US-Banken
WeWork hinterlässt Spuren
Der US-Bürovermieter
WeWork musste seinen
Börsengang verschieben. Das
dürfte sich auch bei den
Quartalsgewinnen großer
Wall-Street-Investmenthäuser
wie Goldman Sachs
bemerkbar machen.
Astrid Dörner New York
A
b Dienstag legen die Banken
in den USA ihre Ergebnisse
für das dritte Quartal vor. Ne-
ben den Folgen der Zinspolitik wer-
den sich Analysten dieses Mal ver-
mutlich auch für einen ungewöhnli-
chen Aspekt interessieren: die Aus-
wirkungen des geplatzten Börsengan-
ges von WeWork. Banken wie Gold-
man Sachs und JP Morgan Chase sind
an dem Bürovermieter beteiligt, der
den für September geplanten Börsen-
gang absagen musste und seitdem in
einer tiefen Krise steckt.
JP Morgan ist zudem der führende
Kreditgeber, sowohl für das Unter-
nehmen als auch für Gründer Adam
Neumann. WeWork war Anfang des
Jahres noch das wertvollste Start-up
der USA, mit einer Bewertung von 47
Milliarden Dollar. Der Börsengang
hätte JP Morgan, Goldman und ande-
ren beteiligten Banken Gebühren von
über 100 Millionen Dollar einbringen
sollen. Nun jedoch verhandelt das
Unternehmen über neue, dringend
benötigte Finanzspritzen, die entwe-
der von Großinvestor Softbank oder
von JP Morgan kommen könnten.
Branchenkenner gehen davon aus,
dass WeWork derzeit nur fünf bis
zehn Milliarden Dollar wert ist.
Das könnte im dritten Quartal auch
zu Abschreibungen führen. Goldman
hält rund 1,4 Prozent an WeWork,
wie aus Berechnungen von Morgan
Stanley hervorgeht, und könnte den
Anteil um 264 Millionen Dollar nach
unten korrigieren, schätzt Analystin
Betsy Graseck. Auch bei Uber und an-
deren Beteiligungen könnte die Bank
eine Korrektur vornehmen müssen.
Folgen der Zinspolitik
Der Bankensektor hängt stark von
den Leitzinsen und vom globalen
Wachstum ab. Analysten werden sich
daher besonders für den Zinsüber-
schuss interessieren. Das ist die Diffe-
renz aus den Zinsen, die die Bank für
die Vergabe von Krediten bekommt,
abzüglich der Zinsen, die sie für Ein-
lagen zahlt. Der Zinsüberschuss
machte im vergangenen Jahr fast die
Hälfte der Erträge aus und war ein
wichtiger Puffer, um das volatile Han-
delsgeschäft abzufedern.
Die US-Notenbank Federal Reserve
senkte im dritten Quartal jedoch
gleich zweimal den Leitzins, zuletzt
auf die Spanne von 1,75 und zwei
Prozent. JP Morgan, Citigroup und
Wells Fargo haben bereits im Sep-
tember gewarnt, dass der Zinsüber-
schuss im dritten Quartal erneut ge-
ringer ausfallen wird.
Analysten gehen davon aus, dass
die Erträge der sechs größten US-
Banken seit Jahresbeginn um 13 Milli-
arden Dollar zurückgegangen sind.
Bankenchefs „müssen die Kosten
nun so streng kontrollieren wie nie
zuvor“, sagte Wells Fargos Banken-
analyst Mike Mayo gegenüber dem Fi-
nanzdienstleister Bloomberg. „Dies
ist ein schwieriges Quartal, was die
Ertragslage angeht.“
Wegen der gesunkenen Zinsen hat
Mayo seine Erwartungen dreimal in
den vergangenen zwei Monaten nach
unten korrigiert. Auch die US-Bank
Jeffries senkte die Gewinnerwartun-
gen für mehr als 20 Banken.
Doch die geringeren Zinsen haben
auch einen Vorteil: Sie kurbeln die
Vergabe von Häuserkrediten an. Der
Branchenverband Mortgage Bankers
Association rechnet mit einem Plus
bei der Kreditvergabe von 21 Prozent
im dritten Quartal. Refinanzierungen
seien um 58 Prozent gestiegen. Der
US-Verbraucher ist zudem weiter in
guter Verfassung, wie die Notenbank
bescheinigt. Die Arbeitslosigkeit ist
weiter auf Rekordtief. Der Konsum,
ein wichtiger Motor der US-Wirt-
schaft, ist weiterhin stark.
Gemischtes Bild
Beim Kapitalmarktgeschäft ergibt
sich ein gemischtes Bild. JP Morgan
rechnet damit, dass die Handelsum-
sätze um zehn Prozent gegenüber
dem Vorjahr gestiegen sind. Aller-
dings war das dritte Quartal 2018
besonders schwach, und im Ver-
gleich zum Vorquartal sind die Um-
sätze zurückgegangen.
Citigroup geht von einem Rückgang
im Handelsgeschäft aus, wie Finanz-
chef Mark Mason im September durch-
blicken ließ. Die Umsätze im Invest-
mentbanking sollen branchenweit im
Schnitt um rund vier Prozent zurück-
gegangen seien, schätzt Credit-Suisse-
Analystin Susan Katzke. Das dritte
Quartal ist traditionell eher schwach.
Im Zuge des abgesagten WeWork-
Börsengangs hat das jedoch auch eine
Reihe anderer Start-ups verschreckt.
Die Talentagentur Endeavor sagte ih-
ren Börsengang erst einmal ab, eben-
so wie die Delivery-App Postmates
und die Kommunikations-App für
Banken, Symphony. Auch hier wer-
den Analysten wissen wollen, wie die
Bankenchefs die Stimmung am Markt
einschätzen.
Blick auf Manhattan:
Experten erwarten
erste Rückgänge bei
den Gewinnen der
US-Banken.
ddp images
Kontoinformationen
Deutsche teilen nicht
gern ihre Daten
Geht es um den Zugriff auf
ihre Kontodaten, sind viele
Kunden skeptisch. In der
Praxis sind sie aber längst
freizügiger, als sie glauben.
Katharina Schneider Frankfurt
D
ie Skepsis ist weiter groß.
Nur 14 Prozent der Kunden
in Deutschland sind bereit,
Daten zu teilen, um Vorteile und Zu-
satzservices zu erhalten. Das geht aus
einer Studie der PwC-Strategiebera-
tung Strategy& hervor, die dem Han-
delsblatt vorliegt. Am freizügigsten ist
knapp ein Viertel der deutschen Be-
fragten gegenüber Banken, 13 Pro-
zent sind bei Zahlungsdienstleistern
wie Paypal offen, doch nur je drei
Prozent würden ihre Daten mit Fin-
techs und Neo-Banken oder Tech-
Konzernen teilen.
Befragt wurden für die Studie
2500 Verbraucher aus zehn europäi-
schen Ländern sowie 58 Führungs-
kräfte von Banken und Finanzdienst-
leistern. Bei den Experten waren 93
Prozent der Ansicht, dass Verbrau-
cher ihre Daten teilen würden.
Die Umfrage lief bereits Ende 2018.
Andreas Pratz, Zahlungsverkehrsex-
perte bei Strategy&, zweifelt jedoch
nicht an der Aktualität der Ergebnis-
se. „Die Geschäftsmodelle von Fin-
techs und die Möglichkeit, ihre
Dienste über das Bankkonto zu nut-
zen, treten erst langsam ins Bewusst-
sein der Kunden“, sagt er.
Den rechtlichen Rahmen für die
Weitergabe der Daten hat die zweite
EU-Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2)
geschaffen, deren Regeln zum Teil
erst seit einem Monat gelten. Banken
müssen Drittanbietern, die von der
Finanzaufsicht Bafin beaufsichtigt
werden, auf Wunsch der Kunden den
Zugriff auf Zahlungskonten gewäh-
ren. Damit bieten diese zum Beispiel
Finanz-Apps, Bonitätsprüfungen
oder Zahlungsdienste an.
Viele Verbraucher geben solchen
Anbietern offenbar schon mehr Da-
ten preis, als ihnen bewusst ist. Zu
diesem Ergebnis kam eine Studie der
Auskunftei Crifbürgel, die im August
1000 Deutsche befragte. Nur rund je-
der sechste gab dabei an, dass er
schon einmal Services genutzt habe,
für die er den Zugriff aufs Bankkonto
erlaubt hat. Zugleich gaben 70 Pro-
zent an, dass sie eine Finanz-App ver-
wenden, die nicht von ihrer Bank
stammt – etwa Paypal, Numbrs oder
eine Bezahl-App. Auch diese Apps ar-
beiten jedoch mit Kontodaten.
Wenn sich Kunden bewusst für die
Datenweitergabe entscheiden, ma-
chen sie das laut Strategy& am ehes-
ten, wenn sie dafür finanzielle Vortei-
le wie Rabatte bekommen.
Finanzen & Börsen
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DIENSTAG, 15. OKTOBER 2019, NR. 198
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