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APÉRO
ULF POSCHARDT
KLEIN GANZ GROSS
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nn in aktuellen
politischen
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politischen
WWWDebatten über Debatten über
die Krise des „mehr ist
mehr“ gesprochen wird,
liegt die Rückbesinnung
auf das Kleine und
Bescheidene nahe. Das
Goggomobil zum Bei
1955 in den Anfangs
des Wirtschaftswunders
präsentiert, markierte einen minimalistischen
Nullpunkt automobiler Opulenz. Das so-
genannte Auto der Dingolfinger Kultmarke
Glas war aus der Verbreiterung eines erfolg-
reich verkauften Rollers entstanden. Mitte der
Fünfzigerjahre war der Roller nicht mehr
gut genug für die aufstiegswilligen Deutschen.
Es musste ein Dach über dem Roller her,
und so entstand ein Auto aus einem kleinen
Motorroller: Schon der Name klang niedlich.
Der nur 250 ccm große Zweizylinder sollte
kleine Familien mit kleinem Tempo über klei-
ne Strecken ans Ziel bringen. Der Motor
war so klein, dass auch der Besitzer eines
Motorradführerscheins Klasse 4 den Wagen
fahren konnte. Die 13,6 PS katapultierten
das Goggomobil auf eine Spitzengeschwin-
digkeit von 80 km/h. Das maximale Dreh-
moment betrug 21 Newtonmeter. Das war vor
60 Jahren alles möglich. Das Goggomobil
sah aus wie eine freundliche Comic-Figur:
Es war blecherne Wehrlosigkeit und Humor.
Doch die Zeiten meinten es gut mit dem
Kleinen. Das Coupé des Goggomobils galt als
„Ferrari des kleinen Mannes“. Auch in der
Kleinheit lauerte Würde. Nicht mal drei Me-
ter lang, gut einen Meter breit war dieser
BEWEGTBILD DIE SCHNELLSTEN SKULPTUREN DER WELT
Motorroller mit Dach: Das Goggomobil der
Dingolfinger Kultmarke Glas.
Eine liebevolle Erinnerung an die Nach-
kriegszeit und ihre wundersamen Fantasien
Ich stieß bei einem Festival in Texas, wo
ich selbst meinen ersten Film vorstellte,
auf ihn: Me and My Brother von 1969 von
Robert Frank. Er definiert alles, was sei-
ne Arbeit ausmacht, wie man aus der
Perspektive eines Outsiders auf Ameri-
ka blickt. Das wirkt wie eine poetische
Befreiung. Dem Marginalen wird eine
zentrale Rolle gegeben, der Under-
ground einer Analyse unterzogen. Da-
bei nimmt die Geschichte abrupte Wen-
dungen, das Genre Dokumentarfilm
wird auf den Kopf gestellt und plötzlich
zur Fiktion. Der Bruder Julian, die
Hauptfigur, ist emotionslos. Höhepunkt
ist, als er anfängt zu sprechen. Er ist
selbst wie eine Kamera, der nur die Welt
um sich herum beobachtet. Die Ver-
schiebung von Realität und Imaginati-
on, von Farbe und Schwarz-Weiß geht
ständig vor und zurück, in Julians Welt
rein und wieder raus. Man fragt sich: Ist
es ein Film, oder ein Film über einen
Film? Das hat mich bestätigt in der Art,
wie ich selbst Filme machen wollte.
Me and My Brother, 1969, ein Film von
Robert Frank
ROSA BARBA
über den Film
ME AND MY BROTHER
Wagen, den es als Limousine, Coupé, Roads-
ter und Transporter gab, ein unglaublicher
Erfolg im Nachkriegsdeutschland, in dem das
Land der Täter sich leise an den Rest Euro-
pa heranschlich – in Zurückhaltung. Über
280.000 Exemplare wurden bis 1969 ver-
kauft. Als die Firma Glas das Cabriolet in
den USA verkaufen wollte, gab es Schulter-
zucken bei den Tankwarten, weil der Zwei-
takter mit einem Benzin-Öl-Gemisch gefüt-
tert werden musste. Für die Kinder der
Siebzigerjahre war der Anblick des Goggo-
mobils die Erinnerung an eine Zeit, die
Eltern und Großeltern liebevoll verdrängt
hatten: die Nachkriegszeit und ihre relative
Armut. Goggomobil und Isetta waren Mahn-
male der Erinnerung an Zeiten in Sicht-
weite des Krieges und der zerstörten Städte.
Heute leben die Goggos als Oldtimer und
wirken wieder wie Boten aus der Zukunft.
Weil alles kleiner werden soll. Weil klein ganz
groß ist. Und groß böse.
nn in aktuellen
politischen
Debatten über
„mehr ist
mehr“ gesprochen wird,
liegt die Rückbesinnung
auf das Kleine und
Bescheidene nahe. Das
Goggomobil zum Beispiel,
1955 in den Anfangswogen
des Wirtschaftswunders
präsentiert, markierte einen minimalistischen
Nullpunkt automobiler Opulenz. Das so-
Eine liebevolle Erinnerung an die Nach
kriegszeit und ihre wundersamen Fantasien
der Bescheidenheit
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