Süddeutsche Zeitung - 24.10.2019

(Nora) #1
Wenn Franz Schubert einen Zwillings-
bruderim 20. Jahrhundert hatte, dann
war das der Komponist und Dirigent
Hans Zender. Der erforschte 1993 die
„Winterreise“ seines Vorgängers in ei-
ner, so der Untertitel, „komponierten
Interpretation“ für Ensemble und Bari-
ton. Das ist eine raffinierte und oft
atemberaubend die Lieder belebende
Überschreibung des Originals, mit al-
len Klang- und Geräuschüberschrei-
bungen der Moderne ausgestattet. Das
machte Zender berühmt, in konservati-
ven Kreisen berüchtigt. Die Großen der
Literatur und Musik waren Zenders Lei-
denschaft. Er schrieb eine James-
Joyce- und eine Cervantes-Oper, kam
immer wieder auf Hölderlin, auf Beet-
hoven, Bashō, den Buddhismus und
die Bibel. In dem Zweistünder „Shir
Hashirim“, einem Hauptwerk, vertonte
er Liebeslieder aus dem biblischen Ho-
helied mit den für ihn typischen
Kleinstintervallen, die nie befremden,
sondern feine Klangfarben spenden in
ein klares Gewebe, das die Texte drama-
tisch zwischen Solisten, Chor und Or-
chester einfängt. Jetzt ist dieser Meis-
ter mit 82 Jahren gestorben.
reinhard j. brembeck

„Terroristen“, „Desinformation“, „Fake
News“ – es ging eine kleine Schockwelle
durch die Kunstwelt, als Ali Güreli, Chef
und Gründer der Istanbuler Kunstmesse
Contemporary Istanbul (CI) Mitte Oktober
einen geharnischten Rundbrief an seine
Kunden und Freunde versandte. Der kunst-
sinnige Tourismusunternehmer klang
plötzlich wie der Lautsprecher von Recep
Tayyip Erdoğan. In martialischen Worten
rechtfertigte Güreli die türkische Militärof-
fensive gegen das Nachbarland Syrien und
warf den internationalen Medien „manipu-
lative Nachrichten“ und „schwarze Propa-
ganda“ vor. Die Aktion schade nieman-
dem, sondern „neutralisiere“ nur gewisse
Elemente, die der Türkei schaden wollten.
Die 2006, in der Hochphase des „Cool Is-
tanbul“-Booms gegründete Messe ist kei-
ne staatliche Einrichtung, auch wenn sie
von staatlichen Stellen und der teilstaatli-
chen Fluggesellschaft Turkish Airlines ge-
sponsort wird. Doch ohne Not nährte Güre-
lis überraschender, in der Geschichte der
internationalen Kunstmessen vermutlich
beispielloser Brandbrief nun den Ein-
druck, als handele es sich bei der CI um ei-
ne Vorfeldorganisation der Regierung.
Über diese Verbindungen wird seit Lan-
gem spekuliert. Ohne gute Beziehungen,

etwa zur von der AKP kontrollierten Istan-
buler Stadtverwaltung, könnte die Messe
kaum in dem mondänen Lütfi-Kırdar-Kon-
gresszentrum stattfinden.
Als Missing Link zum AKP-Regime gilt
Gürelis Wegbegleiter Hasan Bülent Kahra-
man, Mitglied im Exekutivkomitee und ei-
ne Art graue Eminenz der Messe. Der pro-
movierte Politologe arbeitete in den Neun-
zigerjahren als Chefberater des türkischen
Ministeriums für Kultur und Tourismus.

Seit 2010 amtiert er als Vizerektor der Is-
tanbuler Hadir-Kas-Universität. Er leitet
dort das Institut für Kommunikationsde-
sign. Lange schrieb Kahraman eine Kolum-
ne in der regierungsnahen ZeitungSabah.
Ein Foto aus dem Herbst 2018 zeigt ihn
beim Händedruck mit dem Staatspräsiden-
ten in dessen Palast in Ankara. Seit ein
paar Jahren versucht sich der Sozialwissen-
schaftler auch als Kurator.
Der bizarre Vorgang zeigt: So friedlie-
bend, völkerverbindend und (regie-
rungs-)kritisch sich Teile der säkularen

Istanbuler Kunst- und Kulturelite geben,
so sehr haben auch sie die Paradigmen der
türkischen Staatsraison verinnerlicht: Na-
tionalismus und demonstrative Distanz zu
ethnischen Minderheiten wie den Kurden.
Dass sich Messe-Chef Güreli wenige Ta-
ge später in einer zweiten Mail für seinen
Rundbrief entschuldigte, ohne sich aber
von dessen Inhalt zu distanzieren, spricht
dafür, dass Druck auf ihn ausgeübt wurde.
Und es belegt sein unprofessionelles Agie-
ren. Sein Satz „Kunst trägt uns über alle
Grenzen“ in dem zweiten Brief klingt wie
unfreiwilliger Sarkasmus. Gürelis hemds-
ärmeliger Stil und das jährliche Auswech-
seln seines einflusslosen Messe-„Direk-
tors“ trägt ihm regelmäßig Spott ein.
Die Trump-reife Rochade in diesem
Jahr hat die Messe in eine Existenzkrise ge-
stürzt. Dass internationale Aushängeschil-
der wie Susanne van Hagen vom Freundes-
kreis des Pariser Palais de Tokyo oder ein
renommierter Istanbuler Galerist wie
Moiz Zilberman, Mitglieder im Advisory
Board und im Auswahlkomitee der Messe,
kein Interesse daran haben, sich für Kriegs-
propaganda in Haftung nehmen zu lassen,
lässt sich daran sehen, dass das derzeitige
Auswahlkomitee geschlossen seinen Rück-
tritt erklärte, gefolgt von der erst vor Kur-

zem berufenen Messedirektorin Anissa
Touati, einer Kuratorin aus Paris. Güreli
wird sich also kaum „einige Wochen“ Zeit
lassen können, die „Governance“ seiner
Messe zu „überdenken“, wie er in seiner
Mail schreibt.
Die CI mag klein und qualitativ durch-
wachsen sein. Angesichts des zunehmen-
den Drucks auf Kunst und Kultur in der
Türkei ist sie in den letzten Jahren den-
noch zu einer der wenigen Plattformen für
freie Geister und modernen Lebensstil ge-
worden. Der aktuelle Eklat hat grundsätzli-
che Bedeutung. Am Beispiel eines selbster-
klärten Kunstfreundes zeigt er, dass die Be-
schäftigung mit Kunst womöglich doch
nicht zwingend pazifiziert. Die Krise ist au-
ßerdem ein Pendant der Auseinanderset-
zungen um die Rolle von Industriellen in
der Kunstwelt, wie sie derzeit Museen und
Biennalen in den USA umtreiben.
Stühlerücken, Beschwichtigungsrheto-
rik und halbgare Entschuldigungen wer-
den am Bosporus nicht reichen, nötig ist
ein Neuanfang. Es ist schwer vorstellbar,
dass Künstler und Galeristen im nächsten
Herbst noch einmal an einer Messe teilneh-
men wollen, an deren Spitze ein Mann
steht, der eine völkerrechtswidrige Invasi-
on guthieß. ingo arend

Gut hörbar mit
feinenKlangfar-
ben: Hans Zender,
1936 in Wiesbaden
geboren, schuf dra-
matische wie auch
poetische Musik.
FOTO: IMAGO

von kia vahland

E


r glaubt nicht, was er von anderen
hört, er will die Dinge selbst sehen,
berühren, zu fassen bekommen. Au-
toritäten haben es nicht leicht mit Leonar-
do, und man kann sich vorstellen, dass
schon der Bildhauer Andrea del Verrocchio
seinem Lehrjungen mit Argumenten statt
mit Anweisungen kommen musste, um
ihn zu beeindrucken. Vielleicht begegnete
der Jüngling dem Meister so wie der un-
gläubige Thomas Christus: Ein Heiligen-
schein genügt ihm nicht, der Gottessohn
muss seine Wunden offenbaren, um den
ungläubigen Thomas von der Auferste-
hung zu überzeugen.
So zeigt es Verrocchio in einer großen
Bronze, die von Florenz nach Paris gereist


ist und nun die große Leonardo-Ausstel-
lung im Pariser Louvre eröffnet. Christus
steht gestikulierend, beinahe dozierend
auf einem kleinen Sockel, den jüngeren
Thomas aber interessiert das wenig. Er
konzentriert sich auf die Seitenwunde als
empirischem Beweis der Auferstehung.
Ein besseres Sinnbild hätten die Kurato-
ren Vincent Delieuvin und Louis Frank für
ihr Unterfangen nicht finden können. Tho-
mas glaubt nicht blind, Leonardo tut dies
nicht, und sie auch nicht.
Das ist wohl der Grund, warum das teu-
erste je verauktionierte Gemälde der Welt
nicht anreisen durfte. Die Kuratoren be-
hielten sich vor, die Frage der Autoren-
schaft dieses „Salvator Mundi“ selbst zu
entscheiden, und zwar erst, wenn sie das
Werk in Händen haben. Die Prüfung wäre
vermutlich weniger positiv ausgefallen als
die des Thomas: Der Katalog vermeidet
zwar eine klare Aussage, türmt aber Zwei-
fel auf Zweifel, was Provenienz, Zustand,
Ausführung, Quellenlage angeht. Und das

Fachblatt Art Newspaperberichtet, der
Louvre sei sehr nah dran gewesen an einer
Ausleihe, doch in den Versicherungsdoku-
menten und offiziellen Papieren, die schon
vorbereitet waren, sei nur von einer „Zu-
schreibung“ an Leonardo die Rede, nicht
von einem eigenhändigen Original. Dem-
nach hätte also wohl nicht mehr, wie noch
in der Ausstellung der Londoner National
Gallery im Jahr 2011, einfach nur „Leonar-
do da Vinci“ ohne Fragezeichen auf der
Bildtafel gestanden.
„Salvator Mundi“ ist trotzdem zu sehen


  • in einer anderen Fassung, es gibt ja mehr
    als zwei Dutzend aus dem Leonardo-Um-
    kreis und aus dessen Nachfolge. Das hat ei-
    nen gewissen Witz, wie nun also der ernste
    Christus der penibel ausgeführten Version
    Ganay die Betrachter segnet, gerahmt von
    den beiden kleinen Gewandstudien Leo-
    nardos, die sich vage mit dem Motiv assozi-
    ieren lassen. Sie belegen wenig; ob Leonar-
    do jemals selbst einen „Salvator Mundi“
    malte, bleibt ungewiss.
    Ohnehin behelfen sich die Kuratoren
    auf kreative Weise. Natürlich sind nicht al-
    le der etwa 15 Gemälde Leonardos hier ver-
    sammelt, die Münchner „Madonna mit der
    Nelke“ etwa ist zu fragil, „Cecilia Gallera-
    ni“ aus Krakau war für ihr Alter in den ver-
    gangenen Jahren schon viel zu viel unter-
    wegs und auch „Ginevra de’ Benci“ bleibt
    zu Hause in Washington. Holztafeln aus
    der Renaissance sind empfindlich, es ist
    richtig, sie nicht unnötigen Strapazen aus-
    zusetzen. Trotzdem sind alle Gemälde Leo-
    nardos in der Schau vertreten – als Infrarot-
    abbildungen in originaler Größe.
    Die erste echte Malerei des Meisters ist
    erst Nummer 39, die wunderbare „Madon-
    na Benois“ aus Sankt Petersburg, ein wa-
    cher Teenager im Spiel mit seinem groß ge-
    ratenen, hoch konzentrierten, aber noch
    patschhändigen Baby. Gerade weil die
    Schau sich bis dahin in Zeichnungen, Infra-
    rotbildern, Vergleichswerken immer wei-
    ter steigert, hat die kleine Tafel den Auf-
    tritt, den sie verdient.
    Manche Ausstellungen im Louvre sind
    überbordend, diese aber setzt Akzente.
    Zielsicher werden die Gäste zu Leonardos


Berg- und Talstudie aus den Uffizien ge-
führt, mit der die frühmoderne Land-
schaftskunst begann. Das selten präsen-
tierte Stück ist für die Schau wichtiger als
Leonardos nach einigem politischen und
juristischen Hickhack entliehener „Vitruv-
mann“ aus Venedig, denn die großen Frau-
en des Louvre, Leonardos Maria mit ihrer
Mutter Anna sowie die „Mona Lisa“, sitzen
vor vielschichtigen Landschaftshinter-
gründen. Leonardo liebte es, Mensch und
Natur aufeinander zu beziehen.
Wie das funktioniert, führen nun seine
im Louvre heimische „Felsgrottenmadon-
na“ und der im Vatikan lebende „Hierony-
mus“ im Dialog vor. Dazwischen zieht „Bel-
le Ferronnière“ alle Blicke auf sich und be-
trachtet ihrerseits hinter ihrer gemalten
Steinbrüstung die sich vor dem Rahmen
drängelnden Bewunderer. Vielleicht aber
interessiert sie sich für „Cecilia Gallerani“
doch noch mehr als für uns – als Infrarotbil-
der hängen die beiden in gleicher Größe ne-
beneinander und scheinen zu plaudern,
wie es die beiden Frauen womöglich schon
am Mailänder Hof Ludovico Sforzas taten.
Die Blickbeziehungen in der Schau sind
stupend, kongenial zu Leonardos Fähig-
keit, Figuren immer neu miteinander agie-
ren zu lassen sowie sie im steten Wandel
auseinander heraus zu entwickeln. Vor al-
lem die präzise ausgewählten Zeichnun-
gen zeigen, wie er vorging. Auf einer Feder-
skizze wird ein Greis zum Kleinkind, ein
Mädchen- zum Männerkopf. Anderswo
deutet eine junge Frau auf ein Einhorn, das
wiederum mit seiner Hornspitze auf sie

zeigt. Und immer wieder wendet sich Ma-
ria liebevoll ihrem Kind zu, wäscht ihm die
Füße, offeriert ihm Früchte, beobachtet
seine Tollerei mit einer widerborstigen Kat-
ze. Leben heißt kommunizieren, in Bewe-
gung bleiben und im Gespräch.
Diese Unterhaltung kann zwischen Ge-
schichte und Gegenwart stattfinden, so
wie Leonardos Bildidee der Eier legenden
Leda, die sich, wie der Louvre an zwei Mar-
morstatuen zeigt, auf antike Venusdarstel-
lungen bezieht. Vor allem aber unterhalten
Leonardos Geschöpfe sich miteinander
und mit ihren Betrachtern, und sie tun dies
nicht, um andere zu belehren oder sich an-
himmeln zu lassen, sondern, so scheint es,
aus echtem Interesse.

Wer sich einlässt auf diese Schwingun-
gen, wird im letzten Raum Glück empfin-
den. In der Mitte strahlt „Anna selbdritt“,
jenes große, kürzlich gereinigte Gemälde,
an dem Leonardo über Jahre malte. Wie-
der beschäftigt sich Maria mit ihrem unge-
stümen Sohn, der seinem Spielkamera-
den, dem Lamm, beinahe das Genick
bricht. Eng ist auch ihre Beziehung zu ihrer
eigenen Mutter, auf deren Schoß sie sitzt.
Anna, noch jung, ist die große Weise; hin-
ter ihrem Kopf erstreckt sich eine himmel-
blaue Weltenlandschaft. Ihre Überlegen-
heit aber spielt die Großmutter auf dem

Gemälde nicht aus, im Gegensatz zu ihrer
Position im Londoner „Burlington Kar-
ton“: Hier reckt Anna den Zeigefinger gen
Himmel.
Das wiederum korrespondiert mit dem
dritten Gemälde im Raum, dem Bildnis des
Johannes. Auch er streckt den Finger nach
oben. Doch das ist nur auf den ersten Blick
eine mahnende Geste. Johannes will mehr,
er will sein Gegenüber mit Haut und Haar
verführen. Und wie könnte ihm das nicht
gelingen, mit diesem tiefen, wachen Blick,
den weichen Locken, der im dunklen
Raum leuchtenden Schulter. Heilig mag
seine Mission sein, sein Wesen ist von die-
ser Welt. Der Pelz, den er sachte an sein
Herz drückt, kann jeden Moment fallen.
Viele der Besucher, die in der Schau vor
den Johannes treten, greifen unwillkürlich
zum Fotohandy – als ahnten sie, dass die-
ser Blick, dieser Mann sie nicht mehr los-
lässt, wenn sie sich ihm ungefiltert ausset-
zen. Dabei ist der dunklesfumatodes Bil-
des kaum zu fotografieren; die Intensität
des Spätwerkes vermittelt sich nur dem,
der vor ihm steht. Das war zuallererst Leo-
nardo selbst. Der Maler behielt den „Johan-
nes“ neben der „Mona Lisa“ und „Anna
selbdritt“ bis zu seinem Tod bei sich. Viel-
leicht sprach er mit den Figuren, so wie er
sich das von den Betrachtern seiner Werke
wünschte. Dafür eröffnet die Pariser Aus-
stellung nun neue Denk- und Spielräume.

Leonardo da Vinci. Louvre, Paris. Bis 24. Februar.
Der Katalog (Hazan) kostet 35 Euro.

DEFGH Nr. 246, Donnerstag, 24. Oktober 2019 HF3 9


Die FDP im Bundestag fordert in einem
Antrag, den noch für dieses Jahr geplan-
ten Baubeginn des umstrittenen Berli-
ner Museums des 20. Jahrhunderts zu
verschieben. Kulturstaatsministerin
Monika Grütters hatte im September
erklärt, dass für das Museum Baukos-
ten von 450 Millionen Euro erwartet
werden, mehr als doppelt so viel wie die
200 Millionen, die 2014 vom Bundestag
bewilligt wurden. Diese Kostensteige-
rung sei „durch nichts zu rechtfertigen“,
so die FDP. Der neue Bau müsse günsti-
ger zu realisieren sein. Die Abgeordne-
ten kritisieren, der Entwurf von Herzog
& de Meuron werde die städtebaulichen
Probleme des Kulturforums nicht lösen.
Sie fordern, vor dem Bau des Museums
müsse ein Masterplan für das Kulturfo-
rum entwickelt werden. Die nun veran-
schlagten Mittel für das Museum sind
im Haushaltsentwurf der Bundesregie-
rung enthalten.sz

Die polnische Literaturnobelpreisträge-
rin Olga Tokarczuk, 57, will einen Teil
ihres Preisgeldes nutzen, um eine Stif-
tung zur Unterstützung von Schriftstel-
lern und Übersetzern zu gründen. Die
Stadt Wrocław stellt ihr dafür eine Villa
zur Verfügung, das dortige Literatur-
haus fungiert als Partner. „Die Stiftung
wird sich aus einem Teil von Tokar-
czuks Preisgeld finanzieren. Ich weiß
aber noch nicht, wie hoch dieser sein
wird“, sagte der Direktor des Literatur-
hauses, Irek Grin. Man wolle außerdem
externe Gelder einwerben. dpa

„Schwarze Propaganda“


Weiler Erdoğan feierte, stürzte der Messechef die Contemporary Istanbul in eine Existenzkrise


Hans Zender


gestorben


Vor 60 Jahren, im Oktober 1959, eröffnete
der Künstler Allan Kaprow die von ihm mit-
begründete Reuben Gallery in New York mit
„18 Happenings in 6 Parts“ und prägte so
den Begriff für eine neue Kunstform, die
Happenings. In einem Gespräch über
moderne Kunst mit dem Sozialphilosophen
Arnold Gehlen, gesendet im Südwestfunk,
versuchte sich Theodor W. Adorno 1966 dar-
an, das damals neue Phänomen kulturphilo-
sophisch zu definieren:


„Ein Happening ist eine, wie soll man sa-
gen, systematisierte dadaistische oder sur-
realistische Aktion, also eine Aktion, die in-
nerhalb des realen Lebens stattfindet, die
eigentlich gar keine ästhetische Grenze ge-
genüber der Realität hat, die aber zugleich
in der Realität selber den Charakter des Ab-
surden und Willkürlichen hat, wenn sie in
sich auch wieder gefügt und durchkonstru-
iert ist; (...) ein Versuch, das, was an dem Le-
ben durch die Standardisierung (...) ausge-
trieben ist, also das Moment der Unmittel-
barkeit und Spontanität, auf dem Weg der
Fiktion wieder anzuschaffen. Aber unter
Verzicht darauf, nun das Leben so zu be-
schreiben, als ob es noch Leben wäre.“ sz


Film
Linda Hamilton und Arnold
Schwarzenegger als gealterte
„Terminator“-Kämpfer 10

Literatur
Heiß wie Wildschweinatem –
Delia Owens’ modernes
Dschungelbuch 12

Wissen
Viele Frühgeborene leiden
später unter gesundheitlichen
Beeinträchtigungen 16

 http://www.sz.de/kultur

Groß, größer,


da Vinci


Im Pariser Louvre eröffnet eine bewegende,


fein komponierte Leonardo-Schau


Der italienische Romancier, Essayist
und Übersetzer Claudio Magris erhält
den Thomas-Mann-Preis 2019. Das
teilten die Hansestadt Lübeck und die
Bayerische Akademie der Schönen
Künste mit, die den Preis seit 2010 im
Wechsel zwischen Lübeck und Mün-
chen vergeben. Magris, der 1939 in
Triest geboren wurde, sei ein großer
Erzähler Europas, schon in seinem
Donau-Buch von 1986 zeichne er „ein
funkelndes Panorama europäischer
Geschichte“. Seine Heimatstadt habe er
mehrfach als „Ort vielstimmiger, viel-
sprachiger Begegnungen und als Muse-
um verstörender Erinnerungen“ be-
schrieben. Die mit 25 000 Euro dotierte
Auszeichnung wird am 12. Dezember in
München verliehen. Die Laudatio hält
Michael Krüger. epd

Wer sich auf die Schwingungen
einlässt, wird im letzten
Raum Glück empfinden

Der 450,3 Millionen Dollar teure
„Salvator Mundi“ fehlt. Doch eine
andere Fassung des Bildes ist da

Die Messe war eine der wenigen
noch verbliebenen Plattformen für
freie Geister in der Türkei

FEUILLETON


Museumsoll warten


KURZ GEMELDET


Tokarczukwird Stifterin


Weiche Locken, tiefer Blick: Johannes der Täufer als Verführer. FOTO: TONY QUERREC. RMN-GP

Das Kind auf Marias Schoß
greift auf Leonardos Zeichnung zu
den Früchten (oben), und seine
junge „Madonna Benois“ aus
Sankt Petersburg (unten) spielt
mit dem Jesusknaben, der
ein groß geratenes, konzentriertes,
patschhändiges Baby ist.
FOTOS: MICHEL URTADO, RMN-GP;
V. TEREBENIN A. TEREBENIN – HERMITAGE

GEHÖRT, GELESEN,
ZITIERT

60 Jahre Happening


HEUTE


Mann-Preis für Magris

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