Die Welt am Sonntag - 20.10.2019

(Sean Pound) #1
In einer Woche wird in
Thüringen ein neuer Land-
tag gewählt. Der dortige
AfD-Chef Björn Höcke gilt
als radikaler Nationalist.
Reporter Claus
Christian Malzahn
hat ihn im Wahl-
kampf und im
Parlament be-
obachtet. Seite 7

Der Anschlag von
Halle wirkt nach.
Philip Kuhnhat mit
einem Betroffenen
gesprochen, der sich
von der Politik
alleingelas-
sen fühlt.
Seite 6

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20.10.1920. OKTOBER 2019WSBE-HP


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2 THEMA DER WOCHE * WELT AM SONNTAG NR.42 20.OKTOBER


in der vergange-
nen Woche hat
die Bundeskanz-
lerin ein Inter-
view gegeben.
Interessant war
vor allem, wem
sie es gegeben
hat. Nämlich
Ralph Brinkhaus,
einem bekannten investigativen
Journalisten, der eine Menge kriti-
sche Fragen gestellt hat. Die Kanz-
lerin ist richtiggehend in Bedrängnis
geraten, weil ihr der Interviewer auf
die Pelle gerückt ist. Nein, so ge-
schah es leider gerade nicht. Tat-
sächlich ist Brinkhaus kein kriti-
scher Journalist, sondern CDU/
CSU-Fraktionsvorsitzender im Bun-
destag. Und sein Interesse daran,
die Kanzlerin kritisch zu befragen,
ist noch kleiner als ihres, kritisch
befragt zu werden. Dementspre-
chend fiel das Gespräch aus zwi-
schen der „lieben Angela“ und dem
„lieben Ralph“. Eines der Inter-
views, das die Kanzlerin in diesem
Jahr gewährte, führte Jana Hensel in
der „Zeit“. Hensel, eine Schriftstel-
lerin, hatte ein paar Monate zuvor
einen Artikel über die Regierungs-
chefin geschrieben, Titel: „Mein
Angela-Merkel-Gefühl“. Im Inter-
view fragte Hensel unter anderem:
„Sind Sie im Amt zur Frau gewor-
den?“ Daraufhin die Bundeskanz-
lerin: „Nein, im Amt sicherlich
nicht, ich war ja schon vorher eine
Frau.“ Ach so.
Die Idee, sich von Freunden,
Bekannten, Vertrauten oder jeden-
falls ausschließlich Wohlgesinnten
interviewen zu lassen, ist alt, und
sie wird immer populärer. Natürlich
hat die Kanzlerin das Recht, mit
Brinkhaus ein Gespräch zu führen
und sich dabei filmen zu lassen. Sie
reiht sich damit aber ein in die lan-
ge Liste der Politiker, Parteien,
Vereine, Firmen, die versuchen,
Nachrichten über sich selbst nicht
nur zu steuern, sondern zu generie-
ren. Parteien richten Newsrooms
ein (neumodisch für Redaktions-
büros), Firmen bauen Social-Media-
Teams auf, Stars kommunizieren
über Instagram. Sie alle versuchen
so, den Fragen von Journalisten
auszuweichen, manchmal selbst
denen der Zuschauer. (Unter dem
Video von Kanzlerin und Fraktions-
chef sind die Kommentare abge-
schaltet.) Es handelt sich um PR,
die Journalismus simuliert. Für eine
Demokratie ist das unwürdig.

Liebe Leserinnen,


liebe Leser,


TKUNDENSERVICE
Brieffach 2264, 20350 Hamburg
TTTelefon: 0800/926 75 37*elefon: 0800/926 75 37*
Fax: 0800/926 77 37
E-Mail: [email protected]
Öffnungszeiten: Mo–Sa 7–19 Uhr, So 9–13 Uhr
(*Gebührenfrei aus dt. Festnetz und
von allen dt. Mobiltelefonen)

Von „Order! Order!“
war im Unterhaus we-
nig zu spüren, als Kor-
respondentinStefanie
Bolzen dort die ent-
scheidende Brexit-
Abstimmung verfolgte.
Nach der nur eines klar
war: Das Chaos geht
weiter. Seite 2/

AUTOREN DIESER
AUSGABE

Herzliche Grüße
Johannes Boie
Chefredakteur WELT AM SONNTAG

Der Super-Samstag sollte zum Triumph


für Boris Johnson werden und den Brexit besiegeln.


Stattdessen verpasste ihm das Parlament einen


Dämpfer. Nun ist fast alles wieder offen


D


Das Unterhaus verharrte in gespann-
ter Stille, als der Premierminister am
Samstagmorgen um kurz nach halb
zehn Ortszeit ans Rednerpult trat. In
der eskalierenden Krise, in der Boris
Johnson seit Amtsantritt vor drei Mo-
naten steckt, sollten die nun folgende
Debatte und Abstimmung die Ent-
scheidung bringen. „Super Saturday“
hatten die britischen Blätter aufge-
regt getitelt, denn nichts Geringeres
als das endgültige Votum über den
Brexit stand an.

VON STEFANIE BOLZEN
AUS LONDON

Von enormem Gewicht sollten des-
halb auch Johnsons eröffnende Worte
sein. Ein Churchill-Moment, mindes-
tens. Der 77. Regierungschef des Ver-
einigten Königreichs, der sein Leben
lang darauf hingewirkt hat, an dieser
Stelle zu stehen und nun wie sein gro-
ßes Vorbild die Nation in eine neue
Epoche führen will, wird den Augen-
blick wohl selbst so sehen. Niemand
in diesem Haus, begann der Premier,
habe sich in den mehr als drei Jahren
seit dem Brexit-Referendum zur Eu-
ropäischen Union in ihrer Ganzheit
bekannt, zur wachsenden Integration,
zum Euro, zu Schengen: „Wenn wir
aber nur halbherzige Europäer waren,
dann ist die logische Folge daraus,
dass wir etwas anderes fühlen.“ Eine
gewisse Liebe, Respekt für Europa,
„von dessen Kultur wir Teil sind“, ja.
Aber auch die permanente Skepsis,
weshalb „die ganze Erfahrung der ver-
gangenen Jahre so schwierig für die-
ses Land war, und so spaltend“.

Jetzt sei der Moment gekommen,
um die Wunden zu heilen. Die Parla-
mentarier sollen für das Brexit-Ab-
kommen stimmen, das er am vergan-
genen Donnerstag kurz vor zwölf mit
den Europäern in Brüssel ausgehan-
delt hat. „Ein Abkommen, das uns ein
neues gemeinsames Schicksal mit Eu-
ropa erlaubt“, ruft der Premier.
Johnson hatte in diesem entschei-
denden Augenblick aber gleich zwei
große Probleme. Wie kann er sich
glaubhaft als einigende Kraft in einem
gespaltenen Land präsentieren, wenn
er doch das Original des „Mister Bre-
xit“ ist, ohne den das Votum für den
EU-Ausstieg wohl nie zustande ge-
kommen wäre? Und wie soll ihm ein
Parlament vertrauen, das er seit sei-
nem Amtsantritt Mitte Juli mit
Zwangspausen und Verbalangriffen
zu unterminieren versucht hat?
Und so geriet der „Super Saturday“
am Ende zu einer weiteren Schleife in
der unendlichen Brexit-Geschichte.
Denn am Vorabend hatte der Abge-
ordnete Oliver Letwin einen folgen-
schweren Änderungsantrag einge-
reicht. Dieser sieht vor, dass das Par-
lament Johnsons Abkommen erst
dann endgültig zustimmt, wenn das
gesamte für den EU-Austritt nötige
Gesetzespaket verabschiedet ist. Vor
den Parlamentariern liegen aber noch
Hunderte Seiten nationaler Bestim-
mungen, die für den Ausstieg nötig
sind. Zudem ist der erst vor drei Ta-
gen in Brüssel vereinbarte Deal in
wichtigen Punkten verändert worden.
„Dieses Abkommen ist viel zu wichtig,
als es vor lauter Ungeduld schnell ab-
zustempeln“, warnte der unabhängige
Abgeordnete Chris Leslie.
Doch nicht nur die Forderung nach
parlamentarischer Kontrolle war Let-
wins Antrieb. Größer noch war seine
Furcht, dass es zu einem ungeregel-
ten Brexit, dem „No Deal“ kommt.
Denn in den Fluren des Unterhauses
hatte sich das Gerücht verdichtet,
dass die harten Brexit-Fans an einer
neuen Verschwörung arbeiteten:

Nach einer Annahme des Deals am
Samstag, so munkelte man, hätten sie
in den nächsten zwei Wochen die not-
wendige Gesetzgebung einfach blo-
ckiert. Womit das Königreich am 31.
Oktober ungebremst in den ungeord-
neten EU-Ausstieg gerutscht wäre.
Was den radikalen, kompromisslosen
Schnitt mit dem Kontinent bedeuten
würde, den die „puristischen“ Brexit-
Anhänger wünschen.
Dem schoben die Parlamentarier
mit 322 zu 308 Stimmen einen Riegel
vor. Dass der Brexit nun, wie von
Johnson „auf Leben und Tod“ ver-
sprochen, am 31. Oktober passiert, da-
für gibt es keine Garantie mehr. Der
Premier musste nun vor Mitternacht
europäischer Zeit am Samstag bei der
EU-Kommission den Antrag auf eine
Verlängerung der Brexit-Frist bis zum


  1. Januar stellen. Das sieht ein bereits
    Anfang September vom Parlament er-
    folgreich durchgeboxter Änderungs-
    antrag vor, der ebenfalls mit dem Ziel
    einer Blockade des „No Deal“ einge-
    reicht worden war.
    Johnson hatte zwar im Vorfeld zu-
    gesagt, nicht gegen diese rechtlich
    bindende Vorgabe zu verstoßen. Aber
    in typischer Johnson-Manier ließ er
    am Samstagnachmittag verlauten, er
    werde „nicht um eine Verlängerung
    bitten“, sondern der EU mitteilen,
    dass es keine weitere Verzögerung ge-
    ben solle, „damit der Brexit am 31. Ok-
    tober kommt und unser Land ein neu-
    es Kapitel beginnen kann“.
    Brüssel gab sich am Samstag zu-
    rückhaltend. „Es ist an der britischen
    Regierung, uns so schnell wie möglich
    über die nächsten Schritte zu infor-
    mieren“, erklärte eine Sprecherin der
    EU-Kommission. Sie unterstrich, dass
    über das Austrittsabkommen selbst
    noch nicht abgestimmt worden sei.
    Genau das will Johnson bereits An-
    fang nächster Woche erneut versu-
    chen. Am Dienstag schon geht der
    Planung nach die nationale Gesetzge-
    bung in die zweite Lesung. Diese Ab-
    stimmung plant Downing Street zum


Halbes HERZ,


gebrochenes Herz


10.4.
Der Europäische Rat
beschließt eine
VVVerlängerung dererlängerung der
Austrittsfrist bis zum
3 1. Oktober

GETTY IMAGES

/LEON NEAL

GETTY IMAGES

/P. SUMMERS

AFP/GETTY IMAGES

/D. LEAL-OLIVASD. LEAL-OLIVAS

GETTY IMAGES

/J. J MITCHELL

2 3.1.
Der britische Premier-
minister David Cameron
kündigt ein Referendum
über den EU-Austritt an,
fffalls die Tories die alls die Tories die
nächste Wahl gewinnen
sollten

7 .5.
Die Konservativen
gewinnen die Parla-
mentswahl deutlich.
Cameron kündigt an,
das Referendum
wie versprochen
abzuhalten

2 3.6.
Die Briten stimmen
entgegen allen
Prognosen mit
5 2 Prozent für den
Austritt aus der EU.
NNNigel Farage igel Farage
fffreut sichreut sich

2018

DPA

/JONATHAN BRADY

1 3.7.
Theresa May, die
ursprünglich für
„Remain“ gestimmt
hatte, wird Premier-
ministerin und soll
nun den Brexit
liefern

2 3.5.
Bei den Europa-
wahlen legt Nigel
FFFarage mit seinerarage mit seiner
Brexit-Partei
stark zu

24.5.
Theresa May
kündigt ihren
Rücktritt für den
7. Juni an

2 3.7.
Boris Johnson wird
Premierminister

DPA PA / MATT DUNHAM AFP/GETTY IMAGES AFP/GETTY IMAGES

/G. KIRK

PA / PHOTOSHOT

/DPA

BREXIT – WAS BISHER GESCHAH


L E A V E


ES HAT SO VIELE MENSCHEN ENTZWEIT.


FAMILIEN SIND ZERSTRITTEN,


DIE STIMMUNG AUF DER STRASSE


IST GIFTIG GEWORDEN


MEDDY MARKHAM

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