Blickpunkt Film Magazin - 21.10.2019

(C. Jardin) #1

M


anchmal kann am Ende
doch alles ganz schnell
gehen. Zumindest dann,
wenn sich zwei Parteien
unabhängig voneinander
dieselben Gedanken gemacht haben. Die
nicht von ungefähr kamen – schließlich
gab es in der jüngeren Vergangenheit
kaum ein Mantra, das im Kinomarkt so
eindringlich beschworen wurde wie je-
nes, (noch) gemeinschaftlicher agieren zu
müssen. Dabei waren es nicht zuletzt die
im vergangenen Jahr eingeleiteten Um-
wälzungen im Markt, die entsprechenden
Gedanken weiteren Vorschub gaben, dar-
unter natürlich auch die bislang noch
nicht abgeschlossene Übernahme von Ci-
neStar durch Cinemaxx-Eigentümer Vue,
die auf Sicht erhebliches Marktgewicht in
Deutschland bündeln wird.
Nicht, dass Cineplex Deutschland
nicht auch über die vergangenen Jahre
hinweg starkes Wachstum erlebt hätte.
Schließlich zeigten sich die unter deren
Dach zusammengeschlossenen Gesell-
schafter nicht nur überdurchschnittlich
investitionsfreudig, was Modernisierun-
gen oder Erweiterungen anging. Sondern
vor allem auch, was Neubauten betraf. So
wurden alleine in den vergangenen Jah-
ren – nicht zuletzt dank der Expansion der
KinoGruppe Rusch – neue Häuser an den
Standorten Baden-Baden, Bamberg, Ger-
mering, Gotha, Penzing, Köln, Meitingen,
Neumarkt und Neustadt eröffnet, per
Übernahme kam zudem ein Haus in Fürth
hinzu. Wobei natürlich anzumerken ist,
dass einzelne Neubauten (wie in Ba-
den-Baden oder Meitingen) ältere, klei-
nere Häuser ersetzten. Und dass Cineplex
in dieser Zeit auch drei größere Standorte
verlor – allerdings nicht etwa deshalb,
weil die Betreiber dem Verbund den Rü-
cken gekehrt oder ihre Häuser unwirt-
schaftlich gearbeitet hätten. Vielmehr wa-
ren die Gründe in einem folgenschweren
Brand (Dormagen), einem Verkauf der ge-
samten Immobilie durch den Eigentümer
(Neumünster) und der Nutzung einer Op-
tion im ausgelaufenen Untermietvertrag
durch Cinemaxx (Hamm) zu suchen. Am
grundsätzlichen Wachstum von Cineplex

konnten jedenfalls auch diese Rück-
schläge nur bedingt kratzen. Indes spre-
chen wir von einem organischen Wachs-
tum. Einem, das im Großen und Ganzen
auf jene Regionen beschränkt war, in de-
nen die Mitgliedsunternehmen bereits tä-
tig waren. Ein Kreis, der über ganze 14
Jahre hinweg nicht erweitert wurde: 2005
hatte Cineplex die letzten neuen Gesell-
schafter aufgenommen. Interessenten
gab es seither durchaus einige, wie Ge-
schäftsführer Kim Ludolf Koch schildert,
allerdings sei es nie Ziel gewesen, die gut
eingespielte Gemeinschaft beliebig zu
vergrößern. Dass der Gedanke nie völlig
ad acta gelegt wurde, versteht sich unter-
dessen (beinahe) von selbst – und am
Ende war es eben der vielbeschworene
»Marktwandel«, der das Thema wieder
auf die Agenda brachte. Konkrete Überle-
gungen zu möglichen Kandidaten machte
man sich dann bei einer Tagung im Som-
mer. Dabei hatte man neben einer gewis-
sen Größe potenziell infrage kommender
Häuser nicht zuletzt auch deren Lage im
Hinterkopf. Denn auch vor dem Hinter-
grund der zahlreichen bundesweiten
B2B-Kooperationen, die Cineplex pflegt,
rückte gerade jene Region in den Fokus,
in der die Gruppe bislang nur wenig prä-
sent war. Ergo: der Norden.
Szenenwechsel: In Bremen hatten
Gunnar Burmester und sein Sohn Björn,
der im vergangenen November zum zwei-
ten Geschäftsführer bestellt wurde, schon
seit einiger Zeit über strategische Vorteile
einer Zugehörigkeit ihres Cinespace zur
Cineplex-Gruppe nachgedacht. »Im Hin-
terkopf hatte ich das schon seit Länge-
rem«, schildert Gunnar Burmester, »aber
es war ja bekannt, dass Cineplex schon
seit geraumer Zeit niemanden mehr auf-
genommen hatte, von daher kam es nie
zu einer direkten Kontaktaufnahme.«

Auch nicht, als sich die Wettbewerbssitu-
ation in Bremen durch die neue Preispoli-
tik im ortsansässigen Cinemaxx (die Ci-
neStar wiederum mit eigenen Angeboten
spiegelte) verschärfte. 5,99 Euro lautet
dort seit Frühjahr vergangenen Jahres
(und noch bis zum für November erwarte-
ten Abschluss der Modernisierungsarbei-
ten) der Einheitspreis für 2D-Filme. Eine
Maßnahme, die dem Cinespace – wenn
auch mit mehrmonatiger Verzögerung –
zunächst »erhebliche Marktanteile vor
Ort kostete«, wie Burmester unumwun-
den zugibt. Am Preiskampf beteiligen
wollte sich die Familie allerdings nicht,
stattdessen investierte man alleine im
Herbst 2018 rund 1,3 Mio. Euro, um das
Haus mit seinen elf Sälen und der nach
Angaben der Betreiber größten Leinwand
Norddeutschlands (einem ehemaligen
Imax-Auditorium) »endgültig in die Pre-
miumklasse zu heben«, so Burmester da-
mals. In einem Kino, das bereits zuvor
über drei Dolby-Atmos-Installationen und
Laserprojektion verfügte, wurden 2000
neue Luxus-Ledersessel mit verstellbarer
Rückenlehne verbaut, wurden zwei Säle
mit je zehn D-Box-Sitzen ausstaffiert,
wurde das Foyer völlig neu gestaltet und
ein großer Lounge Bereich geschaffen.
Und wurde – dies sei besonders im Kon-
text des Krisenjahres 2018 betont – der
Mitarbeiterstamm aufgestockt. Eine Stra-
tegie, mit der man sich einen Gutteil der
verlorenen Anteile zurückerobert habe,
wie Burmester schildert – und mit der
man generell gut fahre. Zumal in einem
Jahr wie 2019, in dem es grundsätzlich
besser laufe. Nicht zuletzt aber auch eine
Premium-Strategie, die die Beachtung der
Cineplex-Gesellschafter fand – und so war
es laut Koch gerade der Name »Burmes-
ter« der sich bei besagtem Brainstorming
im Sommer als idealer Kandidat heraus-
kristallisiert habe.
Nun hätte man womöglich noch ein
paar Monate länger aneinander vorbei ge-
dacht, hätte sich nicht eines Tages Cine-

»Unser Anspruch im


Cinespace ist, nahe


am Gast zu sein.«


GUNNAR BURMESTER

EINLADEND
Das neu gestaltete
Foyer im künftigen
Cineplex Cinespace
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