Handelsblatt - 23.10.2019

(Jacob Rumans) #1

Gernot Lenz: Ab November neuer Chef der


angeschlagenen Modemarke Tom Tailor.


BrauerPhotos/O.Walterscheid

Sanjeev Gandhi


BASF


verkleinert


Vorstand


LUDWIGSHAFEN Der
Manager Sanjeev Gan-
dhi scheidet aus dem
Vorstand von BASF
aus. Das teilte der Che-
miekonzern am Mon-
tagabend mit. Hinter-
grund ist eine Verklei-
nerung des Vorstands
von sieben auf sechs
Mitglieder im Zuge ei-
nes Sparprogramms,
das sich BASF aufer-
legt hat. Gandhi, 1966
im indischen Mumbai
geboren, war zuletzt
unter anderem für die
Region Asien-Pazifik
und den Bereich Inter-
mediates verantwort-
lich, der Zwischenpro-
dukte entwickelt, pro-
duziert und
vermarktet. dpa

Martin Greive, Jan Mallien Berlin, Frankfurt


D


as Büro von Isabel Schnabel an
der Universität Bonn ist schwer
zu finden. Der Weg führt über
lange verwinkelte Gänge. Wie
man es von Wissenschaftlern
kennt, stapeln sich auf ihrem Schreibtisch
auch mal Papierberge. Bald wird die 48-jährige
Ökonomin ihr Arbeitszimmer im Juridicum
der Universität Bonn gegen ein deutlich spek -
takuläreres Büro im Glasturm der Euro -
päischen Zentralbank im Frankfurter Ostend
tauschen. Dort teilen sich weit oben die Mit-
glieder des Direktoriums zu zweit jeweils eine
Etage.
Die Bundesregierung wird Schnabel als neu-
es Direktoriumsmitglied der Europäischen
Zentralbank (EZB) vorschlagen. Dies erfuhr
das Handelsblatt aus Regierungskreisen. Zu-
erst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ darüber
berichtet. Wirtschaftsprofessorin wird damit
Nachfolgerin von Sabine Lautenschläger, die
überraschend zum 1. November ihren Rück-
tritt eingereicht hatte. Die Personalie soll am
Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen
werden.
Das EZB-Direktorium besteht aus sechs Mit-
gliedern und führt die Geschäfte der Noten-
bank. Es wird damit gerechnet, dass die euro-
päischen Finanzminister dem Vorschlag
Deutschlands folgen. Die vier größten Mitglied-
staaten besetzen traditionsgemäß jeweils ei-
nen Posten in dem Gremium.
Eine der wichtigsten Aufgaben für Schnabel
in ihrer neuen Funktion wird sein, der deut-
schen Öffentlichkeit die Geldpolitik der EZB zu
erklären. In kaum einem anderen Euro-Land
ist diese so umstritten wie in der Bundes -
republik. Erst Mitte September hatte die No-
tenbank eine weitere Lockerung ihrer Geldpo-
litik beschlossen. Bundesbank-Präsident Jens
Weidmann gehört zu den prominentesten Kri-
tikern dieses Kurses. Daher wünschten sich
viele in der EZB eine Person, die die geldpoli-
tischen Entscheidungen in der Öffentlichkeit
des größten und wirtschaftlich wichtigsten
Euro-Landes offensiver erklärt, als dies bisher
geschah.
Diese Rolle als Kommunikatorin könnte
Schnabel ausfüllen. Sie hat den Kurs der EZB
in der Vergangenheit zwar zum Teil auch kriti-
siert, aber die EZB andererseits auch gegen
Angriffe aus Deutschland verteidigt. „In
Deutschland wird die EZB, eine der wichtigs-
ten europäischen Institutionen, ständig zum
Sündenbock gemacht“, beklagte sie jüngst im
Interview mit dem Handelsblatt.
Schnabel ist aktuell noch Professorin für Fi-
nanzmarktökonomie an der Universität Bonn
und ist seit 2014 zudem Mitglied im Sachver-
ständigenrat zur Begutachtung der gesamt-
wirtschaftlichen Entwicklung, also eine der
fünf sogenannten Wirtschaftsweisen. Ihre For-
schungsschwerpunkte sind Finanzkrisen und
das Bankwesen. Welche Aufgaben sie im Di-
rektorium übernehmen wird, ist noch offen.
Das wichtigste Ressort, das demnächst frei
wird, ist der Bereich Märkte, das derzeit noch
vom Franzosen Benoît Cœuré verantwortet

wird. Allerdings rückt auch der Italiener Fabio
Panetta in das Gremium auf, und die Aufgaben
könnten neu verteilt werden.
Schnabel gilt als pragmatische Ökonomin,
die auf andere zugehen kann. Auch bei vielen
Volkswirten im Ausland, die die ordoliberale
deutsche Ökonomenzunft eher kritisch sehen,
genießt sie einen guten Ruf. Jüngst wurde sie
als Mitglied für den neu gegründeten deutsch-
französischen Expertenrat für Wirtschaft no-
miniert, in dem je fünf Ökonomen aus
Deutschland und Frankreich sitzen. Einst ge-
hörte sie einer Gruppe deutscher und franzö-
sischer Experten an, die Reformen für die
Euro-Zone vorgeschlagen haben.
In den vergangenen Jahren haben mit Sabi-
ne Lautenschläger, Jörg Asmussen und Jürgen
Stark drei deutsche Direktoriumsmitglieder
vorzeitig hingeschmissen. Einen weiteren
Rücktritt kann sich Deutschland daher nicht
leisten. Zudem wollte die Bundesregierung die
Stelle nach dem Ausscheiden Lautenschlägers
unbedingt wieder mit einer Frau besetzen. Ne-
ben Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch
galt Schnabel daher von Anfang an als Kandi-
datin.

Isabel Schnabel


Pragmatische


Vermittlerin


Die Wirtschaftsweise soll ins Direktorium


der Europäischen Zentralbank einziehen – und deren


Geldpolitik den Deutschen besser erklären.


Isabel
Schnabel:
Aufstieg
der Euro-
Erklärerin.

Hans Christian Plambeck/laif

Gernot Lenz


Frischer Sanierer


für Tom Tailor


HAMBURG Der Mode-


fachmann Gernot


Lenz übernimmt ab


November die ange-


schlagene Hamburger


Modekette Tom Tailor.


Das teilte das Unter-


nehmen am Montag-


abend mit. Demnach


ist der bisherige Chef


Heiko Schäfer auf eige-


nen Wunsch vorzeitig


abgetreten. Lenz, 45,


muss Tom Tailor wei-


ter sanieren. Erst kürz-


lich korrigierte die Fir-


ma ihre Geschäftszah-


len nach unten.


Probleme bereitet vor


allem die defizitäre


Tochtergesellschaft


Bonita, die sich als


Fehlkauf erweist, weil


die Mode bei Frauen


ab 50 nicht mehr an-


kommt. Aber auch bei


der Hauptmarke Tom


Tailor gibt es viel zu


tun. „Wir müssen si-


cherstellen, dass sich
die Attraktivität und
Performance an den
Verkaufspunkten im
stationären und digita-
len Handel weiter er-
höhen“, mahnt Lenz.
Der ehemalige Berater
von Bain & Company,
der bei Tommy Hilfi-
ger weltweit in führen-
den Positionen war,
kommt von der S.Oli-
ver Group. Dort war er
bereits im Herbst 2018
als CEO ausgeschieden


  • wegen „unterschied-
    licher Auffassungen
    über die Führung des
    Unternehmens“. Lenz
    kam offensichtlich
    nicht mit dem starken
    S.Oliver-Gründer und
    -Eigentümer Bernd
    Freier zurecht. Er war
    nicht der erste Mana-
    ger, der bei S.Oliver
    scheiterte. Georg
    Weishaupt


Rolf Breuer


Urteil fällt


Ende


Oktober


FRANKFURT Der Bun-


desgerichtshof will am



  1. Oktober über die


Freisprüche für drei


Ex-Chefs der Deut-


schen Bank entschei-


den. Das Münchener


Landgericht hatte die


Bankmanager Rolf


Breuer, Josef Acker-


mann und Jürgen Fit-


schen 2016 von dem


Vorwurf freigespro-


chen, das Gericht in


einem Schadenser-


satzprozess des Me-


dienmanagers Leo


Kirch gegen die Bank


belogen zu haben.


Vom Urteil hängt ab,


ob die Freisprüche Be-


stand haben oder der


Prozess neu aufgerollt


wird. Y. Osman


In Deutsch-


land wird


die EZB,


eine der


wichtigsten


europäischen


Institutionen,


ständig zum


Sündenbock


gemacht.


Isabel Schnabel
Wirtschaftsweise

Namen


des Tages


1


MITTWOCH, 23. OKTOBER 2019, NR. 204


46

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