P.M. History - 11.2019

(Nandana) #1

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erregender waren Spottgesänge. Man hat sich kurze Te xte
ausgedacht, um jemanden bloßzustellen. Dann hat man sich
vor dessen Haus oder Wohnung postiert und dort die Lieder
lauthals vorgetragen.

Haben Sie ein Beispiel?
Der Dichter Catull etwa forderte von einer Frau eine aus­
geliehene Schreibtafel mit diesen Worten zurück: "Wider­
liche Ehebrecherin, gib die Schreibtäfelchen zurück, gib
die Schreibtäfelchen zurück, widerliche Ehebrecherin! Das

kümmert dich kein bisschen? (^0) du Miststück, du Bordell,
oder wenn du noch etwas Verdorbeneres sein kannst." Bei
solchen Spottgesängen hörte die ganze Nachbarschaft zu.
Das Ganze war eine rituelle Beschämung.
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ZERSTÖRER Die frühen
Christen wurden verfolgt,
das ist bekannt. Dass sie aber
auch intolerant, missiona­
risch und gewalttätig waren
und welche Gräueltaten mit
dem Erfolg des Christentums
einhergingen, wie also ,.die
frühen Christen die Antike
zerstörten", erzählt die Auto­
rin eindrucksvoll.
Catherine Nixey: Heiliger
Zorn DVA, 25 Euro

GROSSHÖKER Aufstieg
und Fall eines alten Stet-
tiner Handelsgeschlechts
ab 1566, das um das Erbe,
für die Liebe und gegen die
Obrigkeit zu kämpfen hat. Die
fiktiven Charaktere agieren
vor einem gründlich recher­
chierten historischen Hinter­
grund. Nicht nur Nordlichter
schmökern da gern.
Axel S. Meyer: Das Handels­
haus Rowohlt, 10,99 Euro

Arena


Zum Forscher
Bastian Schenk (Jg. 1993) studiert
Alte Geschichte an der TU Dresden.
Er plant, seine Dissertation über
"Rache und Racheverzicht in der Rö­
mischen Republik und frühen Kai­
serzeit" nächstes Jahr abzuschließen.

Welche Funktion hatten die Ritenfür die Gesellschaft?
Sie haben verhindert, dass Rachegelüste ungebändigt und
im Affekt ausbrechen, und dadurch das Gewaltpotenzial in
der Gesellschaft begrenzt.

Aber die Racheakte liefen doch sicherlich nicht immer
geregelt ab?
Nein, sie konnten auch aus dem Ruder laufen, vor allem zur
Zeit der Bürgerkriege. Das berühmteste Beispiel dafür ist der
Fall des Clodius, des Erzfeinds von Cicero. Er wurde ermor­
det, sein Begräbnis eskalierte zu einem Racheakt. Seine wü­
tenden Anhänger zündeten das Senatsgebäude an, weil der
Senat sich gegen Clodius gestellt hatte. Danach ist der Mob
mit Knüppeln durch die Straßen gezogen, um die Mörder in
die Hände zu bekommen. Aber das sind Einzelfälle.

Wie erweitern Ihre Ergebnisse unser Bild von der
römischen Gesellschaft?
In der Römischen Republik sind die Bürger offensichtlich
sehr überlegt mit Rache umgegangen. Selbstbeherrschung
galt als wichtige Tu gend. Gleichzeitig relativieren die Riten
das Bild von den vermeintlich erhabenen Römern, die sich
ständig nur an großen Senatsreden ergötzten. Die Racheakte
zeigen, wie sie auf emotionale Ve rletzungen reagiert haben.
Und sie geben einen Einblick, wie die Römer privat miteinan­
der umgegangen sind. Interview: Manuel Opitz
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