Die Welt - 19.10.2019

(Nora) #1

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19.10.19 Samstag, 19. Oktober 2019DWBE-HP


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30 DAS FEUILLETON DIE WELT SAMSTAG,19.OKTOBER2019


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in Hotelzimmer am Hang von
Orselina. Vor dem Fenster liegen
sanft der Lago Maggiore und die
Altstadt von Locarno. Bong
Joon-ho, einer der berühmtesten
Regisseure Koreas, dessen „Parasite“ soeben
Cannes gewonnen hat, und sein Hauptdar-
steller Song Kang-ho, der in einer Vielzahl
epochaler koreanischer Filme der letzten
drei Jahrzehnte die Hauptrolle gespielt hat,
sehen ebenfalls aus, als könne sie kein Wäs-
serchen trüben, so sanft und freundlich, wie
sie zum Interview empfangen.
Ihre gemeinsamen Filme erzählen eine an-
dere Geschichte, „Memories of Murder“ von
2003 etwa, ein düsteres Serienkillerdrama,
gleichzeitig eine bitterböse Polizeisatire.
Und jetzt eben „Parasite“, ein metaphori-
sches Meisterwerk über eine auseinander-
brechende Gesellschaft.

VON JAN KÜVELER

WELT: Herr Bong, genau vor 100 Jahren,
Ende Oktober 1919, begann mit dem Film
„Kampf um Gerechtigkeit“ die Geschichte
des koreanischen Kinos. Soweit ich weiß,
ist er verschollen, und man weiß nicht
mehr, wovon er handelte. Der Titel passt
aber auch gut zu Ihrem neuen Film, oder?
BONG JOON-HO: Das klingt sehr drama-
tisch. Aber Sie haben wohl recht. Genau da-
rum geht es.

Die Spezialität des koreanischen Kinos
sind Filme von großer Opulenz und Ele-
ganz. Sie geben sich damit aber typischer-
weise nicht zufrieden, sondern schürfen
tiefer, nach existenziellen seelischen Kri-
sen. Oft steigen sie buchstäblich in einen
Keller hinab. So war das in Park Chan-
wooks fantastischer „Taschendiebin“, so
ist es jetzt auch in „Parasite“. Welche Rolle
spielt das Untergründige für Sie?
BONG: AAAls ich an der Filmakademie war, habels ich an der Filmakademie war, habe
ich einen Kurzfilm gedreht, in dem es eben-
fffalls einen Keller gab. Ich glaube, ich bin einalls einen Keller gab. Ich glaube, ich bin ein
bisschen besessen von Kellern. Im Kino geht
es um Licht und Dunkelheit. Wo sonst kön-
nen Sie ein bisschen von beidem haben, das
auf so seltsame Weise miteinander verfloch-
ten ist? Das hat mich wohl angezogen. Und
auch in diesem Film spielt der Keller eine
große Rolle. Keller kommen in Filmen auf der
ganzen Welt vor. Darauf habe ich kein Mono-
pol. In „Parasite“ erscheint der Keller aller-
dings in seiner speziellen Form als Souter-
rain. Soweit ich weiß, ist diese Bauweise in
Europa oder Amerika nicht weit verbreitet.
Solche Wohnungen liegen halb über dem Bo-

den, also können Sie theoretisch aufsteigen
und reich werden oder aber weiter abstürzen
und an einem noch dunkleren Ort aufschla-
gen. Dieses halbe Untergeschoss eignet sich
ideal, um diese Nuance subtil zu vermitteln.

In dem Untergeschoss wohnt eine Familie.
Viele Ihrer Filme drehen sich um familiäre
Beziehungen: „Snowpiercer“, „Memories
of Murder“, „The Host“. Meist sind diese
Familien kaputt oder dysfunktional, und
durch eine überraschende Krise entsteht
Linderung. So auch in „Parasite“. Darin
unterscheiden sie sich von vielen Filmen
Ihrer koreanischen Kollegen, die das Un-
versöhnliche betonen, zuletzt zum Bei-
spiel „The Wailing“ oder „Burning“.
BONG: Ich habe mir die Familie als Grundla-
ge meiner Filme nie ausgesucht. Es hat sich
immer ganz natürlich ergeben. Bei „Parasi-
te“ war es das erste Mal eine willkürliche
Entscheidung. Die Geschichte handelt vom
Gegensatz zwischen Arm und Reich. Beide
vererben sich innerhalb der Familie, der
Reichtum so sehr wie die Armut. So abstrakt
und konzeptuell hat das Projekt angefangen.
Als ich dann aber mit Song und den anderen
Mitglieder der armen Familie gedreht habe,
habe ich gespürt, welche Wärme sie trotz der
materiellen Armut füreinander empfinden.
Sie sind wie verschiedene Organe ein und
derselben Person, die ein und denselben
Kampf kämpft. Deshalb gibt es auch so viele
Szenen, in denen alle vier als Familie zu se-
hen sind. Ich will nicht spoilern, aber die
schlimmste Folge ihrer Taten ist für mich die
Zersplitterung dieser Einheit. Das war mir
beim Drehbuchschreiben noch nicht so be-
wusst. Es kam erst später, beim Drehen und
Schneiden.

Der Moment, der dieses Zerbrechen einlei-
tet, Herr Song, ist der Moment, in dem Ih-
re Figur, der Vater, eine entscheidende
Handlung vollzieht, die fast unmotiviert
erscheint. Jedenfalls kommt sie plötzlich
und für den Zuschauer überraschend. Wa-
rum tut der Vater das?
SONG KANG-HO: Diese Szene ist auch für
mich der Inbegriff dessen, wofür „Parasite“
steht. Es entzieht sich der Definition, lässt
sich psychologisch nicht auf den Punkt brin-
gen – und verkörpert doch die komplexen Ge-
fffühle, die uns in der Gegenwart alle bewegen.ühle, die uns in der Gegenwart alle bewegen.
Das zeigt der Film auf brillante Weise. Meine
Figur ist nicht per se von Hass oder Schuldzu-
weisung getrieben, sondern erlebt nach und
nach, in inkrementellen Schritten, eine Erosi-
on seines Selbstwertgefühls. In jener Szene
bricht sich seine ganze Verzweiflung schließ-

lich Bahn, kulminiert in diesem impulsiven
VVVerhalten. So habe ich die Figur angelegt.erhalten. So habe ich die Figur angelegt.

Es ist nicht übertrieben zu sagen, Herr
Song, dass Sie den Mittelpunkt des moder-
nen koreanischen Kinos bilden, von Lee
Chang-dongs „Green Fish“ in den 90ern
über all Ihre Arbeiten mit Park Chan-wook
und eben Bong Joon-ho. Wie haben Sie
diese sagenhafte Erfolgsgeschichte erlebt,
vom kleinen Außenseiterkino zu einem
der spektakulärsten und einflussreichsten
der Gegenwart?
SONG: Als unglaubliches Glück. Mitte der
90er tauchten all diese Regisseure, die Sie
nennen, kometenartig auf, wie aus dem
Nichts. Ich habe es immer als großes, großes
Glück empfunden, mit ihnen auf diese Reise
gehen zu können. Sie haben das koreanische
Kino durch ihre vielfältigen Errungenschaf-
ten geprägt. Und ihnen ist eine Generation
nachgefolgt, die darauf aufbaut und damit
weitermacht, das koreanische Kino zu entwi-
ckeln und diversifizieren.

Ist eine dieser Entwicklungen ein anderer
Umgang mit Gewalt? Bis vor wenigen Jah-
ren war exzessive Gewalt ein Markenzei-
chen koreanischer Filme. Das scheint sich
langsam zu ändern. Es gibt eine sanftere In-
nerlichkeit, in „Burning“, noch mehr in Wer-
ken jüngerer Regisseure wie Bora Kim und
Park Suk-young. Woran mag das liegen?
BONG: Es ist nicht leicht zu verallgemeinern.
Aber für Song und mich kann ich wohl sagen,
dass wir selbst eine Zeit großer Gewalttätig-
keit erlebt haben, durch die Grundschule
und höhere Schule hindurch. Und noch als
wir in den späten Achtzigern auf der Uni wa-
ren, befand sich Korea unter der Knute einer
Militärdiktatur. In dieser prägenden Zeit un-
seres Lebens war Gewalt ein täglicher Be-
gleiter. In der Schule wurden wir verprügelt.
Das kann man in „Memories of Murder“ se-
hen. Die neue Generation hat völlig andere
Erfahrungen gemacht. Wenn der Lehrer es
wagen würde, die Hand zu erheben, filmt das
die Klasse auf ihren Smartphones und lädt
das Video auf Youtube hoch. Das ist die eine
Seite. Es gibt aber auch eine filmimmanente
Logik. Mein „Memories of Murder“, Park
Chan-wooks „Oldboy“ und Kim Jee-woons
„I Saw the Devil“ waren um die Jahrtausend-
wende enorm erfolgreich. Alle drei waren
harte, düstere Thriller voller Gewalt. Also
fanden sich viele Nachahmer, die das korea-
nische Kino eine Zeitlang geprägt haben.
Heute hat sich der Fokus verschoben. Auch
in Zukunft werden wir eine viel größere Gen-
revielfalt sehen.

Nicht oben und nicht unten:
Die Armen leben in
„Parasite“ im Souterrain

DPA

Zwischen Licht und Dunkelheit


Der koreanische Thriller „Parasite“ erzählt


von Arm und Reich in unserer Gesellschaft.


In Cannes wurde er als bester Film


ausgezeichnet. Ein Gespräch mit dem


Regisseur Bong Joon-ho und dem


Hauptdarsteller Song Kang-ho


über die Faszination für Keller und das


aufregendste Kino der Welt


Der Regisseur Bong Joon-ho
(oben) und der Schauspieler
Song Kang-ho (r.)
haben in ihrer Jugend die
Gewalt der südkoreanischen
Militärdiktatur erlebt

GETTY IMAGES FOR THE ACADEMY OF MOTION PICTURES ARTS & SCIENCES

/LARS NIKI

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KOCH FILMS

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