Die Welt - 19.10.2019

(Nora) #1
würde, um bis zum Jahr 2050 schlechtes
Sehen weltweit beheben zu können. Re-
gierungen, Hilfsorganisationen und Un-
ternehmen werden aufgefordert, einen
Weg zu diesem Ziel zu finden.
VVVon diesem Massengeschäft jedochon diesem Massengeschäft jedoch
wird Rodenstock kaum profitieren, dafür
sind die Brillengläser und Fassungen
schlichtweg zu teuer. Zwar stellt das Un-
ternehmen mit Fertigung in Regen in
Bayern, Klattau in Tschechien und in
Bangkok auch sogenannte White-Label-
Gläser her, die keinen Markennamen tra-
gen und günstiger sind. Vorstandschef
Hedegaard spricht von einem „angemes-
senen Anteil“ dieser einfachen Gläser an
der Gesamtproduktion. Doch im Preis
könne Rodenstock dabei mit größeren
Herstellern nicht konkurrieren.
Stattdessen setzt Rodenstock nach
dieser Beschreibung auf eine zahlungs-
kräftige Kundschaft und technische In-
novationen. „Wir sind kein Chanel oder
Dior, aber in der Optik gibt es wenige
so bekannte Marken wie Rodenstock“,
sagt Hedegaard. Gerade stattet das Un-
ternehmen selbstständige Augenopti-
ker mit neuartigen Geräten zur Augen-
vermessung aus, die zigtausend Merk-
male ermitteln. Im Durchschnitt 7000
dieser individuellen Daten gehen
dann direkt in die Brillenferti-
gung. „Jedes Auge ist einzigar-
tig“, sagt Heedegard. Als Ergeb-
nis verspricht der Hersteller
Brillengläser, die jedes Indivi-
duum so klar und scharf sehen

A


nders Hedegaard wünscht
sich mehr Diskussion. Des-
halb führt der Chef von Ro-
denstock in der Münchener
Firmenzentrale jetzt regel-
mäßige Gesprächsrunden mit jeweils
20 Beschäftigten ein. Damit die Treffen
anfangs nicht allzu zäh beginnen, soll
jeder Teilnehmer eine erste Frage auf
einen Zettel schreiben. Die Notiz
kommt in eine Schüssel, und Hede-
gaard zieht nach und nach einen Dis-
kussionsbeitrag heraus.

VON BIRGER NICOLAI
AUS MÜNCHEN

Seit gut einem halben Jahr ist Hede-
gaard Vorstandschef der deutschen
Traditionsmarke für Brillengläser und
Brillenfassungen. Für den neuen Job ist
der studierte Chemieingenieur mit sei-
ner Familie von Kopenhagen nach
München gezogen. Doch für den Dänen
sind deutsche Unternehmen oft zu
hierarchisch organisiert. „Wenn in
einer Firma etwas festgelegt wird, dann
folgen alle hier den Beschlüssen. In Dä-
nemark werden auch danach noch Din-
ge infrage gestellt“, sagt Hedegaard.
Der 59-Jährige mag den respektvollen
Umgang der Deutschen untereinander,
und er schätzt ihre Disziplin. Aber er
vermisst den informellen Dialog, kom-
biniert mit dem Mut zur Kritik.
Mutige Entscheidungen wird Hede-
gaard brauchen, wenn er das Überleben
von Rodenstock sichern will. Denn die
bekannte Brillenmarke steht 142 Jahre
nach der Gründung durch Josef Roden-

lassen können, wie es technisch derzeit
möglich ist.
Das bedeutet aber auch: Nutzt ein Op-
tiker das neue Messgerät, kommt in aller
Regel eine Bestellung bei Rodenstock als
Lieferant dieser hochpreisigen Brillen-
gläser zustande. Nach eigenen Aussagen
wächst das Geschäft mit diesen Gläsern
seit Jahresanfang stärker als im Vorjahr
und auch über dem Marktdurchschnitt.
Vier Fünftel des Geschäftes macht das
Unternehmen mit Gläsern, die Fassun-
gen tragen nur noch 15 Prozent des Um-
satzes bei. Generell gibt es Rodenstock-
Produkte sowohl in den Ladenketten wie
Fielmann oder Apollo als auch bei den
selbstständigen Betrieben – doch der
Schwerpunkt liegt auf dem klassischen
kleinen Optikerladen um die Ecke.
Der Auftrag der Investoren an den
neuen Chef aus Dänemark scheint klar
zu sein: Hedegaard soll Rodenstock
zum Brillenhersteller mit einer starken
medizinischen Abteilung machen. Opti-
kerbetriebe sollen dank der neuartigen
Geräte in eine Mittlerposition zwischen
Handwerksbetrieb und Augenarzt kom-
men. Durch die Digitalisierung sollen
die erfassten Daten der Augenvermes-
sung bis hin zu telemedizinischen
Dienstleistungen genutzt werden.
Denkbar ist vieles: Brillenträger werden
dann über das Smartphone darüber in-
formiert, wann eine neue Augenunter-
suchung sinnvoll wäre.
Hedegaard bringt das dafür nötige
Wissen mit. Vor Rodenstock war der Va-
ter von fünf Kindern Chef des dänischen
Hörgeräteherstellers GN Hearing, davor
hat er im Management mehrerer Unter-

nehmen für Impfstoffe gearbeitet. Bei
Hörgeräten ist die Digitalisierung weit
vorangekommen, wie die individuelle
Einstellung zum Beispiel der Lautstärke
oder der Nebengeräusche per Smartpho-
ne-App zeigt. „In meinem Arbeitsleben
ging es stets darum, das Wohlbefinden
der Menschen, ihre Gesundheit und die
QQQualität ihres Lebens zu verbessern“,ualität ihres Lebens zu verbessern“,
sagt der Manager, der im vergangenen
Februar den langjährigen Vorstandschef
Oliver Kastalio abgelöst hatte.
Doch bei der Ausrichtung auf medizi-
nische Dienstleistungen für Augenopti-
ker gibt es ein Problem: Rodenstock
braucht dafür selbstständige Optikerbe-
triebe, denn nur die sind an den neuen
Messgeräten interessiert. Diese in
Deutschland noch rund 10.000 kleinen
Geschäfte werden jedoch von Fielmann
oder Apollo stark bedrängt. Statt mehre-
re Hundert verkaufen sie im Durch-
schnitt zwei Brillen am Tag. Zudem drän-
gen Onlinehändler wie Mister Spex mit
Macht und Erfolg in den Brillenmarkt.
Rodenstock hofft also auf eine Renais-
sance der stationären Kleinstbetriebe
und das Wagnis angehender Optikermei-
ster zur Selbstständigkeit.
Wie lange der britisch-amerikanische
Investor Compass Eigentümer von Ro-
denstock bleiben will, dazu gibt es keine
Aussagen. Ein Börsengang ist möglich,
aber nicht beschlossen oder terminiert.
„Irgendwann kommen neue Gesell-
schafter, die Rodenstock übernehmen
werden. Konkrete Pläne dazu kenne ich
nicht“, sagt Hedegaard locker. Auf dem
Unternehmen lasten Schulden von ak-
tuell 395 Millionen Euro. Das entspricht

fast dem Umsatz des vergangenen Jah-
res von 425 Millionen Euro. Rund die
Hälfte davon stammt aus deutschspra-
chigen Ländern. Der Rest verteilt sich
auf andere Märkte in Europa sowie La-
teinamerika und Asien.
Wissenschaftler sehen in der Beteili-
gggung von Finanzinvestoren durchausung von Finanzinvestoren durchaus
Chancen. „Auch im Mittelstand kann der
Einstieg von Private Equity als Gesell-
schafter notwendig und sinnvoll sein. Es
wäre falsch, diesen Weg zu verteufeln“,
sagt Friederike Welter, Präsidentin des
Instituts für Mittelstandsforschung
(IfM) in Bonn. Die Angst dahinter bei
den Mitarbeitern sei verständlich, weil
oftmals eine Zerschlagung des Unterneh-
mens befürchtet werde. Die Fehler seien
jedoch meistens vorher gemacht worden.
„„„Vielleicht ist der Mittelstand bei demVielleicht ist der Mittelstand bei dem
Thema des Einstiegs von Finanzinvesto-
ren sogar zu zögerlich“, sagt Welter.
Auch wenn die Zeiten, in denen Ro-
denstock Prominente wie Brigitte Bar-
dot, Senta Berger oder Roy Black für
sich werben ließ, Jahrzehnte her sind,
ist das Unternehmen nach wie vor eine
Größe in der Augenoptik. Vom Wert her
betrachtet, kommt jedes vierte Brillen-
glas in Deutschland von dem Traditi-
onshersteller. Die Frage ist allerdings,
wie weit das Unternehmen im Vergleich
zur Branchenentwicklung ist. Der Ma-
nager eines Wettbewerbers hat darauf
seine eigene Sicht: „Rodenstock berap-
pelt sich, und die Branche ist schon drei
Schritte weiter“, sagt er. Wie viel Zeit
dem Dänen Anders Hedegaard für die
Aufholjagd bleibt, darüber wird sein Fi-
nanzinvestor entscheiden.

Zusammenspiel
von Funktion
und Mode:
Rodenstock-
Modelle konnten
ihre Gläser
schon Mitte
der 70er-Jahre
an die Helligkeit
anpassen

GETTY IMAGES

/ KEYSTONE;

RODENSTOCK GMBH

Schwierige AUFHOLJAGD


Der Weltmarkt für Brillen ändert sich nach der Riesenfusion von Essilor und Luxottica dramatisch. Der Traditionshersteller


Rodenstock will mit einem Medizin-Service punkten – und setzt dabei ausgerechnet auf selbstständige Optiker als Kunden


stock zum zweiten Mal vor existenziellen
WWWeichenstellungen. Die erste Situationeichenstellungen. Die erste Situation
betraf Randolf Rodenstock, den Urenkel
des Gründers. Im Jahr 2003 gab er den
Chefposten ab, anschließend verkaufte
die Familie ihre Firmenanteile in mehre-
ren Schritten an Finanzinvestoren – zu-
nächst ging ein großer Anteil an Permira.
Anschließend wurde Rodenstock von
Permira an den Investor Bridgepoint
weitergereicht und vor drei Jahren dann
an Compass. Nun ist offen, wann ein er-
neuter und möglicherweise weitreichen-
der Wechsel ansteht. Denn die weltweite
Optikindustrie wird derzeit kräftig
durchgerüttelt. Durch den Zusammen-
schluss von Essilor aus Paris und Luxot-
tica aus Mailand – der eine ist Welt-
marktführer bei Gläsern, der andere bei
Fassungen – steht der Rest der Industrie
unter Druck. Jedes zweite irgendwo in
der Welt eingesetzte Brillenglas sowie je-
de vierte Brillenfassung stammen von
dem neuen Branchenriesen. Lediglich
noch Hoya Vision aus Japan spielt in die-
ser Liga mit. Zwar folgen die beiden deut-
schen Hersteller Zeiss und Rodenstock
aaauf den Plätzen. Doch der Größenunter-uf den Plätzen. Doch der Größenunter-
schied ist gewaltig.
Zugleich bietet das Brillengeschäft
weitreichende Perspektiven. Im-
merhin benötigen weltweit
rund 4,3 Milliarden Menschen
eine Brille, aber nur 1,8 Milliar-
den besitzen auch eine. Essi-
lor/Luxottica hat gerade ausge-
rechnet, dass die Summe
von umgerechnet
rund 13 Milliarden
Euro ausreichen

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19.10.19 Samstag, 19. Oktober 2019DWBE-HP


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16 MITTELSTAND DIE WELT SAMSTAG,19.OKTOBER


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Der neue Rodenstock-Chef
Anders Hedegaard

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