Bild - 25.10.2019

(vip2019) #1

Ein Mann steigt über die Ab-


sperrung der Synagoge, zieht
ein Armee-Messer, murmelt den
arabischen Schlachtruf „Allahu
Akbar“, ignoriert die gezoge-
ne Pistole des Polizisten. Und
die Staatsanwaltschaft? Lässt
ihn am nächsten Morgen laufen.

Von Anfang an hat die Berliner


Justiz versucht, den Fall des
Messermanns kleinzureden.
Es habe „keinen Haftgrund“ ge-
geben, er sei „polizeilich unbe-
kannt“, von ihm sei „keine kon-
krete Bedrohung“ ausgegangen.
Je mehr man über den Täter weiß,


desto absurder klingen die Aus-
flüchte der Staatsanwaltschaft.
Sie hat einen Mann auf freien
Fuß gesetzt, der im besten Fall
wegen schwerer psychischer Stö-
rungen zu Gewalttaten neigt. Und
im schlimmsten Fall von unbe-
kannten Dritten zu Anschlägen
gegen Juden angestiftet wird.

Der Zentralrat der Juden spricht
von „tiefer Verunsicherung“ in
der jüdischen Gemeinschaft.
Nicht wegen des versuchten An-
schlags, sondern wegen des Ver-
haltens der Berliner Justizver-
waltung.


Diese Behörde ist ein Sicherheits-
risiko für Deutschland.


Schluss

mit den

Ausflüchten!


Von
FILIPP PIATOV

KOMMENTAR


Betrifft: 100


Jahre Beate Uhse


Ich wuchs heran in einer gottgefälligen
Tugendhaftigkeit. Es waren die 50er-,
60er-Jahre. Mein Vater klärte mich
mit den Worten auf: Ruiniere nicht
Dein Leben.
Mit ruinieren meinte er Sex. Etwa um
diese Zeit eröffnete Beate Uhse die ers-
ten Sex-Shops. Ich ging um sie herum,
ich traute mich nicht, sie zu betreten.
Von Kondomen wusste ich, aber von
Dildos nichts. Man kann sich heute
gar nicht vorstellen, was für ein kultu-
relles, moralisches Durcheinander ent-
stand. Da die Kirchen, die Justiz und
da diese Frau, die die Schönheit der
Liebe verkündete.
Beate Uhse hat das Bundesverdienst-
kreuz bekommen. Mit Recht. Sie hat so
viel für die Liebe getan.
Außerdem war sie eine super, super
tolle Frau. Sie war Kunstfliegerin,
Hauptmann der Luftwaffe. Sie war
Erste im Speerwurf in Baden-
Württemberg.
Ach ja, was für eine tolle deutsche


Sie können Franz Josef Wagner
auch eine E-Mail schreiben:
[email protected]

POST VON WAGNER


Niemand weiß,


wo der Messer-


Angreifer jetzt ist


Nach Attacke auf

Berliner Synagoge ließ

die Justiz ihn laufen

Berlin–Nach dem Terror von
Halle diskutiert ganz DeutschHalle diskutiert ganz Deutsch-
land über besseren Schutz für
jüdische Einrichtungen.jüdische Einrichtungen.
Doch die bittere Wahrheit
zeigt sich im Fall von Moha­
mad M., der am 4. Oktober mit
einem Messer bewaffnet über
den Zaun einer Berliner Syna­
goge geklettert war. Mit den
Worten „Fuck Israel“ und „Alla­
hu Akbar“ bedrohte er Passan­
ten und Polizisten – und läuft
heute frei herum!

Wo sich der
Messermann
derzeit aufhäl
Dabei mussten Sicherheits-
kräfte der Synagoge den
Syrer (23) mit Pfefferspray
außer Gefecht setzen.
Aber: Polizei und Justiz sahen
angeblich keinen Haftgrund.
Am nächsten Morgen ließen
sie den vermutlich psychisch
erkrankten Flüchtling frei.
Auf Anraten eines Mitbewoh­
ners wies sich Mohamad M.
dann selbst in eine Psychia­dann selbst in eine Psychia­
trie ein. Nun stellt sich heraus:
Der Syrer hat die stationäre Be­
handlung verlassen. Das be­
richtet die „Süddeutsche Zei­
tung“. Demnach ist Mohamad
M. von Folter in Syrien trauma­
tisiert, soll zudem ein Drogen­
problem haben.

hamad M. gegenüber BILD an­
ders dar: Noch vor zwei Mona­
ten habe er M. besucht, habe
von psychischen Problemen
nichts gehört oder gemerkt.
Gestern klingelte ein BILD­
Reporter in M.s ehemaliger
Wohngemeinschaft. Ein Mitbe­
wohner zeigte sich besorgt:
„Er wohnt nicht mehr hier. Wir
wissen auch nicht, wo er sich
befindet.“ Der Anwalt des Sy­
rers wollte sich auf Nachfrage
nicht äußern.
Und die Berliner Justiz? Wie­
gelt weiter ab! Auf Nachfrage
verteidigte Oberstaatsanwalt
Michael Steltner die Entschei­
dung, Mohamad M. laufen zu
lassen. Dass dieser ein Messer

zeigte, damit „jonglierte“, ha­
be für eine längere Festnah­
e nicht genügt.
Für Josef Schuster (65), PräFür Josef Schuster (65), Prä­
sident des Zentralrates der Ju­
den, ist diese Begründung „haden, ist diese Begründung „ha­
nebüchen“. Schuster zu BILD:
„Bevor die Hintergründe des Tä­
ters ausgeleuchtet waren, war
er bereits wieder frei und hätte
alle Möglichkeiten gehabt, erer­
neut zuzuschlagen.“ Das Verhal­
ten der Berliner Justiz habe „in
der jüdischen Gemeinschaft für
tiefe Verunsicherung gesorgt“.
bInnenexperte Christoph de
Vries (44, CDU) zu BILD: „Dass
Mohamad M. nach seinem
antisemitischen Terror-Versuch
auf freien Fuß gesetzt wurde
und nun untertauchen konnte,
ist ein handfester Skandal.“
(pvs/luka/fpi/mra/fsl)

Bund kann Zahl jüdischer

Einrichtungen nicht nennen!
Berlin – Die Bundes-
regierung weiß we-
der, wie viele jüdi-
sche Einrichtungen
es in Deutschland
gibt, noch kennt sie
die „diesbezüglichen
Schutzmaßnahmen“!
Das geht aus der
Antwort auf eine An­
frage der Linkspar­

tei hervor, die auf
die „Zuständigkeit
der Länder“ verweist.
Dietmar Bartsch
(61), Fraktionschef der
Linken, zeigt sich be­
sorgt, „denn die Vor­
aussetzung für Schutz
ist doch zu wissen,
wo dieser notwen­
dig ist“.

Seltsam: Auf BILD-
Nachfrage nannte das
zuständige Bundesin-
nenministerium ges-
tern die gewünschten
Zahlen: Mehr als 3000
jüdische Einrichtungen
gebe es in Deutsch-
land, von denen ein
erheblicher Anteil be-
wacht werde. (fsl)

Jeder vierte Deutsche

denkt antisemitisch

Berlin – Schock-Umfrage zum
Antisemitismus in Deutschland!
Jeder vierte Deutsche (27%)
hegt nach einer Erhebung des
Jüdischen Weltkongresses anti­
semitische Gedanken, schreibt
die SZ. 41% sind der Meinung,
Juden redeten zu viel über den
Holocaust. 28% der als Elite be­

zeichneten Umfrageteilnehmer
(mehr als 100000 Euro Jahresein­
kommen) glauben, Juden hätten
zu viel Macht in der Wirtschaft.
Zwölf Prozent aller 1300 Be-
fragten glauben, dass Juden
die Verantwortung für die meis-
ten Kriege auf der Welt tragen
würden.

Wollte Amri auch Merkel töten?
Berlin – Hatte der Weih-
nachtsmarkt-Attentäter
Anis Amri vor dem An-
schlag im Dezember
2016 auch Kanzlerin An-
gela Merkel (65, CDU)
im Visier?
Das legt ein Foto nahe,
das Ermittler auf Amris
Handy fanden: Der At­
tentäter steht auf dem
bisher unbekannten Sel­
fie vor Merkels Wohn­
haus nahe der Berliner
Museumsinsel! Zuerst
veröffentlicht wurde das
Foto gestern vom ARD­
Magazin „Kontraste“.

Das am 23. Oktober
2016 geschossene Fo­
to stammt aus der Er­
mittlungsakte, war aber
bisher nicht einmal dem
Untersuchungsausschuss
des Bundestages be­
kannt!
Bisher hieß es nur, Amri
habe offenbar auch den
Berliner Dom „und eine
weitere Örtlichkeit“ als An­
schlagsziel in Erwägung
gezogen. Innen­Experte
Konstantin von Notz (48,
Grüne) bemängelt die In­
formationspolitik des Bun­
deskriminalamtes: „Dass

nicht mal die Option, dass
hier auch das Haus der
Kanzlerin betroffen sein
könnte, in den Akten ver­
merkt ist, hat uns sehr irri­
tiert“, so von Notz zu „Kon­
traste“.
Aufklärungsbedarf be-
steht offenbar auch zu
einem brisanten Amri-Vi-
deo! Nach BILD­Informa­
tionen beschäftigte sich
das Parlamentarische
Kontrollgremium (PKGr)
am Mittwoch mit einem
bisher unbekannten Vi­
deo, das den deutschen
Sicherheitsbehörden we­

nige Tage NACH dem
Anschlag vorlag – über­
mittelt von einem „be­
freundeten Geheim­
dienst“.
Darauf offenbar zu
sehen: Amri, wie er „Tö­
tet Ungläubige!“ ruft und
den Finger über die Keh­
le zieht. Das Kontrollgre-
mium verlangt nun Ein-
blick in die Aufnahme,
um zu beurteilen, ob
sie die Einschätzung
über Amris Gefah-
renpotenzial vor
der Tat verändert
hätte. (ali, fsl, pet)

Weihna


chtsm
arkt-

Attentät


er


Peinliche


Panne im


Handelsstreit
Düsseldorf – Lade-
hemmung im Wirthemmung im Wirt-
schaftskrieg zwischaftskrieg zwi-
schen China und
den USA.
Eine schwarze Lis­
te verbietet es US­FirFirFir­
men, mit dem umstrit­
tenen China­Konzern
Huawei Geschäfte zu
machen, der unter
Spionage­Verdacht
steht.
Trotzdem stellte Ho­
nor, eine 100­prozen­
tige Tochterfirma
von Huawei, gestern
ein Smartphone vor,
auf dem Googles
Android­Software
und alle Dienste der

Suchmaschine vorin­
stalliert sind.
Ein Signal für eine Ein Signal für eine
bevorstehende Eini­
gung?gung? Wahrschein­
lich nicht. Vielmehr
scheint den US­Be­
hörden ein peinli­
cher Fehler unterlau­
fen zu sein. Auf der
schwarzen Liste (Enti­
ty List) der Chamber
of Commerce stehen
zwar über 100 Hua­
wei­Einträge, den Na­
men Honor sucht man
aber vergeblich.
So darf Google
die Chinesen vorerst
ganz legal weiter mit
Software versorgen.

Frankfurt/M. – ER
nimmt‘s mit Humor...
Mario Draghi (72),
scheidender Präsi­
dent der Europäischen
Zentralbank (EZB), will
die Pickelhaube, die
BILD ihm 2012 schenknk­
te, nicht zurückgeben:
„Ich glaube, es gibt
da ein altes deutsches
Sprichwort. ‚Geschenkt
ist geschenkt‘. Ich pla­
ne also, sie zu behal­
ten“, sagte Draghi ges­
tern auf seiner letzten
Pressekonferenz.
BILD hatte die Pi­
ckelhaube zurückverer­
langt, weil Draghi mit
seiner Null­Zins­Poli­

tik Millionen Sparer
schädigt.
Auf die Frage nach Auf die Frage nach
seinem größten Fehseinem größten Feh­
ler wollte Draghi gesler wollte Draghi ges­
tern nicht antworten:
„Ich fokussiere mich
auf das, was wir ge­
schafft haben.“
In Sachen Zinsen
schaffte der EZB­Chef
gestern wieder nichts:
Der Leitzins bleibt auf
Rekordtief: 0%.
Nachfolgerin ist
ab 1. November Ex-
IWF-Chefin Christine
Lagarde (63). Drag-
hi: „Sie braucht kei-
ne Tipps, weiß, was
zu tun ist.“

„Geschenkt


ist geschenkt!“


Draghi gibt BILD-

Pickelhaube nicht zurück

Berlin – Rohrkre-
pierer oder großer pierer oder großer
Wurf?
G estern mus s­
te Verteidigungsmi­
nisterin Annegret
Kramp­Karrenbauer
(57, CDU) erstmals
mit ihrem Vorschlag
für eine militärische
Schutzzone in Nord­
syrien bei Verbünde­
ten werben.
Ergebnis: Gemischt!
Beim Treffen der

Nato­Verteidigungs­
minister in Brüssel
stellte sich kein Land
öffentlich hinter den
Vorstoß. Stattdessen:
diplomatisches Räus­
pern. Nato­General­
sekretär Jens Stolten­
berg (60) lobte „die
Idee“ – sieht aber
„viele offene Fragen“.
US­Kollege Mark Es­
per (55) begrüßt AKKs
Initiative – will aber
keine Truppen stellen.

ExExEx­Nato­General
Egon Ramms (71) hält Egon Ramms (71) hält
den Vorstoß grundden Vorstoß grund­
sätzlich für richtig.sätzlich für richtig. Al­
lerdings komme er
„zu spät“, so Ramms
zu BILD, weil die US­
Truppen längst ab­
gezogen seien, Russ­
land und die Türkei
das Vakuum gefüllt
hätten.
Im Bundestag stell­
te Außenminister Hei­
ko Maas (53, SPD)

gestern noch einmal
klar, wie wenig der
Vorstoß in der GroKo
abgestimmt war. Die
Bundesregierung de­
battiere noch. Sams­
tag reist Maas nach
Ankara.
„Der ganze Vor­
gang ist abenteu­
erlich und grotesk!“,
kritisiert FDP­Außen­
politiker Alexander
Graf Lambsdorff
(52, FDP): Für ihre

Schutzzone müsse
AKK nach der Eini­
gung zwischen Russ­
land und der Türkei
„nun in Moskau klin­
geln“.
AKK selbst sprach
am Rande des Nato-
Treffens von „sehr er-
mutigenden“ ersten
Gesprächen. Aber:
„Das wird noch ein
langer Prozess, ein
schwieriger Weg.“
(fsl, pet)

Verhaltenes Lob für AKK von Verbündeten


Die Berliner Neue Synagoge.
Hier kletterte Mohamad M.
am 4. Oktober über den Zaun,
bedrohte Sicherheitskräfte
mit einem Messer, rief
„Allahu Akbar“

Messer-Mann
Mohamad
M. (23) war
kurz in Haft,
dann in der
Psychiatrie –
und tauchte
dann unter

EZB-Chef
Mario
Draghi (72)
in einer
BILD-
Montage
2012

Foto: AP

Foto: AUGUSTO CASASOLI/A3/CONTRASTO


Selfie: Anis Amri 2016
vor dem (von BILD
verpixelten) Haus von
Kanzlerin Merkel

Kanzlerin
Angela Merkel
(65, CDU)

Schwerer Stand: Verteidigungsministerin
Annegret Kramp-Karrenbauer (57, CDU)
gestern mit Nato-Vertretern in Brüssel

Fotos: DPA

Verteidigungsministerin stellt ihre Syrien-Pläne beim Nato-Treffen in Brüssel vor

China vs. USA

SEITE 2 BILD DEUTSCHLAND • 25. OKTOBER 2019


Fotos: MICHAEL KÖRNER, PRIVAT

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