Berliner Zeitung - 19.10.2019

(Tina Sui) #1
Impfquote bei Masern
Von den Kindern,die bei der Schuleingangs-
untersuchung 2017 ein Impfbuchvorgelegt
haben*,hattenso viele die zweiteSchutz-
impfunggegenMasernerhalten

89,

90,

91,

92,

92,

92,

93,

93,

93,

93,

93,

93,

93,

94,

95,

95,

80 85

in Prozent

(^90) 95 %
MITTE
97,7% 82,5%
SPANDAU
97,4% 83,9%
REINICKENDORF
96,3% 79,9%
PANKOW
98,5% 78,6%
LICHTENBERG
97,3% 75,2%
FRIEDRICHSH.-KREUZBERG
97,5% 80,9%
MARZAHN-
HELLERSDORF
96,3% 73,9%
TREPTOW-KÖPENICK
95,8% 73,1%
NEUKÖLLN
97,1% 80,9%
TEMPELHOF-
SCHÖNEBERG
98,1% 83,8%
STEGLITZ-ZEHLENDORF
97,7% 82,0%
CHARLOTTENBURG-
WILMERSDORF
98,1% 83,1%
1Impfung
im Alter von 11
bis 14 Monaten
2Impfung
im Alter von 15
bis 23 Monaten
Masernimpfungen
in Berlin
BLZ/GALANTY; QUELLE: VACMAP.DE, RKI STAND APRIL 2019
angestrebte Impfquote
Baden-Württ.
Saarland
Bremen
Bayern
Berlin
Sachsen
Thüringen
Hessen
Hamburg
Brandenburg
Niedersachsen
Mecklenburg-Vorpommern
Sachsen-Anhalt
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Schleswig-Holstein
8,4 %haben kein
Impfbuch vorgelegt
Berliner Zeitung·Nummer 243·19./20. Oktober 2019–Seite 9

·························································································································································································································································································


Berlin

TurmbauaufderKippe:KreuzbergsBaustadtratinterveniertbei„Edge“-GebäudeSeite


RappenfürdenKater:FlorianSchäfersMusikvideoverfolgteinengutenZweckSeite


D


er nächste größereMa-
sernausbruch wirdsich
mit einigerWahrschein-
lichkeit im südlichen
PrenzlauerBerg ereignen.Denndort
sind nur 89,4Proz ent der schul-
pflichtigenKinder gegen die Krank-
heit geimpft. „Nicht so gut“ nennt
dasder PankowerAmtsarztUwePe-
ters,wasmanalsklassischesUnder-
statementwerten könnte.Denn Pe-
ters hält dieseEcke des Bezirks für
einProblemgebiet.Dortwohntenin
konzentrierter Menge Impfgegner,
sagt Peters.Dazu komme eineweit
verbreiteteNachlässigkeit bei den
Eltern. „DasImpfen wir dvergessen
oderaufgeschoben“,sagtPeters.
Im übrigenBezirksind deutlich
mehr Schulanfänger gegenMasern
gewappnet.Ambestenstehtdasnörd-
licheWeißenseeda.Dasistdereinzige
Fleckim Bezirk,andemzumindestdie
KinderimSchulalterdieVorstellungen
der StändigenImpfkommission am
Robert-Koch-Instituterfüllen.Allean-
derenliegendarunter.


EmpfehlungderWHO

AmtsarztPetershatdieentsprechen-
den Statistikenvorsich auf dem
Tisch ausgebreitet.Er leitet dasGe-
sundheitsamt inPankow. Zu seinen
Aufgabengehörtes,dieImpflückezu
schließen,wieerdieWerteunterei-
nerDurchimpfungsratederBevölke-
rung von95P roze nt nennt.Dieser
Wertwirdvonder Weltgesundheits-
organisation(WHO) für die beiden
notwendigenImpfungen empfoh-
len, die üblichweise bei Ein- bis
Zweijährigenerfolgen.Denneinsol-
cher Wert biete auchMenschen ei-
nen gewissen Schutz, die etwawe-
gen einer Immunschwäche nicht
geimpftwerden können (Herden-
schutz). Für die ersteMasernimp-
fung lag dieImpfquote inDeutsch-
land 2016 bei Schulanfängernbei
97,1 Proz ent, für die zweite aller-
dingsnurbei92,9Proz ent.
Peters wir dauch umsetzen müs-
sen, was zurzeit im Bundestag be-
schlossenwerden soll: eineImpf-
pflichtvoralleman KitasundSchu-
len. AmFreitag wurde ein entspre-
chender Gesetzentwurferstmals
beraten,biszumJahresendesolleine
Entscheidungfallen.Vorgesehenist,
dassElternvonMär z2020annach-
weisen müssen, dass ihreKinder
geimpftsind,bevordieseKitasoder
Schulen besuchen dürfen.Gleiches
sollfür BeschäftigteinSchulen,Kitas
und medizinischen Einrichtungen
gelten. BeiVerstößen sollen dieGe-


Postvom


Amtsarzt


DerBundestagberätüberdie


Masern-Impfpflicht.Aberwiesollsie


aussehen?Überlegungenim


PankowerGesundheitsamt,wieman


VerweigerermitBußgeldund


Kita-VerbotzumImpfenbringt


VonJulia Haak


sundheitsämter2500 Euro Bußgeld
verhängenunddieKindervomKita-
Besuchausschließen.
Maserngelten als ernst zu neh-
mende Erkrankung. Im Gesetzent-
wurfheißt es: „Maserngehören zu
den ansteckendsten Infektions-
krankheiten desMenschen.Siever-
laufenschwerundziehenKomplika-
tionenundFolgeerkrankungennach
sich. Eine Masern-Infektion ist da-
mit anders alsverbreitet angenom-
men keine harmlose Krankheit.Im
Jahr 2018 kam esweltweit zu einer
VerdoppelungderMasernfallzahlen.
In DeutschlandsindnebenKindern
auch Jugendliche undErwachsene
vonMasernerkrankungenbetroffen.
Dieszeigt,dassdieeigentlichimKin-
desalter vorzunehmende Impfung
vernachlässigtwurde.“
Über die Notwendigkeit einer
Impfpflicht ist in denverg angenen
Monatenvielgestrittenworden.Die
NotwendigkeitvonImpfungen ge-
genMasernwirdvonFachleutenda-
bei allerdings nicht infrage gestellt.
RadikaleImpfgegnerargumentieren
meistmitinmedizinischerHinsicht
nichthaltbarenRisikenvonImpfun-
gen. Fachleute ziehen dagegen nur
infrage ,obe ine Pflicht tatsächlich
zumangestrebtenZieleinerhöheren
Durchimpfungsrateführenwird.
Sieargumentieren,dassderAnteil
geimpfterKinderauchohnePflichtin
denverg angenenJahrendeutlichzu-
genommen habe,und verlangen
niedrigschwelligereAngebote zum
Impfen,umweitereErfolgezuerzie-
len. Cornelia Betsch, Professorin an
derUniErfurt,siehtdiemeistenPro-
bleme bei unzureichend geimpften
Erwachsenen.Menschen, die einer
Impfpflicht kritisch gegenüberste-
hen, könnten trotzigreagieren.Sie
würdeninderFolgeanderefreiwillige
Impfungenvermeiden.
UwePeters imGesundheitsamt
Pankowist trotzdem für eineImpf-
pflicht. „Ich finde es gut, dass im
Sinne der Allgemeinheit alle ver-
pflichtet werden sollen“, sagt er.
Über dieKinder erreiche man die
Erwachsenen.Petersregtan,eigene
ImpfstättenindenGesundheitsäm-
ternzus chaffen.„Das wärevor al-
lem im Hinblick auf erhebliche
Impflücken bei jungenErwachse-
nengut.“
Eristgespannt,obderGesetzent-
wurfdurchkommt. Problematisch
istausseinerSicht,dassbishernicht
geklärtist, werdas zusätzlich not-
wendige Personal bezahlen wird.
DasGeld müsse über den Länderfi-

nanzausgleichvomBund kommen,
sagtPeters.ImG esundheitsamtPan-
kow, sohaterausgerechnet,würden
beieinerImpfpflichtzusätzlicheine
halbeArztstelleundzweiStellenfür
Verwaltungskräftegebraucht.
Vorgesehen ist folgenderAblauf:
Schulen undKindergärtenverlan-

gen vorder Aufnahme dieVorlage
eines Impfpasses.FehlenderImpf-
schutz wirddem Gesundheitsamt
gemeldet.„Dannversuchen wir im
Sinne der Aufklärung, die Eltern
dazuzubewegen,ihreKinderimp-
fenzulassen“,sagtPeters.Wersich
weigertundbei wemkeinegesund-

heitlichenGründe gegen eineImp-
fung sprechen, soll mit Bußgeld
oder Zwangsgeld zumImpfen ge-
bracht werden. „Ungeklärtist, wie
wir mit Fällen umgehen sollen, in
denen sich jemand trotzdem be-
harrlich weigert“, sagt Peters.
Schließlich gilt auch für dieseKin-

derSchulpflicht.„AberdassindEin-
zelfälle.Esg ehtdarum,über95Pro-
zentzukommenundeinZeichenzu
setzen“, sagtPeters.Die Aufmerk-
samkeit in derBevölkerungwerde
durchdiePflichtzumImpfeninje-
dem Fall steigen und dieQuote
auch,glaubtPeters.

IhreMeinung
ist uns wichtig:
Leserbriefe
auf
Seite 16

Frischer Wind–


fürsauberen


Strom.


DieZeitenändernsich.Und auch wir:RWE istab
soforteiner derweltweitgrößtenStromerzeuger
aus ErneuerbarenEnergien.Für Strom, dersauber,
sicher undbezahlbar ist. Fürein nachhaltigesLeben.
Undmit einem klarenZiel: klimaneutralbis2040.
Free download pdf