Die Welt - 19.10.2019

(Nora) #1

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19.10.19 Samstag, 19. Oktober 2019DWBE-VP1


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DIE WELT SAMSTAG,19.OKTOBER2019 KUNSTMARKT 35


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E


s dauert, bis man einen Ter-
min mit Lucas Zwirner be-
kommt. Der New Yorker hat
viel um die Ohren, war gera-
de auf einer „geheimen Mis-
sion“ an der amerikanischen Westküste.
Dann schon wieder auf dem Sprung
nach Paris, wo am Mittwochabend die
neue Galeriefiliale eröffnet hat. Irgend-
wann hat man ihn dann doch endlich am
Telefon: „Hallo, wie geht’s?“

VON VIVIEN TROMMER

Lucas Zwirner wurde 1991 in eine
transatlantische Galeristenfamilie hi-
neingeboren. Sein Großvater Rudolf
Zwirner, der 1967 den Kölner Kunst-
markt (heute die Messe Art Cologne)
gründete und sich einen Namen als be-
gnadeter Kunsthändler machte, hat ge-
rade seine Autobiografie vorgestellt und
wohnt längst im schönen Berliner Gru-
newald. Sein Vater David Zwirner be-
treibt seit fast drei Jahrzehnten eine Ga-
lerie in New York, mit Dependancen in
London und Hongkong. Die dritte Gene-
ration ist gerade zum „Head of Content“
der Galerie ernannt worden.
Er wollte Philosoph werden, „aber das
Leben ändert sich“, sagt er. Schließlich
hatte Lucas Zwirner Philosophie sowie
Deutsche und Englische Literatur an der
Eliteuniversität in Yale studiert. Er
übersetzte Michael Endes „Momo“ ins
Englische. Das Buch hatte ihm sein Va-
ter zum Einschlafen immer auf Deutsch
vorgelesen. Schon als Kind sei er faszi-
niert gewesen von der philosophischen
Idee der Zeit, in der Momo unaufhörlich
gefangen war. Die übersetzte Ausgabe,
mit Zeichnungen von Marcel Dzama, ist
heute vergriffen. Nach dem Studium
nahm Lucas zunächst einen Job als Eng-
lischlehrer in Harlem an, um vor fünf
Jahren dann doch in die Geschäfte des
Vaters einzusteigen. Erst als Redakteur
von David Zwirner Books, dann als Lei-
ter des galerieeigenen Verlages. Nun al-
so eine neue Position.
Was bedeutet das, Head of Content?
Galerien seien zu „kulturellen Plattfor-
men“ geworden, sagt Lucas Zwirner im
Gespräch mit WELT. Es gehe nicht nur
um den Kunsthandel, sondern auch da-
rum, einen kulturellen Beitrag für die
allgemeine Gesellschaft zu leisten. „Es
gibt sehr viele Kanäle, über die wir
kommunizieren – die Webseite, Videos,
Bücher, Podcasts – und wir haben ge-
merkt, dass die Stimme, mit der wir
sprechen, konsistent bleiben muss.
Mein Alltag besteht vor allem aus Mee-
tings mit Künstlern, unserem Marke-
tingteam oder mit Galeriemitarbeitern,
um herauszufinden, wie wir diese Ge-
schichte erzählen können.“
Es gehe ihm eben nicht nur darum,
Informationen in die Welt zu schicken,
sondern darum, überlegt zu filtern, wel-
ches Wissen die Galerie vermitteln kön-
ne und müsse. Entsprechend habe er als
Head of Content immer ein Auge da-
rauf, dass jeder noch so kurze Text auf
der Webseite genauso überlegt und
durchdacht geschrieben sei, wie ein gut
gelungenes Essay in einem Katalog.
„Unser Ziel ist es, etwas zu schaffen,
das bildend und zugleich verkäuflich
sein kann.“

So enthusiastisch wie Zwirner die Wor-
te aus dem Mund rollen, möchte man ihm
sofort glauben, dass die Bildungsspritze
dem Kunstmarkt auf Expansionskurs nur
ggguttun kann. Aber hat es den Erfolg, denuttun kann. Aber hat es den Erfolg, den
es verspricht? Dass eine stärkere inhaltli-
che Ausrichtung die Reichweite der Gale-
rie erweitere, hätte er spätestens ge-
merkt, seit David Zwirner Books seine
Bücher über die Verlagsgruppe Simon &
Schuster vertreibt. Künstlerkataloge,
aaaber auch die kleinen literarischen Bü-ber auch die kleinen literarischen Bü-
cher der Reihe „ekphrasis“, mit Werken
von Rainer Maria Rilke oder Oscar Wilde,
hätten es so bis in die Zeitungsläden der
großen Flughäfen geschafft. Da scheint es
nur konsequent, dass Zwirner sich jetzt
fffragt: Was kann der Galerieverlag, was einragt: Was kann der Galerieverlag, was ein
Museum oder ein großer Kunstbuchver-
lag nicht realisieren kann?
Anders als die kleinen unabhängigen
Kunstbuchverlage mit guten Absichten
und geringen Auflagen muss sich Lucas
Zwirner bei David Zwirner Books über
die finanziellen Ressourcen keine allzu

großen Sorgen machen. Er ist voller
Hoffnung, dass der Verlag gerade wegen
der Partnerschaft mit Simon & Schuster
bald vollkommen unabhängig wirtschaf-
ten könne. Wenn es doch einmal ein
Buch gebe, das in der Produktion eine
Finanzspritze brauche, dann springe die
Galerie aber unterstützend ein.
Das Dilemma in den Vereinigten Staa-
ten von Amerika ist aber ein ganz ande-
res: Im Gegensatz zu Europa gibt es dort
kaum unabhängige Kunstbuchverlage,
die guten Buchdruck kultivieren. „Die
meisten großen Verlage in Amerika ge-
ben zwar spannende Romane heraus,“
meint Zwirner kritisch, „aber dann neh-
men sie das falsche Papier, und das Buch
fühlt sich in der Hand einfach nicht gut
an.“ Da überrascht es nicht, dass David
Zwirner Books in Italien druckt. Dort
gebe es ein ganz besonderes Feingefühl
für die formale Schönheit von Büchern.
Der Verlag fülle gewissermaßen eine Lü-
cke. Er engagiere sich für die Produktion
von Wissen und den interdisziplinären

Austausch, lade Autoren und Schriftstel-
ler ein, und öffne sich jenseits des eige-
nen Künstlerprogramms immer wieder
für die Interessen der Allgemeinheit.
Ganz nebenbei drucke er elegante und
intellektuelle Bücher, die man einfach
zu Hause in der eigenen Bibliothek ha-
ben möchte.
Je länger man Zwirner zuhört, desto
klarer wird, dass sein Denken und Han-
deln von den Idealen des Humanismus
geleitet und getragen werden. Er glaubt
tatsächlich an ein demokratisches Gale-
riemodell, das nicht nur für eine Elite,
sondern für alle of-
fen ist. Seine Ent-
scheidungen werden
dabei von den extre-
men Reibungen zwi-
schen dem hochpreisigen Kunsthandel
und seiner Liebe zur Philosophie befeu-
ert. Der Markt sei wichtig. Die Men-
schen, die sich für Kunst und Kultur in-
teressieren, müssen auch investieren,
sagt Zwirner ganz entschlossen. Auch
das sei im Grundsatz demokratisch.
„Das Problem ist nur“, räumt er ein
„dass der Markt in Amerika so aggressiv
ist, dass das, was nicht sofort verkauft
wird, zur Seite gedrängt wird. In Europa
gibt es mehr Raum und Toleranz für Ak-
tivitäten, die vielleicht nicht sofort ei-
nen monetären Mehrwert generieren,
aber wichtig sind.“
Doch finanzieller Erfolg kommt nicht
von ungefähr. „Donald Judd Writings“
verkaufe sich nicht nur am besten, er lie-
be dieses Buch. Es sei die Standardlektü-
re für jeden Kunstkenner, der sich mit
den Prinzipien der Gegenwart beschäfti-
gen möchte. Die erweiterte Neuauflage
des Klassikers hat Zwirner im Jahr 2015
zusammen mit der Judd Foundation he-
rausgegeben. Im November kommt der
Nachfolger heraus, der ebenso dicke
Wälzer „Donald Judd Interviews“, pas-
send zu der für März 2020 geplanten Re-
trospektive des Künstlers im Museum of
Modern Art in New York. Zwirner freut
sich: „Wir hatten Glück, weil das erste
Buch so ein Erfolg geworden ist, durften
wir das zweite auch machen, obwohl sich
das MoMA natürlich gewünscht hätte,
das Buch selbst zu publizieren.“ Das sei
ihm jedenfalls zu Ohren gekommen.
Ist nicht Instagram das Medium der
Zeit? „Die Welt verändert sich ständig“,
sagt Zwirner. Er lese ja auch nicht mehr
so viel wie früher, aber das bedeutet
nicht, dass man nur oberflächliche Aus-
einandersetzungen suche. „Die Men-
schen wollen nachdenken und beim Le-
sen herausgefordert werden.“ Man rea-
giere aber auch auf die Bedürfnisse neu-
er Nutzergruppen. „Bei einem Gespräch
zwischen Kritikern in unserer Galerie
hatten wir für 200 Besucher Platz, beka-
men aber Zusagen auf unsere Einladun-
gen. Das zeigt, dass die Menschen inte-
ressanten Gesprächen auf hohem Ni-
veau folgen wollen.“
Es zeigt auch, dass die Bedeutung der
Orte, wo Kunst angeschaut und debat-
tiert werden kann, in einem grundlegen-
den Wandel begriffen ist. Lucas Zwirner
sieht es optimistisch. Galerien und Mu-
seen müssten jetzt mit vereinten Kräf-
ten zusammenarbeiten, damit sie auch
in Zukunft diesen Diskussionsraum bie-
ten können.

Lucas Zwirner,
Sohn des Galeristen
David Zwirner

JASON SCHMIDT. COURTESY DAVID ZWIRNER.

Zuständig für


INHALTE


Kunsthändler in dritter Generation:


Wie der New Yorker Lucas Zwirner den


Kommerz mit Bildung vereinen will


auch schon mit der Ästhetik von Leni
Riefenstahl verglichen.
Im Video wirkt die Anführerin der
Prozession im schwarzen Anzug mit
offenem weißem Haar wie die Hohe-
priesterin eines Kults. Jünger folgen
ihr auf den Friedhof, werfen einer
nach dem anderen ihre Waffen ins
Grab und stellen sich dann im Kreis
um sie, während sie das Loch auf-
schüttet und die Erde festtritt. Ihre
Jünger führen währenddessen eine
Performance auf, die auf einer Cho-
reografie der israelischen Bewegungs-
komponistin Noa Eshkol von 1953 be-
ruht. In beigen und weißen Unisex-
Gewändern gehen sie halbautomatisch
in einer Reihe und sehen dabei aus wie
zwangsverpflichtete Sannyasin.
Die Hohepriesterin tritt auch nicht
zum ersten Mal in Bartanas Werk auf.
In „What if Women Ruled the World“
war sie Präsidentin eines fiktiven Lan-
des. Man könnte die Performance eine
utopische Dystopie nennen, denn es
sind zwar nur noch zwei Minuten bis
zur nuklearen Zerstörung, aber we-
nigstens besetzen Frauen die Macht-
positionen. Vielleicht ist es aber doch
eher magischer Realismus in Anleh-
nung an Stanley Kubricks Filmklassi-
ker „Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte,
die Bombe zu lieben“. Schließlich set-
zen sich die fiktiven Weltpolitikerin-
nen an einen runden Tisch und versu-
chen halb inszeniert, halb improvisie-

rend das Unheil in Form der popkultu-
rell ikonischen Gestalt Donald
Trumps abzuwenden.
Yael Bartana denkt sich alternative
Realitäten aus und lässt diese in ihrer
Kunst wahr werden. Es werden Verhält-
nisse umgekehrt, Gesetze durchbro-
chen, dokumentarische Stolperfallen
gelegt. Und doch nimmt sie die Zu-
schauer mit und erzählt, dass es unsere
Welt ist, die sie da zeigt. Auch in „The
Graveyard“ ist es eine echte Gesell-
schaft mit militaristischen, kultischen
Einschlägen, die aber in Diversität zu-
sammenhält. Bartanas Gesellschaft
schafft die Schusswaffen feierlich ab. In
der Kunst klingt es möglich.

TBis zum 9. November, Galerie
Capitain Petzel, Berlin

R


uhe in Frieden, liebe AK47!
„R.I.P. UZI“, „R.I.P. Glock“ und
„R.I.P. Winchester“ heißen die
Skulpturen von Yael Bartana. Maschi-
nenpistolen und Gewehre hat die israe-
lische Künstlerin in Fossilien verwan-
delt. Martialische Abdrücke im Stein,
wo man sonst eher Turmschnecken
oder Schwertfischskelette aus archai-
schen Vorzeiten gewohnt ist. Die Bot-
schaft ist klar: Unter der Erde sind sie
am besten aufgehoben.

VON EMELI GLASER

Im Videoprojekt „The Undertaker“
wurde den Waffen gewissermaßen die
letzte Ehre erwiesen. Bartana insze-
nierte eine rituelle Massenbeerdigung
auf einem Friedhof in Philadelphia, bei
der die Waffen im Grab verschwanden.
Der Film ist in der Ausstellung „The
Graveyard“ in der Galerie Capitain Pet-
zel in Berlin zusammen mit Objekten
und Prints zu sehen. Nach Perfor-
mances mit den herrlich plakativen Na-
men wie „What if Women Ruled the
World“ und „Bury Our Weapons, not
Our Bodies!“ entstand mit dem „Un-
dertaker“ wieder ein idealistisches
„Was wäre, wenn?“-Szenario.
Die Figuren im Film tragen etwas vor
ihrem Gesicht, das wie Bauhaus-Varia-
tionen subsaharischer Ahnenmasken
wirkt. Sie hängen nun im Ausstellungs-
raum und prozessieren im Film hinter
den Waffenträgern durch
eine amerikanische Innen-
stadt. Vorbei an irritierten
Passanten und Polizisten
auf Fahrrädern schreiten
sie uniformiert und im
Gleichschritt auf ihr Ziel
zu. Das militaristische Mo-
ment als ästhetisches Mit-
tel taucht bei Bartana nicht
zum ersten Mal auf.
Bereits in der früheren
Videoinstallation „Profile“
sieht man Frauen in Ca-
mouflage und mit angeleg-
tem Gewehr. Es ist die Auf-
arbeitung traumatischer Erfahrungen
aus Bartanas eigener Zeit bei der israe-
lischen Armee, die gleichermaßen
Männer wie Frauen ab ihrer Volljährig-
keit verpflichtet. Polen präsentierte im
Jahr 2011 Bartanas dreiteilige Videoin-
stallation „And Europe Will Be Stun-
ned“ auf der Kunstbiennale von Vene-
dig 2011. Sie handelt von der fiktiven
Bewegung „Jewish Renaissance Move-
ment“ und fordert die Rückführung
von 3,3 Millionen Juden nach Polen,
baut im Warschauer Ghetto ein Kibbuz
auf und errichtet ihrem gefallenen An-
führer ein monumentales Denkmal. Als
Betrachter fühlt man sich einerseits an
sozialistische Großveranstaltungen er-
innert, andererseits an aktuelle Um-
weltdemos. Bartanas Art, Menschen-
massen zu choreografieren, wurde aber

Szene aus Bartanas Video „The Undertaker“ (2019)

YAEL BARTANA

AAAbrüstung mit brüstung mit


magischem Realismus


YYYael Bartana schafft in Berlin die Waffen abael Bartana schafft in Berlin die Waffen ab


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KUNSTWOCHE IN PARIS

Messe FIAC im Grand


Palais stark gestartet


Im Jahr 2000 sei es noch „dritte Welt“
gewesen, so der Pariser Galerist Kamel
Mennour über die FIAC. Das Blatt hat
sich gewendet, die Pariser Kunstmesse
gehört zu den Topveranstaltungen des
Kunstmarktkalenders (noch bis Sonn-
tagabend). Die Händler melden in
diesem Jahr bereits gute Verkäufe. Die
1966 in Paris gegründete Galerie Tem-
plon konnte ein großformatiges Por-
trätgemälde von Kehinde Wiley ver-
kaufen (350.000 Dollar). Die Pace
Gallery aus New York fand für „Lords
Monroe Station“ von Robert Rau-
schenberg einen Käufer (1,1 Millionen
Dollar). Auch Thaddeus Ropac aus
Salzburg hatte Erfolg mit Rauschen-
berg („Everglade (Borealis)“, 1,7 Mil-
lionen Dollar) sowie Stahlskulpturen
von Tony Cragg (275.000 Euro) und
Anthony Gormley (400.000 Pfund).
David Zwirner aus New York verkaufte
drei Arbeiten von Sherrie Levine für
320.000 bis 750.000 Dollar und Foto-
grafien von Wolfgang Tillmans für
35.000 bis 150.000 Dollar. Hauser &
Wirth machte schnelle Umsätze mit
Louise Bourgeois’ „I Want to Be Sure
You Love me!!“ (1,75 Millionen Dollar),
Mark Bradfords brandneuem „Painting
6“ (1,2 Millionen Dollar) und Rita
Ackermanns „Mama Nagyika“ (165.000
Dollar). Aber nicht nur die Messe er-
lebt einen Höhenflug. Auch Paris wird

immer mehr zugetraut, falls der Stern
von London, wie von vielen erwartet,
nach dem Brexit sinkt. Ropac ist schon
länger mit zwei Dependancen in Paris.
Gagosian auch. Zwirner und White
Cube haben gerade Filialen eröffnet.
Hauser & Wirth und Pace sollen auf
der Suche nach Räumen sein.

Sotheby’s versteigert


die Sammlung Lalanne


Auf der Designmesse PAD in Paris und
London stehen sie mitunter herum,
kleine Schafherden von François-Xa-
vier Lalanne. Holzhammel im Woll-
pelz, auf denen man sitzen kann. Fern-
ab jedes Zeitgeists sind sie zu Ikonen
des Interior-Designs und mittlerweile
auch entsprechend teuer geworden. Es
gibt sie auch in Bronze. Sotheby’s
versteigert drei von ihnen zum Schätz-
preis von 500.000 bis 700.000 Euro.
Am 23. und 24. Oktober kommt im
Pariser Auktionshaus die persönliche
Sammlung des Künstlerehepaars La-

lanne unter den Hammer. François-
Xavier starb bereits im Jahr 2008,
seine Frau Claude in diesem Frühjahr.
Auch sie war eine eigenwillige Tier-
bildhauerin. Ein kapitaler „Hase des
Sieges“ ist auf mindestens 500.000
Euro taxiert, ihre vergoldeten Kroko-
Möbel auf mindestens 300.000 Euro.
Toplos ist ein aufklappbarer Schreib-
tisch in Form eines Nashorns, den
François-Xavier Lalanne 1991 entwarf:
Der monumentale „Rhinocrétaire“ ist
auf 700.000 Euro geschätzt.

Neues Galeriequartier


Komunuma eröffnet


Vier Pariser Galerien haben sich zu-
sammengeschlossen, um ein ehemali-
ges Industrieareal im wenige Kilo-
meter östlich von Paris gelegenen Ort
Romainville zu einem Kunstquartier
zu entwickeln. In dieser Woche wurde
„Komunuma“ eröffnet, die Wortschöp-
fung aus dem Esperanto bedeutet
Gemeinschaft. Air de Paris zeigt 40
Künstler der Galerie, darunter Liam
Gillick, Philippe Parreno und Sarah
Morris. Bei der Galerie Sator erhielt
der Schweizer Bildhauer Christian
Gonzenbach eine Carte blanche. Joce-
lyn Wolff präsentiert eine Virtual-
Reality-Installation des deutschen
Filmemachers Clemens von Wedemey-
er. Und In Situ Fabienne Leclerc zeigt
Installationen von Andrea Blum und
Mark Dion sowie eine Performance
von Laurent Tixador.

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