Süddeutsche Zeitung - 24.10.2019

(Nora) #1
von maximilian gerl

Kiefersfelden/Kufstein –Es istmitten in
der Nacht, als plötzlich in der Polizeiinspek-
tion Kiefersfelden Möbel und Gegenstän-
de wackeln. Jürgen Döring war nicht dort,
aber die Kollegen der Nachtschicht, sagt er
am Morgen danach, seien natürlich über-
rascht gewesen. „Sämtliche Sachen“ gin-
gen einem da durch den Kopf. Die Kollegen
liefen also erst einmal ums Haus, um nach
dem Rechten zu sehen, vielleicht war ja ein
Auto von außen gegen die Wand gefahren.
„Doch dann war ziemlich schnell klar, dass
es ein Erdbeben war“, sagt Döring.
In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch
bebte in Tirol die Erde. Nicht lange, ein
paar Sekunden nur; doch lange genug, um
Eindruck zu hinterlassen. Die Erschütte-
rungen waren bis nach Bayern zu spüren.
Allein bei der Polizei in Kiefersfelden gin-
gen rund 20 Anrufe ein. Auch im übrigen
Landkreis Rosenheim wurden Menschen
aus dem Schlaf gerissen. Augen- und Oh-
renzeugen berichten von ruckelnden Bet-
ten sowie „komischen Geräuschen“, einem
Grollen von fern unter der Erde. Schäden
oder gar Verletzte sind bislang nicht be-
kannt. Trotzdem haben sich die Anwohner
mit Recht erschrocken. Dabei sind Erdbe-
ben hierzulande keine Seltenheit. In den
kommenden Tagen sind sogar weitere Er-
schütterungen zu erwarten.
Das Epizentrum haben Seismologen
rund fünf Kilometer südöstlich von Kuf-
stein ausgemacht, in der Nähe des Wilden
Kaisers. Laut der österreichischen Zentral-
anstalt für Meteorologie und Geodynamik
(ZAMG) wies das um 1.35 Uhr aufgezeichne-
te Erdbeben eine Magnitude von 3,9 auf.
Die Erschütterungen seien in einem Um-
kreis von etwa 35 Kilometern spürbar ge-
wesen. Gerade im Bereich des Epizen-
trums „wurden die Erschütterungen teil-
weise stark wahrgenommen“. Am Mitt-
woch lagen der ZAMG rund 600 Meldun-
gen vor. Kleinere Objekte hätten sich „et-
was verschoben“ oder seien umgefallen.
Gebäudeschäden seien nicht zu erwarten,
in Einzelfällen könnten aber „im Epizen-
trum Haarrisse“ entstanden sein.
Beben wie das in Tirol sind in ihrer Stär-
ke eine Ausnahme, aber nicht ungewöhn-
lich. Allein in Bayern gebe es jährlich rund
200 Beben, sagt Joachim Wassermann

vom Geophysikalischen Observatorium in
Fürstenfeldbruck, einer Einrichtung der
Ludwig-Maximilians-Universität Mün-
chen. Von diesen seien aber nur drei bis
vier so stark, dass man sie ohne Sensoren
bemerke. Doch 2019 sei eines dieser „be-
sonderen Jahre“ mit „erhöhter Tätigkeit“.
Tatsächlich hatte es bereits im Frühjahr in
Garmisch-Partenkirchen zweimal spürbar
gerumpelt. Rund 500 Beben haben die For-

scher dort registriert. Einen „Schwarm“
nennen Seismologen ein solch gehäuftes
Auftreten. Auch damals berichteten Men-
schen von einem „leichten Grollen“ sowie
Erschütterungen. Ewa drei bis vier Sekun-
den habe der Spuk gedauert.
Als Hauptursache gelten tektonische
Plattenverschiebungen. Vereinfacht ausge-
drückt rückt die afrikanische Kontinental-
platte stetig nach Norden und schiebt die

adriatische Platte auf die europäische. Wer-
den die dabei aufgebauten Spannungen zu
groß, entladen sie sich ruckartig. Häufig
treten die Beben entlang des Alpenbogens
von Garmisch nach Bad Reichenhall auf,
aber ebenso rund ums fränkische Selb
oder im Altmühltal. Hinzu kommen Fern-
beben, die in Bayern zu spüren sind, aber
anderswo ihren Ursprung haben. In Tirol
zählt das Inntal als Hotspot. „Schadensbe-
ben“ sind sehr selten darunter, dazu sind
die Erschütterungen einfach zu schwach.
Verglichen mit der Gefahr, die in Bayern
von Lawinen oder Hochwasser ausgeht,
scheinen Erdbeben nachrangig. Trotzdem
finden sich vielerorts Erinnerungen an sie


  • etwa in der Altstadt von Regensburg. Mit
    Fassadenstützen oder Ausbuchtungen im
    Erdgeschoss versuchten Bauherren im Mit-
    telalter, Gebäude auch erdbebensicher zu


machen. Ende des 12. Jahrhunderts ver-
merkten Chronisten eine anderthalb Jahre
dauernde Erdbebenserie in Bayern und Ös-
terreich: „Das Volk floh mancherorts aufs
Feld und wohnte sommers und winters
nicht in den Häusern.“ Eines der stärksten
und nachweislich bayerischen Beben ereig-
nete sich 1915 im Altmühltal. Bilder fielen
von den Wänden, vereinzelt zeigten sich
Risse im Mauerwerk. Als 1976 ein Beben
das italienische Friaul verwüstete und vie-
le Todesopfer forderte, wackelten in Mün-
chen die Häuser gar so stark, dass Men-
schen auf die Straße rannten. „In den Not-
rufzentralen der Polizei und Feuerwehr so-
wie in der Rettungsleitstelle herrschte
Hochbetrieb“, schrieb damals die SZ: „Die
Sicherheitsorgane mussten sich schließ-
lich über den Rundfunk an die Bevölke-
rung wenden, um die Anrufe zu stoppen.“
Wohl bis Freitag müssen Tiroler und
Südbayern mit Nachbeben rechnen, der im
Boden verbliebenen Restspannung wegen,
die sich abbauen muss. Wassermann
schätzt, dass ein oder zwei davon an die
Stärke des ersten heranreichen könnten.
Von den übrigen werden die meisten Men-
schen also wie üblich nichts bemerken –
und hoffentlich gut schlafen können.

Dieses Foto beweist, was Fachleute schon
längst vermutet haben: 13 Jahre nach „Bru-
no“ zieht wieder ein Braunbär durch Bayern – allerdings ein sehr scheuer. In der Nacht
auf Mittwoch wurde er im Landkreis Garmisch-Partenkirchen von einer Wildtierka-
mera fotografiert, wie das Landesamt für Umwelt (LfU) mitteilte. Es sei möglich, dass
dieses Tier dasselbe sei, das seit Juni jenseits der Grenze in Tirol unterwegs ist. Und

dass es auch jene Kotspuren im Balderschwanger Tal hinterlassen habe, die vor drei
Wochen eine Touristin auf einem Foto dokumentiert hatte. Der Bär verhalte sich unauf-
fällig, ließ das Landesamt wissen. Behörden, Interessenverbände sowie Bauern und
Hirten seien informiert. Im Sommer 2006 brachte es Bär „Bruno“ zu tragischem Welt-
ruhm: Er streifte wochenlang durch die bayerischen Alpen. Weil er kaum Scheu vor
Menschen zeigte, wurde er schließlich am Spitzingsee erschossen. KAST/FOTO: LFU

München– Mitungewöhnlich hohem Per-
sonalaufwand sind am Mittwoch Polizis-
ten, Zollbeamte und Staatsanwälte in Augs-
burg und München gegen mutmaßlich be-
trügerische Pflegedienste vorgegangen.
Dabei wurden nach Angaben der federfüh-
renden Staatsanwaltschaft München I ins-
gesamt 13 Beschuldigte „wegen Verdunke-
lungs- und Fluchtgefahr festgenommen“
und dem Haftrichter vorgeführt. Bei der
von langer Hand vorbereiteten Aktion ge-
gen die vorwiegend aus Osteuropa stam-
menden Personen waren in Augsburg
mehr als 500 Polizeibeamte sowie zwölf
Staatsanwälte beteiligt. Neben den Räu-
men von acht Pflegediensten und den Pri-
vatwohnungen der gut 40 Hauptbeschul-
digten durchsuchten sie auch die Wohnun-
gen von circa 120 Patienten, bei denen der
Verdacht besteht, dass sie selbst oder ihre
Angehörigen gemeinsame Sache mit betrü-
gerischen Pflegediensten gemacht haben.
Insgesamt wurden in Augsburg rund
175 Objekte durchsucht. In der Landes-
hauptstadt München kamen bei der jüngs-
ten Aktion nach Angaben der Ermittler
rund 130 Polizisten sowie 21 Staatsanwälte
zum Einsatz. „Es wurden insgesamt 38 Ob-
jekte durchsucht, darunter zwei Pflege-
dienste, drei Arztpraxen und Privatwoh-
nungen von Patienten“, teilte die Staatsan-
waltschaft München I mit. Nach deren Ein-
schätzung dürfte der Schaden zulasten der
Krankenkassen und der Sozialhilfeträger
„weit in den Millionenbereich gehen“.
Bereits in den zurückliegenden Jahren
mussten Kranken- und Pflegekassen da-
von ausgehen, dass sie bayernweit durch
organisierte Kriminelle im Pflegebereich
jährlich um Beträge in Millionenhöhe ge-
bracht werden. Lange aber gestalteten sich
die Ermittlungen gegen mutmaßlich betrü-
gerische Pflegedienste als äußerst schwie-
rig, da den Strafverfolgungsbehörden für
die notwendigen Ermittlungen schlicht-
weg das Personal fehlte. Mittlerweile aber
haben sowohl die Staatsanwaltschaften als
auch die Polizei Spezialabteilungen aufge-
baut. So etwa kam jetzt in Augsburg die Er-
mittlungskommission „Eule“ und in Mün-
chen die „Ermittlungsgruppe Amalie“
zum Einsatz. Unterstützt werden solche Er-
mittler in der Regel auch durch die Experti-
se von Krankenkassen-Mitarbeitern, zu de-
ren Aufgabe es gehört, die Abrechnungen
von verdächtigen Pflegediensten auf Unre-
gelmäßigkeiten zu untersuchen.
Die Täter, die vielfach aus Nachfolge-
staaten der ehemaligen Sowjetunion stam-
men, gehen nach Erkenntnis der Ermittler
meist raffiniert vor. Da werden etwa hoch
qualifizierte und daher teure Pflegefach-
kräfte abgerechnet, obwohl die pflegebe-
dürftigen Menschen in Wirklichkeit von ge-
ring qualifiziertem und somit gering be-
zahltem Personal betreut werden. Um das
zu vertuschen, werden Pflegedokumentati-
onen, Leistungsnachweise, Tourenpläne
und ärztliche Atteste gefälscht – bisweilen
sogar unter Mitwirkung gewinnbeteiligter
Ärzte. Auch in München scheint jetzt – wie
die Durchsuchung von drei Arztpraxen
zeigt – ein solcher Verdacht zu bestehen.
Am Mittwoch stellten die Beamten
nicht nur belastende Dokumente und Da-
ten sicher, sie ließen mittels einer soge-
nannten Vermögensabschöpfungsmaß-
nahme auch die Konten der Beschuldigten
einfrieren – Geld „in Höhe von rund 3,6Mil-
lionen Euro“, wie es seitens der Staatsan-
waltschaft hieß. dietrich mittler

Ingolstadt/Regensburg– Zwei Oberbür-
germeister, zwei Korruptionsaffären, viele
Parallelen. Aber zwei Urteile, die unter-
schiedlicher kaum sein könnten. In Regens-
burg ging im Juli der erste Korruptionspro-
zess gegen den suspendierten Oberbürger-
meister Joachim Wolbergs zu Ende – ohne
Strafe für den OB. In Ingolstadt dagegen
schrammte Ex-OB Alfred Lehmann am
Dienstag nur knapp am Gefängnis vorbei:
zwei Jahre Haft auf Bewährung. Wie ist das
alles zu erklären? Eine Analyse.

Das Schmiergeld


In Regensburg wie in Ingolstadt geht es um
Schmiergeld aus der Baubranche. In bei-
den Städten ließen die Gerichte keinen
Zweifel an der „kriminellen Energie“, die
im Spiel war. In Regensburg hält es Richte-
rin Elke Escher für erwiesen, dass das Geld
über ein geheimes Strohmannsystem an
Politiker Wolbergs floss. Escher sprach ihn
schuldig – weil er illegale Vorteile von rund

150000 Euro aus dem Umfeld eines Bauträ-
gers annahm. In Ingolstadt verurteilte Rich-
ter Jochen Bösl Ex-OB Lehmann dafür,
dass er sich mit rund 383000 Euro aus der
Bauindustrie schmieren ließ.

Die Konsequenzen


Während Ingolstadts Ex-OB Lehmann we-
gen eines Falls der Bestechlichkeit und ei-
nes Falls der Vorteilsannahme fast ins Ge-
fängnis und das Schmiergeld zurückzahlen
muss, verzichtete die Regensburger Richte-
rin auf eine Strafe für Wolbergs – trotz zwei-
er Schuldsprüche wegen Vorteilsannahme.
Escher fand, dass Wolbergs genug gestraft
sei. Unter anderem durch die sechswöchige
Untersuchungshaft, die „nicht verhältnis-
mäßig“ gewesen sei. Auch bei Lehmann,
der nicht in U-Haft saß, sah das Gericht
strafmildernde Gründe, darunter ein Teil-
geständnis des Ingolstädter Ex-OB. Bei Wol-
bergs wiederum, der bis heute alle Vorwür-
fe bestreitet, war das Gericht der Meinung,

dass sich der suspendierte OB seines illega-
len Handelns nicht bewusst gewesen sei. Ei-
ne Beurteilung, die unter Juristen ebenso
umstritten ist, wie der Verzicht auf eine
Strafe für Wolbergs.

Die Knackpunkte


In Regensburg floss das meiste Geld in
Form von Parteispenden auf ein Konto der
SPD, der Wolbergs bis vor Kurzem angehör-
te. In Ingolstadt dagegen profitierte CSU-
Politiker Lehmann davon, dass ihm Bauun-
ternehmer vergünstigte Wohnungen ver-
kauften oder bei Innenarbeiten einen viel
zu billigen Preis machten. Ähnliche Vorwür-
fe gab es auch in der ersten Anklage gegen
Wolbergs: Rabatte beim Kauf zweier Woh-
nungen, billiger Innenausbau. Doch anders
als die Staatsanwaltschaft sah das Landge-
richt Regensburg kein Problem darin. Um-
stritten ist im Fall Regensburg auch dieser
Punkt: Das Gericht bewertete nur jene Bau-
träger-Spenden als Schmiergeld, die in den

Jahren 2015 und 2016 an Wolbergs flossen.
In den vier Jahren zuvor seien die Spenden
(mehr als 325000 Euro) dagegen kein Fall
von Korruption gewesen: Denn damals war
Wolbergs nur Dritter Bürgermeister und
nicht mit Bauangelegenheiten befasst. Das
ist insofern problematisch, da Firmen nach
dieser Logik völlig legal Bewerber auf öf-
fentliche Ämter oder Behördenleiterstellen
mit Zuwendungen „anfüttern“ können, wie
Korruptionsexperten sagen – in der Hoff-
nung auf spätere Gegenleistungen. Im Fall
Ingolstadt spielt das keine Rolle, da Leh-
mann alle Vorteile annahm, als er bereits
Rathauschef war. Im Gegenzug soll er bei
Bauprojekten zugunsten der Geldgeber ge-
trickst haben. Solche Gegenleistungen sah
das Gericht im Fall Wolbergs nicht.

Die Urteilsbegründung


Wie Elke Escher das Wolbergs-Urteil be-
gründete, hat viele Prozessbeobachter irri-
tiert. Das Schmiergeld, das Strohmannsys-

tem, das alles sah die Regensburger Richte-
rin als erwiesen an. Doch problematisch fin-
det Escher den Regensburger Sumpf offen-
bar trotzdem nicht. Am Ende des Prozesses
sagte sie: „Hier von einer Korruptionsaffä-
re zu sprechen, scheint zu hoch gegriffen.“
Dagegen war der Ingolstädter Richter sehr
darum bemüht, das Problembewusstsein
für Korruption zu schärfen und die Gefah-
ren für die Demokratie zu betonen. Leh-
mann habe dem Oberbürgermeisteramt
„schweren Schaden zugefügt“, sagte Jo-
chen Bösl. Und: Wer sich als direkt gewähl-
ter Politiker der Korruption schuldig ma-
che, „wird in der Bevölkerung durchaus
den Glauben an das Gute erschüttern“. Von
fehlendem Problembewusstsein für Kor-
ruption erzählt auch das Zitat von Papst
Franziskus, das Bösl zu Beginn seiner Ur-
teilsbegründung bemühte. Der Richter sag-
te: „Der Korrupte nimmt seine Korruption
nicht wahr. Es ist ein wenig wie mit Mund-
geruch. Wer ihn hat, der bemerkt ihn
kaum.“ andreas glas

München– InBayerns Wirtschaft greift
Pessimismus um sich: Wegen trüber Zu-
kunftsaussichten ist die Stimmung so
schlecht wie seit der Finanzkrise vor zehn
Jahren nicht mehr. „Es ist ein Sinkflug, der
hier stattfindet“, sagte Manfred Gößl, der
Hauptgeschäftsführer des Bayerischen In-
dustrie- und Handelskammertags. Aktuell
bewertet zwar fast die Hälfte der befragten
3700 Firmen die eigene Lage als gut. Doch
erstmals seit vielen Jahren gibt es mehr,
die in den nächsten zwölf Monaten schlech-
tere und nicht bessere Geschäfte erwarten:
22 Prozent waren pessimistisch, 17 Prozent
optimistisch. dpa

München– Mit Klimaschutz, Föderalis-
mus, Bildung und Mobilfunk werden sich
die Ministerpräsidenten aller Länder an
diesem Donnerstag und Freitag bei ihrer
Konferenz in Bayern beschäftigen. Das
Treffen findet auf Einladung von Minister-
präsident Markus Söder (CSU) statt, der
am 1. Oktober turnusmäßig für ein Jahr
den Vorsitz übernommen hat. Die Minister-
präsidentenkonferenz wurde vor 65 Jah-
ren vom damaligen bayerischen Regie-
rungschef Hans Ehard (CSU) initiiert. „Wir
werden uns zum Jubiläum bewusst bay-
erisch präsentieren“, sagt Söder.
Söder empfängt seine Gäste zu einem
Begrüßungsfoto auf der Zugspitze. Im An-
schluss geht es weiter ins Schloss Elmau,
dem Tagungshotel des G-7-Gipfels im Jahr



  1. Bei Leberknödelsuppe und Brotzeit-
    brettl werden die Länderchefs offizielle
    und vertrauliche Gespräche führen. Grund-
    sätzlich geht es in allen Fragen darum, wie
    die Länder ihre Rolle gegenüber dem Bund
    definieren. Söder will den Föderalismus
    stärken, die Stellung des Bundesrats müs-
    se aufgewertet werden. Man halte es „für
    notwendig, die (...) Kompetenzen der Län-
    der gegenüber den immer wieder auftre-
    tenden Bestrebungen nach weiterer Zen-
    tralisierung zu schützen (...) und eine faire
    Finanzverteilung zu erreichen, die ihnen
    die zur Erfüllung ihrer verfassungsmäßi-
    gen Aufgaben notwendigen eigenen Mittel
    sichert“, heißt es in einem gemeinsamen
    Vorschlag aus Bayern, Baden-Württem-
    berg und Nordrhein-Westfalen.
    Ob er Zustimmung findet, gilt als völlig
    offen. Söder wirbt für einen „Föderalismus
    der zwei Geschwindigkeiten“. Finanzstar-
    ke Länder wie Bayern sollen zusätzliche
    Kompetenzen vom Bund erhalten, schwä-
    chere Länder sollen für Geld gewisse Kom-
    petenzen an den Bund abtreten können.
    Gerade kleinere Bundesländer sehen dies
    kritisch. Söder sagte der SZ, er gehe nicht
    davon aus, dass der Vorschlag bereits in El-
    mau beschlossen werde. Auch beim The-
    ma Bildung gibt es unterschiedliche Positi-
    onen. Wie weitere Ministerpräsidenten
    aus der Union lehnt Söder einen nationa-
    len Bildungsrat ab: „Es ist unvorstellbar,
    dass wir von unserem bayerischen Level
    runtergehen.“ Nach Startschwierigkeiten
    in der Ministerpräsidentenkonferenz sag-
    te Söder, er freue sich auf den Besuch der
    Kollegen. Er habe gelernt: „Miteinander ist
    es besser als einsam.“ wolfgang wittl


Ein bayerischer Bär


Eines der stärksten Beben
im Freistaat ereignete
sich 1915 im Altmühltal

Bayerns Unternehmen


sind pessimistisch


Zwei Oberbürgermeister, zwei Fälle von Korruption


Die Prozesse um Regensburgs OB Wolbergs und Ingolstadts Ex-OB Lehmann zeigen klare Parallelen. Und doch fielen die Urteile sehr unterschiedlich aus


von matthias köpf

D


ass das Bauen eine schwierige Sa-
che sein muss, dürfte klar sein,
schließlich gibt es dafür Profis.
Nicht umsonst dauert zum Beispiel eine
Maurerlehre drei Jahre und ein Studium
der Architektur oder im Bauingenieurwe-
sen ist jedenfalls auch nicht kürzer. Diese
lange Ausbildungszeit wird allerdings
nur zum Teil dafür genützt, möglichst
komplizierte Arbeits- und Entwurfstech-
niken zu erlernen. Stattdessen geht es oft
nur darum, all die Traditionen, Normen,
Regeln, Vorschriften und Gesetze kennen
und einhalten zu lernen, die sich hierzu-
lande ums Bauen ranken. Bayerns Baumi-
nister will sich da schon länger ans Verein-
fachen machen. Auch mit den Genehmi-
gungen soll es künftig schneller gehen:
Gibt es nach drei Monaten noch keinen
Bescheid, so soll ein Bauantrag als geneh-
migt gelten, hieß es zuletzt beim Woh-
nungsgipfel in der Staatskanzlei. Auch an-
dere ziehen da mit. So zeigt zum Beispiel
die TU München gerade in Bad Aibling,
wie „Einfach Bauen“ geht.
„Einfach Bauen“ heißt ein Forschungs-
verbund von Architekten und Ingenieu-
ren, den die TU 2012 eingerichtet hat.
Den beteiligten Forschern, Hochschulleh-
ren und fördernden Firmen geht es dar-
um, die eventuelle Komplexität beim Bau-
en mindestens zur schlichten Komplexi-
tät zu verringern und so die Fehlerquote
bei Planung und Ausführung zu verklei-
nern. Dazu haben sie sich einiges über-
legt, und wie es sich für Wissenschaftler
gehört, haben sie als „zentralen Bestand-
teil des Forschungsvorhabens“ erst ein-
mal den Begriff „Einfach Bauen“ defi-
niert. Damit das alles jetzt nicht doch
noch unnötig kompliziert wird, nun lie-
ber gleich zur Praxis nach Bad Aibling.
Dort in Bad Aibling hat nämlich ein Un-
ternehmen seinen Sitz, das dem TU-Pro-
jekt als Förderer verbunden ist. Auf dem
Gelände dieses Unternehmens errichten
die Forscher also drei beispielhafte „For-
schungshäuser“ aus Holz, Mauerwerk
und Beton. Vom ersten Haus stehen
längst die Grundmauern, und das Ziel ver-
einfachter Verwaltungsverfahren wurde
da ebenso vorbildlich verwirklicht wie
das Motto „Einfach Bauen“. Sie haben ein-
fach mal gebaut – damit keine Fristen für
Förderungen ablaufen, hieß es im Bau-
ausschuss des Bad Aiblinger Stadtrats.
Der Ausschuss hat dem Vorhaben – ein-
fach mal – nachträglich zugestimmt.


Wenn die Erde grollt


Ein Erdbeben im österreichischen Tirol schreckt auch im südlichen Bayern Menschen aus dem Schlaf.
Dabei ist so ein Ereignis gar nicht so selten – und derzeit wackelt der Boden im Freistaat besonders häufig

Ministerpräsidenten


tagen in Bayern


Razzia gegen


Pflegemafia


Polizei durchsucht gut 200 Objekte,
mehrere Personen festgenommen

Stäkstes Erdbeben
2.6.1915 – 5,0

Registrierte Erdbeben in Bayernseit dem Jahr 1390


München

Neu-Ulm Augsburg

Kempten

Garmisch-
Partenkirchen

Bad Reichenhall

Passau

IngolstadtIngolstadtIngolstadt

Nürnberg

Tirschenreuth

Hof
Bad Kissingen

Aschaffenburg

Würzburg

keine Angaben

Lokalmagnitude

5,0

0,8

SZ-Grafik; Quelle: Department für Geo- und Umweltwissenschaften, LMU

MITTEN IN BAYERN

Bauen


leicht gemacht


DEFGH Nr. 246, Donnerstag, 24. Oktober 2019 R13


BAYERN

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