Die Welt - 23.10.2019

(Rick Simeone) #1

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23.10.19 Mittwoch, 23. Oktober 2019DWBE-HP


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8 POLITIK *DIE WELT MITTWOCH,23.OKTOBER


Z


wei Stunden vor der feierli-
chen Zeremonie rollen Bus-
se durch die von Kiefern
flankierten Straßen auf dem
Kaiserpalastgelände. Und
zwar nicht nur minutengenau, sondern
sogar bis auf zehn Sekunden abge-
stimmt. Schon Wochen vorher liefen
die Übungen für den großen Tag. Die
Herausforderung: Mehr als 2000 Gäste
reibungslos und ohne lange Wartezei-
ten richtig zu platzieren, darunter viele
Geladene aus dem Ausland.

VON SONJA BLASCHKE
AUS TOKIO

Erschwert wird die Operation durch
heftige Regenschauer, die schon am
Vormittag über das weite, von wasser-
gefüllten Burggräben umgebene Areal
im Zentrum der japanischen Haupt-
stadt Tokio fegten. So hasten die an-
kommenden Gäste schließlich durch
Tunnel von Einweisern mit aufgespann-
ten Regenschirmen ins Trockene. Viele
Männer tragen Stresemann. Einige we-
nige Frauen erscheinen im Kimono,
aber die meisten im langen Kleid. Man-
che Gäste wählten ihre Landestracht,
wie Sari oder weite, helle Gewänder
afrikanischer Nationen. Schilderträger
weisen größere Gruppen über eine brei-
te Treppe nach oben, unter einem
prunkvollen Kronleuchter durch und
über goldene Teppiche zu gepolsterten
Stühlen mit schwarz lackierter und
goldverzierter Rückenlehne.
Später folgen Limousinen von höher-
rangigen Gästen aus der Politik, zu de-
nen Hongkongs Regierungschefin Car-
rie Lam, die amerikanische Verkehrsmi-
nisterin Elaine Chao und der deutsche
Bundespräsident Frank-Walter Stein-
meier zählen. Außerdem nehmen Ver-
treter des europäischen Hochadels teil
wie Prinz Charles, König Carl XVI. Gus-
tav von Schweden und das spanische
Königspaar.
2000 Gäste aus über 170 Ländern ha-
ben die Einladung von Kaiser Naruhito
und Kaiserin Masako angenommen, mit
ihnen die am 1. Mai erfolgte Thronbe-
steigung zu feiern. Diese Zeremonie in
zwei Akten lässt sich am besten mit ei-
ner Eheschließung vergleichen: mit ei-
ner standesamtlichen Hochzeit im klei-
nen Kreis und dem nachfolgenden rau-
schenden Fest in großer Runde. Die
Gäste werden an drei Seiten in Räumen
rund um einen Innenhof platziert, vor
den Elementen geschützt durch hohe
Glasfronten. Im Hof selbst wehen Stan-
darten in Rot, Grün, Weiß, Gelb und
Violett im Wind. Doch selbst wer in der
ersten Reihe sitzt, kann kaum erspähen,
was im Matsu-no-ma (wörtlich: Kie-

fernzimmer) auf einer Seite des Hofes
vor sich geht. Dieser Raum ist Zeremo-
nien von höchstem Niveau vorbehalten
wie der Abdankung von Kaiser Akihito
am 30. April. Der 85-Jährige hatte nach
30 Jahren Regentschaft aus gesundheit-
lichen Gründen zugunsten seines Soh-
nes Naruhito auf den Chrysanthemen-
thron verzichtet.
In Japan ist der Kaiser – genannt Ten-
no – gemäß der Nachkriegsverfassung
Symbol des Staates, hat aber ausdrück-
lich keine politische Rolle. Was nicht
heißt, dass er bedeutungslos wäre: Der
Tenno wird mitunter als „Gewissen“
des Landes bezeichnet. Akihito und Kai-
serin Michiko ist es durch ihre Besuche
bei Betroffenen nach Naturkatastro-
phen zu verdanken, dass sie nun auch
als Trostspender gelten.
So schwer der Prunksaal für die Gäs-
te über den Hof einsehbar ist – wenigs-
tens den Auftakt zu der schweigsamen
und bis ins kleinste Detail durchstili-
sierten Zeremonie können alle sehen.
Und je nach Platz auch hören. Nach An-
kunft von vier Vertretern des Staates,
darunter Premierminister Shinzo Abe,
ist da erst nur ein undefinierbares,
schleifendes Geräusch. Es stammt wohl
von den mehrlagigen, mehrfarbigen und
bis zu zwölf Kilogramm schweren Ki-
monos der weiblichen Mitglieder der
Kaiserfamilie, die über dünne, hellgrüne
Reisstrohmatten durch verglaste Gänge
zum Kiefernzimmer schreiten. Kron-
prinz Akishino – nur er im grell-orangen
Kimono – betritt den Raum zuerst, ge-
folgt von seiner Frau Kiko und den bei-
den Töchtern, den Prinzessinnen Mako
und Kako. Ihr 13-jähriger Sohn Hisahito,
der zweite in der Thronfolge nach sei-
nem Vater, nimmt nicht teil. Auch die
17-jährige Tochter des Kaiserpaars, Aiko,
ist nicht zugegen. Frauen sind in Japan
derzeit von der Thronfolge ausge-
schlossen.
Gegenüber stellen sich weitere Prin-
zessinnen auf. Jeweils zwei Bedienstete
beeilen sich, die in mehreren Lagen
übereinander getragenen Kimonos,
Über- und Untergewänder in Form zu
ziehen. Die Frauen mit ihren weiß ge-
schminkten Gesichtern und farbenfro-
hen, steifen Gewändern wirken wie Por-
zellanpuppen. Ins Auge stechen vor al-
lem ihre Frisuren: hoch über dem Ober-
kopf auftoupiert, dann zweigeteilt und
hinten zu einem Zopf epischer Länge
verbunden – mindestens drei Meter
lang und offensichtlich aus mehreren
Teilen zusammengeflochten. Muster
und kleine Bilder mit Symbolen für lan-
ges Leben und Glück wie Schildkröten,
Kraniche und Wolken zieren die Stoffe.
Einzige Ausnahme in dieser Aufstel-
lung: der Bruder des emeritierten Kai-

sers, der im Rollstuhl sitzt und einen
Anzug trägt.
Alles scheint bereit für den Beginn
der Zeremonie um Punkt 13 Uhr. Doch
dann passiert erst einmal minutenlang –
nichts. „Im Internet schreiben sie, die
Zeremonie hat schon begonnen!“, wun-
dert sich ein japanischer Reporter im
durch eine Glasscheibe abgetrennten
Raum mit Blick ins Kiefernzimmer. Erst
fünf, sechs Minuten später hört man
das langsame Klack-Klack der wuchti-
gen Lackschuhe der Zeremonienmeis-
ter, gekleidet in schwarze Kimonos über
weißen Untergewändern und mit ausla-
denden Kanmuri-Kopfbedeckungen,
wie sie auch der Kaiser trägt: eine run-
de, schwarz lackierte Kappe, mit einem
langen versteiften Stück Stoff versehen,
das bei jedem Schritt mitwippt.
In Europa stellt man sich einen
Thron als prunkvoll verzierten Stuhl
vor. Japan treibt diese Idee der Überhö-
hung auf die Spitze, mit quadratischen
und prunkvoll in Gold und schwarzem
Lack verzierten, ausladenden Podesten
gut einen Meter über dem Boden, um-
geben von einem rot lackierten Gelän-
der. Auf dem Podest ist eine weitere,
achteckige Plattform, auf der ein von
schwarzen Lacksäulen getragenes Zier-
dach steht.
Was sich darin befindet, verhüllen
purpurne Vorhänge. Das runde, schwarz
lackierte und goldverzierte Dach des
6,48 Meter hohen Takamikura-Throns
zieren viele kleine Sonnen – als Symbol
für die Abstammung des Tennos von
der mythischen Sonnengöttin Amatera-
su. Der Michodai-Thron der Kaiserin ist
mit 5,67 Meter niedriger und weist kei-
ne Sonnensymbole auf, aber auf beiden
Dächern reckt ein goldener Phönix
stolz sein Haupt in die Höhe.
Vor den Blicken der Gäste verborgen,
betritt der 126. Tenno der ältesten Erb-
monarchie der Welt schließlich hinter
der Thronplattform den Raum. Der 59-
Jährige trägt an diesem Tag ein zeremo-
nielles Übergewand in der Farbe Koro-
zen, bei der Sappanholz-Farbstoff mit
japanischer Wachsbaumrinde gemischt
wird – ein Braunton mit Orange-Stich.
Auch er trägt schwere, überdimensiona-
le Schuhe, genannt Gosokai, in seinem
Fall mit speziellem Stoff bezogen. Doch
selbst der Kaiser zieht diese aus und be-
tritt nur in weißen Tabi-Strümpfen den
von Vorhängen umschlossenen Teil des
Thronpodests.
Auf einen Gongschlag ziehen die Hof-
diener sorgfältig einen nach dem ande-
ren die schweren purpurnen Vorhänge
an drei Stellen zur Seite. Das Holz des
prunkvollen Podests knarzt immer an
derselben Stelle, wenn ein Hofdiener
sich ehrerbietig dem Kaiser nähert. Ei-

ner überreicht Naruhito schließlich ein
gefaltetes Papier; auf dem Rückweg ach-
tet er darauf, dem Tenno nicht den Rü-
cken zuzuwenden.
Bis zu diesem Punkt sind etwa zehn
Minuten ohne ein Wort vergangen. Erst
dann faltet der Kaiser das ziehharmoni-
kaartige Dokument seitlich auseinander
und liest seine Rede vor – nur wenige,
aber vielsagende Sätze. Gleich zweimal
erwähnt er „Glück für die Menschen“
und „Frieden für die Welt“.
Premierminister Shinzo Abe über-
bringt in einer kurzen Rede Glückwün-
sche an das Kaiserpaar. Er verspricht:
„Wir werden unser Möglichstes tun, um
eine friedliche, leuchtende Zukunft vol-
ler Hoffnung für Japan zu schaffen.“ Auf
sein Zeichen wenden sich alle Anwesen-
den diagonal zum Thron. „Banzai“, ruft
Abe dreimal laut – „Lange lebe der Kai-
ser!“ – und wirft dabei die Arme in die
Höhe, gefolgt von Vertretern der drei
anderen Staatsgewalten, darunter die
einzige Frau, mit weißen Handschuhen.
Die Familienmitglieder bleiben stumm,
während draußen auf einmal ein Don-
nern ertönt: Die japanischen Selbstver-
teidigungsstreitkräfte feuern rhyth-
misch Salut.
Wieder ertönt der Gong – der Auftakt
zum Abschluss und dem erneuten Zu-
ziehen der Vorhänge. Wie eingangs be-
gleitet von Hofdienern, die die Insig-
nien und seine kaiserlichen Siegel tra-
gen, verlässt Naruhito dieses Mal den
Raum zum Innenhof. Es ist die erste
Gelegenheit für die Gäste aus aller
Welt, einen Blick auf ihn zu erhaschen.
Die Kaiserin folgt ihm in einer separa-
ten Gruppe, auch sie begleitet von Hof-
dienern.
Wodurch die Verspätung des Kaisers
anfangs bedingt war, bleibt unklar. Für
die Gäste geht es jedoch Schlag auf
Schlag weiter: Eine halbe Stunde später
verlassen Ehrengäste wie Bundespräsi-
dent Steinmeier den Kaiserpalast in
dunklen Limousinen, die nach System
aufgereiht auf dem Palastgelände auf ih-
ren Einsatz gewartet haben. Steinmeier
zeigt sich bei einem Treffen mit Journa-
listen beeindruckt von der Krönungsze-
remonie: „Da verbindet sich Geschich-
te, Tradition, die Freude über die
Thronbesteigung des neuen Kaiserpaa-
res, aber eben auch viel Hoffnung auf
Zukunft.“ Vor allem die Freude sei bei
den japanischen Gesprächspartnern
sehr spürbar gewesen. Steinmeier und
seine Frau Elke Büdenbender hatten das
vorherige Kaiserpaar Akihito und Mi-
chiko kurz vor dem Thronverzicht noch
getroffen. Eine kurze Begegnung mit
Naruhito und Masako, die sie noch
nicht kennengelernt hätten, sei abends
beim Essen im Kaiserpalast geplant.

AFP

/KAZUHIRO NOGI

Hinter dem


PURPURNEN


VVVorhangorhang


Zum zweiten Teil der Thronzeremonie des


japanischen Kaisers Naruhito sind nun auch


Gäste aus aller Welt geladen. Unsere Reporterin


war eine von zwei ausländischen Journalisten,


die der Zeremonie beiwohnen durften


TTTeilnehmer der Zeremonie rufen dreimal „Banzai“ – Lang lebe der Kaiser! eilnehmer der Zeremonie rufen dreimal „Banzai“ – Lang lebe der Kaiser!


AP

/KIMIMASA MAYAMA

Ankunft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (M.) und seiner Frau
Elke Büdenbender. Sie kannten bereits die Eltern des neuen Kaisers Naruhito

AP

/CARL COURT

KKKaiser Naruhito undaiser Naruhito und
KKKaiserin Masako aiserin Masako
(hinten) bei der
Thronzeremonie

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