Handelsblatt - 21.10.2019

(Brent) #1

aber: „Teilnehmer am Amazon-Part-


nerprogramm sind für den Inhalt ih-


rer Website selbst verantwortlich, ein-


schließlich der Einhaltung geltender


Gesetze.“ Ihnen sei es nicht gestattet,


ungenaue, falsche oder irreführende


Angaben über Amazon-Produkte und


-Dienstleistungen zu machen. „Wenn


wir von einer Verletzung unserer Ver-


tragsbestimmungen erfahren, behal-


ten wir uns das Recht vor, die notwen-


digen Maßnahmen zu ergreifen – bis


hin zum Ausschluss des Partners vom


Programm.“


Manipulierte Bewertung


Tryba rät Verbrauchern, nach der


Weiterleitung zu den Händlern nie-


mals „blind“ dort zu bestellen: „Zuvor


sollte ein Preisvergleich erfolgen.“ Stif-


tung Warentest sei zudem nach wie


vor der Leuchtturm unter den Tes-


tern, auch weil sie anzeigenfrei arbei-


te. Aber letztlich sei auch deren Urteil


eine Meinung, die nicht automatisch


die allein gültige sein müsse.


So gibt es auch Portale, die Herstel-


lerangaben zusammenschreiben,


Kundenrezensionen von Amazon


auswerten oder bei denen deren Mit-


arbeiter die Produkte testen. Auch da


sieht Tryba Probleme: „Testsieger-


Zertifikate, die aus Kundenbewertun-


gen kreiert wurden, sollten niemals


eine Orientierung für den Kauf sein.“


Die Sterne-Vergabe könne manipu-


liert sein, oder es fehle schlicht die


Kompetenz, etwa ein Smartphone


fachlich zu beurteilen.


Solmeckes Kollegin Mirjam Grieß,


Fachanwältin für gewerblichen


Rechtsschutz, gibt zu bedenken, dass


es derzeit unklar sei, welchen Quali-


tätskriterien Tests auf Internetseiten


entsprechen müssen: „Die Anforde-


rungen der Gerichte an die Neutralität


sind sehr hoch und müssten praktisch


vergleichbar sein mit den Qualitätsan-


forderungen von Instituten wie der


Stiftung Warentest.“ Problematisch bei


dieser Sichtweise sei, dass diesen da-


mit quasi eine Monopolstellung zuge-


dacht wird.


Wichtig ist Transparenz, damit Ver-


braucher einschätzen können, welche


Urteile vertrauenswürdig sind. Der


Verbraucherzentrale-Bundesverband


(VZBV) geht daher auch mit Abmah-


nungen gegen Anbieter vor, die die


Nutzer nach Ansicht des Verbands in


die Irre führen. Helke Heidemann-


Peuser, Leiterin des Teams Rechts-


durchsetzung beim VZBV, sagt:


„Grundsätzlich haben Verbraucher


bei der Verwendung des Begriffs Test


eine klare Vorstellung, was damit ge-


meint ist.“ Wer bei einem angeblichen


Matratzentest die Matratzen nicht auf


Schadstoffe untersucht, erfülle die
Verbrauchererwartungen nicht. Von
mehreren Webseiten-Betreibern hat
der VZBV bereits Unterlassungserklä-
rungen erhalten.
Ein Fall, der die Verbraucherschüt-
zer aktuell beschäftigt, ist der Online-
auftritt expertentesten.de. Stiftung
Warentest bemängelt, dass sich deren
Ergebnisse zum Teil deutlich von ih-
ren eigenen unterscheiden. Eine Frit-
teuse, von der Stiftung Warentest mit
„mangelhaft“ bewertet, habe im Test
von Experten Testen ein „gut“ be-
kommen. „Jeder Test und jeder Ver-
gleich basiert auf unterschiedlichen
Testkriterien“, sagt Experten-Testen-
Geschäftsführer Benjamin Schardt.
Wenn ein von der Stiftung Warentest
abweichendes Ergebnis automatisch
als falsch bezeichnet werde, sei das
nicht nachvollziehbar.
Auf der Startseite von Experten
Testen heißt es unter anderem, dass
„unsere Tests und Vergleiche im Ge-
gensatz zu repräsentativen Waren-
tests regelmäßig nicht auf ermittelten
Laborergebnissen durch Sachverstän-
dige basieren, sondern auf eigenen
Untersuchungen durch Verbraucher,
technischen Daten, Experteninter-
views, Tests von Warentestorganisa-
tionen oder analysierten Rezensio-
nen Dritter“. Alle Produktlinks seien
Affiliate-Links zu ausgewählten On-
lineshops, mit denen gegebenenfalls
Werbeeinnahmen generiert werden,
darauf verweist Experten Testen.
Den Verbraucherschützern ist die
Website dennoch ein Dorn im Auge.
Der VZBV hat den Betreiber erst ab-
gemahnt und ist dann vor Gericht ge-
zogen. Aus Sicht des Verbands führt
das Portal keine neutralen, objekti-
ven und sachkundigen vergleichen-
den Warentests durch. Der Hinweis
auf der Startseite sei zudem nicht
ausreichend, um die Verbraucher
über die Art und Weise der Verglei-
che aufzuklären. Der VZBV fordert ei-
ne Unterlassungserklärung für die
Verwendung der Domain experten
testen.de, für den Begriff Experten
Testen im Internetauftritt und den
Begriff Test wie beispielsweise im
Bohrhammertest 2017.
Das Landgericht München I hat die
Klage nach der mündlichen Verhand-
lung im März 2019 jedoch abgewie-
sen (Az. 17 HK O 12514/18). Eine Irre-
führung der Verbraucher findet nach
Ansicht der Richter nicht statt. Dem
verständigen Verbraucher sei sehr
wohl bewusst, dass es neben Tests
von unabhängigen Untersuchungsin-
stitutionen auch eine Vielzahl von
Bewertungs- und Vergleichsportalen
gebe, heißt es. Dass die Bohrhämmer

auch physisch getestet wurden, be-
legte Schardt anhand von Fotos. Es
handele sich um einen Test durch
sachkundige Verbraucher: „Dennoch
betiteln wir unsere Ergebnisse regel-
mäßig als ,Vergleichssieger‘, um jegli-
che Anlehnung an die Stiftung Wa-
rentest zu vermeiden.“ Der VZBV hat
trotzdem Berufung zum Oberlandes-
gericht München eingelegt, eine Ent-
scheidung wird Mitte 2020 erwartet.
Heidemann-Peuser betont: „Wir sind
nach wie vor der Ansicht, dass Ver-
braucher aufgrund des Domainna-
mens und der Verwendung des Be-
griffs Test trotz aller Hinweise auf der
Webseite mehr erwarten können, als
ihnen geboten wird.“

Schwindende Sichtbarkeit
Viele Besucher von Experten Testen
stoßen über die Suchmaschine Goo-
gle auf die Seite. Für Stiftung Waren-
test ist das ein Problem: Die Sicht-
barkeit im Netz schwindet zwischen
all den anderen Testportalen. Ver-
braucherschützer Tryba stellt aber
klar, dass eine Seite, die mit Affiliate-
Links arbeitet, nicht per se schlecht
sei. Für seriös hält er beispielsweise
Finanztip: ein Anbieter, dem es nicht
zuerst um Gewinnmaximierung ge-
he, der sich aber auch über Affiliate-
Links finanziere. Die Webseite erar-
beite ihre Empfehlungen aufwendig
mit einer Redaktion. „Erst nachdem
unsere Redaktion eine solche Pro-
duktempfehlung erarbeitet hat,
spricht unser Vertrieb gezielt diese
Anbieter an und fragt, ob wir ihr
empfohlenes Angebot gleich so ver-
linken sollen“, sagt Finanztip-Chefre-
dakteur Hermann-Josef Tenhagen. Er
leitete vorher 15 Jahre lang die Re-
daktion der Zeitschrift „Finanztest“,
eine der drei Marken von Stiftung
Warentest.
Auch bei Finanztip ist die Situation
nicht ganz so einfach: „Wir wurden
wegen der Kennzeichnung der Affi-
liate-Links in unserem Strom- und
Gasrechner verklagt“, erklärt Tenha-
gen. Das Oberlandesgericht Dresden
verpflichtete das Portal, bei den Affi-
liate-Links deutlich und unmissver-
ständlich darauf hinzuweisen, dass
es sich um Werbung handelt (Az. 14
U 207/19). Finanztip sieht das an-
ders: Kein Anbieter könne seine In-
halte auf seinen Wunsch hin bei Fi-
nanztip platzieren. Das Oberlandes-
gericht hat keine Revision
zugelassen. Finanztip will aber alle
verfügbaren Rechtsmittel am Bun-
desgerichtshof nutzen, um das Urteil
anzufechten. Parallel arbeite man an
einer transparenteren Kenntlichma-
chung des Finanzierungsmodells.

Verbraucher


haben


bei der


Verwendung


des Begriffs


Test eine


klare


Vorstellung,


was damit


gemeint ist.


Helke
Heidemann-Peuser
Leiterin Team
Rechtsdurchsetzung
bei Verbraucherzentrale
Bundesverband

Osram


Neue Offerte


von AMS stößt


auf Kritik


D


er österreichische Chip- und
Sensorhersteller AMS muss
auch bei seinem zweiten An-
lauf zur Übernahme von Osram mit
Gegenwind rechnen. Zwar steht der
Vorstand des Münchener Lichtkon-
zerns dem Vorhaben wohlwollender
gegenüber als vorher. Die Gewerk-
schaft IG Metall kündigte am Wo-
chenende aber weiter Widerstand
an. „Es entsteht der Eindruck, dass
sich AMS total verrannt hat und da-
durch bereit ist, unkalkulierbare Risi-
ken einzugehen“, erklärte der Ge-
werkschafter und Osram-Aufsichtsrat
Klaus Abel. Die Finanzinvestoren
Bain Capital und Advent setzen laut
Insidern derweil auf ein erneutes
Scheitern der Österreicher. AMS-Chef
Alexander Everke hatte am Freitag
ein erneutes Übernahmeangebot für
Osram angekündigt, das Ende des
Monats offiziell vorgelegt werden
soll. Bis dahin soll auch die Koopera-
tionsvereinbarung mit Osram „aktua-
lisiert“ werden. Dann haben die Os-
ram-Aktionäre vier Wochen Zeit, das
Angebot anzunehmen. In der Höhe –
41 Euro je Aktie, insgesamt 4,6 Milli-
arden Euro einschließlich Schulden
und Pensionslasten – ist es unverän-
dert zu der Offerte, mit der das Un-
ternehmen aus Premstätten bei Graz
erst vor zwei Wochen gescheitert
war. Nur die Mindestannahme-
schwelle wurde auf 55 Prozent ge-
senkt. Da AMS bereits fast 20 Prozent
an Osram hält, müssen die Österrei-
cher damit nur noch 35 Prozent ein-
sammeln. Vor zwei Wochen hatten
sie mit einer Annahmequote von 51,6
Prozent die damalige Hürde von 62,5
Prozent verfehlt. AMS macht sich ei-
ne Lücke im Übernahmegesetz zu-
nutze. Normalerweise muss ein Bie-
ter nach einer gescheiterten Offerte
zwölf Monate warten, bis er einen er-
neuten Anlauf nehmen darf. Der
Chiphersteller gründete mit der AMS
Offer GmbH jedoch eine neue Bieter-
gesellschaft – das erste Angebot hatte
AMS offiziell über eine „Opal BidCo“
vorgelegt. Die IG Metall sprach von
„Trickserei“. Osram wird schon seit
fast einem Jahr in Atem gehalten. Da-
mals hatte der US-Finanzinvestor
Bain erstmals Interesse an dem von
der Kfz-Krise gebeutelten Unterneh-
men angemeldet. Reuters

 
      
 
 



   
 
 


  


 
 

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MONTAG, 21. OKTOBER 2019, NR. 202


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