66
REVUE
„Wir tanzen und dichten nur unsere Träume“, hat der Schriftsteller
Robert Walser gesagt. Und wer weiß, vielleicht hat der Schweizer
Landsmann ja auch an Klees Handpuppen gedacht. Dass der Maler
mit jedem Steckdosen-Schädel und jedem Angelus NovusAngelus NovusAngelus Novus zur popu zur popu-
lären Verklärung seiner spirituellen, jedenfalls inwendigen Kunstauflären Verklärung seiner spirituellen, jedenfalls inwendigen Kunstauflären Verklärung seiner spirituellen, jedenfalls inwendigen Kunstauf - -
fassung beigetragen hat, macht die bis heute anhaltende Volksnähe des
Werks verständlich.
Wobei es nie an Anstrengungen gefehlt hat, den Künstler aus
dem Heiligenhimmel zurück auf die Erde zu holen, indem man
nicht zuletzt sein Engagement am Bauhaus hervornicht zuletzt sein Engagement am Bauhaus hervornicht zuletzt sein Engagement am Bauhaus hervorhob, wo er als hob, wo er als
engagierter Lehrer viel aufgeschlossener, an den kulturellen und
gesellschaftlichen Prozessen interessierter gewesen sei als im
Atelier– allein mit Papier und Leinwand, allein mit Stift und Schere,
allein mit dem Flimmern des kaum Bewussten. Und wenn
man will, könnte man ja auch die Handpuppen als einen Beleg für
familienfreundliche Diesseitigkeit anführen. Aber wirklich über-
zeugend wäre es nicht. Man muss ihnen ja nur in ihre Brillenaugen
schauen, um gleich zu ahnen, aus welcher Seelentiefe sie aufblicken.
K
lee ist notorische Kammermusik, malerische Leisetreterei,
wie sie sich zeitgenössische Kunst kaum mehr zu sein
getraut. Verglichen mit den üblichen Spektakelformaten an
der Wand hat man es hier mit Briefmarken zu tun. Und so nah
darf man gar nicht herantreten, dass man dem Verlauf der spinnen -
fadenfeinen Linien wirklich folgen könnte. Ein Werk wie ein
Zauberreich. Entstanden in den ersten vierzig Jahren des 20. JahrZauberreich. Entstanden in den ersten vierzig Jahren des 20. JahrZauberreich. Entstanden in den ersten vierzig Jahren des 20. Jahr - -
hunderts, als vielleicht nur noch Zauber gegen das Dunkel ringsum
geholfen hat. Und es schon trotziger Kunstgläubigkeit bedurfte,
um im Berner Reduit, während in Deutschland die Synagogen
brannten, Wald-HexenWald-HexenWald-Hexen unter ein Bild zu schreiben. Mehr als private unter ein Bild zu schreiben. Mehr als private
Magie wollten die Bilder des Schweizer Malers nicht sein. Intim,
verschlossen, zur Botschaft so wenig bereit wie zur Selbstauskunft.
Nie anders als in sich gekehrt, mit sich beschäftigt, ohne erkenn-
baren Ausblick oder Aufblick auf Welt und Zeit. Versponnen wie
ein kostbarer Faden, den man aus einem Webteppich zieht – und
zieht und zieht, und er nimmt kein Ende. Der perfekte Augentrost
für alle, die sich ans letzte Kunstjahrhundert nur mit sehr
O.T. (STIEFGROSSMUTTER)
1921, Gips und Baumwolle, 43cm
O.T. (GEKRÖNTER DICHTER)
1919, Gips, Draht und Leinen, 35cm
© WELTN24 GmbH. Alle Rechte vorbehalten - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exclusiv über https://www.axelspringer-syndication.de/angebot/lizenzierung DIE WELT -2019-10-19-ab-22 2dd4ee8fe593fed5467e953d1e57646c
UPLOADED BY "What's News" vk.com/wsnws TELEGRAM: t.me/whatsnws