Handelsblatt - 21.10.2019

(Brent) #1
ter Produkte zurückgreifen. In der Scope-Daten-
bank findet sich beispielsweise das „American
Growth Portfolio“ des US-Verwalters Alliance Bern-
stein, für das Technologiesegment der „Global
Technology“ von Fidelity.
Schilling bringt für die Umsetzung des Gedan-
kens eine weitere Variante ins Gespräch. Am brei-
ten US-Aktienmarkt falle es Fondsmanagern
schwer, einen Mehrertrag gegenüber dem Index zu
erwirtschaften. Deshalb biete sich hier ein preis-
werter S&P 500-Indexfonds an. Wer auf die euro-
päischen oder asiatischen Börsen nicht verzichten
wolle, der könne zusätzlich entsprechende Regio-
nenprodukte kaufen. Als Beispiel nennt er den
„European Dynamic Growth“ von Fidelity für
Europa und für die asiatischen Börsen den „Asian
Leaders“ der schweizerischen Vontobel Asset Ma-
nagement. Wie man das gesamte Aktiengeld auf die
drei Regionen verteile, das sei Geschmacksache.
„Ich würde 20 bis 50 Prozent für den US-Index-
fonds verwenden“, sagt Schilling.
Trotz der Plädoyers vieler Experten für Anlagen
in Übersee und des langlebigen Booms der US-
Märkte sollten sich Anleger nicht in Sicherheit wie-

gen. „Einen Trend nach so langem Börsenauf-
schwung einfach fortzuschreiben wäre gefährlich“,
sagt Paul O’Connor, der die Mischfondsstrategien
beim Asset-Manager Janus Henderson Investors in
London leitet.
Der Stratege erwartet künftig ein schwächeres
amerikanisches Wirtschaftswachstum. Auch der
Dollar erscheint ihm nach den Wertgewinnen ge-
genüber dem Euro anfälliger. Dann würden die bis-
herigen Währungsgewinne entfallen. Ein steigen-
der Dollar bedeutete automatisch höhere Euro-Er-
träge von US-Anlagen. Spiegelbildlich würde eine
schwächere US-Devise durch die Wechselkursver-
luste die Euro-Gewinne schmälern.
„Der Aufschwung der Tech-Aktien ist keine Ein-
bahnstraße“, mahnt Roemheld. Es gebe eine Reihe
von Unsicherheitsfaktoren. Er erinnert: „In den
USA und Europa könnten die Regulierungsbehör-
den die Geschäftsmodelle infrage stellen. Ansätze
dazu gibt es. Höhere Steuern wären eine andere
Belastung.“ Alles auf eine Karte zu setzen sei ohne-
hin der falsche Weg: „Wir sollten uns nicht von
Europa verabschieden, nur weil uns die besser ge-
laufene Wall Street beeindruckt.“

Wall Street:
Die US-Börsen sind
maßgeblich von
Technologiekonzer-
nen getrieben.

Unsplash


Bulle & Bär


Chinas langer


Marsch in den


Konsum


S


olche Sorgen müssten die Deut-
schen mal haben: In China hat das
Wirtschaftswachstum im dritten
Quartal „nur“ sechs Prozent betragen,
geht aus offiziellen Angaben hervor. Fakt
ist zwar, dass der seit Monaten schwelen-
de Handelsstreit mit den USA offenbar
Spuren hinterlässt. Aber, wie so oft, bie-
ten Krisen eben auch Chancen, zumal das
Reich der Mitte nach Ansicht der meisten
Ökonomen seinen Tiefpunkt bei den
Wachstumsraten bald erreicht haben
dürfte.
Die Fondsgesellschaft Jupiter richtet
den Blick angesichts der schlechteren
Rahmenbedingungen im Welthandel auf
den chinesischen Binnenmarkt – und
sieht dort attraktive Gelegenheiten. Wenn
die Regierung ihr „Geschäftsmodell“ hin
zu einer binnenmarkt- und konsumorien-
tierten Wirtschaft umbaut, sollten inlands-
orientierte Konzerne profitieren. Außer-
dem dürfte die hohe Sparquote von gut 45
Prozent in den kommenden Jahren ten-
denziell fallen. Welche Dynamik sich dort
entfaltet, zeigt das Fondshaus am Beispiel
der Sportausrüster Anta und Li Ning, die
im ersten Halbjahr 2019 den Umsatz um
mehr als 30 Prozent steigern konnten.
Neben den Sportartikelherstellern soll-
ten zukünftig auch Spezialisten wie etwa
der Babynahrungshersteller Health &
Happiness (H&H) von der stärkeren Orien-
tierung am Inlandsmarkt profitieren. Ein
weiterer Trend ist laut Jupiter die hohe
Bereitschaft der Eltern in China, in die
Ausbildung der Kinder zu investieren.
New Oriental Education biete beispiels-
weise Sprach- und Vorbereitungskurse für
Prüfungen an und könne die ländlichen
Regionen über das Internet erreichen.
Zwar kann man die meisten Titel an der
Börse einzeln erwerben, aber das ist ver-
mutlich etwas nervenaufreibend. Besser
fährt der Anleger mit breiter streuenden
Fonds, die stärker auf den Binnenmarkt
setzen. Hier gibt es eine weite Palette an
Angeboten, und Analysehäuser wie Mor-
ningstar können dabei helfen, die Top-
Fonds für Asien und China auszuwählen.
Wem das China-Thema irgendwie schon
überreizt vorkommt, der kann auch schon
mal schauen, welche Fonds sich um In-
dien kümmern. Denn Indien wird, da sind
sich viele Beobachter einig, das nächste
große Ding in den kommenden fünf bis
zehn Jahren.

Der tägliche Kommentar
des Handelsblatts analysiert
die Entwicklung
an den Finanzmärkten.
Von Peter Köhler

Der Auf -


schwung


der


Tech-Aktien


ist keine


Einbahn -


straße.


Carsten Roemheld
Fidelity International

Private Geldanlage


MONTAG, 21. OKTOBER 2019, NR. 202


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