Die Welt Kompakt am Sonntag - 20.10.2019

(Rick Simeone) #1

Die Welt hat ein neues


Familienmodell


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*Sonderausstattung gegen Mehrpreis.
Abbildung zeigt Sonderausstattung gegen Mehrpreis.

DEUTSCHLAND & DIE WELT


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as Unterhaus ver-
harrte in ge-
spannter Stille,
als der Premier-
minister am
Samstagmorgen
um kurz nach
halb zehn Orts-
zeit ans Redner-
pult trat. In der
eskalierenden
Krise, in der Bo-
ris Johnson seit
Amtsantritt vor
drei Monaten steckt, sollte die nun folgende Debatte
und Abstimmung die Entscheidung bringen. „Super
Saturday“, hatten die britischen Blätter aufgeregt ge-
titelt, denn nichts Geringeres als das endgültige Vo-
tum über den Brexit stand an.

VON STEFANIE BOLZEN

Von enormem Gewicht sollten deshalb auch John-
sons eröffnende Worte sein. Ein Churchill-Moment,
mindestens. Der 77. Regierungschef des Vereinigten
Königreichs, der sein Leben lang darauf hinwirkte, an
dieser Stelle zu stehen, und nun wie sein großes Vor-
bild die Nation in eine neue Epoche führen will, wird
den Augenblick wohl selbst so sehen. Niemand in die-
sem Haus, begann der Premier, habe sich in den mehr
als drei Jahren seit dem Brexit-Referendum zur Euro-
päischen Union in ihrer Ganzheit bekannt, zur wach-
senden Integration, zum Euro, zu Schengen.
„Wenn wir aber nur halbherzige Europäer waren,
dann ist die logische Folge daraus, dass wir etwas an-
deres fühlen.“ Eine gewisse Liebe, Respekt für Europa,
„von dessen Kultur wir Teil sind“ – ja. Aber auch die
permanente Skepsis, weshalb „die ganze Erfahrung
der vergangenen Jahre so schwierig für dieses Land
war und so spaltend“.
Jetzt sei der Moment gekommen, um die Wunden
zu heilen. Die Parlamentarier sollen für das Brexit-
Abkommenstimmen, das er am vergangenen Don-
nerstag kurz vor zwölf mit den Europäern in Brüssel
ausgehandelt hat. „Ein Abkommen, das uns ein neues
gemeinsames Schicksal mit Europa erlaubt“, rief der
Premier.
Johnson hatte in diesem entscheidenden Augen-
blick aber gleich zwei große Probleme. Wie kann er
sich glaubhaft als einigende Kraft in einem gespalte-
nen Land präsentieren, wenn er doch das Original des
„Mister Brexit“ ist, ohne den das Votum für den EU-
Ausstieg wohl nie zustande gekommen wäre? Und wie
soll ihm ein Parlament vertrauen, das er seit seinem
Amtsantritt Mitte Juli mit Zwangspausen und Verbal-
angriffenzu unterminieren versucht hat?
Weshalb der „Super Saturday“ am Ende zu einer
weiteren Schleife in der unendlichen Brexit-Ge-
schichtegeriet. Denn am Vorabend hatte der Abge-
ordnete Oliver Letwineinen folgenschweren Ände-
rungsantrag eingereicht. Dieser sieht vor, dass das
Parlament Johnsons Abkommen erst dann endgültig
zustimmt, wenn das gesamte für den EU-Austritt nö-
tige Gesetzespaket verabschiedet ist. Vor den Parla-
mentariern liegen noch Hunderte Seiten nationaler
Bestimmungen, die für den Ausstieg nötig sind. Zu-
dem ist der erst vor drei Tagen in Brüssel vereinbarte
Deal in wichtigen Punkten verändert worden. „Dieses
Abkommen ist viel zu wichtig, als es aus lauter Unge-
duld schnell abzustempeln“, warnte der unabhängige
Abgeordnete Chris Leslie.

Doch nicht nur die Forderung nach parlamentari-
scher Kontrolle war LetwinsMotivation. Mehr noch
wollte er verhindern, dass es zu einem ungeregelten
Brexit, dem „NoDeal“ kommt. Denn in den Fluren des
Unterhauses hatte sich das Gerücht verdichtet, dass
die harten Brexit-Fansan einer neuen Verschwörung
arbeiteten. Nach einer Annahme des Deals am Sams-
tag hätten sie in den nächsten zwei Wochen die not-
wendige Gesetzgebung einfach blockiert. Womit das
Königreich am 31. Oktober ungebremst in den unge-
ordneten EU-Ausstieg gerutscht wäre. Was den radi-
kalen, kompromisslosen Schnitt mit dem Kontinent
bedeuten würde, den die „puristischen“ Brexit-Anhän-
gerwünschen.
Dem schoben die Parlamentarier mit 322 zu 308
Stimmen einen Riegel vor. Dass der Brexitnun wie von

Johnson „auf Leben und Tod“ versprochen am 31. Ok-
tober passiert, dafür gibt es keine Garantie mehr. Der
Premier musste nun vor Mitternacht europäischer
Zeit am Samstag bei der EU-Kommission den Antrag
auf eine Verlängerung der Brexit-Fristbis zum 31. Ja-
nuar stellen. Das sieht ein bereits Anfang September
vom Parlament erfolgreich durchgeboxterÄnderungs-
antrag vor, der ebenfalls mit dem Ziel einer Blockade
des „NoDeal“ eingereicht worden war.
Johnson hatte zwar im Vorfeld zugesagt, nicht ge-
gen diese rechtlich bindende Vorgabe zu verstoßen.
Aber ganz in Johnson-Manier ließ er Samstagnachmit-
tag verlauten, er werde „nicht um eine Verlängerung

D bitten“, sondern der EU mitteilen, dass es keine wei-


FORTSETZUNG AUF SEITE 6
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