Versunkene Reiche
zwischen dem 9. Jahrhundert vor und
dem 4. Jahrhundert nach Christus wei
te Te ile der westlichen und zentralen
eurasischen Steppe beherrschte. Das
Reitervolk gehört zu den geheimnisvol
len Unbekannten der europäisch-asia
tischen Geschichte. Schriftliche Zeug
nisse hat es nicht hinterlassen. Seine
genauen Ausmaße, wer ihm angehör
te-all das liegt weitgehend im Dunkeln.
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as Le�en und Ster�en der
E1spnnzess1n haben dte For-
scher hingegen erstaunliche
Details herausgefunden. So wissen wir,
dass sie Brustkrebs hatte, der auch in
die Lymphknoten streute. Auch die Wir
belsäule war bereits befallen, als sie am
Ende ihres Lebens vermutlich auch noch
vom Pferd fiel und sich schwere Prellun
gen zuzog. Die Schmerzen konnte sie
wahrscheinlich nur noch mit Cannabis
ertragen - ein kleines Kästchen davon
gab man ihr mit ins Jenseits. Außer
dem im Grab: sechs Pferde, fertig auf
gezäumt und gesattelt. Darüber hatte
man ihr einen riesigen Erdhügel errich
tet, einen Kurgan. Dass wir all das über
die Eisprinzessin wissen, verdanken
wir dem Permafrost, der den Boden in
dieser Gegend steinhart gefrieren lässt.
Schon kurz nach der Bestattung war
Wasser in die Grabkammer eingedrun
gen - und dann für die kommenden
2500 Jahre zu einem Eisblock erstarrt.
In ihm lag der Körper der jungen Frau
fortan wie in einer Zeitkapsel, bestens
geschützt vor allen Zersetzungsprozes
sen. Ihre inneren Organe hatte man
entfernt und die Hohlräume mit Ge
würzen gefüllt. Als die Ausgräber das
Eis auftauten, fanden sie die Prinzessin
in ein kostbares Seidenkleid gehüllt.
An ihren Händen und Armen prangten
kunstvolle Tätowierungen.
Es waren diese Bilder, die den
Leichnam aus dem Altai-Gebirge welt
berühmt machten. Auf der Schulter
der Prinzessin galoppiert ein Hirsch
mit dem Schnabel eines Greifen und
dem Geweih eines Steinbocks. Auf ih
ren Arm ist ein gefleckter Panther mit
einem langen Schwanz tätowiert. Ein
weiterer Hirsch läuft auf ihrem Hand
gelenk, ebenso wie auf dem Daumen
ihrer linken Hand.
Die Tätowierungen der Eisprinzes
sin kamen den Archäologen bekannt
vor. Ähnliches hatten sie schon einmal
gesehen: auf der Haut eines Mannes,
der bereits 1929 ganz in der Nähe aus
gegraben worden war. Beide Bestattun
gen zählen sie zur Pasyryk-Kultur, der
jüngeren Stufe skythischer Siedlung
im Altai-Gebirge, die vom 5. bis zum
- Jahrhundert vor Christus die Region
dominierte.
Die Mumie der Eisprinzessin war so
gut erhalten, dass die Forscher in No
wosibirsk DNA-Proben entnehmen und
erstmals die verwandtschaftlichen Ver
hältnisse der Pasyryk-Kultur untersu
chen konnten. Dabei kam heraus, dass
die Nachfahren der Skythen-Prinzessin
tatsächlich bis heute in Russland le
ben- allerdings viel weiter im Norden,
als Volksgruppe der Samojeden. Mit
den heutigen Bewohnern der Gemeinde
Kosch-Agatsch hat sie genetisch nichts
zu tun. Nur mag das vor Ort freilich nie
mand glauben.
D
ie Ergebnisse der Gen-Untersu
chung sind typisch für die Welt
der Skythen - mal waren sie
hier, mal dort, und immer schwer zu
fassen. Ein Volk von Reiternomaden