Die Welt am Sonntag - 20.10.2019

(Sean Pound) #1
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20.10.1920. OKTOBER 2019WSBE-HP


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2 0.OKTOBER2019 WELT AM SONNTAG NR.42 * POLITIK 7


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Ganz normal


im Bioladen


Die Behauptung: In einem ZDF-Bei-
trag wurde zu Wochenbeginn Moni-
ka Lazar ausweislich der Einblen-
dung als „Kundin“ eines Leipziger
Bioladens präsentiert. Sie finde es
„gut“, dass das Geschäft ein Hirse-
produkt boykottiert, weil deren Her-
steller bei der AfD aktiv ist, sagt sie.

Die Wahrheit: Lazar ist keine ge-
wöhnliche Kundin. Die Leipzigerin
ist grüne Bundestagsabgeordnete
und Sprecherin für Strategien gegen
Rechtsextremismus.

Der Hintergrund: Der ZDF-Beitrag
betrifft einen hitzig geführten Dis-
put. Die Kette Biomare listete die
Hirse im Sommer aus. Inhaber Malte
Reupert, Mitglied der Grünen, infor-
mierte darüber den Lieferanten Jan
Plessow. Er ist der AfD-Vorstand im
brandenburgischen Spree-Neiße-
Kreis. Der Inhaber der Spreewälder
Biomühle gehöre, so steht es auch
auf einer Infotafel für Kunden, einer
Partei an, die den Klimawandel leug-
ne: „Damit stellt sich der maßgebli-
che Entscheider der Firma gegen die
Werte von Biomare und der gesam-
ten Bio-Branche.“ Plessow warf Reu-
pert daraufhin eine „linksradikale
persönliche Einstellung“ und ein
„totalitäres Weltbild“ vor. AfD-Poli-
tiker bemühten Nazi-Vergleiche.

Die Konsequenz: Das ZDF hat den
Fehler zugegeben. Ein überarbeite-
tes Video nennt Lazars Funktion.
Die Grüne ließ mitteilen, sie sei da-
von ausgegangen, dass dies von An-
fang an so sein würde.

LÜGENDETEKTOR

VONMARCUS HEITHECKER

A


uf dem großen Platz
vor dem Kultur- und
Kongresszentrum der
Stadt Gera warten am
Mittwochnachmittag
etwa 300 Menschen
auf den Anbruch eines
neuen Zeitalters. Sie freuen sich, so
glauben sie, auf einen Propheten. Über-
all in Thüringen füllt er Plätze, Zelte,
Wirtshäuser. Sein Name ist Björn Hö-
cke. Er will nicht nur Gera und den Frei-
staat verändern. Er will ein neues
Deutschland.

VON CLAUS CHRISTIAN MALZAHN
AUS GERA UND ERFURT

Der Himmel über Gera ist bewölkt,
manchmal brechen sich die Sonnen-
strahlen in der goldenen Fassade des
1977 errichteten Kongresszentrums. Da-
mals sollte das „sozialistische Stadtzen-
trum“ entstehen; breite Magistralen,
mächtige Bauten, Gera war Bezirks-
hauptstadt. Doch der Sozialismus ist
nun schon seit fast 30 Jahren perdu, Ge-
ra schrumpfte von 130.000 auf inzwi-
schen knapp 95.000 Einwohner.
Der Platz vor dem Kongresszentrum
wirkt wie eine Brache. „In Erfurt hat man
uns vergessen!“, schimpft ein Mann, der
zzzwischen Bratwurstbude, Hüpfburg undwischen Bratwurstbude, Hüpfburg und
Infostand hin und her läuft. „Familien-
fffest“ nennt die AfD ihre Wahlkampfver-est“ nennt die AfD ihre Wahlkampfver-
anstaltung; versammelt haben sich aber
eher ältere Männer, wenige Frauen und
Kinder. Nächsten Sonntag wählen die
Thüringer einen neuen Landtag.
Während Erfurt, Jena und Weimar
boomen, macht Gera mit Leerstand, ho-
her Arbeitslosigkeit und geringer Wirt-
schaftskraft einen gebeutelten Ein-
druck. Die Stadt wirkt, als hätte sie ei-
nen viel zu großen Mantel an. Da kommt
Höcke gerade richtig, da kennt er sich
aus. „Der Mantel der Geschichte weht
an uns vorbei“ ist einer der Standardsät-
ze des 47-jährigen Spitzenkandidaten.
„Ergreifen wir ihn. Halten wir ihn fest,
lassen wir ihn nicht mehr los!“ Die Men-
ge ist begeistert, der Name des Redners
Programm: „Höcke, Höcke, Höcke!“,
skandieren die Zuhörer.
Den verlässlichsten Beifall bekommt
Höcke, wenn er gegen Flüchtlinge wet-
tert. Er verspricht statt Willkommens-
kultur eine „Verabschiebungsoffensi-
ve“. Über eine Stunde redet er, von mo-
dernen Lautsprechern verstärkt.
Trotzdem scheint es, als würden seine
Sätze aus einem knarzenden Volks-
empfänger kommen. „Das Alte und
Morsche zerfällt vor unseren Augen“,
ruft er und verspricht, „sumpfige Bio-
tope“ trockenzulegen. Er meint „das
Kartell der Altparteien“, deren Vertre-
ter entweder durch „Kulturbolschewis-
mus“ oder „Neoliberalismus“ verdor-
ben worden sind.
Kein Zweifel, der Mann auf der Bühne
will eine andere Republik – und vorher
eine Abrechnung. Die „Politiker da
oben“ sind „Ganoven, die gehören auf
die Anklagebank!“. Höcke präsentiert
sich als Künder einer neuen Zeit. „Wen-
de 2.0“ lautet das Motto seiner Kampa-
gne, er wirbt für „eine friedliche Revo-
lution mit dem Stimmzettel“, die Bun-
desregierung tituliert er als „Regime“.
Bewacht von mehreren Leibwächtern
tingelt er seit Wochen zwischen Eise-
nach und Altenburg hin und her. Überall
im Freistaat hat Höcke den „Verwe-
sungsgeruch einer absterbenden Demo-
kratie“ in der Nase.

Für seine Gegner ist Höcke eine Art
Wiedergänger von Goebbels, für den
VVVerfassungsschutz ist er als Frontmannerfassungsschutz ist er als Frontmann
des rechten „Flügels“ ein „Verdachts-
fffall“, der inzwischen beobachtet wird.all“, der inzwischen beobachtet wird.
VVVerfassungsschutzpräsident Thomaserfassungsschutzpräsident Thomas
Haldenwang hat gerade von einer Radi-
kalisierung dieser AfD-Gruppierung ge-
sprochen.
Höckes Anhänger hingegen huldigen
ihmwie einem Popstar. Sein Antlitz
prangt auf Kaffeetassen (9,90 Euro) und
Einkaufsbeuteln (2,50 Euro), seine
schärfsten Sprüche werden in rechten
Sonderheften verlegt. Nur zehn Prozent
der Thüringer wünschen ihn als Minis-
terpräsidenten; seine AfD aber erzielt in
den Umfragen zurzeit mehr als das Dop-
pelte. Seinen Landesverband hat Höcke
gleichwohl fest im Griff, drei Abgeordne-
te haben in Thüringen in den vergange-
nen fünf Jahren die Fraktion verlassen.
Seine Partei preist er als „die letzte
evolutionäre, friedliche Chance für un-
ser Vaterland“. Sein Konzept: „Funda-
mentalopposition“. Sein Ziel: „Voll-
ständiger Sieg“. Er will sich Deutsch-
land „Stück für Stück zurückholen“.
Und er sagt: „Wenn einmal die Wende-
zeit gekommen ist, dann machen wir
Deutschen keine halben Sachen, dann
werden die Schutthalden der Moderne
beseitigt.“
Kein deutscher Politiker bedient sich
so offen beim NS-Vokabular wie der
ehemalige Oberstudienrat aus Hessen.
Er fordert eine „erinnerungspolitische
Wende um 180 Grad“, er beklagt das
„Mahnmal der Schande“, das sich das
deutsche Volk in das Herz seiner Haupt-
stadt gepflanzt habe. Die Liste mit sei-
nen Tabubrüchen ließe sich fortsetzen.
Höcke liefert ständig nach. Kann der
Mann auch anders?
Höcke steht am Rednerpult des Land-
tags in Erfurt. Es ist die letzte Plenarsit-
zung vor der Wahl. Gerade ist die AfD
mit einem Antrag gescheitert, der da-
rauf zielte, den Thüringer Chef des Lan-
desamts für Verfassungsschutz zu ent-
lassen. Nun steht die Gedenkstätte Bu-
chenwald auf der Tagesordnung. Bei
Gedenkveranstaltungen hat Höcke dort
Hausverbot. Doch wer nun eine Suada
gegen Erinnerungskultur erwartet hat,
wird überrascht. Der Höcke im Landtag
hat mit dem Höcke aus Gera nichts
mehr zu tun.
In der Debatte geht es um angebliche
Mobbingvorwürfe gegen den Leiter der
Gedenkstätte, die vor zwei Wochen vom
„Spiegel“ mit vorwiegend anonymen Be-
hauptungen kolportiert worden sind.
Der Hintergrund des Zwists liegt offen-
sichtlich in einer noch laufenden ar-
beitsrechtlichen Auseinandersetzung
mit einem gefeuerten Mitarbeiter. Björn
Höcke könnte die Aussprache im Parla-
ment jetzt für einen Rachefeldzug nut-
zen. Er tut es aber nicht.
Im Gegenteil. Seine Rede ist knapp,
sachlich, pointiert. Solche Konflikte kä-
men doch „in jedem Unternehmen“ vor,
sagt er. Einen Skandal könne er nicht er-
kennen – und schließt sich damit der Be-
wertung der rot-rot-grünen Regierung
an. Höcke, der sich eben in Gera noch
wie Mr. Hyde aufspielte, hat sich in Er-
furt in Dr. Jekyll verwandelt. Aber wer
ist nun das Original?
„Ich bin das Gegenteil des Zerrbilds,
das von mir gemalt wird!“, beteuert er.
Jedenfalls gibt es diesen Mann in ver-
schiedenen Ausführungen. Da wäre der
Familienvater, der seine vier Kinder zum
Sport- oder Klavierunterricht fährt und

von denen er stolz in jeder Rede erzählt.
Es gab früher einen Gymnasiallehrer na-
mens Björn Höcke, über den kaum ein
Schüler ein böses Wort verloren hat.
Es gibt Höcke, den sportiven Wald-
läufer, den Fraktionschef, der sich „wie
ein Vertrauenslehrer“ nach dem Privat-
leben seiner Angestellten erkundigt, wie
ein ehemaliger Mitarbeiter erzählt. Und
dann hört man aus seinem Umfeld das
genaue Gegenteil: Empathie besitze der
Mann überhaupt nicht. Er sei hoch ma-
nipulativ, frage nur nach dem Befinden,
wenn es ihm nütze. Parteigenossen teile
er in „Fertige, Halbfertige und Feinde“

ein. Und dann gibt es möglicherweise
noch Björn Höcke als Landolf Ladig; ein
Pseudonym, unter dem er Pamphlete für
NPD-Blätter verfasst haben soll. Dass er
dahintersteckt, dazu gibt es von Höcke
keine Bestätigung – und kein Dementi.
Mit der Bundespartei liegt er oft im
Clinch, auch da ist er schwer zu fassen.
Mal droht er mit feindlicher Übernahme
durch den „Flügel“, dann gibt er sich
wieder lammfromm. Sein „Flügel“ hat
die ostdeutschen Landesverbände der
AfD inzwischen ziemlich im Griff, doch
in den mitgliederstarken West-Verbän-
den sieht das anders aus. Höcke ist in

der AfD nicht allmächtig, Attacke und
Anbiederung wechseln sich ab. Von ei-
nem Parteiausschluss war schon lange
keine Rede mehr. Als Nachfolger von
Alexander Gauland hätte er jedoch keine
Chance. Kommenden Sonntag wird die
Partei ihn dennoch feiern. Höcke wartet
auf seine Gelegenheiten. Er weiß, wann
welcher Text gefragt ist.
Über den antisemitischen Terrorakt in
Halle verliert er in Gera nur ein Wort:
„Amoklauf“. Dass der Täter ein rechtsex-
tremer Deutscher war, erwähnt er nicht.
Höcke liefert, was seinen Fans gefällt.
MITARBEIT: MATTHIAS KAMANN

„Das Alte und Morsche
zerfällt vor unseren
Augen“: Björn Höcke
beim AfD-Wahlkampf
im thüringischen Gera

SEBASTIAN WILLNOW

Der Thüringer AfD-Chef


Björn Höcke ist der


umstrittenste Politiker


Deutschlands. Mit seiner


völkischen Rhetorik


verstört er sogar


Parteifreunde. Im


Wahlkampf predigt er


eine andere Republik. Am


kommenden Sonntag


könnte er seinen bisher


größten Erfolg einfahren


Der Rollenspieler


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