Handelsblatt - 15.10.2019

(やまだぃちぅ) #1

Besser als gedacht. In Europa koope-


rieren wir mit Douglas und der Dro-


geriekette Boots. Aktuell verkaufen


wir hier dreimal so viele Produkte


wie geplant.


Naturkosmetik boomt. Nicht nur Al-
bas Firma profitiert davon, dass es
oft eine Glaubensfrage ist, welche
Cremes helfen und wohltuend sind.
The Honest wirbt damit, mehr In-
haltsstoffe auszuschließen als die Eu-
ropäische Union. Deren Kosmetik-Ver-
ordnung regelt, welche fast 1 400
Stoffe für Kosmetika verboten sind.
Viele Unternehmen beschränken sich
auf natürliche Rohstoffe, weil sie
schonender für Mensch und Umwelt
seien. Die Definition ist aber un-
scharf.

Was hören wir als Nächstes von Ih-


nen?


The Honest wird in Europa in den


nächsten Monaten weitere Artikelka-


tegorien mit anderen Einzelhändlern


auf den Markt bringen. Genaueres


kann ich dazu derzeit noch nicht sa-


gen. Aber eins ist klar: Wir stehen


erst am Anfang. Wir wollen in den


nächsten Jahren in weitere Bereiche


vordringen. Vielleicht Mundpflege,


Körperpflege ... Wir werden noch vie-


le Pläne entwickeln.


Egal, wo man auf der Welt mit Grün-


dern zu tun hat: Es sind meistens


Männer. Warum wagen es Frauen so


selten, ein eigenes Unternehmen auf-


zubauen?


Männern wird ihr ganzes Leben er-


zählt, sie könnten alles werden. Sie


lernen früh, andere um Hilfe zu bit-


ten und eigene Ideen umzusetzen –


auch wenn sie noch nicht richtig


durchdacht sind. Frauen wachsen –


zumindest in den USA – in vielen


Fällen anders auf. Sie lernen, dass


erst alles perfekt sein muss, bevor


sie ihre Pläne überhaupt jemandem
zeigen.

Das heißt, Frauen sind zu kritisch
mit sich?
Es gibt zu wenige weibliche Vorbil-
der. Es ist eine große Hürde, einfach
anzufangen. Aber: Man lernt erst,
wenn man loslegt. Deshalb sollte
man nicht bis zur Perfektion warten.
Es fühlt sich immer besser an, über-
haupt etwas erreicht zu haben, als
mit nichts dazustehen. Und die letz-
ten 20 Prozent lassen sich später im-
mer noch optimieren.

Was braucht es denn unbedingt, be-
vor man ein Unternehmen starten
kann?
Absolute Zahlensicherheit! Nichts
ist schlimmer, als einem Investor ge-
genüberzusitzen und ihm nicht er-
klären zu können, wann er mit sei-
ner Investition Geld verdienen wird.
Das Zweite ist, zu wissen, wen man
fragen kann. Ich weiß, wie ein-
schüchternd reine Männerrunden
sind. Deshalb helfe ich jetzt anderen
Frauen.

Als Coach?
Ja, so kann man das nennen. Ich ha-
be in meiner Firma ein Förderpro-
gramm aufgebaut, für das sich Frau-
en bewerben können. Jede Teilneh-
merin bekommt abhängig von ihrer
Position die Beratung und Unterstüt-
zung, die sie braucht, damit sie den
nächsten Karriereschritt erreichen
kann. Und im Film kann ich jetzt
auch endlich was tun.

Sie reden von Ihrer Rolle bei der
Action-Comedy-Serie „L.A.’s Finest“?
Das ist traditionell ein total männer-
dominiertes Feld. Ich habe dort nicht
nur mit meiner afroamerikanischen
Kollegin Gabrielle Union die Haupt-
rollen übernommen. Ich kann als
Produzentin auch über die Besetzung
entscheiden. Früher waren Frauen
nur da, damit das Drehbuch nachge-
spielt werden kann – und das gilt für
Kollegen mit Wurzeln in Afrika und
Asien genauso. Es ist wichtig, dass
sich das ändert.

Auch das Filmgeschäft steht vor gro-
ßen Veränderungen. Streaming-
dienste wie Netflix produzieren eige-
ne Serien und Spielfilme. Einige
sehen schon Teile des etablierten Ge-
schäfts untergehen.
Ich sehe das eher positiv. Früher ha-
ben einige wenige Studios alles be-
stimmt. Das ist vorbei. Durch die
neuen Anbieter gibt es vor allem
eins: mehr Platz für Inhalte. Jedes
Land hat seine eigenen Produktio-
nen, und mit Serien entstehen neue,
sehr attraktive Formen, um Ge-
schichten zu erzählen. Netflix und
Co. sind deshalb auch gut für Frauen
im Filmbusiness. Denn es gibt ja
nicht nur mehr Rollen für Schauspie-
ler, sondern auch mehr Jobs für Re-
gisseure und Produzenten. Man
braucht ganz einfach Frauen, um all
diese neuen Führungspositionen be-
setzen zu können.

Frau Alba, vielen Dank für das Inter-
view.

Die Fragen stellten Larissa Holzki
und Sebastian Matthes.

Netflix


und Co. sind


auch gut für


Frauen im


Filmbusiness.


Denn es gibt


mehr Jobs für


Regisseure und


Produzenten.


Die Schauspielerin
Die meisten
Zuschauer kennen die
38-Jährige als Super-
soldatin: Mit der
Hauptrolle in der Sci-
ence-Fiction-Fernseh-
serie „Dark Angel“
wurde Jessica Alba ab
dem Jahr 2000
berühmt, obwohl die
Serie schnell wieder
abgesetzt wurde. Die
Gründerin und dreifa-
che Mutter ist auch
weiterhin am Set aktiv,
derzeit als Hauptdar-
stellerin und Produ-
zentin der TV-Serie
„L.A.‘s Finest“.

Die Unternehmerin
Alba ist Mitgründerin
und CEO der Öko-
firma The Honest mit
rund 200 Mitarbei-
tern. Ihre Kosmetik-
und Babyprodukte
vertreibt sie in acht
Ländern, darunter
auch Deutschland.

Vita
Jessica Alba

Geschäft mit Wahlwerbung


Warren führt


Facebook vor


Die Senatorin kritisiert den


Tech-Konzern wegen


fehlender Faktenchecks. Nun


hat sie bewusst eine Lüge per


Anzeige verbreitet, die für


Aufsehen sorgt.


Larissa Holzki, Axel Postinett Düs-
seldorf, San Francisco

E


lizabeth Warren von der De-
mokratischen Partei, eine der
aussichtsreichsten Bewerbe-
rinnen für die US-Präsidentschafts-
kandidatur, hat am Wochenende Fa-
cebook und seinen Gründer Mark Zu-
ckerberg öffentlich vorgeführt.
Ihr Wahlkampfteam habe absicht-
lich eine erlogene Anzeige eingereicht,
twitterte die Senatorin aus Massachu-
setts am Samstag – nur um zu sehen,
ob Facebook sie tatsächlich veröffent-
licht. Das soziale Netzwerk hätte die
Anzeige sehr kurzfristig akzeptiert. Die
Nutzer konnten dann lesen: „Face-
book-Chef Mark Zuckerberg und sein
Unternehmen unterstützen die Kam-
pagne zur Wiederwahl von Donald
Trump.“
Das Verhältnis zwischen Demokra-
ten und dem Silicon Valley ist sicht-
lich zerrüttet. Das zeigt die Bezie-
hung zwischen Warren und Face-
book deutlich. In einer Ansprache an
seine Mitarbeiter hatte der Facebook-
Chef erklärt, er werde gegen Warren
in den Ring steigen, wenn sie Präsi-
dentin werden sollte. Eine Aufzeich-
nung dieser Aussage gelangte aus
anonymen Quellen an US-Medien.
Facebook muss die Politikerin ohne-
hin fürchten, weil sie sich öffentlich
für eine potenzielle Zerschlagung der
Tech-Riesen ausspricht. Sie sind laut
Warren zu mächtig.
Die kalifornische Tech-Elite, die
einst den Demokraten Barack Obama
an die Macht verholfen hat, rückt nun
immer weiter in Richtung der Repu-
blikaner. Laut des amtierenden US-
Präsidenten Donald Trump pflegt
zwar lediglich Apple ein gutes Verhält-
nis zum Weißen Haus. Aus Sicht der
Demokraten dürfte aber Trump einer
der größten Profiteure von Facebooks
neuer Haltung im Wahlkampf sein.
Mit ihrer Lügen-Anzeige macht
Warren darauf aufmerksam, dass Fa-
cebook Politikern auf seiner Platt-
form fast alles durchgehen lässt. „Wir
legen die Beiträge von Politikern un-
seren unabhängigen Faktencheckern
nicht vor und lassen sie auch dann
zu, wenn sie gegen unsere normalen

Richtlinien für Inhalte verstoßen“,
hat Nick Clegg Ende September für
Facebook erklärt. Der ehemalige bri-
tische Politiker ist jetzt bei dem Netz-
werk für weltweite Angelegenheiten
zuständig. Anders als bei anderen
Werbekunden dürfen Politiker bei
Facebook jetzt auch Falschaussagen
in ihren Kampagnen verbreiten. Fa-
cebook mache es aber so transparent
wie möglich, wenn für politische An-
zeigen bezahlt werde.
Zur Begründung sagte Clegg: Jour-
nalisten, Experten, Satiriker, Talk-
master und Karikaturisten wie auch
rivalisierende Parteien würden in Zei-
tungen, Fernsehsendungen und so-
zialen Medien Politiker-Statements
analysieren, verspotten, widerlegen
und gewichten. „Aber es ist nicht un-
sere Aufgabe, in politische Aussagen
einzugreifen“, erklärte Clegg.
Auf Warrens Aktion reagierte Face-
book am Sonntag nur per Tweet und
erklärte, es sei besser, „die Wähler
anstatt die Unternehmen entschei-
den zu lassen“. Warren antwortete,
Facebook müsse sich entscheiden,
ob sie im Geschäft für „Desinformati-
on gegen Geld“ sein wolle oder nicht.
Bis zur Strategieänderung habe es
klare Standards gegeben.
Jüngst warf Trumps Wahlkampf-
team dem demokratischen Präsident-
schaftskandidaten Joe Biden in einer
Anzeige Korruption vor. Beweise gibt
es dafür keine. Während sich große
US-Sender weigerten, den Spot zu
senden, lief er unbeanstandet auf Fa-
cebook und anderen Internetkanälen.
Der Nachrichtensender CNN be-
richtete, Facebook habe sich aus-
drücklich geweigert, den Spot auf
Wunsch von Bidens Wahlkampfteam
zu entfernen und sich auf die Mei-
nungsfreiheit berufen. Facebook
selbst ließ dazu ebenfalls über Twit-
ter verlauten, die Anzeige sei von
„US-Sendeanstalten über tausendmal
gezeigt worden, so wie das Gesetz es
vorschreibe“. Dieses Vorgehen könn-
te noch problematisch werden, rückt
sich Facebook damit doch in die Nä-
he der TV- und Radiosender, die ei-
ner ganz anderen Regulierung unter-
liegen als Internetunternehmen.
Trumps Wahlkampforganisation
hat CNN zufolge allein in den vergan-
genen drei Monaten rund fünf Millio-
nen Dollar für Facebook-Werbung
ausgegeben, Bidens Wahlkampfteam
hingegen nur rund 700 000 Dollar.
Ungeachtet des Wahrheitsgehalts: Fa-
cebook profitiert in jedem Fall von je-
der geschalteten Anzeige und steigert
seinen Gewinn.

Elizabeth Warren: Die Senatorin verbreitet bewusst eine erlogene Anzei-
AP ge, um Facebook-Gründer Mark Zuckerberg zu enttarnen.

Unternehmen & Märkte
DIENSTAG, 15. OKTOBER 2019, NR. 198


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