Frankfurter Allgemeine Zeitung - 18.10.2019

(avery) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Finanzen FREITAG, 18. OKTOBER 2019·NR. 242·SEITE 23


Zooplusnicht gut genug



Zooplus hat den Umsatz im drit-
ten Quartal um 14 Prozent gegen-
über dem Vorjahreszeitraum gestei-
gert. Damit traf der Online-Händler
für Tierbedarf genau das untere Ende
der für das Gesamtjahr 2019 selbst ge-
steckten Zielspanne, die nach oben bis
18 Prozent reicht. Anleger zeigten sich
dennoch enttäuscht. Die Aktie von
Zooplus verlor am
Donnerstag 2,4
Prozent auf 107,40
Euro und gehörte
damit zu den größ-
ten Verlierern im
S-Dax.

Norma muss Prognose senken



Der Zulieferer Norma Group ge-
rät immer stärker in den Sog
schwacher Geschäfte in der Autoindus-
trie. Zum zweiten Mal in diesem Jahr
musste das Unternehmen aus Maintal
bei Frankfurt am Don-
nerstag seine Umsatz-
prognose für das lau-
fende Jahr kürzen.
Statt einem Umsatz
auf Vorjahresniveau
erwartet Norma nun
ohne Wechselkurseffekte sowie Zu-
und Verkäufe einen Rückgang der Erlö-
se um 2 bis 4 Prozent – vor allem we-
gen schwacher Nachfrage aus Ameri-
ka. Die Aktie verlor im S-Dax 0,9 Pro-
zent auf 30,66 Euro.

Die Preise für Öl und Benzin


sindungeachtet der Krise


am Golf niedrig.Seite 25


Europäische Technologie-Aktien


feiern ein Hoch, zeigt die


Technische Analyse.Seite 25


Die Kölner Haie sind


weit entfernt vom ersten


Eishockey-Titel seit 2002.Seite 27


Der Leverkusener Kai Havertz


kann die Zukunft des deutschen


Fußballs beeinflussen.Seite 27


Wirecard im Abwärtswirbel



Die Vorwürfe der Zeitung „Finan-
cialTimes“ gegen Wirecard we-
gen angeblicher Bilanztricks wirken
nach. Nur kurz konnte sich die Wire-
card-Aktie bisher von ihrem Sturz um
20 Prozent am Dienstag erholen. Am
Donnerstag fiel sie
um zeitweise 5 Pro-
zent auf weniger als
116 Euro. Die Bank
HSBC wünscht sich
von Wirecard mehr
Transparenz und
senkte ihr Kursziel
von 225 auf noch im-
mer üppige 190 Euro.

Tops&Flops


Öl trotz Anschlägen billig Vorsprung durch Technik


16.10. 17.10.

Dax

F.A.Z.-Index 2326,72 2328,81
Dax 30 12670,11 12654,95
M-Dax 25950,49 26103,87
Tec-Dax 2801,74 2801,15
Euro Stoxx 50 3599,25 3588,62
F.A.Z.-Euro-Index 131,42 131,20
Dow Jones 27001,98 27025,88
Nasdaq Index 8124,18 8156,85
Bund-Future 171,58 171,75
Tagesgeld Frankfurt -0,55 % -0,55 %
Bundesanl.-Rendite 10 J. -0,39 % -0,40 %
F.A.Z.-Renten-Rend. 10 J.-0,14 % -0,09 %
US-Staatsanl.-Rend. 10 J. 1,74 % 1,76 % *
Gold, Spot ($/Unze) 1489,77 1492,00
Rohöl (London $/barrel) 59,06 59,89**
1 Euro in Dollar 1,1025 1,1113
1 Euro in Pfund 0,8656 0,8684
1 Euro in Schw. Franken 1,0997 1,0991
1 Euro in Yen 119,90 120,81
*) Ortszeit 16.00 Uhr, **) Ortszeit 22.00 Uhr

Bundesanl. R. 10 J.

18.7.2019 17.10.2019 18.7.2019 17.10.2019


Nur Shar kymacht noch Laune


Die Börse


Ein100-Millionen-Mann


mho.FRANKFURT,17. Oktober. Eine
gute Lösung bei den Brexit-Verhandlun-
gen gleiche der Quadratur des Kreises,
hatte sich Bundeskanzlerin Angela Mer-
kel am Donnerstag im Bundestag noch
pessimistisch gegeben. Wenige Stunden
später war das Kunststück erst einmal ge-
lungen: Aus Brüssel wurde die Einigung
auf eine neue Vereinbarung zum Austritt
Großbritanniens aus der Europäischen
Union bekanntgegeben. Die Kapitalmärk-
te reagierten prompt. Das britische
Pfund, das am Donnerstag zunächst sogar
deutlich geschwächelt hatte, wertete auf.
Bis zu 1,297 Dollar und 1,1644 Euro wur-
den plötzlich für die Devise von der Insel
bezahlt.
So viel hatte das Pfund zuletzt im Mai
gekostet. Da saß in Downing Street noch
Theresa May als Premierministerin und
versuchte verzweifelt, ihre – nun wohl
endgültig obsolete – Version eines Aus-
trittsabkommens doch noch durch das Un-
terhaus zu bekommen. Allerdings hatten
die Kapitalmärkte sie damals anschei-
nend schon abgeschrieben, denn das
Pfund befand sich schon im Abwertungs-
trend, der es bis Anfang August auf 1,20
Dollar und 1,07 Euro fallen lassen sollte.
Doch die Freude war an den Kapital-
märkten nur von kurzer Dauer. „Der soge-
nannte Deal ist nur ein Schritt im Ent-
scheidungsprozess um den Brexit“, sagte
etwa Marija Veitmane, leitende Strategin
für gemischte Vermögensanlage bei der
Fondsgesellschaft State Street. Die wirt-
schaftliche Logik sei beiden Seiten seit lan-
gem bekannt, das Problem bislang die Poli-
tik gewesen, und das sei nicht gelöst. Das
zeigte sich auch binnen weniger Stunden,
als sowohl die nordirische Partei DUP, wel-
che die regierenden Konservativen eigent-
lich im Parlament unterstützt, als auch La-
bour-Chef Jeremy Corbyn ankündigten,
die Vereinbarung abzulehnen. Prompt
wertete das Pfund wieder bis auf 1,1493


Euro ab und fiel damit unter das Kursni-
veau des Vortages. Die Märkte nahmen da-
mit ein Scheitern der „Quadratur des Krei-
ses“ offensichtlich vorweg. Dass sie je-
doch weiter optimistisch sind, zeigt sich
darin, dass sie nicht vom Schlimmsten, na-
mentlich dem Austritt ohne Abkommen,
dem „No-Deal-Brexit“, ausgehen. Für die-
sen Fall rechnen Umfragen zufolge die
meisten Investoren mit einer deutlichen
Abwertung des Pfundes. Da dieses aber
schon seit Beginn der neuen Verhandlun-
gen zwischen EU und Großbritannien auf-
gewertet hatte, wird dieser Optimismus
(noch) nicht wieder ausgepreist, aber der
Auftrieb ist dahin. Laut einer Umfrage
von State Street rechnen die meisten insti-
tutionellen Investoren im Fall einer Frist-
verlängerung mit oder ohne Neuwahlen
damit, dass die Märkte negativ reagieren -

allerdings nicht in derselben Art und Wei-
se wie bei einem „No Deal“.
Das Abkommen zeige, dass sich der po-
litische Wille dahingehend geändert
habe, dass man nun eine Vereinbarung er-
reichen wolle, hebt Uwe Maderer, Leiter
der Rentenanlage der LBBW, hervor. Nur
wenn die britische „Brexit Party“ bei mög-
lichen Neuwahlen so stark abschneide,
dass die Konservativen sie für eine Regie-
rungsmehrheit benötigten, sei ein „No
Deal“ noch denkbar, schreibt Oliver Har-
vey, Makro-Stratege der Deutschen Bank.
Dieser hält Neuwahlen im November
nun für das Wahrscheinlichste. Da aber
die Konservativen diese wohl gewönnen,
werde das Abkommen das Unterhaus
eben danach passieren – eine Ansicht, die
von anderen Experten geteilt wird. Klar-
heit über die Wirtschaftsbeziehungen zwi-

schen der EU und Großbritannien besteht
dann aber noch nicht, und so wird die Hän-
gepartie auch dann weitergehen. Mitte
2020 werde eine neue „Brexit-Klippe“ auf-
tauchen, meint Harvey. Dann werde es
darum gehen, die neuen Verhandlungen
bis 2022 zu verlängern.Anleger sollten
nicht zu enthusiastisch sein, meint Seema
Shah, Chefstrategin von Principal Global
Investors. Die endlosen Verhandlungen
und die Unsicherheit der vergangenen
Jahre würden nicht spurlos an Großbri-
tannien vorübergehen. Selbst mit einem
Abkommen werde das Land unter dem
Austritt stark zu leiden haben.
In anderen Bereichen der Finanzmärk-
te war die Reaktion ohnehin nicht so deut-
lich ausgefallen. Der britische Aktienin-
dex FTSE-100 legte zwar zwischenzeit-
lich um einige Punkte zu. Doch der Leitin-

dex hat sich vom Brexit entkoppelt. Die
Unternehmen seien zum Großteil multi-
nationale Konzerne, heißt es. Diese wer-
de der Brexit nicht mehr betreffen als ihre
nichtbritische Konkurrenz. Der europäi-
sche Aktienindex Euro Stoxx 50, der nach
der Meldung aus Brüssel mit einem klei-
nen Sprung nach oben reagiert hatte, gab
dagegen die Kursgewinne wieder ab und
rutschte ins Minus. Dagegen hielten sich
die Kursaufschläge des Euro. Dieser wer-
tete bis auf 1,1138 Dollar auf und bleibt
damit im kurzfristigen Aufwärtstrend.
Der amerikanische Aktienmarkt tendier-
te am Donnerstag behauptet, wobei frag-
lich bleibt, wie viel das mit dem Abkom-
men zu tun hat. Jedenfalls beruhigte sich
damit auch der Kurs des Pfunds, so dass
unter dem Strich sich an den Märkten
nicht viel änderte.

D


er Klimawandel beherrscht die
Diskussion in der Gesellschaft.
Auch die Finanzmärkte müssen sich
der Frage stellen, wie künftigen Gene-
rationen eine lebenswerte Welt hinter-
lassen werden kann. Allerdings geben
Emotionen selten vernünftigen Rat.
Erst recht, wenn viele Dinge ungeklärt
sind und es noch große Interpretations-
spielräume gibt. Das gilt insbesondere
für nachhaltige Finanzanlagen, mit de-
nen nicht nur ökologische, sondern
auch soziale Ziele verfolgt werden.
Schon am Klima- und Umweltschutz
scheiden sich die Geister. Frankreich
setzt auf Atomkraft, Deutschland dage-
gen auf den Ausstieg. Fast schon belie-
big wird es, wenn die soziale Entwick-
lung zum Maßstab wird. Ein Blick auf
die Diskussion um die Mietpreisent-
wicklung in deutschen Großstädten
zeigt, wie weit die Vorstellungen von
„sozial“ auseinandergehen. Für die ei-
nen ist es der Mietpreisdeckel, für die
anderen sind es Anreize zu Neubau
und Sanierung. Auch die EU-Kommis-
sion tut sich mit ihrem Kriterienkata-
log für nachhaltige Finanzmärkte
schwer. Die Anleger haben dieses The-
ma aber auch ohne politische Vorga-
ben entdeckt. Der freie Wettbewerb ist
meistens der bessere Ratgeber.

Grüne Finanzmärkte


Von Markus Frühauf


pik. FRANKFURT, 17. Oktober. In den
vergangenen 22 Monaten ist der Ein-
druck entstanden, das ambitionierte Pro-
jekt der Regierung Merkel/Gabriel in der
betrieblichen Altersversorgung sei ein
Rohrkrepierer. Doch Versicherungsunter-
nehmen haben beschwichtigt, das kompli-
zierte Sozialpartnermodell brauche eini-
gen Vorlauf. Nun haben sich Anbieter mit
Tarifparteien geeinigt, das erste Sozial-
partnermodell in Deutschland zu etablie-
ren. Und das bei einem Versicherer, der
selbst wiederum als Teil des Altersvorsor-
ge-Konsortiums in Erscheinung tritt.
Somit sollen die 12 000 inländischen
Beschäftigten der Talanx-Versicherung
eine betriebliche Zusatzrente nach dem
Modell dieser auch als Nahles-Rente be-
kannten Variante erhalten – auf Basis ei-
nes Haustarifvertrags. Der Arbeitgeber si-
chert nur zu, dass er Entgeltbestandteile
seiner Mitarbeiter umwandelt und etwas
dazugibt. Daraus errechnet sich eine po-
tentielle Zielrente. Anders als bisher ge-

setzlich verlangt, verpflichtet sich das Un-
ternehmen nicht mehr dazu, zum Renten-
beginn mindestens die eingezahlten Bei-
träge auszahlen zu können. Das ist die Fol-
ge eines von der SPD-Ministerin verhäng-
ten Garantieverbots, das auf die erschwer-
ten Bedingungen für Geldanleger auf
dem Kapitalmarkt reagiert.
„Wenn es gut läuft, kann das einen Initi-
alcharakter haben“, sagt Martina Grund-
ler, Bundesfachgruppenleiterin Versiche-
rungen von Verdi. Weil sie sich inhaltlich
mit Finanzdienstleistungen beschäftige,
sehe sie mehr als viele andere Gewerk-
schafter die Chancen des neuen Modells.
Mit einer konkreten Umsetzung erwartet
sie, dass mehr Betriebsrentenwerke auf
sie zukommen könnten, um selbst einen
Abschluss anzubahnen. „Das Modell wan-
dert aus der Sphäre der Theorie in die
Sphäre der Praxis“, sagt sie.
Viele Gewerkschaften zeigen sich zu-
rückhaltend, weil sie die in Deutschland
bislang obligatorischen Garantien nicht

aufgeben wollen. Diese aber binden die
Kapitalanleger an festverzinsliche Wert-
papiere mit niedrigen Renditen, weil sich
nur mit ihnen sicherstellen lässt, eine fest
vereinbarte Auszahlung zu erreichen. In
dem neuen Modell für die Talanx-Beschäf-
tigten sorgen die beiden Versicherer Ta-
lanx und Zurich für die Vermögensverwal-
tung. Die Hälfte des Gelds fließt in Anlei-
hen, die andere Hälfte in Aktien. Der kol-
lektive Anlagefonds, der im Dezember
aufgelegt wurde, hat seither eine Wertent-
wicklung von 10,4 Prozent gehabt.
„Wir dürfen uns nicht der Möglichkei-
ten berauben, gerade Geringverdienern
ein auskömmliches Alterseinkommen auf-
zubauen“, sagt Grundler. Ohne auf chan-
cenreiche Anlagen zu setzen, käme für sie
nicht genug Vorsorgevolumen zusam-
men. Zum 1. Januar soll das Sozialpart-
nermodell aufgebaut werden. „Es ist wich-
tig, erst einmal ein Modell zu etablieren,
so dass andere nachziehen können“, sagt
Lars Golatka, Leiter des Zurich-Ge-

schäftsbereichs betriebliche Altersversor-
gung, der das Konsortium mit der Talanx
anführt. Er glaubt, dass Unternehmen an-
derer Branchen mit Haustarifverträgen
nachziehen. „Viele Personalabteilungen
sagen: Wir wollen das gern, aber den ers-
ten Schritt zu gehen setzt ein Signal.“
Die Anbieter sähen nun, dass sich auch
Arbeitnehmervertreter davon überzeu-
gen ließen, wie es ohne Garantien gehen
könne, sagt Fabian von Löbbecke, Vor-
stand für betriebliche Altersversorgung
der Talanx. „Andere Arbeitgeber können
sich nun an dieser Blaupause orientie-
ren“, sagt er. Unternehmen werden durch
das Garantieverbot von Haftungspflich-
ten entlastet. Auch Sicherheit werde im
Sozialpartnermodell nicht kleingeschrie-
ben. Denn wie bei einer klassischen Le-
bensversicherung sparen die Anwärter im
Kollektiv. „Auch in Zeiten fallender Kapi-
talmärkte lassen sich so attraktive Rendi-
ten erzielen“, sagt von Löbbecke. „Das
dürfte auch Verdi überzeugt haben.“

Erste Gewerkschaft bekennt sich zur Nahles-Rente


Verdi vereinbart für die Beschäftigten eines Versicherers ein Sozialpartnermodell


fne./maf.FRANKFURT, 17. Oktober.
Die Digitalwährung Libra hat bislang
noch nicht viele Freunde gewonnen.
Aufseher und Regierungen auf der gan-
zen Welt haben sich gegen die von Face-
book entworfene digitale Devise ge-
stellt. Nun kommt Unterstützung von
einer eher unerwarteten Seite: So sagt
der Direktor der Europäischen Zentral-
bank (EZB), Benoît Cœuré, man wolle
Libra oder ähnliche Währungen nicht
verbieten. Es gebe keine Entscheidung,
dass solche Cyberdevisen nicht existie-
ren dürften, sagte Cœuré im Interview
mit der Nachrichtenagentur Bloom-
berg. Weder die EU-Kommission noch
die EZB habe Pläne, Libra zu verbie-
ten. Der Franzose Cœuré leitet eine
ranghohe Arbeitsgruppe zu Digitaldevi-
sen, die von den sieben führenden In-
dustriestaaten (G 7) eingerichtet wur-
de. Es wird erwartet, dass das Gremi-
um an diesem Donnerstag den Finanz-
ministern, die in Washington zum Jah-
restreffen des Internationalen Wäh-
rungsfonds (IWF) zusammenkommen,
ihre Empfehlungen ausspricht. Am
Freitag bringt außerdem die FDP einen
Antrag in den Bundestag ein, der for-
dert, Libra stärker zu unterstützen, wie
die F.A.Z. schon in der Donnerstagsaus-
gabe berichtet hatte. Das sind zumin-
dest deutlich freundlichere Töne, als
sie der digitalen Devise zuletzt um die
Ohren flogen: Der zuständige EU-Fi-
nanzkommissar Valdis Dombrovskis
kündigte zuvor eine strenge Regulie-
rung für Libra an.
Die Mehrheit der deutschen Verbrau-
cher hat einer Umfrage zufolge kein
Vertrauen in die von Facebook geplan-
te Digitalwährung Libra. 73 Prozent
der Konsumenten würden Libra nach
eigenen Angaben nicht nutzen, hieß es
in einer am Donnerstag von der „Wirt-
schaftswoche“ vorab veröffentlichten
Erhebung. Als Grund hätten 42 Pro-
zent angegeben, dass sie Facebook
nicht trauten. 31 Prozent führten an,
dass sie generell nur an staatlich kon-
trollierte Währungen glaubten. Für die
von der „Wirtschaftswoche“ und der
Creditplus Bank in Auftrag gegebene
Umfrage hatte das Marktforschungsin-
stitut Toluna dem Bericht zufolge 2000
Bundesbürger ab 16 Jahren befragt.


maf.FRANKFURT, 17. Oktober. Die No-
tenbanken gehen mit gutem Beispiel vor-
an: Ihre Anlagepolitik orientiert sich im-
mer mehr an Ökologie, sozialer Entwick-
lung und dem Prinzip guter Unterneh-
mensführung. Am Kapitalmarkt haben
sich dafür die Abkürzungen ESG – für En-
vironment, Social, Governance – oder
SRI – für Socially Responsible Invesment


  • eingebürgert. Was darunter zu verste-
    hen ist und ob sich diese Anlagestile un-
    terscheiden, darüber besteht allerdings
    noch immer Unklarheit. Denn die Krite-
    rien für nachhaltige Finanzanlagen sind
    noch nicht einheitlich geregelt, auch
    wenn sich Banken, Versicherer und Ver-
    mögensverwalter um gemeinsame Prinzi-
    pien bemühen. Auch die Bundesbank und
    ihr für Finanzmärkte zuständiges Vor-
    standsmitglied Sabine Mauderer fordern
    von der Politik mehr Klarheit darüber,
    wie und wann Finanzprodukte als nach-
    haltig eingeordnet werden können.
    Bislang gelten als Grundlage die 17
    Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Natio-


nen, so auch in einem Entwurf für ein
Merkblatt der Finanzaufsicht Bafin zum
Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken.
Doch diese Prinzipien sind vage: Klima-
schutz, Anpassung an den Klimawandel,
Schutz der biologischen Vielfalt oder
nachhaltige Landnutzung lassen einen
weiten Interpretationsspielraum zu. In ei-
nem Pressegespräch wertete Mauderer
die Bemühungen der EU-Kommission, ei-
nen Kriterienkatalog – die sogenannte Ta-
xonomie – festzulegen, als Schritt in die
richtige Richtung. Aber die Definition
nachhaltiger Finanzanlagen unterliegt po-
litischen Interessen, denn in den Brüsse-
ler Verhandlungen bleibt das Thema
Kernkraft außen vor. Frankreich hält die-
se für nachhaltig, weil CO 2 -neutral, doch
Deutschland sieht das aufgrund der unge-
lösten Frage der Endlagerung anders.
Für Bundesbank-Vorstand Mauderer,
die an diesem Freitag in Washington am
Rande der Herbsttagung des Internationa-
len Währungsfonds (IWF) ein Handbuch
für nachhaltige Anlagen der Zentralban-

ken vorstellen wird, ist die Definition von
Nachhaltigkeit das Kernthema. Für den
Leitfaden, den das Network for Greening
the Financial System (NGFS), eine Initia-
tive von 27 Zentralbanken und 19 Auf-
sichtsbehörden, erstellt hat, zeichnete sie
als Leiterin der Arbeitsgruppe verant-
wortlich. Demnach sind nachhaltige Anla-
gen für Zentralbanken ein immer wichti-
geres Thema. „Unsere Umfrage zeigt,
dass Zentralbanken dabei nicht nur eine
Vorbildfunktion anstreben, sondern SRI
auch aus Risiko-Rendite-Gesichtspunk-
ten berücksichtigen.“ So sind Investitio-
nen in Unternehmen, die Governance
sehr wichtig nehmen, in der Regel ertrag-
reicher als Anlagen in Gesellschaften, die
auf diesem Gebiet eher nachlässig sind.
Nach der NGFS-Umfrage unter 27 Zen-
tralbanken berücksichtigen davon 25
schon SRI-Kriterien im Portfoliomanage-
ment oder planen dies zu tun. Schwer-
punkt der nachhaltigen Anlagen sind die
Eigenanlagen der Notenbanken. Hier be-
stehen weniger Restriktionen als in den

politischen Portfolios, denen zum Bei-
spiel die Wertpapiere aus dem Anleihe-
kaufprogramm der Europäischen Zentral-
bank (EZB) zugeordnet werden. „In den
Policy Portfolios ist der Spielraum, Nach-
haltigkeitsaspekte zu berücksichtigen, be-
grenzt“, sagte Mauderer. Zentralbanken
würden SRI-Kriterien in den Policy Port-
folios in den allermeisten Fällen im Ma-
nagement der Währungsreserven berück-
sichtigen. Im Policy Portfolio der Bundes-
bank befinden sich allerdings auch grüne
Anleihen proportional zum Volumen der
kaufbaren Titel. Da die Bundesbank im
Auftrag der EZB nicht nur Bundesanlei-
hen, sonderen auch Titel staatsnaher
Emittenten erwirbt, kauft sie auch Green
Bonds der Förderbank KfW.
Währungsreserven lassen Zentralban-
ken auch von der Bank für Internationa-
len Zahlungsausgleich verwalten. Die in
Basel ansässige Bank der Zentralbanken
legt nun einen Fonds für Green Bonds
auf. Mauderer zufolge sind die Planungen
dazu noch in einem sehr frühen Stadium.

Die überraschende


Einigung auf eine neue


Brexit-Lösung gab dem


Pfund am Donnerstag


deutlich Auftrieb. Doch


der Impuls hielt nicht


lange an.


EZB plant


kein


Libra-Verbot


Bundesbank fordert klare Regeln für Nachhaltigkeit


Zentralbanken legen verstärkt nach ökologischen oder sozialen Aspekten an / Handbuch soll bei Definition helfen


Brexit-Abkommen verpufft an den Märkten


Euro je Pfund

1)

1) Jüngster Stand: 17.10.2019, im Tagesverlauf. Quelle: Bloomberg / Foto Marc-Steffen Unger / F.A.Z.-Grafik Brocker

18.4.2019

FTSE 100
in Punkten1)

Londoner Finanzviertel
Canary Wharf

17.10.2019 1.1.2019 17.10.2019

1,06

1,08

1,10

1,12

1,14

1,16

1,18

6600

6800

7000

7200

7400

7600

7800

1,150

1,160

1,165

Euro je Pfund
am 17.10.
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