Der Spiegel - 19.10.2019

(John Hannent) #1

I


m Sommer lud das Filmstudio 20th
Century Fox in ein Hotelkino in Hol-
lywood, um neun Minuten aus dem
geheimen neuen »Terminator«-Film
zu zeigen. Er heißt »Terminator: Dark
Fate«, düsteres Schicksal, und es mussten
erst einige Geheimhaltungserklärungen un-
terschrieben werden, bevor man ver suchen
durfte, aus dieser neunminütigen Film-
schnipsel-Collage herauszulesen, worum
es darin gehen könnte. Die »Terminator«-
Filmreihe hat inzwischen sechs Teile, für
Puristen zählt aber nur die Kerngeschichte
aus den ersten beiden Ausarbeitungen:
»Terminator« von 1984 und »Terminator 2:
Judgement Day« von 1991. Bei beiden führ-
te James Cameron Regie, und Schwarzen-
egger spielte die Hauptrolle des T-800, ei-
ner Tötungs maschine, die aus der Zukunft
geschickt wurde.
Vor allem der zweite Film gehört zu den
prägenden filmischen Erzählungen des
ausgehenden 20. Jahrhunderts – auch weil
Schwarzenegger als Terminator so perfekt
ist. Vom bösen hat er sich in den guten
Terminator verwandelt (obwohl eine Ma-
schine natürlich weder gut noch böse sein
kann, sie ist bloß umprogrammiert wor-
den). Im Film wird er aus der Zukunft ins
Jahr 1995 geschickt, um einen Jungen zu
retten, der später der Anführer des mensch-
lichen Aufstands gegen die Herrschaft der
künstlichen Intelligenz sein wird. Der Film
selbst wirkte damals wie eine Maschine,
Camerons perfekt geölte Er zählung, die
beunruhigende Poesie der Bilder, der
humanistische Impetus. Für den Kritiker
der »Washington Post« war der Film »das
Gegenteil seiner Terminator-Figur«, er sei
»eine Maschine mit menschlichem Herz«.
Die neue Folge nun knüpft an diesen
Handlungsstrang an und ignoriert die Fol-
gen drei, vier und fünf, in denen Schwar-


Das Gespräch führte der Redakteur Philipp Oehmke
in Los Angeles.

zenegger zum Teil gar nicht dabei ist, weil
er zu der Zeit Gouverneur von Kalifornien
war. Schwarzenegger spielt wieder seine
alte Maschine, den T-800. Er trägt in
»Dark Fate« einen gut gestutzten weißen
Bart und sieht aus wie ein netter Opa, der
zweimal im Jahr mit seinen Enkeln zum
Skifahren geht.
Nach Sichtung der neun Minuten wird
man erst in eine Suite geführt, die als
Wartezimmer fungiert, und dann in eine,
in der Arnold Schwarzenegger sitzt. Er
trägt immer noch den weißen Bart aus
dem Film. Wir versuchen, über den neuen
Film zu reden, wobei es manchmal wirkt,
als hätte auch Schwarzenegger ihn in sei-
ner finalen Fassung nicht ge sehen. Wir
sprechen Englisch. »It’s better«, sagt er.
»Terminator: Dark Fate« kommt nächs-
te Woche ins Kino.

SPIEGEL:Mr Schwarzenegger, muss das
sein, mit 72 noch einmal einen Terminator
zu spielen?
Schwarzenegger:Für mich war es immer
normal, dass irgendwann ein weiterer
»Terminator«-Film gemacht wird. Die Fra-
ge war nur: Wer führt die Regie, und wel-
che Story wird er haben?
SPIEGEL:Das Besondere ist, dass an die-
sem sechsten »Terminator« James Came-
ron wieder maßgeblich beteiligt ist. Der
saß Ihnen 1983 zum ersten Mal gegenüber,
als er Sie für den ersten »Terminator«-Film
gewinnen wollte.
Schwarzenegger:Damals wollte ich nach
»Conan der Barbar« eigentlich den nächs-
ten Schritt in meiner Karriere machen und
auf keinen Fall einen Roboter spielen. Ich
hatte vorher »Westworld« mit Yul Brynner
gesehen und sofort die Parallelen zum
»Terminator« erkannt ...
SPIEGEL:... einen Science-Fiction-Western
von Michael Crichton, in dem Androide
in einem Themenpark anfangen, Besucher
zu töten.

Schwarzenegger:Ich hatte mir die An-
droidfigur, die Brynner dort gespielt hat,
genau angeschaut und analysiert. Daher
wusste ich, dass es bestimmte Dinge gab,
auf die es ankommt, wenn man eine Ma-
schine glaubwürdig spielen will.
SPIEGEL:Zum Beispiel?
Schwarzenegger:Du musst immer wis-
sen, dass du eine Maschine bist. Das heißt,
du guckst beim Nachladen nicht auf die
Waffe, du blinzelst nicht beim Schießen,
dein Gesicht darf keine Gefühlsregung zei-
gen. Über all die Dinge habe ich damals
mit Cameron gesprochen.
SPIEGEL:Aber Sie wollten eigentlich den
Guten spielen, den Menschen, der die
Welt rettet.
Schwarzenegger:Das hatte sich mein
Agent ausgedacht. Bösewicht ist gleich
Karrierekiller, hieß es damals. Ich hatte
mir zum Ziel gesetzt, einer der Topschau-
spieler in Hollywood zu werden, und dach-
te, dass es mich da nicht weiterbringt, eine
Maschine zu verkörpern, die den merk-
würdigen Namen Terminator trägt.
SPIEGEL:Sie fanden den merkwürdig?
Schwarzenegger:Es klang sonderbar.
Aber nachdem ich Cameron all meine
Überlegungen zur Terminator-Figur erläu-
tert hatte, dachte Cameron über mich
wohl: Oh, der Typ steckt ja schon voll drin
in der Rolle! Wahrscheinlich kann nie-
mand sie besser spielen als er! Also hat er
sie mir gleich angeboten.
SPIEGEL:Was dachten Sie?
Schwarzenegger:Na ja, Cameron war da-
mals ein komischer Typ. Er hatte zu dem
Zeitpunkt erst einen Kinofilm gemacht,
bei dem er am Ende, glaube ich, auch noch
gefeuert wurde. Er war, sagen wir, nicht
in der besten Verfassung, als wir uns ken-
nenlernten. Aber er hatte zweifelsohne
großes Talent und eine großartige Vision
von dem Film. Er überzeugte mich, den
Terminator zu spielen.
SPIEGEL:Er musste Sie überzeugen?

DER SPIEGEL Nr. 43 / 19. 10. 2019 121

Kultur

»Man muss jedes Mal sofort


zurückschlagen, wenn


Trump seinen Mund aufmacht«


SPIEGEL-GesprächArnold Schwarzenegger kehrt für »Dark Fate« noch
einmal in seine Lebensrolle zurück, den Terminator.
Dieses Mal mit weißem Bart und mehr als 18 Zeilen Text.
Free download pdf