fach gefeuert worden« – wenn er nicht
»die Kontrolle« über Facebook hätte.
Tatsächlich hat sich Zuckerberg in sei-
nem Staat einen Alleinherrscherstatus ge-
schaffen. Er führt sowohl den Vorstand als
auch den Aufsichtsrat, er allein kontrolliert
dank spezieller Regeln rund 60 Prozent der
Aktienstimmrechte.
Diese Machtfülle wird zunehmend kri-
tisch gesehen. Das zeigt ein Putschversuch
von Ende Mai dieses Jahres. Eine Mehrheit
der Facebook-Investoren – 68 Prozent der
freien Aktionäre – versuchte, dem Kon-
zernboss den Vorsitz des Aufsichtsrats weg-
zunehmen und die Zweiklassengesellschaft
der Anleger zu beenden. Sie sichert Zu-
ckerbergs Unantastbarkeit: Er und seine
engsten Mitstreiter im Management besit-
zen eine Form von Superaktien, die ihnen
ein zehnfaches Stimmrecht verleihen. Da-
mit ließ sich auch der Angriff abwehren.
»Es gäbe uns gar nicht mehr, wenn ich
nicht die Kontrolle hätte«, ließ Zuckerberg
seine Mitarbeiter bei einer der internen
Gesprächsrunden wissen.
»Diese Hybris ist bemerkenswert«, sagt
Jonas Kron von Trillium Asset Manage-
ment. Die Vermögensverwaltung mit Sitz
in San Francisco war es, die den Antrag
gegen Zuckerberg eingebracht hatte, um
»Investoren die Möglichkeit zu geben, ihre
Sorgen über die Führung von Facebook
auszudrücken«. Konzerne wie Alphabet,
Apple und Microsoft, schreibt Kron dem
SPIEGEL, hätten schließlich auch unab-
hängige Aufsichtsratschefs und seien er-
folgreich. »Der Mangel an Bescheiden-
heit«, so Kron weiter, belege, wie wenig
Zuckerberg an einer unabhängigen Auf-
sicht gelegen sei.
Die geleakte Facebook-interne Aufnah-
me offenbart aber auch noch ewas anderes,
was Zuckerbergs Gegner fast mehr über-
raschen dürfte: seine Angst vor einer US-
Präsidentin namens Elizabeth Warren.
Sollte die demokratische Big-Tech-Stürme-
rin, die Facebook und andere Konzerne
zerschlagen möchte, an die Macht kom-
men, so erklärte Zuckerberg vor seinen
Angestellten, »dann wette ich, dass es zu
einem Rechtsstreit kommt, und ich wette,
dass wir ihn gewinnen«. In Teenagerrhe-
torik fuhr er fort: »Ist das trotzdem scheiße
für uns? Yeah.« Aber wenn einen »etwas
so Existenzielles bedroht, dann gehst du
auf die Matte und kämpfst«.
Warren schoss rasch und scharf zurück.
»Wirklich ›scheiße‹ wäre es«, äffte sie Zu-
ckerberg in einem Tweet nach, wenn die
Politik nicht dagegen vorginge, »dass rie-
sige Unternehmen wie Facebook wettbe-
werbsschädliche Praktiken anwenden, den
Datenschutz mit Füßen treten und ihre
Verantwortung für den Schutz unserer De-
mokratie nicht ernst nehmen«.
Mit dieser Haltung ist Warren nicht allein.
Eine breite Front von Regierungen und Be-
hörden – nicht nur in den USA – hält den
Techgiganten für zu dominant, sowohl ge-
genüber Kunden wie Wettbewerbern. Ne-
ben dem US-Justizministerium, der FTC
und dem Rechtsausschuss im Repräsentan-
tenhaus ermittelt eine Reihe von General-
staatsanwälten der US-Bundesstaaten.
Schwer vorstellbar, dass alle diese Unter-
suchungen folgenlos bleiben.
Die schlimmstmögliche Wendung für
Zuckerberg, eine Aufspaltung des Kon-
zerns, wäre ein langes, rechtlich komple-
xes und riskantes Unterfangen. Das frei-
lich könnte genauso gut mit einer peinli-
chen Niederlage für die Regierung enden.
Gefährlicher wäre es jedoch, wenn die
Forderung von Justizminister Barr umge-
DER SPIEGEL Nr. 43 / 19. 10. 2019 69
J. SCOTT APPLEWHITE / AP
Facebook-Chef Zuckerberg: »Diese Hybris ist bemerkenswert«