Blickpunkt Film Magazin - 21.10.2019

(C. Jardin) #1

KINO


Stimmen Sie ein in die Klagen, dass
junge Leute Filme nicht mehr im Kino
gucken wollen?
Wir stemmen uns gegen diesen Trend!
Mit dem Programm MiniFilmclub für
Kindergarten-Kinder, das wir inzwischen
europa- und bundesweit in andere
Institutionen tragen, gelingt es uns etwa,
schon ganz kleine Kinder für das Kino zu
interessieren. Zehntausende Schüler/in-
nen kommen jedes Jahr in unser Haus,
deren Interesse am Film als Kunstform
wir mit verschiedenen Filmvermitt-
lungs-Angeboten wecken und weiterent-
wickeln. Neue Forschungen zeigen,
dass Menschen, die für Film interessiert
werden können, die lernen, Filme so zu
sehen, wie die Künstler sie intendiert
haben – und das auch mittels Streaming!


  • generell mehr Filme gucken und
    vergleichsweise öfter ins Kino gehen.


Also glauben Sie an die Zukunft des
Kinos?
Absolut! Ich glaube, Menschen werden
nie aufhören, Filme zu machen – als
kommunikatives Erlebnis für ein Publi-
kum in einem physischen Filmtheater!
Es ist unsere Pflicht, das zu unterstützen.
Viele Filmemacher/innen stellen bei uns
ihre Filme vor und suchen den Dialog

nen, etwa die Cinemathèque française
oder das BFI British Film Institute. Wir
sind in der Lage, in dieser Liga mitzuspie-
len, weil wir ein Team von mehr als 200
hervorragend ausgebildeten Mitarbeiter/
innen haben, an sieben verschiedenen
Standorten. Das ist eine breite Basis,
um große Projekte wie internationale
Ausstellungen zu stemmen. Unser Team
sucht immer nach Herausforderungen
und interessanten Gelegenheiten, sei es,
wissenschaftliche Materialien der Öffent-
lichkeit zugänglich zu machen, mit
Ausstellungen europa- und weltweit zu
touren, unseren digitalen Fußabdruck zu
vergrößern oder unsere Besucherzahlen
zu steigern. Dazu gehören auch die
Online-Besuche: Wir haben derzeit drei
Millionen Online-Visits pro Jahr.


Sie sind seit 1. Januar 2018 Direktorin.
Wie fällt Ihre Bilanz nach knapp zwei
Jahren aus?
Das Jubiläum war eine gute Gelegenheit,
neue Wege einzuschlagen und weitere
Initiativen vorzustellen. Wir haben einen
komplett neuen Auftritt geschaffen –
neuer Name, neues Logo, neue Website,
neues Infomaterial und Online-Ticke-
ting. Wir treten jetzt auf als eine Institu-
tion, mit einem Namen. Das hilft enorm
bei der Publikumsansprache. Auch bei
der Präsentation der Sammlungen verfol-
gen wir einen neuen Ansatz. Mit unserem
neuen Archiv- und Studienzentrum, dem
DFF Fassbinder Center, Frankfurt, haben
wir im Herzen Frankfurts, nahe der
Goethe Universität und unserem Textar-
chiv in der Deutschen Nationalbiblio-
thek, eine neue Anlaufstelle für die
Filmforschung geschaffen. Filmwissen-
schaftler, Studierende, aber auch andere
Interessierte können in diesem öffentlich
zugänglichen Forschungs-Zentrum
recherchieren. Unser Team war aktiv da-
ran beteiligt, eine nationale Filmdigitali-
sierungs-Initiative, finanziert von BKM,
FFA und den Ländern, in Gang zu setzen,


deren Teil wir jetzt sind. Jetzt werden die
ersten Förderungen ausgezahlt, was für
uns bedeutet, dass wir unser Filmarchiv
ausbauen können: Für die Digitalisierung
brauchen wir mehr Personal, mehr Raum
und Equipment. Wir haben auch ein
erfolgreiches Verleihsystem, für einige
der 27.000 Filme in unserem Archiv ha-
ben wir die Rechte und haben im vergan-
genen Jahr mehr als 850 Filme verliehen.
Als ich anfing, war für mich die größte
Herausforderung, unsere Aktivitäten bes-
ser sichtbar zu machen und durch öffent-
liche Aktivitäten unserer Arbeit die Auf-
merksamkeit zu sichern, die ihr zusteht.

Sie wollen Ihr Haus zur »führenden inter-
nationalen Filmerbe-Institution« machen
und Filmkultur lebendig halten. Welche
Rolle spielt dabei das Kino als Ort?
Das Kino ist das Herz unseres Hauses!
Wir haben ein hervorragendes Pro-
gramm, 900 Screenings im Jahr allein im
DFF, dazu kommen tourende Pro-
gramme wie das der SchulKinoWochen,
außerdem kuratieren wir mehrmals in
der Woche das Kinoprogramm in der
Wiesbadener Caligari FilmBühne, haben
zwei Filmfestivals – goEast, das sich dem
mittel- und osteuropäischem Film wid-
met, und LUCAS für junge Filmfans – all
diese Aktivitäten ermöglichen einem
breiten Publikum die Erfahrung, be-
wegte Bilder auf großer Leinwand zu-
sammen mit anderen zu sehen. Allein
hier im Kino hatten wir vergangenes Jahr
mehr als 50.000 Besucher – ein Zuwachs
von acht Prozent. Dazu kommen Festi-
val-Besucher/innen und die SchulKino-
Wochen mit fast 80.000 Besuchern.
Einzigartig an unserem Programm ist
auch, dass wir, neben deutschem Kino,
auch Kino aus aller Welt zeigen, in der
Originalversion mit Untertiteln.

»Für die Digitalisierung


brauchen wir mehr


Personal.«

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