Berliner Zeitung - 23.10.2019

(Brent) #1

MusikfürMillionen


EinsingenderPendlerwurdeInstagram-Star–plötzlichundunerwartet.EineErfolgsstory


VonMartin Oversohl

R

und25 KilometerlegtUwe
Baltner jedenMorgen auf
demWegins Bür ozurück.
Zwischendurch fährter
rechts ran–und singt. Mitden
Songs,die er Tagfür Tagmit der
Handykameraaufnimmt,sorgterim
InternetfürFurore.Weltweit.
UweBaltner wirkt immer noch
ein wenig, als könne er den ganzen
Rummel um ihn und seineSingerei
nicht ganz ernst nehmen.Eine Mil-
lion Menschen folgen demWerbe-
fachmannausLudwigsburgmittler-
weileauf Instagram.Etlicheschauen
sich Tagfür Tagauf der Internet-
Plattforman, wie Baltner auf seiner
Autofahrtins Bür omit Schmackes
und einem Lächeln–nun: wie er
singt. DenBlick aufsHandy gerich-
tet, das am Armaturenbrett seines
Fiat500ineinerHalterungsteckt.
Baltner singt ausvollem Herzen
undfilmtsich,währenderdieSongs
vonUS-Bands ebenso wie Chart-
Klassiker ausEngland undHipHop
aus Deutschland im Karaoke-Stil
zum Besten gibt.Ab und zu singt er
auchwenigbekannteHitsausAfrika,
aus Russland oder Arabien.Einein-
fachesRezept,daszunächsteinwe-
nigÜberwindungverlangt,einbiss-
chen Zeit kostet und schließlich
weltweitfürvielAufsehensorgt.

FollowerausAfrikaunddenUSA
Jeder fünfteFollowerins einem In-
stagram-FanclubstammtausAfrika,
ein weiteres Fünftel aus den USA.
„Musik verbindet“, sagt Baltner.

„GroßeKünstlerhabenmeineSongs
geteilt, unter anderem ChrisBrown
indenUSA.Unddaw armirdannir-
gendwieklar:Dasistjetztnichtmehr
normal.Alsodasistnichtsodienor-
male Entwicklung, sonderndap as-
siertjetzt grad irgendwas.“Höchste
Zeit also ,seiner Frau das kleineEx-
perimentaufInstagramzubeichten,

das da „durch dieDecke gegangen
ist“,wieersagt.
Ursprünglich hatte sich der 56-
Jährige mit demSingen nicht nur
seine langeZeit unter wegs vertrei-
benunddieStimmetrainierenwol-
len.„IchwolltemirauchdenGriffzu
den Süßigkeiten auf demBeifahrer-
sitzabgewöhnen.“DieerstenVideos
seien eigentlich nur „für denHaus-
gebrauch“ gedacht gewesen.Aber
warum nicht auch teilen?Er sei ein
extrovertierterTyp, sagt Baltner,das
Wissen umZuschauer habe ihn zu-

sätzlich motiviert. Außerdem be-
komme er beimSingen gute Laune.
„Daskicktmichmorgensgutinden
Tag.“Haterd asGefühl,einLiedam
Steuer ausreichend geprobt zu ha-
ben, fährteraneiner Parkbucht
rechts ranund nimmt es so lange
auf,bisesihmgefällt.Kameraläuft,
Lächeln,Singen, Lächeln,Kameras

Dass Musik gute Laune machen kann, ist nicht neu. Dass aber ein „normaler“ Bürger mit schrägem Singen im Auto berühmt wird, schafft nur Instagram. STOCK.ADOBE.COM/P. IGNATOV, DPA

„Es ist eine guteSache,wenn man Leuten


morgens ein Lächeln aufsGesicht zaubert.“


Uwe BaltnerInstagram-Star durch Zufall–mit einer Million Followern

aus –und ab insNetz. Wiejeden
Morgen,teilssogarzweibisdreiMal
amTag.
DieseMotivationwillerweiterrei-
chenandiejenigen,dieihnundsein
Instagram-KontoTagfürTagmitMu-
sikwünschen füttern.Er wolle gute
Laune nach außen transportieren:
„DascheintesdringendenBedarfzu
geben.Undesi stschoneineguteSa-
che,wennmanLeutenmorgensein
Lächeln aufsGesicht zaubert.“Des-
halb lächle er,bevor er den ersten
Tonsinge,deshalb sei er auch hu-

morvoll,wenneramAbendnachder
ArbeitteilsnocheinoderzweiStun-
denaufdieKommentareimI nternet
ausallerWeltantworte.

DieLeutefindenmichnett
Wieerklärters ich denn seinenEr-
folg im Netz? Er seiweder extrava-
gantnocheinewerbendeInstag ram-
Erscheinung, sagt Baltner.„Die
Leute finden mich einfach nett.“Er
sehe eben so aus,„wie ich aussehe,
wenn ich ins Bürofahre“. DasBe-
ständige,das Einfache,die gute
Laune -„das ist auch so'n bisschen
einGegenentwurfzud em,wasdiese
Influencer so machen“. AlsInfluen-
cergeltenMenschen,diemitgroßer
Reichweite in sozialenMedien die
öffentlicheMeinungstarkmitgestal-
tenundteilweisemitWerbungGeld
verdienen.Spaßbeim Singen,dassei
„eine bessereBotschaft alsStyling-
undShopping-Tipps“.
EineBotschaft,diesichvielleicht
auch geschäftlich nutzen lässt?„Ich
mache das zwar alles zumSpaß“,
sagt Baltner.„Aber wir sind alsWer-
beagentur natürlich auch interes-
siertdaran,dieReichweitefürunsere
Kunden zuvermarkten.“Noch ha-
benBaltnerundseinLudwigsburger
Team keine konkretenPläne.Aber
vollkommen ungenutzt wollen sie
die Möglichkeit auch nicht lassen,
diesichihnenüberraschendbietet.
Selbstverständlich musste Balt-
ner nicht lange überlegen,welchen
SongeranlässlichdesErreichensei-
ner Million Followerzum Besten
gibt: „W eare the Champions“von
seinerLieblingsbandQueen.

LückenbeiderApp-Kontrolle


EinBerlinerSicherheitslabortrickstebeieinemVersuchAmazonundGoogleaus


B


erliner Sicherheitsforscher ha-
ben Sicherheitslücken in dem
FreigabeprozessvonAppsfürsmarte
LautsprechervonAmazonundGoo-
gleaufgedeckt,soeinBerichtimak-
tuellen „Spiegel“.DieForscher der
Berliner Security Research Labs
(SRLabs) konnten über die offiziel-
lenApp-StoresfürAmazonEchound
Google Home Apps verbreiten, mit
denen sichNutzer eines Amazon
Echooder GoogleHomeunbemerkt
abhören ließen.Dabei ist es gelun-
gen, dieSicherheitskontrollenvon
Amaz onund Googlezuüberlisten.
DieSRLabs-Forscher hatten zu-
nächstharmloseVariantenderApps,
die bei Amazon„Skills“ heißen und
bei Google „Actions“ oder „Aktio-
nen“, bei denUnternehmen einge-
reicht und freischalten lassen.Die
Apps konntenNutzeranfragen zum
Beispiel nach einemHoroskop be-
antworten und täuschten anschlie-

ßend ihreInaktivitätvor. Nach der
ersten Sicherheitskontrolle wurden
die Apps allerdings soverändert,
dasssienacheiner„Goodbye“-Mel-
dungweiterhinlauschten.Dieuner-
laubtenFunktionendermanipulier-
ten Appwurden vonAmazon und
Googlenichtentdeckt.

Passwortniemalslautsagen
DieForscher versuchten bei ihrem
Experimentauch,andiePasswörter
derAmazon-beziehungsweiseGoo-
gle-Nutzer zu kommen.Diemani-
puliertenApps reagierten dabei auf
jedeFrageder NutzermiteinerFeh-
lermeldung.Diese besagte,dass die
entsprechende Funktion derzeit
nichtverfügbarsei.Danachwurden
dieAnwenderaufeinvermeintliches
Sicherheits-Update verwiesen:
„Bitte sagenSie„Start“, gefolgtvon
IhremPasswort“. Für unaufmerk-
sameNutzermusstedasklingen,als

App-Aktualisierungen bei Amazon
und Google offen.Sieachteten nur
bei der erstmaligenAufnahme der
Apps in denStoredarauf, dass die
„Skills“ oder „Aktionen“ nicht wie
Abhörwanzen funktionieren. Bei
denUpdateswurdendieneueinge-
bautenLecksnichtentdeckt.
DieSRLabs-Forscher informier-
tendie UnternehmenüberihreVer-
suche,diedaraufhinreagierten.„Wir
habenSchutzmaßnahmenergriffen,
um diese Artvon Skill-Verhalten zu
erkennen und zuverhindern. Skills
werdenabgelehntoderentfernt,so-
bald ein solchesVerhalten identifi-
ziertwird“,teilteAmazonmit.
EineGoogle-Sprecherin:„Wirun-
tersagenundentfernenjedeAction,
die gegen unsereRichtlinienver-
stößt.“Dievonden Forschernentwi-
ckelten Actions habe Google ge-
löscht und wirdverhindern, dass so
etwasnocheinmalpassiert.(dpa)

obdie Aufforderungnichtmehrvon
derApp,sonderndirekt vonAmazon
kommt.DieForscher erklärten, An-
wender sollten immer misstrauisch
sein, wenn sie nach ihremPasswort
gefragt werdenundeslautsagensol-
len. In der Praxis richteten dieApps
quasikeinenSchadenan,weilsiezu-
nächsteinmalunterdenTausenden
vonSkills und Aktionen gefunden
undinstalliertwerdenmussten.

SchwächenbeiderApp-Freigabe
AußerdemkonntendieBerlinerFor-
schereinwichtigesSicherhe itsmerk-
mal nicht außer Kraft setzen:Die
smarten Lautsprecher zeigen mit
leuchtendenFarbsignalen an, dass
siedie Spracheaufzeichnen.Nutzer,
dieaufdieLED-Signaleachteten,be-
kamen also mit, dass dieSprach-
übertragung immer noch lief.Das
Experiment legte gravierende
SchwachstellenbeiderFreigabevon

NACHRICHTEN


Immer mehr Fluggäste
fordernInternet im Flieger

ObwohlesimmermehrOffline-
MöglichkeitenfürSmartphones
gibt,wünschensichzunehmend
mehrPassagiererichtigesInternet
imFlugzeug.DiesfandeineStudie
desWeltluftfahrtverbandesIataher-
aus,dieimvergangenenJahrmehr
als10000Passagiereaufder
ganzen Weltbefragte.Mit53 Proz ent
derFluggäste,welchedieIata
befragte ,wünschensichmittlerweile
etwasmehralsdieHälfteder
FlugreisendeneinenInternetzugang
imFlugzeug.Damitgehörtdas
AnliegenzumerstenMalzuden
oberstenPrioritätenderPassagiere,
diedieIataJahrfürJahrinihren
„GlobalPassengerSurveys“
ermittelte.(kk.)

Das Smartphone ist deutlich
beliebter als ein Laptop

Immeröfterundvorallemimmer
längernehmendieDeutschenihr
SmartphonezurHand.Dasisteines
derdiesjährigenKernergebnisseder
Studie„DigitaleNutzung“vomBun-
desverbandDigitaleWirtschaft
(BVD W).BesondersdiemittlerenAl-
tersgruppenderGenerationXundY
nutzenihrmobilesEndgerätdeut-
lichlieberalsdenLaptop.Frauen
sindimSchnittlängeronlineals
Männer.DieStudiemit1002reprä-
sentativausgewähltenBefragtenbe-
leuchtetdasNutzungsverhaltenmit
internetfähigenGeräten,Social Me-
dia,Streaming-Diensten,Smart
HomesowiedasEinkaufsverhalten
derDeutsc henim Internet.(kk.)

Bei TUI Nordic trägt man
jetzt Chip im Büro

Diese Mitarbeiterin bei TUI Nordic
bezahlt ihren Snack per Hand-Chip. TUI/PR

Mehrals100der500Mitarbeitenden
vonTUINordichabensicheinen
ChipunterdieHautimplantieren
lassen.Wasklingtwieauseinem
Science-Fiction-Film,istfürdieBe-
legschaftderskandinavischenTUI-
Tochterin Stockholmbereitsheute
Realität.MitdemMikrochipinder
linkenHandzwischenDaumenund
ZeigefingerlassensichdiverseMa-
schinenimHausbedienen:Türen,
SchlösservonSpindenundSnack-
Automaten.Wersichchipppenlas-
senmöchte,tutdiesfreiwillig.Die
FirmaübernimmtdieKosten.Jeder
Datenspeicherträgteinepersönli-
cheID-Nummer,dievonLesegerä-
tenerkanntwerdenkann.(kk.)

Umfrage ergab:Tablets von
Samsung sind robuster

EineUmfrage vonWertgarantieun-
termehrals11000Tablet-undLap-
top-Nutzernergab:SamsungTablets
sindlautihrenNutzer nrobusterals
dievonApple–nur37,6 Proz entver-
zeichnenwährenddergesamten
NutzungsdauerDefekteanihrenGe-
räten.LediglichjederdritteSam-
sung-Nutzerhattebereitseinen
SchadenamTablet,dazugehören
Displayschäden,technischeDefekte
undkleineSchönheitsfehler.Die
TabletsvonApple-Nutzernweisen
hingegenmit43,6Proz entmehr
Schädenauf.EinmöglicherGrund
hierfürkönntesein,dassiPad-Nut-
zerihreGerätehäufigerunterwegs
nutzenalsSamsung-Nutzer.Dies
würdeauchdiehöherenSturzschä-
den(10,6Proz ent)bei Appleunddie
geringenbeiSamsung(6,9Proz ent)
erklären.(dpa)

Schnell


Speicherplatz


freischaufeln


UPGRADE


O


bbeimFilmenmitdemSmart-
phoneoderbeimHerunterla-
deneinergroßenDateiamCompu-
ter:DieWarnmeldung„KeinSpei-
cherplatz“popptmeistensinden
ungünstigstenMomentenauf.Was
könnenUsertun,wennsieschnell
Speicherfreischaufelnmüssen?
Computeranwender sollten zu-
nächsteinenBlickaufdenvirtuellen
Papierkorbwerfen.Erdientalstem-
poräreAblage für gelöschteDateien
underlaubtNutzern,einversehent-
lichindenPapierkorbverschobenes
Dokument wiederherzustellen.Erst
wenn der Papierkorb geleertwurde,
gibt dasSystem denSpeicherplatz
frei, den die entfernenDaten beleg-
ten.WennsichvieleodergroßeFiles
in dem digitalenAbfalleimer befin-
den, sind nach der Leerung auf der
Festplatte nicht selten einigeMega-
oder sogarGigabyte wieder neu be-
legbar.
Effektiv ist auch die Löschung
oderzeitweiligeAuslagerungbeson-
ders gewichtigerDateien. Um sie
ausfindig zu machen, müssenWin-
dows-NutzerinderÜbersichtledig-
lich „Dieser PC“ auswählen und in
die rechts platzierteSuchmaske des
dann erscheinendenFensters den
BefehlGröße:eingeben.DerUserer-
hält dann die Möglichkeit, sichDa-
teienmiteinerGrößevoneinembis
16, 16 bis 128 oder mindestens 128
MBanzeigenzulassen.
AufMac-Rechnernist das Auf-
spüren vonSchwergewichten etwas
umständlicher:NachdemÖffnenei-
nes neuenFinder-Fensters,schaltet
die Tastenkombination cmd und F
eineSuchleistehinzu.Dasdortfest-
gelegte Suchkriterium „Alt“ kann
über ein Klappmenü in „Andere...“
unddurchdasSetzeneinesHakenin
der Zeile „Dateigröße“ umgeändert
werden.DanachentscheidetderAn-
wender über dieMindestgröße der
Dateien, die dasSystem auflisten
soll.
Eine derartigeSuchfunktion ha-
benSmartphonesnicht.Abersie zei-
genauf Wunschzumindestan,wofür
ein Großteil desSpeichers benötigt
wird. Eine erste Analyse derBele-
gunggestattetdieÜbersicht,diesich
unterEinstellungen,Optionen,Spei-
cher (Android) bzw.Einstellungen,
Allgemein, iPhone-Speicher (iOS)
aufrufen lässt. Dortfinden sich oft
schon Verweise aufDateien oder
Programme,die der Nutzer nicht
mehrbenötigtundlöschenkann.
Gerade Fotos undVideos sind
mitunter echteSpeicherfresser.Sie
per Bluetooth oderKabel auf einen
RechnerzuübertragenunddieOri-
ginale dann zu entfernen, setzt
meinst ungeahnteKapazitäten frei.
Istkein Computer in der Nähe,bie-
ten sich Cloudspeicher als Alterna-
tivean.FürdieschnelleÜbertragung
der Medien ist allerdings eine gute
Verbindung zumOnline-Dienst er-
forderlich.
Beim Instant-Messenger Whats-
Appkommt erschwerend hinzu,
dass er sämtlicheDateien, die sich
die Nutzer zusenden, imSpeicher
ablegt.Videos,PDF-Dokumenteund
Sprachnachrichten allein belegen
üblicherweisemehrereDutzendMB.
Werdie Appalso intensiv nutzt,
sollte Chatverläufe leeren, in denen
vieleMediengeteiltwurden.


Daniel Dangelmaier
schreibt seit 17 Jahren
über Digitales.

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28 * Berliner Zeitung·Nummer 246·Mittwoch, 23. Oktober 2019 ·························································································································································································································································································

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