mir nun wie Niederlagen." Auf meter
hohen Säulen, die er im ganzen Reich
errichten ließ, verkündete er die Ge
schichte seiner Läuterung und seine
Reue über die Toten von Kalinga. Noch
heute kann man den eingemeißelten
Te xt dort lesen. Die Spitzen der Säulen
ließ er mit Löwen, dem Symbol des Bud
dhismus, verzieren.
Dennoch zwang er seinen neuen
Glauben niemandem auf. Zwar herrsch
te er unumschränkt weiter. Doch sei
nen Untertanen gewährte er volle Re
ligionsfreiheit. Gleichzeitig investierte
er in die soziale Wohlfahrt, baute die
Krankenversorgung aus, ließ Verkehrs
wege und Tempel errichten. Er refor
mierte die Steuern, propagierte den
Vegetarismus, schaffte die religiösen
Tieropfer ab. Den Nachbarländern ließ
er ausrichten, dass von seinem Reich
fortan keine Gefahr mehr ausginge.
E
r selbst unternahm ausgedehn
te Pilgerreisen durch das ganze
Land. Er besuchte das Heimatdorf
Buddhas und auch den Ort, an dem er
erleuchtet wurde. In der Hauptstadt Pa
taliputra versammelte er buddhistische
Gelehrte zu einem Konzil. Dort wurde
beschlossen, die Lehre in alle Welt zu
verbreiten-was letztlich ihren Aufstieg
zur Weltreligion begründete.
Als alter Mann, mit über 70, starb
Ashoka, nach Jahrzehnten des Frie
dens. Seine Idee vom gewaltlosen Staat
überlebte ihn allerdings nicht: Kaum
war er tot, brachen brutale Macht
kämpfe aus. Das Reich zerfiel, die Mau
rya-Dynastie ging unter. Die Geschich-
te des Ashoka geriet in Ve rgessenheit,
selbst die Schrift auf den Säulen konnte
bald niemand mehr lesen.
Erst im 19. Jahrhundert gelang
es europäischen Gelehrten, die alten
Buchstaben wieder zu entziffern. Da
bei wurde auch Ashokas Geschichte
neu entdeckt. Unter den Lesern, die von
der wundersamen Wandlung des anti
ken Königs zum Pazifismus lasen, war
damals auch ein junger Rechtsanwalt,
glühender Anhänger der indischen Un
abhängigkeitsbewegung. Sein Name:
Mahatma Gandhi. •
Ulf Schönert ist kein Buddhist,
aber immerhin Vegetarier. Und
er findet es schade, dass es in
der deutschen Geschichte kei
nen so einsichtigen König gibt.