Die Welt - 19.10.2019

(Nora) #1
Alte Schule: Barbecue auf dem Rasen des Hotels „Mount Nelson“

BELMOND MOUNT NELSON

R


yan Cole hatte „Sashimi
vom Yellow Tail“ angekün-
digt. Auf dem Teller in sei-
nem Kapstädter Restaurant
„Salsify“ liegt nun aber ein
farbenfrohes Büschel. In dem Gewirr
erkennt man nach längerem Hinschau-
en ein paar Streifen Karotte, hauchdün-
ne Radieschenscheiben, ein paar grüne
Halme und zwei, drei hellbraune Nüsse


  • südafrikanische Tamarinden, wie sich
    herausstellt. Darüber gestreut: ein paar
    gefrostete Parmesanklümpchen. Beim
    allmählichen Entblättern des kunstvol-
    len Geflechts nimmt man einen Hauch
    Ingwer wahr, bevor man ganz unten
    doch noch auf den rohen Thunfisch
    trifft. Überraschung gelungen.
    Mit ihren afrikanischen, asiatischen
    und traditionellen Elementen aus der
    französischen Haute Cuisine repräsen-


tiert diese den Gaumen kitzelnde Vor-
speise perfekt die Vorhut des multikul-
turellen Kochens am Kap der guten
Hoffnung. Ryan Cole zählt zusammen
mit seinem Lehrmeister Luke Dale-Ro-
berts („The Test Kitchen“) sowie Peter
Tempelhoff („Fyn“) zu den Trend-
köchen an der südlichen Spitze Afrikas.
Sie experimentieren mit Fisch wie beim
Sashimi, aber auch mit Fleisch – von
Rind, Springbock oder der Waldantilope
Kudu, mal klassisch zubereitet, mal un-
gewöhnlich, mal roh als Carpaccio.

VON DIRK FUHRIG

Noch immer stammt der Großteil der
Küchenmeister am Kap aus Europa oder
Asien. Sie verbinden ihre Erfahrung aus
der Spitzengastronomie in Frankreich,
England, der Schweiz oder Deutschland

hier mit Einflüssen aus anderen Teilen
der Welt. Ihre Küche ist innovativ, aber
nicht rein modisch, die „Fusion“ wird
nicht um ihrer selbst Willen betrieben,
sondern nur, wo es passt. Etwa bei den
zwei Jakobsmuscheln mit Granatapfel-
kernen, die Ryan Cole als Nächstes auf-
tischen lässt, gefolgt von einem Stück
Pekingente, das auf Walnüssen ruht, da-
zu eine aufgeschnittene Pflaume.
So multikulturell wie die Küche ist
auch die Crew. Der junge Küchenchef
hat Südafrikaner unterschiedlichster
Herkunft und einen deutschen Manager
zusammengebracht. Die elegante Koch-
und Servicetruppe zeigt den Gästen, wo
es am Übergang vom Atlantik zum Indi-
schen Ozean kulinarisch langgeht.
Auffällig ist auch die Designaffinität
im „Salsify“. Das kreisrunde Gebäude
mit großen Fenstern nach allen Seiten

war als Wachturm gebaut worden, um
rechtzeitig fremde Schiffe auf dem
Meer zu erkennen. Man sitzt auf zeitlo-
sen Freischwingern im Bauhaus-Look,
der Street-Art-Künstler Skullboy hat
den Eingangsbereich mit afrikanischen
Motiven ausgestaltet, was cool wirkt
und die koloniale Anmutung des Gebäu-
des ins 21. Jahrhundert transportiert.
Lässig und edel: So lässt sich auch der
neue Hotspot in der Innenstadt be-
schreiben, das „Fyn“ – auf Afrikaans
heißt das „fein“. Das Lokal setzt auf die
Ästhetik der Generation Smartphone.
Ein hoher, kantinenartiger Raum, lange
Metalltische mit Holzplatten, ab und an
ein Bonsai als Deko. Viel Grau. So könn-
te auch ein Co-Working-Space in San
Francisco oder Berlin-Mitte aussehen.
Das „Fyn“ gehört zum Universum von
Peter Tempelhoff, seit Jahren einer der
kochenden Trendsetter Südafrikas. Er
hat sich mit seiner urbanen Esshalle mit
Ausblick auf den Tafelberg an die Spitze
der Kap-Avantgarde gesetzt. Was die
Fusion von lokalen afrikanischen Pro-
dukten und fernöstlichen Zubereitungs-
techniken angeht, ist das Restaurant
ebenfalls auf der Höhe der Zeit. Es geht
aber noch angesagter– wenn man das
aus Pflanzen basierende Menü bestellt:
rein vegetarische Variationen aus Spar-
gel, Avocado und Aubergine.
Apropos „Aubergine“: Vor mehr als
zwei Jahrzehnten hat Harald Bressel-
schmidt, aus Prüm in der Eifel stam-
mend, dieses stilvolle Lokal in einem
historischen Kapstädter Townhouse er-
öffnet. Er ist einer der einflussreichsten
Gastronomen in der Region. Das „Au-
bergine“ hat stark dazu beigetragen, die
Kapküche ganz nach vorn zu kochen.
Um mit ihm über Innovation zu spre-
chen, folgt man ihm aber am besten in
den Weinkeller. Denn die Avantgarde
perlt bei Bresselschmidt im Glas: Aus
einem der raumhohen Regale in seiner
angenehm kühlen Probierstube holt er
einen besonders edlen Tropfen hervor:
„’T Voetpad“ aus der Region Swartland,
Jahrgang 2015. „Das ist ein Cuvée aus
Chenin Blanc, Semillon Blanc, Semillon
Gris und Palomino“, erklärt der Koch
und Sommelier.
Wer vier verschiedene Traubensor-
ten in eine Flasche presst, muss mutig
sein. Schon nach dem ersten Schluck ist
klar: Diese wilde Mischung hat es in
sich. Der Koch aus Deutschland
schwärmt von der Vielfalt und Experi-
mentierfreude der jungen südafrikani-
schen Winzer. Vor einiger Zeit sei er so-
gar dazu übergegangen, zuerst fünf oder
sechs Weine auszusuchen und erst da-
nach zu überlegen, welche Speisenfolge
er dazu kochen könnte. Wine first, food
second– mit diesem Motto beweist
Bresselschmidt, dass man auch mit An-
fang 50 noch neue Perspektiven auf eine
Landesküche entwickeln kann.
Menüs mit Weinbegleitung sind rund
um den Tafelberg ohnehin ein Muss.
Die berühmten Weinanbauregionen
Stellenbosch, Franschhoek und Paarl
befinden sich schließlich direkt vor
Kapstadts Haustür. Auch die Trauben
für den legendären „Vin de Constance“,
den Napoleon Bonaparte sich ins Exil
nach St. Helena liefern ließ, wachsen
hier. Wein, Essen und Design – diesem
Dreiklang huldigen daher immer mehr
Restaurants. Neue Läden werden bei
den ausgehfreudigen Captonians oft in
kurzer Zeit so beliebt, dass nur schwer
ein Tisch zu bekommen ist.
Kapstadts härteste Tür ist dabei die
von „The Test Kitchen“. Monate im vo-
raus muss man online buchen, um eine
Chance auf einen Abend bei Luke Dale-
Roberts zu haben. Erst recht, seit der
charismatische britische Koch sein Res-
taurant vor zwei Jahren radikal verklei-

nert hat. Heute hat man das Gefühl,
dass hinter dem offenen Tresen fast ge-
nauso viele Mitarbeiter schnippeln,
rühren und abschmecken, wie Gäste an
den paar Tischen sitzen. „The Test Kit-
chen“ ist, wie der Name verspricht, ein
Geschmackslabor für die neuesten kuli-
narischen Trends.
Hinter der besagten Tür ist es erst
einmal dunkel. In der Schummer-Atmo-
sphäre des „Dark Room“ werden Cock-
tails serviert, bevor sich ein zweites
Portal auftut zum hell erleuchteten
„Light Room“. „Edgy und urban“, so be-
schreibt Dale-Roberts sein Restaurant
der Kontraste, in dem er, zum Motto
passend, lokale Trockenfleisch-Häpp-
chen aus Rind oder Wild vor einem ed-
len Hummer-Salat serviert.
Luke Dale-Roberts, geboren in Eng-
land, hat in Zürich und London gelernt
und anschließend in Singapur, Korea,
Malaysia und auf den Philippinen gear-
beitet, bevor er sich in Kapstadts Stadt-
teil Woodstock niederließ. Eine Biogra-
fie wie gemacht für das multikulturelle
Südafrika. Auf dem Teller richtet er
denn auch eine Reise von Peru über Eu-
ropa und den fernen Osten bis nach
Afrika an: Von Ceviche, also durch die
Zugabe von Zitrussaft gegarten Fisch,
über indisches Lamm und britische
Schweineschwarte bis hin zum heimi-
schen Antilopen-Tartar.
Wem bei so viel Trend-Cuisine der
Sinn nach den guten alten Dingen steht,
der sollte im „Mount Nelson“ einkeh-
ren. Kapstadts 1899 eröffnete Hotel-
institution hatte zwischenzeitlich ver-
sucht, mit einem auf modern getrimm-
ten Restaurant den Avantgarde-Gastro-
nomen hinterherzuhecheln. Nach ei-
nem kurzen Neugiererfolg sank die
Qualität von Essen und Service drama-
tisch. Zum Glück hat sich das Restau-
rant auf seine Kernkompetenz beson-
nen und den kolonialen Speisesaal im
Stil der vorletzten Jahrhundertwende
restauriert: ein riesiger Kronleuchter,
die Wände holzvertäfelt, nach draußen
geht der Blick in den gepflegten engli-
schen Garten. Und direkt am Tisch, mit
perfekt gestärktem weißen Damast ein-
gedeckt, schneidet ein Kellner im
schwarzen Anzug das Beef Wellington
mit silbernem Besteck in exakt gleiche
Tranchen. Auch Klassik kann in Kap-
stadt ganz schön angesagt sein.

Überall Wein: die Probierstube der angesagten „Test Kitchen“

THE TEST KITCHEN

/ALAIN_PROUST

Lässige Moderne: Im „Salsify“ speist man auf Bauhaus-Stühlen

SALSIFY / ANDY LUND

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19.10.19 Samstag, 19. Oktober 2019DWBE-VP1


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SalsifyEin Laden in bester Lage,
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Design. Unbedingt empfehlens-
wert ist die Pekingentenbrust mit
gesalzener Pflaume von Chef-
koch Ryan Cole (salsify.co.za).

Fyn Peter Tempelhoff bietet in
seinem Restaurant kulinarischen
Purismus mit Tafelberg-Blick.
Besonders lohnt sich das vegeta-
rische Menü mit japanischen
und südafrikanischen Gerichten
(www.fynrestaurant.com).

Aubergine Diekulinarische In-
stitution des Deutschen Harald
Bresselschmidt verfügt über
einen atemberaubenden Wein-
keller (www.aubergine.co.za).

The Test Kitchen Hier kocht Luke
Dale-Roberts, der unumstrittene
Trendsetter der südafrikanischen
Erlebnisgastronomie
(www.thetestkitchen.co.za).

Lord Nelson Restaurant Der
Kolonialklassiker der Stadt im
„Mount Nelson Hotel“. Unter dem
schweren Lüster schmeckt das
Beef Wellington am besten.
Aufgetischt wird es mit vom
silbernen Servierwagen aus
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