg-


te, vor allem wegen Vorwürfen gegen den


ehemaligen NBC-Moderator Matt Lauer –


der ist ohnehin schon gefeuert, aber Far-


row beschreibt den Fall, der dazu führte,


und er wirft dem Sender vor, viel zu lange


zu viel vertuscht zu haben. NBC weist den


Vorwurf zurück. Farrow bleibt bei seiner


Darstellung.


Farrows Buch beschreibt ansonsten de-
tailliert die Monate, in denen er zu Wein-
steinrecherchierte,biserdannseinenArti-
kel imNew Yorkerveröffentlichen konnte.
Er hatte drei Frauen gefunden, die Verge-
waltigungsvorwürfegegenWeinsteinerho-
ben. Warum das wichtig ist? Weil es ihm so
schwer gemacht wurde. Die meiste Zeit ar-
beitete Farrow noch gar nicht für denNew
Yorker– sondern für NBC.

Im Nachhinein stellte sich heraus, dass
viele Leute von Weinsteins Missbrauch
von Frauen wussten – am Ende waren es
DutzendeSchauspielerinnen,diesichmel-
deten, weil auch sie von Weinstein beläs-
tigt und unter Druck gesetzt wurden. Da-
mals aber wollte niemand mit Farrow re-
den–understelltebaldfest,dasseinegan-
ze Reihe von Journalisten schon versucht
hatten, woran er sich nun die Zähne aus-
biss.EinervonihnenbezeichnetedieWein-
stein-Story als den „weißen Wal“ des Jour-
nalismus.Allestießenimmerwiederaufei-
ne Mauer des Schweigens, sobald sie ver-
suchten, die Gerüchte zu belegen.
Das lag zum einen daran, dass viele Be-
troffene, beispielsweise die Schauspiele-
rin Rose McGowan, deren Fall verjährt ist,

die Weinstein aber der Vergewaltigung be-
zichtigt, Schweige-Vereinbarungen unter-
schrieben hatte. Andere hatten einfach
nur Angst vor Weinstein und einem jähen
Ende ihrer Karriere, wie Mira Sorvino. Sie
wehrte Weinstein ab, und war bald ein Ex-
Star. Soweit war die Geschichte bekannt,
vor allem aus Farrows Berichten. In wel-
chem Ausmaß Farrow aber selbst Druck
ausgesetzt war, davon kamen immer nur
DetailsansLicht,dieeinzelnbetrachtetlan-
ge nicht so schlimm aussahen wie in der
Geschichte, die er nun in „Durchbruch“
aufschreibt.
Da ist zum einen Black Cube. Farrows
Geschichte imNew Yorker, darüber, wie
dieseSicherheitsfirmaMitarbeitervonBa-
rack Obama zu diskreditieren versuchte,
die am Atomabkommen mit Iran gearbei-
tet hatten, war ein Nebenprodukt eigener
Erfahrung. Farrow wurde beschattet, be-
kam Fluten seltsamer Nachrichten aufs
Handy, sein Lebensgefährte wurde ausge-
forscht. Einen Teil dessen kann Farrow in-
zwischen einwandfrei auf Black Cube zu-
rückführen, unter anderem, weil dort eine
Frau arbeitet, die genug hat, schreibt Far-
row. Die Firma handelte im Auftrag von
Weinstein,derHunderttausendeDollarin-
vestierte, um Farrows Geschichte und eine
in derNew York Times, die einige Tage vor
Farrows erschien, zu unterdrücken. Far-
row hat sogar die Detektive gefunden, die
ihn verfolgten. Er kann belegen, dass eine

Agentin sich mit der verzweifelten Rose
McGowananfreundete,sich inihrPrivatle-
ben einschlich – wie grausam. Wie wehrt
mansichgegeneinenMann,derwieeinBö-
sewicht im Kino auf Anschuldigungen mit
etwas in der Größenordnung einer staatli-
chen Geheimdienstoperation reagiert?
Da ist aber noch etwas, was sich aus den
Details zusammenfügt. Es ist nach dem
Weinstein-Skandal viel über ein System
von Machtmissbrauch in der Unterhal-
tungsbranche im Allgemeinen und in Hol-
lywood im Besonderen diskutiert worden.
So, wie Farrow seine Recherchen be-
schreibt, ergibt sich aber ein größeres Pa-
norama des Machtmissbrauchs.
Farrowwar eineArtWunderkind,mit 21
Jahren Yale-Anwalt, seiner Eltern wegen,
Mia Farrow und Woody Allen, von Haus
aus berühmt. Er hatte sich eine Journalis-
tenkarriere in den Kopf gesetzt. Was nun
die Weinstein-Recherche betrifft, schreibt
er selbst, habe er einen besonderen Bezug
zu Frauen, denen nicht geglaubt wird, weil
seiner Schwester Dylan, die Woody Allen
des Missbrauchs bezichtigt, auch keiner
glaube. Das mag ihn befeuert haben. Vie-
les, was Farrow für denNew Yorkerausge-
graben hat, hat aber damit nichts zu tun.
Farrow ist ein besessener Rechercheur. Ei-
ner, der nicht locker lässt und offensicht-
lich seineQuellendavonüberzeugen kann,
dass sie in guten Händen sind. Warum lief
die Weinstein-Geschichte nicht bei NBC?

WeilmanihmdortSteineindenWegleg-
te, so Farrow, weil Vorgesetzte in Kontakt
mit Weinstein standen, weil es von oben
Druck gab. Farrow sieht das so: Weinstein
war ein Geschäftspartner für NBC, und er
hatte dort einige Freunde. NBC behauptet
nun,die Weinstein-Geschichte, die Farrow
dort machte und nicht durchbekam, sei
nicht die gleiche wie die imNew Yorkerge-
wesen, er habe keine Zeugen gehabt. Beim
New Yorkerhatte er sie jedenfalls, und viel
Zeit kann zwischen seinem Weggang bei
NBC und dem Erscheinen desNew Yorker-
Artikels nicht verstrichen sein.

„CatchandKill“heißtdasBuchimOrigi-
nal–dasistdieMethode,Skandalgeschich-
ten zu recherchieren und dann im Gift-
schrank zu verschließen. Mit ihr hat das
KlatschblattNational Enquireroperiert,
fürWeinstein–undfürDonaldTrump. Da-

zugehörtedieGeschichtedesPlaymateKa-
ren McDougal, die Schweigegeld bekam –
was dann letztlich Trumps Anwalt Michael
Cohen in den Knast brachte.
Geheimnisse erzeugen Erpressbarkeit.
Farrow zeichnet ein Netzwerk aus Super-
reichen, Politik und Medienleuten, in dem
die immer gleichen Anwälte am Werk sind


  • und in dem es nicht um Anstand oder
    Recht geht, sondern immer nur um Ge-
    schäftsinteressen. Wären viele Details
    nicht längst bekannt oder im Buch be-
    zeugt,würdemanFarrowvielleichtalsVer-
    schwörungstheoretiker abtun. Zur Ära
    Trump, zum Fall von Jeffrey Epstein, der
    sogareinenStaatsanwaltinderTaschehat-
    te, passen Farrows Recherchen leider gut.
    „Durchbruch“istetwaslang, aberspan-
    nend wie ein Krimi. Nur über eines muss
    man hinwegsehen: Farrow ist gleicherma-
    ßen Engel und Nervensäge, edel und eitel.
    Immer wieder betont er, wie beruhigend
    es war, dass Megan Twohey und Jodi Kan-
    tor von derNew York Timesebenfalls an
    der Weinstein-Story dran waren..Aber an
    jenem Freitag, als dieNew York Timesdas
    Stück brachte, lässt er David Remnick, den
    Chefredakteur desNew Yorker, sagen „Die
    haben nicht, was wir haben“, und setzt sel-
    ber nach, das Stück in derNew York Times
    hätte Weinstein überlebt, das imNew Yor-
    kernicht. Da hat er unrecht. Rose McGo-
    wan hat gesagt, er sei ihr Ritter. Da hat sie
    recht. susan vahabzadeh


Der weiße Wal ist gestrandet


Wie Bösewichter im Kino: Ronan Farrow beschreibt in „Durchbruch“, unter welchen Druck er geriet, als er den Weinstein–Skandal recherchierte


Ronan Farrow:Durchbruch.
DerWeinstein-Skandal,
Trump und die Folgen. Aus
dem Englischen von Werner
Schmitz, Henning Dedekind,
Katja Hald u.v.a. Rowohlt
Verlag, Hamburg 2019.
528 Seiten, 24 Euro.

Er wurde beschattet, bekam
Fluten seltsamer Nachrichten

aufs Handy


Seit drei Jahren ist die Literaturkritikerin Ina Hartwig
Kulturdezernentinder Stadt Frankfurt am Main.
Vorher arbeitete sie im Feuilleton der „Frankfurter Rundschau“
und als freie Autorin. Der Neubau der Deutschen Nationalbibliothek
wurde Ende der Neunzigerjahre fertiggestellt.

DEFGH Nr. 238, Dienstag, 15. Oktober 2019 – SZ SPEZIAL LITERATUR SACHBUCH V2 15

Free download pdf