Süddeutsche Zeitung - 24.10.2019

(Nora) #1
Straßburg– Mehr Geld für das Klima und
die Jugend: Am Mittwoch beschloss das Eu-
ropäische Parlament in Straßburg mit gro-
ßer Mehrheit seine Forderungen für den
EU-Haushalt im kommenden Jahr. Die EU-
Kommission schlug eine Obergrenze von
168,3 Milliarden Euro vor, die Mitgliedstaa-
ten sprachen sich im September für 166,
Milliarden Euro aus. Die Abgeordneten ver-
langen nun 170,9 Milliarden Euro, etwa
vier Milliarden Euro mehr als die Länder.
Davon profitieren sollen Initiativen für
den Klimaschutz, für arbeitslose Jugendli-
che oder auch das Erasmus-Austauschpro-
gramm. Der Ministerrat, die Vertretung
der Mitgliedstaaten, antwortete prompt,
nicht alle Änderungen der Parlamentarier
am Haushaltsplan akzeptieren zu wollen.
Beide Seiten müssen sich einigen; erste Ge-
spräche finden am 4. November statt.
Die CSU-Europaabgeordnete Monika
Hohlmeier war verantwortlich für die

Haushaltsplanung der Parlamentarier. Sie
sagt, das Parlament wolle „ehrgeizige Kli-
maziele erfolgreich mit Programmen kom-
binieren, die neue Arbeitsplätze schaffen
und die Wettbewerbsfähigkeit steigern“.
Der Zwist um das Jahresbudget liefert ei-
nen Vorgeschmack auf eine verwandte De-
batte, bei der es um noch viel mehr geht:
Die Regierungen streiten gerade über den
Haushaltsrahmen der EU für die sieben
Jahre von 2021 bis 2027. Haben sie sich ge-
einigt, müssen sie hier ebenfalls die Zu-
stimmung des Parlaments finden. Die
Kommission schlägt für den Zeitraum ins-
gesamt 1,135 Billionen Euro als Höchst-
grenze vor. Das ist einigen wichtigen Bei-
tragszahlern wie Deutschland schon zu teu-
er, doch das Europaparlament verlangt so-
gar satte 189 Milliarden Euro mehr.
Sven Giegold, finanzpolitischer Spre-
cher der Grünen-Fraktion im Europaparla-
ment, sagt, die Forderungen der Abgeord-

neten für den Haushalt 2020 sendeten „ei-
ne klare Botschaft für die anstehenden Ver-
handlungen des nächsten mehrjährigen Fi-
nanzrahmens. Die Mitgliedstaaten und ins-
besondere die Bundesregierung müssen
endlich ihre Blockadehaltung aufgeben.“

Die Staats- und Regierungschefs spra-
chen vorige Woche bei ihrem Gipfeltreffen
über den siebenjährigen Haushaltsrah-
men, aber ihre Positionen liegen weit aus-
einander. Die Debatte ist noch schwieriger
als sonst, weil mit Großbritannien ein wich-
tiger Beitragszahler vermutlich wegfällt.
Zugleich verspricht die designierte Kom-
missionspräsidentin Ursula von der Leyen
ehrgeizige und damit teure Projekte.

Der Vorschlag der Kommission bedeu-
tet, dass die EU gut 1,1 Prozent der Wirt-
schaftsleistung des Blocks ausgeben dürf-
te. Beim laufenden Budgetrahmen ist es
ein Prozent; die Steigerung soll den Ab-
gang der Briten teilweise ausgleichen.
Deutschland und andere Nettozahler wol-
len dagegen bei einem Prozent bleiben.
Doch Regierungen, die mehr Geld aus Brüs-
sel bekommen als dorthin überweisen, ver-
langen einen üppigeren Sieben-Jahres-
Plan. Die finnische Regierung, die gerade
die EU-Ratspräsidentschaft innehat, prä-
sentierte als Kompromiss eine Spanne von
1,03 bis 1,08 Prozent. Das erzürnt wieder-
um die Europa-Parlamentarier, die 1,3 Pro-
zent fordern: Manfred Weber, Fraktions-
chef der Europäischen Volkspartei, nennt
die Vorlage „eine Provokation“. Er warnt
die Regierungen, nicht zu riskieren, dass
ihr Finanzrahmen „am Ende im Europäi-
schen Parlament scheitert“. björn finke

Köln –Im rasch wachsenden und hoch
lukrativen Markt der Vergleichsportale
bahnt sich eine heftige Auseinanderset-
zung an: Die Platzhirsche Check24 und
Verivox werden von einem neuen Rivalen
angegriffen: Das Vergleichsportal Joonko
geht in dieser Woche online. In der ersten
Phase können Kunden dort nur Tarife in
der Autoversicherung vergleichen, 24 An-
bieter sind dabei. Die Marktführer HUK-
Coburg und Allianz fehlen.
Joonko ist eine Gründung des Berliner
Firmenentwicklers Finleap. Der weltweit
größte Versicherer Ping An aus China ist so-
wohl an Finleap als auch an Joonko betei-
ligt. Joonko-Chefin Carolin Gabor setzt
auch auf technische Unterstützung ihrer
Anteilseigner. Vergleichsportale ermögli-
chen es Kunden, Preise bei Versicherun-
gen, Krediten, Handyverträgen, Energielie-
feranten oder Mietwagen digital zu verglei-
chen. Technisch gesehen sind die Portale
Makler – wenn sie zum Beispiel eine Auto-
versicherung vermitteln, zahlt der Versi-
cherer ihnen eine Provision.
Check24 und Verivox müssen die neue
Konkurrenz fürchten, weil mit Finleap und
Ping An zwei digital erfahrene und sehr er-
folgreiche Unternehmen hinter Joonko ste-
hen. Offenbar denken sie langfristig: „Es
ist gut möglich, dass wir erst in fünf Jahren
Gewinn machen“, sagte Gabor. Aktuell hat
Joonko 10,5 Millionen Euro Kapital, zu den
Geldgebern gehört neben Finleap und
Ping An auch das Berliner Finanz-Start-up
Raisin (Weltsparen). Gabor geht davon aus,
dass ihre Firma für den Aufbau einen ho-
hen zweistelligen oder sogar einen dreistel-
ligen Millionenbetrag brauchen wird.
„Wir wollen alles viel einfacher ma-
chen“, sagte sie. Deshalb sei der Fragenka-
talog, den der Kunde vor dem Vergleich der
Autotarife beantworten muss, von 54 Fra-
gen bei anderen Online-Abschlüssen auf
22 Fragen zurechtgestutzt worden. „Wir ha-
ben mit den Versicherern nur eine laufen-
de Provision vereinbart, keine Abschluss-
provision“, sagte Gabor weiter. Deshalb ha-
be Joonko kein finanzielles Interesse dar-
an, dass ein Kunde jedes Jahr wechselt.
Das ist eine klare Spitze gegen Check24 –
aber Check24 weist den Vorwurf, die Kun-
den systematisch zum häufigen Wechsel
zu animieren, scharf zurück.
Schließlich unterscheide sich die Bewer-
tung der Angebote von der bei Rivalen, sag-
te Gabor. „Wir stellen eine Reihe von quali-
tativen Fragen, etwa wie wichtig dem Kun-
den die Erreichbarkeit des Versicherers
rund um die Uhr ist.“ Solche weichen Fakto-
ren fließen dann in die Vorschläge ein, die
Joonko den Kunden macht.
Gabor hat keine Angst vor Check24.
„Aber wir haben Respekt.“ Sie rechnet sich
trotzdem gute Chancen aus. „Es gibt noch
sehr viel Platz in dem Markt für Vergleichs-
portale.“ Im ersten Schritt will sich das Por-
tal auf Deutschland konzentrieren, sieht
aber auch gute Möglichkeiten in anderen
Ländern Europas. herbert fromme


München– Der Zauberwürfel hat schon
vielen Menschen Kopfzerbrechen bereitet,
darunter dem Erfinder selbst. Nachdem
der ungarische Bauingenieur und Archi-
tekt Ernő Rubik an seinem dreidimensio-
nalen Werk gedreht hatte, sagte er: „Es war
wie ein Geheimcode, den ich selbst erfun-
den hatte, aber nicht mehr entschlüsseln
konnte!“ Knifflig ist die Sache auch für Ju-
risten. Seit mehr als 20 Jahren streiten sie
darüber, wie es sich mit den Rechten an
der Marke des Zauberwürfels verhält: ob
das Design, diese bunte Gitterstruktur, ge-
schützt werden kann. Und ob der Rubik’s
Cube, so sein offizieller englischer Name,
von anderen nachgebaut werden darf. An
diesem Donnerstag entscheidet das Ge-
richt der Europäischen Union (EuG) dar-
über. Die Entscheidung wird zwar nicht un-
mittelbar rechtskräftig, aber den jahrzehn-
telangen Rechtsstreit voraussichtlich been-
den.

Das EuG in Luxemburg galt früher als
„Gericht erster Instanz“, wurde aber in die-
sem Jahr aufgewertet, auch wenn der Euro-
päische Gerichtshof (EuGH) weiterhin das
letzte Wort hat. Markenrechtlerin Susan
Kempe-Müller bei der Kanzlei Hengeler
Mueller in Frankfurt sagt deswegen: „Es
ist zu erwarten, dass die Entscheidung des
Gerichts in diesem Verfahren die letzte
sein wird und der EuGH nicht mehr zum
Markenrecht Stellung nimmt.“ Denn seit
Mai kann der EuGH Rechtsmittel in Verfah-

ren nicht zuzulassen, wenn zuvor bereits
das EuG und eine unabhängige Beschwer-
dekammer entschieden haben. Im Fall des
Zauberwürfels ist das so.
Der EuGH hatte 2016 geurteilt – und
wird höchstwahrscheinlich bei seiner Mei-
nung bleiben. Demnach können Hersteller
das Design in bestimmten Fällen marken-
rechtlich nicht schützen. Es sieht daher

ziemlich gut aus für all jene, die einen eige-
nen Zauberwürfel entwickeln wollen oder
längst gebaut haben, wie etwa der deut-
sche Spielwarenhersteller Simba Toys. Die
Simba-Dickie-Group macht dem briti-
schen Hersteller des Rubik’s Cube den Mar-
kenschutz des Design seit 2006 streitig.
Seine Argumentation: Bei dem Zauber-
würfel handelt es sich um eine technische

Lösung, und die könne nicht durch eine
Marke geschützt werden. Der EuGH folgte
dem 2016 weitgehend. Weder das Europäi-
sche Markenamt EUIPO noch das EuG hät-
ten in den Vorinstanzen hinreichend ge-
prüft, ob die Form des Würfels eine techni-
sche Lösung enthalte. Für Laien übersetzt
heißt das, erklärt am Beispiel Stuhl: Ein
Stuhl hat immer eine waagerechte Sitzflä-
che. Ohne diese Form wäre ein Stuhl nicht
zum Sitzen geeignet. Die Form ist sozusa-
gen vorgegeben, sonst wäre der Stuhl kein
Stuhl. Deswegen kann sich niemand „den
Stuhl“ markenrechtlich schützen lassen.
„Der Gesetzgeber möchte dadurch vermei-
den, dass solche Formen durch das Mar-
kenrecht zugunsten eines Einzelnen mono-
polisiert werden können“, erklärt Kempe-
Müller.
Das Urteil, so es denn kommt und vom
EuGH bestätigt wird, kann daher auch Aus-
wirkungen auf andere Markenhersteller
haben, etwa auf die Verpackung von Ritter-
Sport-Schokolade oder Lego-Bausteine.
Auch da könnten Nachahmer bald Rechtssi-
cherheit bekommen, so wie wahrschein-
lich die Simba-Dickie-Group.
Ernő Rubik wird das alles aus der Ferne
in Budapest verfolgen oder auch nicht. Er
hatte den Würfel eigentlich entworfen, um
das räumliche Denkvermögen seiner Stu-
denten zu verbessern. Schließlich verkauf-
ten sich davon mehr als 350 Millionen
Stück. Er sei dadurch zwar nicht reich wie
Bill Gates geworden, sagte er mal in einem
Interview, aber für seine Kinder und Enkel-
kinder sei gesorgt. Die Sache mit der Mar-
ke habe er allerdings unterschätzt. „In mei-
nem nächsten Leben“, fügte Rubik hinzu,
„werde ich Anwalt.“ michael kläsgen

Berlin– Nach monatelangem Ringen soll
inDeutschland erstmals ein nationaler
Preis auf CO2 eingeführt werden – doch so
gut wie alle, die ihn gefordert haben, üben
nun Kritik daran. Das Kabinett hatte am
Mittwoch den Weg dafür freigemacht, von
2021 an sollen so Kraft- und Heizstoffe
künstlich verteuert werden. Umweltver-
bände und Opposition bezeichneten den
geplanten Einstiegspreis von zehn Euro je
Tonne CO2 als zu niedrig und den Mecha-
nismus dahinter als zu bürokratisch. Für
den Klimaschutz bringe er rein gar nichts,
sagte der FDP-Klimapolitiker Lukas Köh-
ler. Obendrein werde er trotz verfassungs-
rechtlicher Bedenken im Eiltempo be-
schlossen. „Nach der Pkw-Maut droht nun
auch in der Klimapolitik ein Desaster“,
warnte Köhler. Nach Plänen der Koalition
soll das Preissystem, das langfristig in ei-
nen Handel mit Emissionsrechten überge-
hen soll, bis Ende November Bundesrat
und Bundestag passiert haben.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter
bezeichnete den Plan als „von vornherein
defektes und teures Bürokratiemonster“,
das obendrein in den ersten Jahren wir-
kungslos bleibe. Statt bei zehn Euro müsse
der Einstiegspreis bei 40 Euro liegen, for-
derte er. Kritik regt sich auch innerhalb der
Koalition. Der niedrige Preis sei „das Ge-
genteil von Klimaschutz und verleugnet
den dringenden Handlungsbedarf“, sagte
die SPD-Umweltpolitikerin Nina Scheer,
die auch für den Parteivorsitz kandidiert.
Nach Plänen der Koalition soll der Auf-
preis auf Sprit und Heizstoffe über die Jah-
re steigen und bis 2025 ein Niveau von 35
Euro je Tonne erreichen. Erst dann soll ein
Handel mit Zertifikaten beginnen. miba

von michael bauchmüller

Berlin– Ein schrittweiser Abschied von Öl-
heizungen, mehr klimafreundliche Wär-
me in den Häusern – aber viele Aus-
nahmen und Sonderregelungen für Härte-
fälle: Mit dem „Gesetz zur Vereinheit-
lichung des Energiesparrechts für Gebäu-
de“ hat die Bundesregierung am Mittwoch
den letzten großen Baustein für ihr Klima-
paket auf den Weg gebracht. Ein Über-
blick.


Wieso gibt es überhaupt Klima-Standards
für Gebäude?
Ein Siebtel der deutschen Treibhausgas-
emissionen ist direkt auf Gebäude zurück-
zuführen. Vor allem beim Heizen und bei
der Warmwasseraufbereitung fallen Emis-
sionen an, zunehmend auch bei der Küh-
lung. Um die deutschen Klimaziele zu errei-
chen, sollen die Emissionen von derzeit
120 Millionen Tonnen Kohlendioxid bis
2030 auf 72 Millionen Tonnen fallen. Da-
bei soll auch das Gesetz helfen. Das Ziel, da-
mit auch „einen nahezu klimaneutralen
Gebäudebestand bis zum Jahr 2050“ zu er-
reichen, wurde allerdings kurz vor Schluss
wieder gestrichen.


Was bedeutet das Gesetz für Eigentümer
von Häusern oder Wohnungen?
In Deutschland gibt es gut 18 Millionen
Heizungen, die fossile Energie verbren-
nen, darunter 5,7 Millionen Ölkessel. Sie
sollen schrittweise aus den Kellern ver-
schwinden und besseren Alternativen
Platz machen: also etwa erneuerbaren
Energien, Fernwärme oder effizienteren
Anlagen, die zum Beispiel neben der Wär-
me auch Strom erzeugen. Viele Vorgaben
des Gesetzes sind dabei noch nicht einmal
neu: etwa jene, bei einer grundlegenden
Sanierung Auflagen für die Energieeinspa-
rung zu beachten. Oder aber das Verfalls-
datum für alte Heizkessel, das auch mit
dem neuen Gesetz noch einmal festge-
schrieben wird.


Was bedeutet das?
Heizkessel, die vor dem 1. Januar 1991 ein-
gebaut wurden, dürfen nicht mehr betrie-
ben werden – egal, ob sie mit Erdgas oder
Öl laufen. Das soll dafür sorgen, dass alte,
ineffiziente Kessel aus den Kellern ver-
schwinden. Heizkessel, die nach 1991 einge-
baut wurden, müssen spätestens nach 30
Jahren ersetzt werden.


Muss also jeder nun einen alten Heizkes-
sel ersetzen?
Derzeit sind rund ein Viertel aller Heizun-
gen im Land älter als 25 Jahre. Aber für den
Austausch gibt es viele Ausnahmen, die
auch weiterhin gelten. Für effiziente Brenn-
wertkessel oder Niedertemperatur-Heiz-
kessel gilt das Verfallsdatum nicht. Auch
Menschen, die schon sehr lange ihr Haus


bewohnen, bleiben verschont: Wer schon
vor dem 1. Februar 2002 sein eigenes Haus
(mit nicht mehr als zwei Wohnungen) be-
wohnt hat, braucht nichts zu tun. Das soll
etwa Rentner schonen, die im Alter nicht ih-
re Heizung erneuern wollen. Neue Eigentü-
mer oder Erben haben nach einem Eigentü-
merwechsel zwei Jahre Zeit, um alte Heiz-
kessel zu wechseln. Für 2015 ermittelte das
Beratungsunternehmen Ecofys, dass nur
3,4 Prozent der alten Kessel einer verpflich-
tenden Umrüstung unterlagen – für alle an-
deren galten Ausnahmen.

Was passiert mit Ölheizungen?
Das Gesetz soll Ölheizungen langfristig
aus deutschen Häusern verbannen. Doch
auch hier gibt es Sonderregeln und Härte-
fallregelungen. So dürfen vom 1. Januar
2026 an im Prinzip keine neuen Ölheizun-
gen mehr eingebaut werden, auch nicht als

Ersatz für ältere. Allerdings lässt sich auch
2026 noch eine Ölheizung einbauen, wenn
sie mit erneuerbaren Energien kombiniert
wird. Die Vorgaben dafür sind recht dehn-
bar. Auch gibt es Ausnahmen, wenn weder
Gas- noch Fernwärmeleitungen in der Nä-
he liegen und eine Versorgung mit erneuer-
barer Energie zu „unbilligen Härten“ füh-
ren würde.

Gibt es eine Förderung für den Austausch
alter Heizungen?
Schon jetzt können Eigentümer Fördermit-
tel und zinsgünstige Darlehen beantragen,
wenn sie ihr Haus klimafreundlich sanie-
ren. Diese Förderung soll aufgestockt wer-
den. So will der Bund die bestehende „Bun-
desförderung für effiziente Gebäude“ um
ein Sonderprogramm zum Austausch alter
Heizkessel erweitern, die fossile Energie
verbrennen. Die „Austauschprämie“ beim

Umstieg auf eine saubere Alternative soll
nach Regierungsplänen 40 Prozent der
Kosten umfassen. Zudem hat das Kabinett
vorige Woche beschlossen, die Sanierung
von Gebäuden künftig steuerlich absetz-
bar zu machen.

Was heißt das konkret?
Wer seine Heizungsanlage ersetzt oder op-
timiert, Fenster erneuert oder Wände und
Geschossdecken dämmt, kann 20 Prozent
der Kosten von bis zu 40 000 Euro von der
Steuer absetzen, über einen Zeitraum von
drei Jahren. Das zu versteuernde Einkom-
men lässt sich so um bis zu 8000 Euro sen-
ken, allerdings nur zwischen 2020 und


  1. Wie alle anderen Gesetze muss auch
    diese Regelung noch Bundestag und Bun-
    desrat passieren. Weil den Ländern ein Teil
    des Einkommensteueraufkommens zu-
    steht, dürfte die steuerliche Absetzbarkeit


vor allem im Bundesrat für Diskussionen
sorgen. Mehrmals schon sind Pläne für ei-
nen solchen Anreiz gescheitert – mit dem
Nebeneffekt, dass Eigentümer Projekte
aufschoben.

Reicht das alles, um die Klimaziele bei Ge-
bäuden zu erreichen?
Experten sind skeptisch. „Für das Klima
wird dieser Entwurf kaum etwas bringen“,
sagt Christian Noll von Deneff, einer Initia-
tive von Unternehmen, die Energiesparlö-
sungen anbieten. „Es fehlt weiterhin ein
ordnungsrechtlicher Rahmen, der Unter-
nehmen und Eigentümern eine klare Ori-
entierung gibt.“ Immerhin sollen 2023 alle
Vorgaben noch einmal überprüft werden.
Zumindest eines steht aber vorsorglich
schon im Gesetz: „Die Bezahlbarkeit des
Bauens und Wohnens ist ein zu beachten-
der wesentlicher Eckpunkt.“

Spendable Abgeordnete, knauserige Regierungen


DasEuropa-Parlament will den EU-Haushalt um vier Milliarden Euro aufstocken, aber die Mitgliedstaaten sträuben sich


Entworfen hatte der Ungar Ernõ Rubik den Zauberwürfel 1974 ursprünglich, um
das räumliche Denkvermögen seiner Studenten zu verbessern. FOTO: K. SULOVA/IMAGO

Vergleichsportal Joonko


nimmt sich Check24 vor


Berlin– Bundeslandwirtschaftsministe-
rin Julia Klöckner (CDU) hat sich be-
sorgt über den starken Preisanstieg für
Agrarflächen in Deutschland gezeigt.
Es gebe außerlandwirtschaftliche Inves-
toren, die mit Ackerland spekulierten,
gerade in den neuen Bundesländern,
sagte Klöckner am Mittwoch. „Das ist
alarmierend, was dort läuft.“ Teils könn-
ten auch Pachtpreise nicht mehr durch
die Erlöse der Betriebe finanziert wer-
den. Zudem gebe es auch Auswirkun-
gen auf das Leben in den Dörfern, wenn
nur zwei, drei Mal im Jahr Arbeiter im
Auftrag der Grundbesitzer kämen, die
aber nicht dort wohnten. Ihr Ziel sei,
dass „Ackerland in Bauernhand“ gehö-
re, sagte Klöckner. Die Preise sind von
2009 auf 2018 auf das 2,3-Fache gestie-
gen, wie das Statistische Bundesamt
berichtete. dpa Kommentar

München– Das europäische Raum-
fahrtunternehmen Arianespace plant
für spätestens 2023 eine Mission zum
Mond. Das Unternehmen will dann mit
Hilfe der neuenAriane 6Nutzlasten mit
einem Gewicht von bis zu 8,5 Tonnen
zum Erdtrabanten transportieren, wie
Arianespace-Chef Stéphane Israël nach
Angaben des BranchenmagazinsSpace
Newsbeim Raumfahrtkongress IAC in
Washington ankündigte. Satelliten und
Rover privater und öffentlicher Kunden
könnten dann in der Umlaufbahn oder
auf der Mondoberfläche abgesetzt wer-
den. Arianespace wolle sich auch für
eine spätere bemannte europäische
Mondmission einsetzen, sagte er. Aria-
ne Group und das Berliner Start-up PTS
hatten im Mai bekanntgegeben, für
künftige Mondmissionen zusammenzu-
arbeiten. PTS hat eine Mondfähre entwi-
ckelt, die Nutzlasten und Rover auf dem
Mond landen kann. ds

München– Die Ölindustrie gibt viel
Geld aus, um Einfluss auf die Politik der
EU zu nehmen. Nach Recherchen mehre-
rer Nichtregierungsirganisationen ga-
ben die fünf größten privaten Öl- und
Gasfirmen seit 2010 mindestens 251
Millionen für Lobbyarbeit in Brüssel
aus, zeigt eine Studie, die Donnerstag
veröffentlicht wird. Genannt werden
die Konzerne BP, Chevron, ExxonMobil,
Shell und Total. Insgesamt seien derzeit
200 Lobbyisten für die Firmen tätig.
Ihnen sei es etwa gelungen, Maßnah-
men der EU gegen den Klimawandel zu
verzögern, zu verwässern oder zu ver-
hindern, kritisieren die Greenpeace,
Friends of the Earth und Corporate
Europe Observatory (CEO). slb

Der Würfel wird fallen


Am Donnerstag entscheidet sich voraussichtlich nach langem Streit, ob die Marke Rubik’s Cube rechtlich geschützt ist


Köln– Der Fahrdienstvermittler Uber
darf seine App laut einem Gerichtsbe-
schluss nicht mehr zur Mietwagenver-
mittlung in Deutschland einsetzen. Die
Umsetzung des Dienstes Uber X versto-
ße gegen das Personenbeförderungsge-
setz, heißt es in der einstweiligen Verfü-
gung des Landgerichts Köln. Geklagt
hatte ein Kölner Taxiunternehmer.
Uber X spielt für Kunden eine ähnliche
Rolle wie Taxifahrten. Der Service kann
damit eine Konkurrenz für alteingeses-
sene Taxiunternehmer sein, zumal
Uber-Mietwagen billiger sind als die
Wettbewerber mit leuchtend gelben
Schild auf dem Dach. Geklagt hatte ein
Kölner Taxiunternehmer. Neben Uber X
hat die App des US-Unternehmens noch
andere Angebote, die nicht verboten
wurden – etwa die Vermittlung von
klassischen Taxis, deren Fahrer mit der
US-Firma zusammenarbeiten. dpa

CO2-Preis: Kritik an


Koalitions-Plänen


Grüner heizen


Die Bundesregierung will alte Heizungen aus den Häusern verbannen und mit klimafreundlicheren Technologien
ersetzen lassen. Allerdings gibt es dabei etliche Sonderregelungen. Die wichtigsten Fragen und Antworten

Auch über den Finanzrahmen für
2021 bis 2027 wird hart gestritten,
die Rede ist von einer Provokation

Die entscheidende Frage ist,
ob das Design für sich steht oder
Ausdruck einer Technik ist

20 HF2 (^) WIRTSCHAFT Donnerstag, 24.Oktober 2019, Nr. 246 DEFGH
Wer einen Ölkessel zu Hause hat, sollte sich mit den neuen Vorschriften und Fördermöglichkeiten auseinandersetzen. FOTO: ANGELIKA WARMUTH / DPA
Ackerland, teuer verkauft
Ariane will 2023 zum Mond
Öllobby mit viel Einfluss
Niederlage für Uber
KURZ GEMELDET

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