Süddeutsche Zeitung - 12.10.2019

(singke) #1
von roman deininger
und wolfgang wittl

München– Inden guten alten Zeiten der
CSU waren Parteitage staatstragende Ver-
anstaltungen. Doch die CSU ist eine Partei
im Umbruch, und der Parteitag, der am
Freitagnachmittag in der Münchner Olym-
piahalle beginnt, fühlt sich zunächst mal
an wie eine Fernsehshow. Die Vize-Partei-
chefin Melanie Huml springt als Feldre-
porterin über die Tribüne und interviewt
enthusiasmierte Parteifreunde, die Ge-
spräche werden auf der Großleinwand
übertragen. Die ganz kritische Introspekti-
on ist da natürlich eher nicht zu erwarten.
Ein älterer Herr vom Tegernsee sagt wie
bestellt, es sei wirklich sehr beachtlich,
was Markus Söder seit seiner Wahl zum
Parteivorsitzenden im Januar alles geleis-
tet habe.


Noch sehr viel beachtlicher ist, was sich
etwa eineinhalb Stunden später zuträgt –
genau zwischen Söders Rede und seiner
Wiederwahl als Parteichef. Es ist der Mo-
ment, in dem ein einzelner Delegierter die
sorgfältig geplante Choreografie dieses
Reformparteitags aushebelt. Niklas Sta-
delmann heißt der junge Mann, er kommt
aus dem oberfränkischen Lichtenfels. Er
tritt ans Mikrofon und stellt im Grunde
das Prinzip in Frage, nach dem Söder in
den vergangenen Monaten Land und Par-
tei geführt hat: „Die CSU sollte nicht sa-
gen: Was denkt die Bevölkerung, das ma-
chen wir uns zu Eigen. Wir haben selbst ei-
nen klaren Wertekompass.“
Söder hat zuletzt bemerkenswerte Ent-
schlossenheit bei allerlei Kurskorrektu-
ren demonstriert, aber er hat Teilen sei-
ner Partei damit auch einiges zugemutet.
Er hat das Artenschutz-Volksbegehren
übernommen und auch sonst die rapide
Ergrünung der CSU eingeleitet. Er hat die
Parteizentrale organisatorisch ganz auf
sich zugeschnitten und die mythenumtos-


te ParteizeitungBayernkuriereinfach ab-
geschafft. Söder will, dass die CSU digita-
ler wird, jünger und weiblicher. Auf dem
Parteitag soll nun also die Frage beantwor-
tet werden, ob die Delegierten Söders Ent-
schlossenheit wirklich teilen.
91,34 Prozent der Delegiertenstimmen
erhält Söder schließlich bei der Wahl. Das
ist ein bisschen mehr als die 87,4 Prozent,
die er im Januar bei seiner Wahl zum Nach-
folger von Horst Seehofer bekommen hat-
te. Es ist das Ergebnis, das Söder braucht.
Und dennoch zeigt es bei näherer Betrach-
tung auch, dass der mutige Delegierte Sta-
delmann nicht allein ist: Etwa 770 Stimm-
berechtigte sind in der Halle, aber es wer-
den nur 735 Stimmen abgegeben. Von die-
sen sind wiederum 31 ungültig. Auf Söder
entfallen 643 Stimmen. Das klingt nicht
mehr ganz so imposant wie 91,34 Prozent.
Das Ganze hat ja ohnehin etwas Wun-
dersames: Der Ministerpräsident Söder
wurde für das historisch schlechte Ergeb-
nis der CSU bei der Landtagswahl 2018
auch noch mit dem Chefsessel der Partei
belohnt. Inzwischen ist immerhin klar,
was die CSU in ihm gesehen hat. Sie ist ei-
ne Partei, die starke und straffe Führung
schätzt. Sie wirft sich ihren Frontleuten
an den Hals, und erst, wenn sie nach einer
Weile nicht liefern, hinterfragt sie ihre Lo-
yalität. Die Mitglieder wissen zu schätzen,
dass endlich wieder einer mit der Fahne in
der Hand vorausrennt. Auch wenn man-
che Mühe haben, hinterher zu kommen.
Als Söder am Freitag die Wahl an-
nimmt, tut er das deshalb im Bewusst-
sein, dass er gerade keine Konkurrenz hat
in der CSU. Vor nicht mal einem Jahr hätte
der Europapolitiker Manfred Weber den
Zugriff auf den Parteivorsitz gehabt; er
verzichtete mit Blick auf seine Spitzenkan-
didatur bei der Europawahl im Mai. Heute
ist Weber nur noch Nebendarsteller, aller-
dings einer, dem die Parteibasis große Lie-
be angedeihen lässt: Mit 93,4 Prozent er-
reicht der Niederbayer das beste Ergebnis
aller fünf stellvertretenden Vorsitzenden.
„Wir vergessen dir deinen Einsatz nicht“,
sagt Söder zu Weber, „vergelt’s Gott.“ Die
Delegierten erheben sich zum Applaus.
Weniger gut kommt Dorothée Bär weg:

Sie bekommt bei ihrer Wiederwahl als
CSU-Vize nur 71,6 Prozent.
Die CSU, sagt Söder in seiner Rede, sei
noch vor einem Jahr in einer Existenzkri-
se gewesen. Inzwischen sehe er die Partei
im Aufwind: „Wir sind auf dem richtigen
Weg.“ Er bittet die Delegierten um Unter-
stützung bei seinen Reformen: „Es ist al-
les noch auf dünnem Eis, es ist alles ein
zartes Pflänzchen, das wächst.“ Die Christ-
sozialen müssten „Pioniere der Zukunft“
sein. Man lebe „heute in einer anderen
Welt als früher. Ich bin fest überzeugt: So
leicht gibt es kein Zurück mehr in die gute
alte Zeit.“

Zwei Stunden nach seiner Wiederwahl
wirft sich Söder zum ersten Mal mit dem
Gewicht des frisch gewählten Parteichefs
in die Beratungsschlacht. Die Junge Union
fordert, die Kanzlerkandidatin oder der
Kandidat der Union solle künftig in einer
Urwahl entschieden werden. „Es ist mir
schon ein Anliegen, dass wir bestimmen
können, wer die Nummer eins in Deutsch-
land wird“, interveniert Söder. Eine Mit-
gliederabstimmung würde das Vetorecht
eines CSU-Chefs aushebeln. Und über-
haupt, sagt Söder: „Wie wirkt das auf unse-
ren Gast morgen?“ Da kommt CDU-Che-
fin Annegret Kramp-Karrenbauer nach

München, auch sie lehnt eine Urwahl ab. Die
Mehrheit der Delegierten folgt Söder.
Eine große Debatte gibt es aber; sie
nimmt mit diesem Parteitag ihren Anfang
und wird die CSU vermutlich lange beschäf-
tigen: Wie halten es die Christsozialen mit
den Grünen? Viele in der Partei sprechen
über sie schon als künftige Partner im Bund.
Sogar der frühere Parteichef Erwin Huber,
eigentlich als Grünenfresser bekannt. Söder
versucht, die Grünen als Gegner zu brand-
marken: „Die Grünen haben mehr Moral als
wir, sie haben sogar eine Doppelmoral.“
Grün-Rot-Rot in Berlin, sagt Söder, „wäre
ein schwerer Schaden für das Land“.

München– Welche Botschaft diese Aufga-
be wohl in den Köpfen von Neuntklässlern
hinterlässt? Zu sehen ist eine Zapfsäule,
an der jemand getankt hat, 47,22 Liter für
58,51 Euro. Neben der Anzeige klebt ein
Sticker, der informiert, dass auf jeden ge-
tankten Euro 73 Cent Steuern entfallen.
„Wie viel erhält der Staat bei der darge-
stellten Tankfüllung an Steuern?“ lautet
die erste Frage an die Schüler, fünf Beträ-
ge stehen zur Wahl. Teilaufgabe 2 beginnt
mit dem Satz einer gewissen Petra. „Wenn
der Staat überhaupt keine Steuern auf
Benzin mehr erheben würde, würde der
Benzinpreis auf etwa ein Viertel des jetzi-
gen Preises sinken.“ Die Schüler sollen er-
klären, wie Petra zu der Aussage kommt –
rein mathematisch natürlich.
45000 Neuntklässlerinnen und Neunt-
klässler aus allen Schulformen haben sich
im vergangenen Jahr an mathematischen
und naturwissenschaftlichen Aufgaben
dieser Art versucht. Es ging nicht um No-
ten, sondern darum, dass Wissenschaftler
im Auftrag der Bundesländer den Leis-
tungsstand am Ende der sogenannten Se-
kundarstufe 1 ermitteln können. Das Er-
gebnis stellten Forscher des Instituts zur


Qualitätsentwicklung im Bildungswesen
(IQB) am Freitag in Berlin vor. Der IQB-Bil-
dungstrend 2018 bestätigt das Bild, das
schon viele Vergleichstests ergeben ha-
ben: Schüler in Sachsen und Bayern
schneiden besonders gut ab, Bremen und
Berlin fallen ab. In Mathe etwa erreichen
41 respektive 34 Prozent der Neuntkläss-
ler dort nicht das Mindestniveau. Bundes-
weit sind es 24 Prozent, in Biologie, Che-
mie und Physik liegen die Werte mit 5, 17
und 9 Prozent niedriger. Allerdings gilt
dieses Mindestniveau für den Mittleren
Schulabschluss in der 10. Klasse – den
Schülern, die am Test teilnehmen, bleibt
also noch ein Jahr, um aufzuholen.


Die Forscher um IQB-Chefin Petra Sta-
nat werten die Ergebnisse trotz dieser
teils hohen Werte als Erfolg. Ihre Begrün-
dung: Im Vergleich zu 2012 blieben die
Leistungen der Schüler stabil – obwohl
die Herausforderungen, vor denen die
Schulen stehen, gewachsen sind. Denn
auch in den neunten Klassen zeigen sich
nun Veränderungen, die in den Grund-
schulen schon länger sichtbar sind: Sie
sind „heterogener“ geworden, wie das die

Wissenschaftler nennen, will heißen: bun-
ter – und dadurch für die Lehrer nicht ein-
facher. Um sieben Prozentpunkte hat zwi-
schen 2012 und 2018 der Anteil der Neunt-
klässler zugenommen, von denen mindes-
tens ein Elternteil nicht in Deutschland ge-
boren wurde. Bundesweit liegt er nun bei
einem Drittel, in Bremen und Berlin bei
knapp der Hälfte, in Bayern bei 29 Pro-
zent, in Sachsen bei 12 Prozent.
Zudem besuchen im Zuge der Inklusi-
on deutlich mehr Schüler eine Regelschu-
le, die früher noch auf eine Förderschule
gegangen wären. Die Quote der Jugendli-
chen mit sonderpädagogischem Förderbe-
darf, die eine Regelschule besuchen, stieg
bundesweit um 20 Prozentpunkte. Und
nirgendwo wird die Inklusion so konse-
quent umgesetzt wie in Berlin und Bre-
men. Zwei Drittel der Jugendlichen mit
Förderbedarf gehen in der Hauptstadt auf
eine Regelschule, in Bremen sogar 88 Pro-
zent. Das schlechte Abschneiden beider
Länder hat maßgeblich damit zu tun, dass
ihre Klassen sich anders zusammenset-
zen als in den Flächenstaaten. In Sachsen
liegt die Inklusionsquote bei 26 Prozent.
Doch obwohl die Leistungen der Schü-
ler mit Blick auf ganz Deutschland kaum
Veränderungen zeigen, gibt es in einzel-
nen Ländern durchaus einen Trend – und
der zeigt häufig nach unten. Das gilt vor al-
lem für die ostdeutschen Flächenländer
Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Dort
schneiden die Schüler in allen untersuch-
ten Fächern schlechter ab als 2012. Ein Ab-
schwung, aber auf hohem Niveau.
Eine Erklärung bieten die Forscher
nicht, dafür zwei Ansatzpunkte. Erstens:
Die Leistungen an Gymnasien sinken wie-
derum besonders in Brandenburg und
Sachsen-Anhalt. Zweitens: Der Abwärts-
trend betrifft vor allem Jungen. In Bran-
denburg, Sachsen-Anhalt und anderen
Ländern schnitten sie in Mathe und Natur-
wissenschaften schlechter ab als 2012. Im
Schnitt interessieren sie sich auch weni-
ger für die Fächer und glauben weniger an
sich, vor allem in Mathe. Insgesamt rech-
nen sie trotzdem sicherer als Mädchen. In
Biologie ist es umgekehrt, hier liegen die
Mädchen vorn. In Chemie und Physik zei-
gen Jungen mehr Selbstvertrauen und In-
teresse – die besseren Leistungen bringen
die Mädchen. paul munzinger

München– Gut 60 Meter ist diePoseidon
lang und mehr als elf Meter breit, ein-
drucksvoll ragen zwei rot lackierte Kräne
in der Mitte und am Heck in die Höhe.
Mehr als 40 Jahre schon tuckert das
Schiff im Dienst der Wissenschaft übers
Meer, gerade ist es in der Ägäis, wo For-
scher einen Unterwasservulkan erkun-
den. Doch das Helmholtz-Zentrum für
Ozeanforschung in Kiel möchte diePosei-
donverkaufen; bei der bundeseigenen
Verwertungsgesellschaft Vebeg kann
man Gebote einreichen und das Schiff
am 15. und 16. Januar in Kiel besichtigen.
Über Bieter und Gebote schweigt die
Vebeg, über einen möglichen Interessen-
ten aber hat dasFlensburger Tageblatt
schon berichtet: Die Evangelische Kirche
in Deutschland (EKD) soll diePoseidonim
Blick haben. Im September hat der Rat
der EKD beschlossen, ein eigenes Schiff
zur Rettung von Flüchtlingen ins Mittel-
meer zu schicken, seitdem suchen der
Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-
Strohm und seine Mitstreiter ein geeigne-
tes Gefährt, das den Finanzrahmen nicht
sprengt. DiePoseidonsei „möglicherwei-
se für einen solchen Einsatz geeignet“,
sagt ein EKD-Sprecher dazu lediglich.
Denn zum einen gibt es offenbar meh-
rere Bieter, zum anderen hat die evangeli-
sche Kirche auch noch einige Fragen zu
klären, bis es an den Schiffskauf gehen
kann. Betreibt sie es selber? Und wer sind
die Partner, mit denen die EKD auf Ret-
tungsfahrt geht? Im September präsen-
tierte Bedford-Strohm den EKD-Be-
schluss gemeinsam mit Vertretern von
„Ärzte ohne Grenzen“, der Organisation
„Seebrücke“ und einem Bündnis von
Städten, die gerettete Flüchtlinge aufneh-
men wollen. Hinzu kommen könnte die
evangelische Seemannsmission, aber, so
heißt es in Kirchenkreisen, auch deut-
sche Reeder, die froh seien, wenn sich je-
mand um die Schiffbrüchigen kümmere.
Die Zeit drängt langsam – vor Weih-
nachten muss das Konzept stehen, will
man um Spenden werben und das Ret-
tungsschiff im Frühjahr auslaufen las-
sen. Die Reaktionen aus den Gemeinden
auf das Vorhaben, das lässt sich der Spre-
cher noch entlocken, seien „überwiegend
positiv“; es gebe allerdings „gezielte
Nachfragen“. matthias drobinski

Der


Vorauseilende


Söderwill die CSU jünger, grüner und weiblicher
machen. Nun muss er den Parteitag überzeugen

Über 90 Prozent: Markus Söder ließ sich feiern in der Münchner Olympiahalle. FOTO: PETER KNEFFEL/DPA

Sachsen und Bayern vorn


Bundesweiter Test untersucht Leistungen von Neuntklässlern


Ein Schiff


könnte kommen


Die evangelische Kirche sucht ein
Boot für die Seenot-Rettung

DEFGH Nr. 242, Samstag/Sonntag, 19./20. Oktober 2019 HF3 POLITIK 7


In Brandenburg, Sachsen-Anhalt
und anderen Ländern haben vor
allem die Jungen nachgelassen

Die Partei wirft sich ihren


Frontleutengern an den Hals.


Die Loyalitätsfrage folgt später


Wo Schüler an Mathe scheitern


Anteil, die den Mindeststandard nicht erreichen in %


40,6Bremen
33,
31,
29,
28,
28,
28,
27,
27,
24,
24,
24,
23,
22,
19,
17,
14,

Berlin
Saarland
Mecklenburg-V.
Hamburg
Hessen
Schleswig-Hol.
Nordrhein-West.
Rheinland-Pfalz
Sachsen-Anhalt
Deutschland
Brandenburg
Niedersachsen
Baden-Württem.
Thüringen
Bayern
Sachsen
SZ-Grafik; Quelle: IQB

Menschheit und Klima außer Kontrolle


Im Haus der Menschheit breitet sich Feuer aus, wie 2001 in den Zwillingstürmen des World Trade Centers. Greta Thunberg sagte am 21.09.2019 beim
UN-Klimagipfel in New York: "Menschen leiden, Menschen sterben, ganze Ökosysteme brechen zusammen. Wir stehen am Anfang eines Massen-
aussterbens. Und alles, worüber ihr reden könnt, ist Geld und die Märchen von einem für immer anhaltenden wirtschaftlichen Wachstum."
Ja, die Betonköpfe in der Politik blockieren seit vielen Jahren wirksame Rettungsmanöver. Und die Wirtschaft wird von sich aus kaum die Ausbeutung
des Planeten bremsen.
Der militärische Tiger auf dem Globus sind die USA, wegen ihrer weltweiten Militärbasen und Militäreinsätze. Die wirtschaftlichen Tiger sind im Osten
China und im Westen Deutschland. Diese Länder haben eine hoch entwickelte Wirtschaft, die viele Arbeitsplätze und einen großen Exportüberschuss
schafft und von den Regierungen stark gefördert wird. Der Exportüberschuss hat reiche Gläubiger-Länder und hoch verschuldete arme Länder ge-
schaffen. Das ist wirtschaftliche Eroberung, vergleichbar mit der feindlichen Übernahme bei Unternehmen.
In Deutschland vergrößert sich laufend die Kluft zwischen Arm und Reich. Auch der deutsche Staat ist hoch verschuldet. Damit ist auch die Allge-
meinheit an die Reichen verschuldet, die Inhaber der Staatsanleihen sind. Steuern sollen unter anderem dem sozialen Ausgleich dienen. Doch dieser
Ausgleich wurde abgebaut. Die großen Konzerne werden gehätschelt und ihre Gewinne immer weniger besteuert. Zwischen den Ländern ist der
soziale Unterschied noch größer. Hier gibt es so gut wie keinen sozialen Ausgleich. Daher sind die armen Länder kaum mehr demokratisch regierbar.
Dagegen haben die 10 reichsten Personen der Welt ein Vermögen zwischen 50 und 100 Milliarden US-Dollar, also zusammen weit über 500 Milliarden
US-Dollar. Nur 400 Milliarden US-Dollar ergäben einen Stapel von 40.000 km Höhe, wenn man Ein-Dollar-Geldscheine mit 0,1 mm Dicke übereinander
legen würde. Mit diesem Stapel könnte man den ganzen Erdumfang umrunden. Mit jedem dieser Scheine könnten sich aber auch hungernde Menschen
etwas zu essen kaufen.

Nach dem Scheitern des totalen Sozialismus kam der totale Kapitalismus. Seine Wirtschaftslehre sagt, vereinfacht, der Staat müsse schrumpfen, und
die Wirtschaft müsse wachsen. Und die Wirtschaft sei ein empfindliches Uhrwerk, das wir noch nicht einmal verstehen. Im Buch 'Makroökonomie'
von Blanchard und Illing (900 Seiten) kommt der amerikanische Ökonom Milton Friedman (1912-2006) zu Wort, nach dessen Meinung die Wirt-
schaftsprozesse noch immer nur wenig verstanden würden. Das Buch gipfelt in dem Bekenntnis 'Die Makroökonomen und damit auch die politischen
Entscheidungsträger, die sich auf den Rat der Makroökonomen verlassen, wissen wenig. Deshalb sollten sie auch wenig tun.'
Dieses ‚Finger weg von der Wirtschaft' (außer Förderung derselben), also der Neoliberalismus, wird naturgemäß von der Lobby der Wirtschaft unterstützt.
Und ihr Einfluss reicht bis tief in die Entscheidungsprozesse der Politik. So heißt es auch ‚Hände weg von den Milliardengewinnen der Konzerne'. Und so
konnte eine CO2-Steuer, die diesen Namen verdient, in Deutschland nicht zustande kommen. Obwohl sich auch die fünf Wirtschaftsweisen dafür ausge-
sprochen hatten. In der Schweiz beträgt die Steuer pro Tonne CO2 seit dem 1. Januar 2018 96 Franken pro Tonne CO2, also etwa 80 Euro. Der Ertrag
daraus wird den Bürgern pro Kopf und Nase zurückgegeben.
Die Sozialpolitik und die Klimapolitik wurden fatal geschröpft. Daran schuld ist auch der Wachstumszwang in unserer ungeregelten Wirtschaft. Es müs-
sen da nämlich die enormen Gewinne immer wieder lukrative Anlagemöglichkeiten finden. Denn andernfalls hat der Geldkreislauf ein Leck, das zur
Wirtschaftskrise und zu Massenarbeitslosigkeit führt. Das Leck bedeutet, dass zu viel Geld auf Bankkonten landet (von wo man es gegenwärtig mit
Minuszinsen vertreiben will), oder dass Geld auf die internationalen Finanzmärkte flieht.
Die Lösung dafür ist, dass der Staat genügend Überschüsse der Reichen durch Steuern abschöpft. Doch weil es keine Grenzen mehr für das Geld
gibt, ist das ‚scheue Reh' Kapital schnell in ein Land mit niedrigen Steuern geflüchtet. Schon 1996 sagte der damalige Chef der Deutschen Bundes-
bank, Hans Tietmeyer: ‚Die meisten Politiker sind sich noch nicht im Klaren darüber, wie sehr sie unter der Kontrolle der internationalen Finanzmärkte
stehen und sogar von diesen beherrscht werden'. Die Aufgabe der Politik ist heute, die Zügel wieder in die Hand zu nehmen. Leider ging man durch
die Privatisierungswelle und die Freihandelsverträge in die entgegengesetzte Richtung.
Der Staat muss wieder die oberste Macht werden und diese Macht zum Wohl der Menschen einsetzen. Und der wirtschaftliche Eroberungskrieg ge-
gen andere Länder muss beendet werden. Die Macht der Konzerne, die dabei die Sturmspitzen sind, muss überwunden werden. Konzerne ver-
dienen auch an der militärischen Hochrüstung. Doch statt Verteidigungsbündnissen gegen Staaten, deren Politik uns nicht gefällt, benötigen wir Ver-
teidigungsbündnisse gegen den Klimawandel. Reiche Länder müssen nicht nur ihre Klimaziele erreichen, sondern auch noch arme Ländern dabei
unterstützen. Länder, die weiterhin auf wirtschaftliche Eroberung setzen, sind mit Wirtschaftssanktionen zu belegen.
Um die Wirtschaft in die richtigen Bahnen zu lenken und Wirtschaftskrisen vorzubeugen, ist auch ein besseres Verständnis der wirtschaftlichen Zu-
sammenhänge notwendig. Dazu dient mein Buch ‚Im Licht der Geldströme - Die Wirtschaft verstehen und dem Wohl der Menschen unterordnen'. Es
macht die Wirtschaft durch viele Bilder verständlich, wie eine Schnittzeichnung mit Zylinder, Kolben, Ventilen, Kurbelwelle usw. einen Verbrennungsmotor
verständlich macht. Das Buch zeigt auch der Politik den Weg zwischen totalem Kapitalismus und totalem Sozialismus. Und wie eine Wirtschaft ohne
Wachstum stabil gehalten werden kann. Und es räumt mit dem Irrglauben auf, wenn nur genügend Wirtschaftswachstum generiert würde, würde das
Steigen des Wasserspiegels' auch die kleinen Boote (der armen Menschen) nach oben heben. Tatsächlich hebt sich nun ja der Spiegel der Weltmeere.
Die Klimagerechtigkeit fordert, dass Deutschland seine Rolle als wirtschaftlicher Eroberer aufgibt und die Rettung des Klimas in Angriff nimmt. Ist das
ungenügende Klimaschutzpaket der Bundesregierung vielleicht der zaghafte Anfang einer neuen Ära? Doch die Zeit drängt. Warnungen, steuerliche
Belastungen würden die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft bedrohen, sind angesichts des deutschen Exportüberschusses von jährlich
etwa 200 Milliarden Euro grotesk. Außenhandelsgleichgewicht ist die Formel für Frieden und Gerechtigkeit unter den Ländern.
Entrüsten wir uns mit Greta Thunberg über die alte Politik und fordern wir Verantwortungsbewusstsein für die ganze Menschheit und die ganze
Schöpfung. Lassen wir uns anstecken von Fridays for Future. Auch wenn uns Leugnung der Klimazusammenhänge, veraltetes Wissen und aggressive
Verteidigung von Machtpositionen, Geldquellen und luxuriösem Lebensstil entgegen stehen. Verzichten wir auch gelegentlich auf etwas!
BBeewwe eggeenn wwi irr uunnss aabbeer r nni icchht t,, uunndd bbeewwe eggt t ssi icchh iinnssbbeessoonnddeer ree ddi iee ddeeuut tsscchhee PPool liitti ikk nni icchht t,, wwe er rddeenn ddaadduur rcchh mme ehhr r MMe ennsscchheenn sst teer rbbeenn aal lss dduur rcchh ddeenn
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der Globalisierung eine soziale Komponente zu geben, gleicht das nicht aus. Allein in New York leben 60.000 Menschen als Obdachlose auf der
Straße. In vielen armen Ländern erzeugen Hunger und Elend Chaos, Diktaturen und Flüchtlingsströme. Deutschland steht vor der unangenehmen
Alternative, für Flüchtlinge die Grenzen zu öffnen oder sie im Mittelmeer und in Lagern vor die Hunde gehen zu lassen. Das alles spaltet die
Gesellschaft. So verloren in vielen Ländern und zuletzt auch in Deutschland die etablierten Parteien massiv an Boden. Nun muss man z. B. bei einem
Tempolimit auf Autobahnen fürchten, noch mehr Wähler an die AfD zu verlieren. Erst recht, wenn es zu einer Wirtschaftskrise kommt.
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