Der Spiegel - 19.10.2019

(John Hannent) #1

Schwarzenegger:Ich musste meinen kom-
pletten Karriereplan überdenken. Ich woll-
te eigentlich keine Figur mehr spielen, die
nur 18 Sprechzeilen im gesamten Dreh-
buch hat. Cameron versprach mir dann,
dass er den Film so drehen würde, dass
der Terminator nicht nur der denkwürdigs-
te Bösewicht werden würde, sondern auch
der denkwürdigste Held.
SPIEGEL:So ist es gekommen. Bis heute
sind Sie vor allem für diese Rolle bekannt.
Gefällt Ihnen das?
Schwarzenegger:Ich habe sehr von dieser
Rolle profitiert. Sie hat mir immens gehol-
fen, ins Actionfach hineinzukommen. Und
das berühmte »I’ll be back« oder »Hasta
la vista, baby« wird noch immer benutzt.
SPIEGEL:Mochten Sie es, wenn die Leute
Sie als Gouverneur von Kalifornien den
»Governator« genannt haben?
Schwarzenegger:Ja. Viele Leute haben
in Wirklichkeit für den Terminator ge-
stimmt, als ich Gouverneur wurde. Was
echt komisch ist, aber so war es.
SPIEGEL:Heute erscheint der Terminator
als letzter Bote der Achtziger- und Neun-
zigerjahre. Die Figur des sehr maskulinen
Superhelden, den Sie und Sylvester Stal-
lone, Jean-Claude Van Damme oder
Dolph Lundgren spielten, scheint ausge-
storben zu sein.
Schwarzenegger:Wir haben damals die
Regeln für dieses Genre definiert: Es muss
von jemandem handeln, der muskulös ist


und der nicht nur heroisch aussieht, son-
dern auch so handelt. Aber es ging auch
um Fragen wie: Wie viele Leute kann man
überhaupt auf einer Leinwand töten? Wie
groß kann das Maschinengewehr sein, das
du trägst? Der Wettbewerb darum wurde
mit der Zeit immer verrückter.
SPIEGEL:Könnte man sagen, dass Sie ihn
nicht unerheblich mitangeheizt haben?
Schwarzenegger:Natürlich. Der zweite
»Terminator«-Film war revolutionär. Und
er hat 520 Millionen Dollar eingespielt.
Das wäre heute ungefähr eine Milliarde.
SPIEGEL:Wissen Sie, warum der Film so
erfolgreich wurde?
Schwarzenegger:Die Story hatte diesen
genialen Twist. Das ist das Großartige an
James Cameron. Er wusste, wie man mit
dem Terminator spielen kann. Er kannte
die Figur so gut, dass er sah, was möglich
ist, wenn man die Figur als ultimativen
Bösewicht einführt und ihn dann zum
positiven Helden macht. Das gelang ihm.
Es war ein komplett neuer Dreh.
SPIEGEL:Und das Publikum konnte Ihre
Rolle plötzlich mögen.
Schwarzenegger:Für mich wurde der Ter-
minator zum Teil meines Lebens. Und das
Interessante ist: Vieles von dem, was wir
1984 oder auch noch 1991 in dem Film als

* Von links oben im Uhrzeigersinn: in »Terminator 3:
Rise of the Machines«, 2003; »Terminator«, 1984;
»Terminator: Dark Fate«; »Terminator 2: Judgement
Day«, 1991.

Science-Fiction thematisierten, gehört heu-
te zu unserer Realität.
SPIEGEL:»Terminator 2« wirkt heute
tatsächlich beunruhigender als bei seinem
Erscheinen 1991. Damals schienen wir
am Ende der Geschichte angelangt, die
Sowjetunion war kollabiert, der Westen
schien gewonnen zu haben, die Möglich-
keit eines Nuklearkriegs, wie sie im Film
thematisiert wird, lag in weiter Ferne. Und
die Bedrohung durch sich verselbstständi-
gende Maschinen und Computer war Film-
stoff, mehr nicht.
Schwarzenegger:Yeah. Hacker, unkon-
trollierte Atomarsenale, die Zerstörung
des Planeten, all das klingt in »Termina -
tor 2« schon an.
SPIEGEL:Die Zerstörung des Planeten und
der Kampf gegen den Klimawandel wur-
den später als Gouverneur ihr Lebensthe-
ma. Zynisch ausgedrückt, kamen Sie damit
zehn Jahre zu früh.
Schwarzenegger:Leider. Inzwischen ha-
ben die Grünen sogar in Österreich 13 oder
14 Prozent. In Deutschland sieht’s doch
ähnlich aus, oder? Die Menschen wachen
auf. Die Gründe für die Erderwärmung
sind seit Jahrzehnten die gleichen, doch
wir arbeiten immer noch mit fossilen
Brennstoffen. Die meisten Politiker haben
sich an die Industrie verkauft. Der ameri-
kanische Präsident leugnet den Klima -
wandel, denn die Öl- und Kohleindustrie
haben ihn in der Tasche.

122 DER SPIEGEL Nr. 43 / 19. 10. 2019

TWENTIETH CENTURY FOX

EVERETT COLLECTION / PICTURE ALLIANCE / DPA

Terminator-Darsteller Schwarzenegger*: »Du guckst beim Nachladen nicht auf die Waffe, du blinzelst nicht beim Schießen«

PICTURE ALLIANCE / DPA

TRISTAR PICTURES / PICTURE ALLIANCE / DPA
Free download pdf