Die Welt - 19.10.2019

(Nora) #1

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19.10.19 Samstag, 19. Oktober 2019DWBE-HP


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6 POLITIK *DIE WELT SAMSTAG,19.OKTOBER


S


tundenlang hatten sie ver-
handelt, am Ende waren sie
sich einig: In Nordsyrien
sollen die Waffen schwei-
gen. Die Kampfpause hatte
eine hochkarätige US-Delegation un-
ter der Führung des amerikanischen
VizepräsidentenMike Pencemit dem
türkischen Präsidenten Recep Tayyip
Erdoganerzielt. Demnach soll es für
1 20 Stunden – fünf Tage – eine Unter-
brechung der Offensive geben. So lan-
ge haben die kurdischen Milizen der
Region, die Ankara als Terrororganisa-
tion bezeichnet, Zeit, aus einem Ge-
biet an der syrisch-türkischen Grenze
abzuziehen.

VON CAROLINA DRÜTEN

US-Präsident Donald Trump bejubel-
te die Einigung – und vor allem sich
selbst. Er sprach von einem „großarti-
gen Tag für die Zivilisation“. Ihm sei ge-
lungen, was andere über Jahre nicht zu-
standegebracht hätten – auf „unkon-
ventionelle“ Weise und mit einer Mi-
schung aus Härte und Liebe gegenüber
der Türkei. Doch während sich Trump
für den vermeintlichen Erfolg von sei-
nen Anhängern feiern lässt, ist der ei-
gentliche Gewinner ein anderer: Erdo-
gan. Denn der türkische Präsident hat
alles bekommen, was er wollte.

1. ABZUG DER YPG

Ankara wollte mit der Offensive vor
allem die kurdische Miliz YPG aus der
syrisch-türkischen Grenzregion vertrei-
ben. Die YPG kämpfte als Teil der SDF
an der Seite der USA gegen die Terror-
miliz Islamischer Staat (IS). Für Erdo-
gan allerdings ist die YPG der verlänger-
te Arm der verbotenen Arbeiterpartei
Kurdistans (PKK), die auch in der EU
und den USA auf der Terrorliste steht.
Erdogan sprach daher wiederholt von
einem „Terrorkorridor“, den man an der
Grenze der Türkei aufbauen wolle, und
den sein Land verhindern müsse.
Damit bekommt Erdogan im Prinzip
auf dem Tablett serviert, was er von An-
fang an wollte – und das ganz ohne wei-
tere Kampfhandlungen. Die kurdischen
Kräfte im Nordosten Syriens ließen ver-
lauten, sie seien bereit, die zwischen
den USA und der Türkei ausgehandelte
Feuerpause zu akzeptieren. Allerdings
seien die Kurden mit der Vereinbarung
alles andere als glücklich, sagte der US-
Sondergesandte für Syrien, James Jef-
frey. Washington habe sie mit „Zucker-
brot und Peitsche“ zu einer Zusage
bringen müssen. „Es gibt keinen Zweifel
daran, dass die YPG wünscht, sie könn-
te in diesen Gebieten bleiben.“
Unklar ist auch, ob die Waffenruhe
überhaupt hält. Offenbar kam es bereits
wenige Stunden nach der Einigung wie-
der zu Kampfhandlungen. Reporter der
Nachrichtenagentur AP beobachteten
am Freitag Artilleriefeuer auf die Stadt
Ras al-Ain. In anderen Gebieten dage-
gen sei es ruhig geblieben. Die Syrische
Beobachtungsstelle für Menschenrech-
te in London meldete, dass es rund um
die Grenzstadt Ras al-Ain Granatenbe-
schuss und Maschinengewehrfeuer ge-
geben habe. Dabei seien mindestens sie-
ben Zivilisten und vier syrische Kämp-

fer getötet und mindestens 21 weitere
Personen verletzt worden. Die SDF ma-
chen dafür die Türkei verantwortlich.
Der türkische Präsident wies diese Aus-
sagen als „Desinformation“ zurück.
Die Waffenruhe hängt auch davon
ab, ob die Türkei die syrischen Anti-As-
sad-Milizen kontrollieren kann, die in
Nordsyrien für Erdogan kämpfen.
Denn die meisten Kämpfer sind radika-
le Islamisten. Nicht verifizierbare Vi-
deoaufnahmen zeigten, wie brutal die-
se Männer in den vergangenen Tagen
gegen ihre Feinde vorgingen. Ob Anka-
ra genügend Autorität hat, um sie zur
Einhaltung der Waffenruhe zu zwin-
gen, wird sich zeigen.

2. „SICHERHEITSZONE“
FÜR FLÜCHTLINGE

Der türkische Außenminister Mevlüt
Cavusoglumachte nach den Verhandlun-
gen mit den Amerikanern am Donners-
tagabend wieder einmal deutlich, was die
Priorität der Türkei ist: die Errichtung
einer „Sicherheitszone“ im Norden Sy-
riens. Ankara strebe unaufhörlich da-
nach, „dass in 20 Meilen, also 32 Kilome-
ter Tiefe, und östlich des Euphrats bis
zur irakischen Grenze, also auf einer
Länge von 444 Kilometern, kein Terro-
rist übrig bleibt und die gesamte Region
als Sicherheitszone etabliert wird“. Die
Vehemenz, mit der türkische Vertreter
auf diese sogenannte Sicherheitszone
pochen, hat innenpolitische Gründe.
Denn Erdogan will dort syrische Flücht-
linge aus dem eigenen Land ansiedeln.
Seit Beginn des syrischen Bürger-
kriegshat die Türkei gut dreieinhalb
MillionenFlüchtlinge aufgenommen, so
viele wie kein anderes Land. Doch in
wirtschaftlich schlechten Zeiten kippt
das Verständnis der Türken für die Sy-
rer. Erdogan will also möglichst viele
Flüchtlinge nach Syrien umsiedeln, um
zu verhindern, dass sich die Unzufrie-
denheit der Bevölkerung letztlich gegen
ihn selbst wendet.
Doch es ist fraglich, ob die Türkei ih-
re Vorstellungen einer solchen Zone
tatsächlich künftig umsetzen kann.
Zwar haben die Kurden die Vereinba-
rung der Türkei und der USA akzeptiert:
„Wir werden alles tun, damit die Waf-
fenruhe ein Erfolg wird“, sagte SDF-
Kommandant Maslum Abdi. Allerdings
sprach er lediglich von einer etwa 100
Kilometer breiten Region zwischen den
Städten Ras al-Ain und Tal Abjad. In der
Vereinbarung zwischen den USA und
der Türkei ist das Ausmaß des betroffe-
nen Gebiets nicht festgeschrieben. Die
amerikanische Interpretation scheint
sich mit der Sicht der Kurden zu de-
cken: Jeffrey sagte, es gehe um ein Ge-
biet, in das die Türkei während der Of-
fensive schon vorgedrungen sei und wo
gekämpft werde. Das ist deutlich weni-
ger, als die Türkei fordert.
Konfliktpotenzial birgt noch ein wei-
terer Punkt: SDF-Kommandant Abdi
sagte, eine türkische Besatzung und der
demografische Wandel der Region seien
für das Militärbündnis inakzeptabel.
Man akzeptiere den Waffenstillstand
nur, wenn die Türkei aus der Region ab-
ziehe. Es ist jedoch unwahrscheinlich,
dass Erdogan sein frisch errungenes
Einflussgebiet einfach wieder aufgibt.

Eins allerdings ist schon jetzt klar:
Ihren Plan von einer autonomen Selbst-
verwaltung im Norden Syriens müssen
die Kurden aufgeben. Denn dafür haben
sie keinerlei Unterstützer. Weder die
syrische Armee unter Präsident Baschar
al-Assadnoch Erdogan werden den Kur-
den Autonomie im syrisch-türkischen
Grenzgebiet zugestehen.

3. TRIUMPH ÜBER TRUMP

Egal, wie lange die Waffenruhe hält,
einen Erfolg hat Erdogan bereits in der
Tasche: Er konnte sich gegen die USA
durchsetzen. Den Triumph über Trump.
Ein türkischer Regierungsvertreter
nannte gegenüber der „Washington
Post“ die Verhandlungen „gesichtswah-
rend“ für die Amerikaner. Es sei eine
der einfachsten Verhandlungen gewe-
sen, die man je geführt habe. „Wir ha-
ben alles bekommen, was wir wollten“,
sagte der Beamte, der das türkische Au-
ßenministerium berät.
Der Einigung war ein Muskelspiel
zwischen den beiden Präsidenten vo-
rausgegangen. Trump schrieb Erdogan
in einem Brief: „Sei kein harter Kerl.
Sei kein Narr!“ Er forderte den türki-
schen Präsidenten darin auf, einen
Deal mit den Kurden zu schließen, und
wiederholte die Drohung, die Türkei
wirtschaftlich zu zerstören. Erdogan
habe den Brief in den Papierkorb ge-
worfen, hieß es in türkischen Medien-
berichten.
Entsprechend frostig sollen die Ver-
handlungen zwischen der amerikani-
schen Delegation und Erdogan am Don-
nerstagabend begonnen haben. Doch
als sich herausstellte, dass die Amerika-
ner keine strategisch wichtigen Zuge-
ständnisse forderten und gleichzeitig
bereit waren, den Forderungen der Tür-
ken nachzugeben, entspannte sich die
Atmosphäre. Zentral für Erdogan: Die
USA erkennen mit dem Deal die Legiti-
mität der türkischen Offensive an.

4. ABWENDEN DER
WIRTSCHAFTSSANKTIONEN

Vorausgesetzt, die Waffenruhe hält,
wollen die USA ihre Sanktionen gegen
die Türkei wiederaufheben und keine
neuen Strafmaßnahmen verhängen.
Washington hatte die Türkei wegen ih-
rer Militäroffensive wirtschaftlich un-
ter Druck gesetzt. Die Sanktionen be-
inhalteten die Anhebung von Zöllen
auf Stahlimporte aus der Türkei auf 50
Prozent. Außerdem hatten die USA
Strafmaßnahmen gegen türkische Mi-
nister und Ministerien verhängt und
angekündigt, Verhandlungen über ein
Handelsabkommen abzubrechen. Zwar
hatten diese Schritte zunächst kaum
Wirkung gezeigt, aber innenpolitisch
ist es trotzdem wichtig für Erdogan,
die bereits geschwächte Wirtschaft
nicht weiter zu belasten. Davon soll
nun nichts bleiben – vorausgesetzt, die
Türkei hält sich an die fünftägige Un-
terbrechung der Offensive. Experten
sind sich einig, dass das Vorgehen der
Türkei völkerrechtswidrig ist. Doch
auch von einer nachwirkenden Bestra-
fung für den türkischen Militärein-
marsch ins Nachbarland war am Don-
nerstagabend keine Rede. Mit AP und dpa

So profitiert


Erdogan vom


Deal mit den USA


Der türkische Präsident hat im Gegenzug zur


Waffenruhe in Nordsyrien alles bekommen,


was er wollte. Zumindest auf den ersten Blick.


Denn das Abkommen ist brüchig


Türkische Militäroffensive


Quelle: ISW, Dpa

Anti-Assad-Milizen
(islamistisch dominiert)

Türkei/Anti-Assad-Milizen

��� km

Syrische Regierung
unterstützt durch
Russland und Iran
Vorstoß syrischer
Regierungstruppen

Türkischer Vorstoß

Bruch der Waffenruhe

IRAK
SYRIEN

TÜRKEI

LIBA�
NON

MittelmeerHoms

Idlib

Tal
Abjad

Kobane

Euphrat

Ras
al-Ain

Aleppo
Rakka

Ain Issa

al-Kathaniaya

Kamischli

SDF unter Führung der
Kurden, zunächst unter-
stützt durch US-Truppen

Von der Türkei gefor-
derte „Sicherheitszone“

Der türkische Staats-
präsident Recep Tayyip
Erdogan kurz vor
seiner Ansprache bei
den Vereinten Natio-
nen in New York

AFP

/ TIMOTHY A. CLARY

D


er Stabschef im Weißen Haus,
Mick Mulvaney, hat zugegeben,
dass US-Präsident Donald
Trump die Ukraine mittels der Ausset-
zung von Militärhilfe unter Druck zu
setzen versucht hat. Mulvaney sagte im
Gespräch mit Reportern im Weißen
Haus, Geld sei unter anderem deshalb
zurückgehalten worden, weil die Ukrai-
ne zur Suche nach einem vermeintlich
in dem Land versteckten Server der op-
positionellen US-Demokraten gebracht
werden sollte.
Mulvaney bezog sich damit auf eine
durch nichts belegte Verschwörungs-
theorie, wonach es im Wahlkampf 2016
Hilfe aus der Ukraine für die Demokra-
ten gegeben haben soll. In seinem im
Zentrum der Ukraine-Affäre stehenden
Telefonat mit dem ukrainischen Staats-
chef Wolodymyr Selenskyj von Ende Ju-
li hatte Trump unter anderem auf diese
Verschwörungstheorie Bezug genom-
men, als er seinen Gesprächspartner zu
Ermittlungen drängte.
Trump hat an diesen Spekulationen
offenbar deshalb Gefallen gefunden,
weil sie ihn von dem Verdacht entlasten
sollten, er habe seinen Wahlsieg den da-
maligen mutmaßlichen russischen Ma-
nipulationen zu verdanken. Der US-
Präsident hat jedoch stets bestritten,
Druckmittel gegen die Ukraine einge-
setzt zu haben, um die von ihm ge-
wünschten Ermittlungen zu erreichen.

Dem widersprach nun sein Stabschef.
Der Präsident habe den „Server des de-
mokratischen Nationalkomitees“ er-
wähnt, als er mit ihm über die Korrupti-
on in der Ukraine und die US-Militärhil-
fe gesprochen habe, sagte Mulvaney.
„Das ist, warum wir das Geld zurückge-
halten haben.“
Der Stabschef verteidigte diese Ent-
scheidung aber als „absolut angemes-
sen“. Er begründete dies damit, dass die
Anfragen an die Ukraine zu dem ver-
meintlichen Server sich auf eine offi-
zielle Untersuchung des US-Justizmi-
nisteriums zur Präsidentschaftswahl
2016 bezogen hätten.
Die Demokraten werteten Mulvaneys
Äußerungen als schwer belastend für

Die Demokraten werteten Mulvaneys
Äußerungen als schwer belastend für

Die Demokraten werteten Mulvaneys

Trump. Die Dinge hätten sich damit für
den Präsidenten von „sehr, sehr schlecht
zu viel, viel schlimmer“ entwickelt,
schrieb der Vorsitzende des Geheim-
dienstausschusses im Repräsentanten-
haus, Adam Schiff. Schiff leitet die Un-
tersuchung zu dem von den Demokraten
anvisierten Amtsenthebungsverfahren
gegen Trump. Ausgelöst wurde die Un-
tersuchung durch die Ukraine-Affäre.
Mulvaney versuchte wenige Stunden
nach seinen sensationellen Enthüllun-
gen, diese wieder ungeschehen zu ma-
chen. In einer schriftlichen Erklärung
warf er den Medien vor, seine Äußerun-
gen verdreht zu haben, um eine „Hexen-
jagd“ gegen den Präsidenten voranzu-

treiben. Seine Aussagen vor laufenden
Fernsehkameras waren jedoch eindeutig
und unmissverständlich. Im Nachhinein
erklärte der Stabschef nun, die Militär-
hilfe sei „absolut“ nicht als Gegenleis-
tung für „irgendeine Untersuchung zur
Wahl 2016“ verwendet worden. Der Prä-
sident habe ihm nie gesagt, das Geld zu-
rückzuhalten, „bis die Ukrainer irgend-
was in Bezug auf den Server tun“.
Der in die Ukraine-Affäre verwickelte
US-Energieminister Rick Perry gibt sein
Amt ab. Das kündigte Trump am Don-
nerstag bei einem Besuch im Bundes-
staat Texas an, ohne genaue Gründe für
den Schritt zu nennen. Perry habe als
Energieminister „fantastische Arbeit“

geleistet, sagte Trump. „Aber es war an
der Zeit – drei Jahre sind eine lange
Zeit.“ Ein Nachfolger stehe bereits fest.
In der Ukraine-Affäre war Perrys Na-
me zuletzt immer wieder gefallen. US-
Abgeordnete hatten vergangene Woche
von dem Energieminister Dokumente
angefordert. Hintergrund sind Trumps
Versuche, möglicherweise kompromit-
tierendes Material aus der Ukraine über
Ex-Vizepräsident Joe Biden zu erhalten.
In einem diese Woche veröffentlich-
ten Interview räumte Perry ein, sich mit
Trumps persönlichem Anwalt Rudy
Giuliani zum Thema Korruption in der
Ukraine ausgetauscht zu haben.
Mit einer Aussage im Kongress er-
höht zudem der US-Botschafter bei der
EU, Gordon Sondland, den Druck auf
Trump. Sondland sagte am Donnerstag,
dass Trump ihn und andere Diplomaten
angewiesen habe, mit seinem Privatan-
walt Rudy Giuliani zusammenzuarbei-
ten. Giuliani bemühte sich um mögli-
cherweise kompromittierendes Materi-
al aus der Ukraine über Ex-Vizepräsi-
dent Joe Biden, der Trumps Herausfor-
derer bei der Wahl 2020 werden könnte.
Sondlands Aussage bestätigt den Ver-
dacht, dass Trump den diplomatischen
Apparat seines Landes in die Suche
nach Material über die Bidens einge-
spannt und seine Ukraine-Politik offen-
bar diesen Bestrebungen untergeordnet
hatte. Er selber und andere Diplomaten

seien von Trumps Anordnung zur Ko-
operation mit Giuliani „enttäuscht“ ge-
wesen, sagte Sondland laut seinem an
die Medien verteilten Eingangsstate-
ment zu seiner Aussage. „Unsere Sicht
war, dass die Männer und Frauen des
State Department, nicht der persönli-
che Anwalt des Präsidenten die Verant-
wortung für alle Aspekte der US-Außen-
politik gegenüber der Ukraine überneh-
men sollten“, betonte Sondland.
Trump hatte eine vom Kongress be-
willigte Militärhilfe für die Ukraine im
Volumen von 391 Millionen Dollar (
Millionen Euro) über Monate zurück-
halten lassen, ohne dafür öffentlich ei-
nen Grund zu nennen. Noch während
die Hilfen ausgesetzt waren, drängte
Trump in seinem Telefonat mit Selen-
skyj zu Ermittlungen nicht nur hin-
sichtlich der vermeintlichen ukraini-
schen Wahlkampfhilfe für die Demokra-
ten, sondern auch gegen den US-Präsi-
dentschaftsbewerber Joe Biden und
dessen Sohn.
Die Demokraten sind vor allem über
die Bestrebungen Trumps empört, sich
Material über die Bidens aus der Ukrai-
ne zu beschaffen. Die Oppositionspartei
wirft dem Präsidenten einen Miss-
brauch seines Amts zur Suche nach
Wahlkampfmunition vor. Biden gehört
zu den aussichtsreichsten Anwärtern
für die Kandidatur gegen Trump im
kommenden Jahr. DW

TTTrumps Stabschef bestätigt Druckmittel gegen Ukrainerumps Stabschef bestätigt Druckmittel gegen Ukraine


Geld für Kiew wurde zurückgehalten, gibt Mick Mulvaney zu. Der in die Affäre verwickelte US-Energieminister Rick Perry tritt zurück


Mick Mulvaney, Stabschef im
WWWeißen Hauseißen Haus

AP

/ EVAN VUCCI

V


or Reportern ließen Israels Pre-
mierminister Benjamin Netanjahu
und sein Gast, US-Außenminister Mike
Pompeo, sich nicht anmerken, wie tief
die strategische Kluft zwischen Jerusa-
lem und Washington derzeit ist. Beide
waren im kurzfristig anberaumten Tref-
fen in Netanjahus Residenz in Jerusa-
lem bemüht zu zeigen, wie eng das
Bündnis beider Regierungen ist.

VON GIL YARON
AUS TEL AVIV

Pompeo hatte auf dem Heimweg von
der Türkei einen kurzen Zwischenstopp
in Israel eingelegt, um Netanjahu den
WWWaffenstillstand in den Kurdengebietenaffenstillstand in den Kurdengebieten
Nordsyriens zu erklären, den er mit dem
türkischen Präsidenten Recep Erdogan
vereinbart hatte. Auch in Israel sind Ex-
perten sich nämlich einig: Mit dem Ab-
kommen haben die USA gar nichts, Israels
Rivale Erdogan indes fast alle seine Ziele
erreicht. Israels Schutzmacht wirkt so
schwach wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Der sonst so gar nicht wortkarge is-
raelische Premier kommentierte die
Waffenruhe nur mit einem einzigen,
schwammigen Satz: „Wir hoffen, dass
sich alles zum Guten wenden wird“ –
Ausdruck der Ratlosigkeit und Beklem-
mung, mit der man neuerdings von Je-
rusalem nach Washington blickt. Der
ehemalige US-Botschafter in Israel, Dan
Shapiro, trug fünf Punkte zusammen,
die erklären, weshalb die schnelle
Kehrtwende von US-Präsident Donald
Trump nicht nur Israel, sondern alle
US-Verbündeten in Nahost besorgt.
Erstens schwäche seine Erlaubnis,
die Kurden anzugreifen, einen der
treusten Verbündeten des Westens in
der Region. Zweitens stärke der Be-
schluss Erdogan, der sich als fragwürdi-
ger Verbündeter erwiesen hat. Die Tür-
kei sucht unter ihm die Annäherung an
Russland und unterstützt in der gesam-
ten Region Extremisten der Muslimbru-
derschaft. Der nun ausgehandelte Waf-
fenstillstand belohnt Erdogan noch für
die Annektierung syrischen Gebiets und
mutmaßliche Verletzungen von Kriegs-
recht, statt ihn abzustrafen.
Drittens habe Trump dasAssad-Re-
gime gestärkt, das nach dem Abzug der
US-Truppen auf Bitte der Kurden weite
Teile Nordsyriens wieder unter seine
Kontrolle brachte. Dies sei zugleich „ein
Sieg für Russland, Assads Schutzpatron,
und letztendlich für den Iran, der hier
militärische Kräfte auffahren will, um
Israel von syrischem Territorium aus
Schaden zuzufügen“, so Shapiro. Vier-
tens könnte Trumps Beschluss den Isla-
mischen Staat wieder aufleben lassen.
Dutzende seiner Kämpfer kamen frei,
sein wichtigster Feind kämpft gegen die
Türken um sein eigenes Überleben.
Doch am verheerendsten sei das Sig-
nal, das Trumps Beschluss der ganzen
Region sende: Wenn es darauf ankom-
me, dann sei auf die USA kein Verlass.
Dies käme just zu einer Zeit, in der der
Iran aggressiver vorgeht als je zuvor.
Teheran steht unter dem Verdacht, Tan-
ker im Persischen Golf und saudische
Ölfabriken angegriffen zu haben. Doch
statt den Ajatollahs die Stirn zu bieten,
lädt Trump sie zum Gespräch. Shapiro
mutmaßt: Die Amtsenthebungsuntersu-
chung habe Trump in einen Politiker
verwandelt, der „völlig außer Kontrolle
geraten“ sei und sich „in einem verzwei-
felten Überlebenskampf“ befinde.
Das stellt Netanjahus gesamte Nah-
ost-Strategie auf den Kopf. Die baute
auf ein starkes Amerika, das den Iran
und sein Atomprogramm im Zaum
hielt. Je mehr die USA sich zurückzie-
hen, desto mehr sieht Teheran sich er-
mutigt, seine aggressive Außenpolitik
fortzusetzen. Ein schwaches Amerika
schwächt Israel auch indirekt. Lang galt
Israel als goldene Türklinke zum Oval
Office. Kontakte mit Jerusalem wurden
für sunnitische Staaten zu einer Not-
wendigkeit, um die eigene Sicherheit zu
gewährleisten. Das ist der Hintergrund
der bedeutenden Annäherung zwischen
Israel und den Golfstaaten in den letz-
ten Jahren sowie der engen Kooperati-
on mit Ägypten und Jordanien.
Lange befand der jüdische Staat sich
im Konsens amerikanischer Außenpoli-
tik. Durch seine engen Beziehungen zu
Trump hat Netanjahu Israel und seine
Siedlungspolitik in ein Steckenpferd der
Republikaner verwandelt. Würde
Trump nun tatsächlich seines Amtes
enthoben oder von einem Demokraten
abgelöst, stünde Israel völlig allein da –
ohne arabische Verbündete und ohne
einen Freund im Weißen Haus.

Israel fühlt sich


von Washington


im Stich gelassen


Abkommen über Nordsyrien


stößt auf deutliche Kritik


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