Handelsblatt - 23.10.2019

(Jacob Rumans) #1
WeWork in New York:
Softbank übernimmt die
Kontrolle beim Start-up.

HARUKA SAKAGUCHI/The New York Ti

Astrid Dörner New York


L


ange hat WeWork mit ei-
ner Entscheidung gerun-
gen. Nach dem geplatz-
ten Bösengang im Sep-
tember braucht das Start-
up dringend Geld. Nun steht die Ent-
scheidung offenbar fest. Der krisen-
geschüttelte Bürovermieter bekommt
ein Rettungspaket von Großinvestor
Softbank, wie US-Medien am Diens-
tag übereinstimmend berichteten.
Das sichert das Überleben des New
Yorker Start-ups, ist jedoch mit ho-
hen Zugeständnissen verbunden. So
muss Gründer Adam Neumann sei-
nen Platz im Verwaltungsrat räumen,
heißt es.
Im Gegenzug versorgt Softbank
WeWork demnach mit Krediten in
Höhe von fünf Milliarden Dollar. Zu-
dem wolle der japanische Technolo-
giekonzern bestehenden Aktionären
Anteile im Wert von drei Milliarden
Dollar abkaufen – jedoch zu einer
deutlich geringeren Bewertung. So
sei WeWork derzeit nur noch acht
Milliarden Dollar wert. Ein Abschlag
von 83 Prozent. Noch im Januar wur-
de das Unternehmen, das sich vor
wenigen Monaten in „The We Com-
pany“ umbenannte, mit 47 Milliar-
den Dollar bewertet.
Der Verwaltungsrat von WeWork
war am Dienstag zusammengekom-
men, um über ein Rettungspaket ab-
zustimmen. Eine offizielle Entschei-
dung stand bei Redaktionsschluss
noch aus.

Softbank würde mit diesem Ret-
tungspaket die Mehrheit der Stimm-
rechte von WeWork bekommen. Von
den drei Milliarden Dollar, die für
Rückkäufe vorgesehen sind, soll ein
Drittel an Mitgründer Neumann gehen.
Der würde im Gegenzug die Führung
des Verwaltungsrats abgeben, hieß es.
Er könne jedoch zwei Mitglieder für
das Kontrollgremium entsenden.
Neumann war Ende September
nach dem gescheiterten Börsengang
als Vorstandschef zurückgetreten und
hatte sich auf die Leitung des Verwal-
tungsrats konzentriert. Er soll einen
kleinen Anteil an dem Unternehmen
behalten, das er vor zehn Jahren mit
gegründet und zum wertvollsten
Start-up der USA gemacht hat.

Goldener Handschlag


Neumann, der ein enges Verhältnis
zu Softbank-Chef Masayoshi Son hat,
wird mit dem Rettungspaket üppig
kompensiert. Neben dem Verkauf
der Anteile soll Softbank zudem noch
einen Kredit von 500 Millionen Dol-
lar bereitstellen und ihm eine Bera-
tungsgebühr in Höhe von 185 Millio-
nen Dollar zahlen.
Softbank-Chef Son muss nun zei-
gen, „dass er die Verluste minimieren
und das Beste aus dem Unternehmen
rausholen kann“, sagt Sven Weber,
der den Risikokapitalfonds Knights-
bridge Advisers berät. Über Soft-
banks 100 Milliarden Dollar schwe-
ren Technologiefonds Vision Fund

und über den Konzern direkt hatte
Son bereits elf Milliarden Dollar in
WeWork investiert und so rund 30
Prozent der Anteile gehalten. Der ja-
panische Milliardär will sich über den
Vision Fund eigentlich als großer
Technologie-Investor positionieren.
Daher ist mit WeWorks Erfolg auch
Sons eigener Ruf verbunden.
Neumann war für seinen ausschwei-
fenden Lebensstil bekannt und hat
sich dafür hoch verschuldet. Eine 500
Millionen Dollar schwere Kreditlinie,
die Neumann von JP Morgan Chase,
Credit Suisse und der UBS bekam, war
zum Teil mit seinen WeWork-Anteilen
besichert. Bis Ende Juli hatte Neu-
mann davon 380 Millionen Dollar ab-
gerufen, wie aus dem nun zurückgezo-
genen Börsenprospekt hervorgeht.
Branchenkennern zufolge könnte
es nach der heftigen Korrektur bei
der Unternehmensbewertung nun zu
einem sogenannten „Margin Call“
kommen, der Neumann dazu zwingt,
neue Sicherheiten zu hinterlegen
oder den Kredit zurückzuzahlen. Mit
dem Kredit von Softbank könnte der
40-Jährige nun die Schulden bei den
Banken begleichen.
Zudem hat Neumann einen fast
100 Millionen Dollar schweren Kredit
bei JP Morgan, mit dem er die Käufe
von fünf Luxusimmobilen finanziert
hatte. Dieser ist nicht mit Unterneh-
mensanteilen besichert. Dass Neu-
mann nun von Softbank gut versorgt
wird, stößt auf Kritik.

Das Unternehmen, das im ersten
Halbjahr 900 Millionen Dollar Ver-
lust machte, könnte Tausende Mit-
arbeiter entlassen. Medienberich-
ten zufolge sei dies noch nicht pas-
siert, weil das Start-up nicht
genügend Geld für Abfindungen ha-
be. Neumann dagegen sei fein raus,
so Professor Scott Galloway von der
New York University, der sich als
lautstarker WeWork-Kritiker etab-
liert hat.
Der Bürovermieter hatte auch mit
JP Morgan Chase über ein Rettungs-
paket verhandelt. Dies sah die Ausga-
be von neuen, hochriskanten Anlei-
hen vor. Die Lösung wäre jedoch
sehr teuer gewesen. Branchenken-
nern zufolge war von einem Zinscou-
pon von 15 Prozent die Rede. Davon
hätte We jedoch nur ein Drittel in
Cash bezahlen wollen und den Rest
durch die Ausgabe weiterer Anlei-
hen. Diese sogenannte „Payment-in-
Kind“-Methode wurde in der Vergan-
genheit oft von kriselnden Ener-
gieunternehmen verwendet oder von
Firmen, die aus einem Insolvenzver-
fahren kommen.
Für Softbank-Chef Son ist WeWork
nicht die erste Enttäuschung. Auch
Uber, ein anderes großes Portfolio-
Unternehmen des Vision Fund,
musste vor dem Börsengang im Mai
den Firmenwert deutlich nach unten
korrigieren.


Kommentar Seite 28



Start-up


Machtwechsel bei WeWork


WeWork-Gründer Adam Neumann verliert Einfluss. Softbank übernimmt.


Masayoshi Son:
Der Softbank-Gründer
geht ins Risiko.

Bloomberg

Finanzen & Börsen
MITTWOCH, 23. OKTOBER 2019, NR. 204

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