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Naturalien, selbst beim Handel mit dem
Ausland. Für große Transaktionen dien
ten Gold und Silber als Währungser
satz. Nach China etwa exportierte man
Elfenbein, Nashornpulver und Weih
rauch. Von dort kamen unter anderem
Seide, Sonnenschirme, Kupfertabletts
ten wuchernder Vo rstädte. Diese Bilder
belegen die Hypothese, dass die Khmer
Meister der Wasserwirtschaft waren.
Rund um das Zentrum der Stadt lagen
Barays, rechteckige künstliche Seen.
Der größte war acht Kilometer lang,
zwei Kilometer breit und gut drei Me-
Prunkelefanten mit vergoldeten
Stoßzähnen - und ein Hofstaat
unter seidenen Sonnenschirmen
und Quecksilber zum Ve rgolden von
Metallkunstwerken ins Land.
Wohlstand und Frieden hingen für
die Khmer vom Wasser ab. Der recht
winklige Wassergraben um Angkor Wat
war Sinnbild für den Urozean, aus dem
alles Leben entstand. Auf schnurgera
den Kanälen transportierte man mit
Flößen die tonnenschweren Steinblö
cke für die Te mpel fast bis auf die Bau
stelle und tränkte an ihnen die riesige
Zahl der Arbeits- und Kriegselefanten.
Vor allem braucht Reis, Hauptnahrung
der Khmer, sehr viel Wasser.
Mit der Laser-Scanner-Methode "Li
dar" ist es seit Kurzem möglich, ansons
ten nicht erkennbare Strukturen im
Boden sichtbar zu machen: Der Grund
riss des historischen Angkor zeigt einen
streng rechteckig angelegten Stadtkern
mit schnurgeraden Außenmauern,
Straßen, Dämmen und Kanälen inmit-
ter tief. Aus diesen Staubecken mit re
gulierbaren Zu- und Abflüssen dürften
die Bauern ihr Wasser bezogen haben.
Manche Forscher sprechen daher von
Angkor als einer prosperierenden "hy
draulic city", einer Stadt, deren Gedei
hen vom Wasser abhängt und die eine
Bevölkerung von mehr als einer Million
ernähren konnte. Diese Zahl scheint
anderen zu hoch gegriffen. Doch ganz
sicher gehörte Angkor zu den weltgröß
ten Städten des Mittelalters.
Als der Chinese Zhou 129 6/97 am
Hof weilte und die Ausflüge des Königs
auf Prunkelefanten mit vergoldeten
Stoßzähnen und einem Hofstaat unter
Hunderten seidener, golddurchwirk
ter Sonnenschirme bewunderte, war
Khmer bereits im Abstieg. Eine schwer
datierbare Palastrevolution hatte alle
Buddha-Abbildungen zerstört, der erste
bekannte religiöse Bildersturm in der
500-jährigen Reichsgeschichte. Krie
gerische Nachbarn, vor allem die Thai,
waren auf dem Vormarsch.
Die letzte Sanskritinschrift in Ang
kor datiert von 1327. Dann verfiel das
Großreich. Seine Könige zogen oder
flohen ab dem 14. Jahrhundert nach Sü
den. Dort herrschten sie von der heuti
gen Kapitale Phnom Penh aus über ein
recht bescheidenes Gebiet - ohne für
sich oder die Götter auch nur noch ein
einziges Steinmonument zu errichten.
Angkor verödete, verblasste schnell im
kollektiven Gedächtnis. Nur noch ein
paar buddhistische Mönche hielten in
den kommenden Jahrhunderten die
Stellung. Der Urwald übernahm.
as ließ das Großreich der
Khmer so sang- und klanglos
zu Ende gehen? War es die
Bauwut des letzten bedeutenden Herr
schers Jayavarman VII., die das Reich
an Menschen und Mitteln überfordert
hatte? Konnten die lebensnotwendigen
Barays Groß-Angkor wegen jahrelan
ger Dürreperioden oder unaufhaltsa
mer Verlandung und Verschlammung
der riesigen Stauseen nicht mehr mit
Wasser versorgen? Stand ein religiöser
Umschwung hin zu einem gemäßigten,
der Welt zugewandten Buddhismus
hinter dem Desinteresse der Herrscher
an einer monumentalen Te mpelstadt?
Hatten geänderte Handelsrouten in Ost
asien Angkor ins Abseits gestellt? Wa
ren es die Kriegszüge der Thai, die im
- und 15. Jahrhundert mehrmals das
Reich und seine Hauptstadt verheerten?
Oder war die Megastadt Angkor durch
ihr ungebremstes jahrhundertelanges
Wachstum an sich selbst erstickt?
Jede dieser Theorien hat etwas für
sich. Keine allein befriedigt. Michael
Coe: "Wie Tierarten verschwinden auch
Zivilisationen meist nicht aus einer ein
zigen Ursache.'' Er ist überzeugt: Das
Riesenreich ging am Zusammenwirken
all dieser Faktoren zugrunde. •
Teja Fiedler schwankt noch, ob
er Angkor Wat für den größten
Sakralbau der Welt hält oder
doch eher die Cheopspyrami
de, Grab eines Gott-Pharaos.